Ein Disziplinarverfahren ist ein spezielles Verfahren, das hauptsächlich bei Dienstverstößen von Beamt*innen eingesetzt wird. Um die Integrität des Staates zu gewährleisten und da Beamt*innen nicht wie Arbeitnehmende auf dem freien Markt gekündigt werden können, gibt es diese Maßnahmen. Wie genau ein solches Verfahren aussieht, wie der Ablauf ist und welche Maßnahmen verhängt werden können, erfahren Sie im folgenden Artikel.
Key Facts
- Bei einem Disziplinarverfahren handelt es sich um ein formelles Verfahren, um Pflichtverletzungen im Dienst von Beamt*innen zu überprüfen und zu ahnden.
- Im Jahr 2023 gab es knapp 1000 Disziplinarverfahren im öffentlichen Dienst, bei denen bei etwa einem Drittel tatsächlich Disziplinarmaßnahmen eingeleitet wurden.
- Zu den Maßnahmen zählen unter anderem Verwarnungen, Geldbußen, Kürzungen der Bezüge oder die Entfernung aus dem Dienstverhältnis.
- Was ist ein Disziplinarverfahren?
- Wie ist der Ablauf von Disziplinarverfahren?
- Welche Maßnahmen können verhängt werden?
- Fazit: Disziplinarverfahren als Garant für Integrität und Fairness
Was ist ein Disziplinarverfahren?
Ein Disziplinarverfahren ist ein formelles Verfahren, das bei einer Verletzung dienstlicher bzw. beruflicher Pflichten eingeleitet wird. In einem solchen Fall spricht man davon, dass gegen die Person, die die Pflichtverletzung begangen hat, ein Disziplinarverfahren eröffnet oder auch eingeleitet wird.
Es handelt sich hierbei um ein Verfahren, das vor allem im öffentlichen Dienst vorkommt und insbesondere als Ahndungsmittel dient, um den Beamtenberuf sowie die Integrität staatlicher Tätigkeiten zu schützen und zu wahren. Auch andere Berufsgruppen wie Richter*innen oder Soldat*innen können einem Disziplinarverfahren unterliegen.
Dieses Rechtsmittel ist notwendig, da Beamt*innen anders als Arbeitnehmende auf dem freien Markt ein Dienstverhältnis auf Lebenszeit bei ihrer Verbeamtung eingehen und damit regulär nicht einfach gekündigt werden können.
Bei einem Disziplinarverfahren handelt es sich nicht um ein Strafverfahren im strafrechtlichen Sinne, sondern um ein besonderes Verfahren des Disziplinarrechts. Ziel dieses Verfahrens ist es zunächst festzustellen, ob tatsächlich ein Fehlverhalten vorliegt – und wenn ja, welche disziplinarischen Maßnahmen angemessen sind.
Für Arbeitnehmende im öffentlichen Dienst, die nicht verbeamtet sind, gilt das Disziplinarverfahren nicht. Für sie kommen die üblichen arbeitsrechtlichen Regelungen zur Anwendung – etwa Abmahnungen oder letztlich auch eine fristlose Kündigung bei schwerwiegenden Verstößen.
Die Regelungen, Arten und das Vorgehen bei Disziplinarverfahren sind gesetzlich im Bundesdisziplinargesetz festgehalten.
Laut Statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2023 knapp über 1000 Dienstvergehen disziplinarrechtlich geprüft. Insgesamt wurden 321 Disziplinarmaßnahmen verhängt. Das entspricht 0,13 Prozent aller Beamt*innen in Deutschland.
Wie ist der Ablauf von Disziplinarverfahren?
Der genaue Ablauf eines Disziplinarverfahrens ist im Teil 3 des Bundesdisziplinargesetzes festgehalten.
Einleitung des Disziplinarverfahrens: Das Verfahren wird vom Dienstherrn oder Vorgesetzten bei Verdacht auf ein Vergehen eingeleitet. Es kann jedoch auch von den Beamt*innen selbst eingeleitet werden, um sich von einem Verdacht freizusprechen.
Informieren und Ermittlungsphase: Als Nächstes werden die betroffenen Beamt*innen über die Eröffnung des Verfahrens informiert. Im weiteren Verlauf werden alle relevanten Fakten und Beweise gesammelt, Zeug*innen befragt und auch die betroffene Person selbst wird angehört.
Entscheidung und Abschluss: Schließlich wird festgelegt, ob ein Vergehen vorlag. Wenn ja, werden die entsprechenden Maßnahmen verhängt.
Einspruch: Die betroffenen Beamt*innen haben das Recht, Widerspruch gegen diese Entscheidung einzulegen.
FAQs – Wichtige Fragen zum Ablauf von Disziplinarverfahren bei Beamten:
- Was ist die Vorstufe des Disziplinarverfahrens?
Dieser Punkt ist sehr wichtig. Bevor es nämlich überhaupt zu einem Verfahren kommt, müssen laut Beamtenrecht § 47 BeamtStG Vorermittlungen angestellt werden. In dieser Phase soll ermittelt werden, ob ein Dienstvergehen tatsächlich vorliegen könnte, was die Einleitung eines Disziplinarverfahrens erfordern würde. Dafür muss der Verdacht geprüft, festgestellt werden, ob genügend Beweise vorliegen und überhaupt sichergestellt werden, dass der Verdacht ausreichend für ein Verfahren ist. Erst wenn der Verdacht ausreichend begründet ist, darf ein Verfahren eingeleitet werden.
- Wann wird ein Disziplinarverfahren eingeleitet?
Grundsätzlich wird dann ein Disziplinarverfahren eingeleitet, wenn der begründete Verdacht besteht, dass sich Beamt*innen gegen ihre dienstlichen Pflichten während ihrer Dienstzeit verletzt haben. Unter Umständen kann auch ein Verhalten außerhalb der Dienstzeit dazu führen, dass ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden muss. Wenn die Vorermittlungen bestätigen, dass ein begründeter Verdacht mit einer bestimmten Schwere vorliegt, wird ein Verfahren eingeleitet und die Ermittlungen beginnen.
- Wie lange dauert ein Disziplinarverfahren?
Die Dauer eines solchen Verfahrens kann stark variieren und hängt vor allem von der Schwere, Komplexität und der Anzahl der beteiligten Akteure des Falls ab. Es kann von Wochen bis zu mehreren Monaten oder sogar Jahren reichen.
- Formfehler im Disziplinarverfahren – welche Auswirkungen haben sie?
Läuft ein solches Verfahren nicht korrekt ab, kann es erhebliche Auswirkungen haben und möglicherweise angefochten oder aufgehoben werden. Zu den Fehlern zählen hier beispielsweise: fehlende Anhörung der betroffenen Person, unzureichende oder nicht objektiv durchgeführte Ermittlungen, nicht eingehaltene Fristen und Verfahrensschritte, fehlerhafte Dokumentation sowie fehlende Transparenz.
Welche Maßnahmen können verhängt werden?
Die Maßnahmen, die nach dem Abschluss eines Disziplinarverfahrens verhängt werden können, unterscheiden sich je nach Schwere, Folgen und Art des Vergehens. In jedem Fall wird sorgfältig abgewogen, welche Maßnahme angemessen und verhältnismäßig ist.
Disziplinarverfahren – Beispiele und Maßnahmen
Unter anderem sind folgende Disziplinarmaßnahmen möglich:
- Verweis: Hierbei handelt es sich um die leichteste Form der disziplinarischen Maßnahmen – vergleichbar mit einer Abmahnung im Arbeitsrecht.
Ein Verweis wird zum Beispiel ausgesprochen, wenn Beamt*innen wiederholt verspätet zum Dienst erscheinen. Die Maßnahme soll in erster Linie als Warnung dienen, dass dieses Verhalten künftig zu unterlassen ist – andernfalls drohen strengere Konsequenzen. - Geldbuße: Eine Geldbuße kommt insbesondere dann in Betracht, wenn das Dienstvergehen finanzieller Natur ist oder finanzielle Auswirkungen hat.
Laut § 7 Bundesdisziplinargesetz darf die Geldbuße höchstens in Höhe eines Monatsgehalts bzw. der Anwärterbezüge verhängt werden. Wenn die Beamt*innen bereits im Ruhestand sind und keine Bezüge mehr erhalten, beträgt die Höchstgrenze 500 Euro.
Beispiel:
Ein Beamter nutzt einen Dienstwagen unerlaubt für private Zwecke. Da das Verhalten einen finanziellen Schaden für den Dienstherrn bedeutet, wird eine Geldbuße verhängt.
- Kürzung der Dienstbezüge: Diese Maßnahme gilt bereits als schwerwiegender Eingriff. Sie kann etwa verhängt werden, wenn Beamt*innen unerlaubt Zugang zu vertraulichen Informationen erlangen oder falsche Angaben zu Arbeitszeiten machen.
In solchen Fällen werden die monatlichen Bezüge für einen bestimmten Zeitraum um einen festgelegten Betrag gekürzt. - Entfernung aus dem Beamtenverhältnis: Dies ist die härteste Disziplinarmaßnahme für aktive Beamt*innen. Sie kommt nur bei besonders schweren Dienstvergehen zum Einsatz – etwa bei Korruption, Bestechlichkeit oder massiven Pflichtverletzungen.
Wenn das Vertrauensverhältnis als dauerhaft zerstört gilt, wird der*die Betroffene aus dem Beamtenverhältnis entlassen, also der Beamtenstatus aberkannt. - Kürzung oder Aberkennung des Ruhegehalts: Diese Maßnahme betrifft pensionierte Beamt*innen. Wenn nachträglich ein schweres Dienstvergehen aus der aktiven Dienstzeit bekannt wird, kann das Ruhegehalt teilweise oder vollständig gekürzt bzw. aberkannt werden. Auch dies stellt eine gravierende Maßnahme dar, die jedoch in Ausnahmefällen rückwirkend möglich ist.
Fazit: Disziplinarverfahren als Garant für Integrität und Fairness
Das Disziplinarverfahren ist ein zentrales Instrument, mit dem nicht nur die Integrität des Staates, sondern vor allem auch das Vertrauen der Bürger*innen in das Beamtenverhältnis gewahrt bzw. wiederhergestellt werden kann. Dabei geht es nicht nur um die Sanktion einer Pflichtverletzung im Einzelfall, sondern auch um den Schutz der besonderen Verantwortung und Vorbildfunktion, die mit dem Beamtenstatus einhergeht.
Das Verfahren ist gesetzlich klar geregelt und transparent, sodass auch für die betroffene Person Rechtsstaatlichkeit und eindeutige Verfahrensregeln gelten – willkürliche Entscheidungen sollen so verhindert werden. Gleichzeitig bestehen Einspruchsmöglichkeiten, um die Rechte der Betroffenen zu sichern.