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Mitarbeitergesundheit

Betriebsärztliche Untersuchung: Pflichten, Rechte, Ablauf

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7 Minuten Lesezeit
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Gesunde Mitarbeitende sind auch effiziente Mitarbeitende: Deshalb gilt es deren höchstes Gut, nämlich die Gesundheit, konsequent zu schützen. Die Verantwortung hierfür teilen sich drei Parteien: das Unternehmen, die Mitarbeitenden sowie der behandelnde Betriebsarzt.

Deshalb treten wir heute selbst in die Fußstapfen der Diagnostiker*innen – und schauen uns getreu einer gründlichen Anamnese und Diagnose an, was Sie über die betriebsärztliche Untersuchung wissen müssen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die betriebsärztliche Untersuchung ist Pflicht, um die Gesundheit der Angestellten sowohl unmittelbar als auch präventiv (Vorsorge) zu schützen.
  • Die Betriebsärzt*innen sollen im Zuge dessen allen voran arbeitsbedingte Erkrankungen und Risiken identifizieren und durch ihre ärztliche Behandlung frühzeitig gegensteuern: Um die Gesundheit am Arbeitsplatz (und außerhalb) ganzheitlich zu fördern.

Gesetzliche Grundlagen

Eine Reihe von Gesetzen greift direkt oder indirekt die betriebsärztliche Untersuchung auf. Grundlegend einerseits das Arbeitsschutzgesetz, um gesundheitliche Risiken am Arbeitsplatz zu minimieren. Andererseits die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV), die die exakten Rahmenbedingungen festlegt. Zu berücksichtigen sind noch weiterführende Gesetze wie das Arbeitssicherheitsgesetz, Bundesdatenschutzgesetz und die Datenschutz-Grundverordnung.

Was ist die betriebsärztliche Untersuchung?

Der relativ selbsterklärende Begriff umfasst die medizinischen Untersuchungen, die Betriebsärzte*innen zur Sicherstellung des betrieblichen Gesundheitsschutzes durchführen. Prinzipiell unterscheidet sich solch eine Untersuchung nicht grundlegend von jeder anderen ärztlichen Beratung: Im Fokus stehen die Patienten (die zugleich die Arbeitnehmenden sind) mitsamt ihrem gesundheitlichen Zustand – und allem, was diesen potenziell bedroht.

Wozu dient eine arbeitsmedizinische Untersuchung?

Der Fokus der Untersuchung liegt allen voran auf etwaigen arbeitsbedingten Erkrankungen. Dafür prüfen Betriebsärzte, ob Gesundheitsrisiken bei der Ausübung bestimmter Tätigkeiten bestehen. Ebenso, ob sich diese Risiken womöglich bereits in Form einer Erkrankung manifestiert haben.

Parallel dazu richten die Betriebsärzte den Fokus auf die Zukunft: Mit Hinblick darauf, ob die Patienten/Angestellten erste Anzeichen von Gesundheitsproblemen zeigen – und falls ja, wie dann entsprechend der Tätigkeit im Unternehmen weiter zu verfahren ist.

Was wird bei der betriebsärztlichen Untersuchung gemacht? 3 Arten der Untersuchung

1. Die Pflichtvorsorge

  • Diese betriebsärztliche Untersuchung ist Pflicht für bestimmte Tätigkeiten: Arbeitgebende müssen die Untersuchung ermöglichen, Arbeitnehmende müssen sie wahrnehmen.
  • Kommt beispielsweise bei regelmäßigem Kontakt mit gefährlichen Stoffen, bei Strahlenbelastung oder in Form von Einstellungsuntersuchungen zum Einsatz.
  • Ohne die Pflichtvorsorge ist keine Anstellung/Ausübung der Tätigkeit erlaubt.

Wenn Sie sich also fragen „Bin ich verpflichtet mich vom Betriebsarzt untersuchen zu lassen?“, dann ist die Antwort für die Pflichtvorsorge ein klares „Ja!“.

2. Die Angebotsvorsorge

  • Diese ist freiwillig für Arbeitnehmende, das Unternehmen muss sie aber verpflichtend anbieten.
  • Im Fokus stehen Tätigkeiten mit potenziell gesundheitsgefährdendem Risiko, das aber nicht so hoch wie bei den Tätigkeiten der Pflichtvorsorge ist.
  • Beispiele hierfür sind unter anderem Untersuchungen für Mitarbeitende an Bildschirmarbeitsplätzen oder Sehtests.
  • Mitarbeitende, die die Untersuchung nicht wahrnehmen möchten, dürfen keine negativen Konsequenzen daraus erfahren.

Gut zu wissen: Laut der „Task Force Arbeitsmedizin“ der Bundesärztekammer berichten fast zwei Drittel der in Deutschland Beschäftigten, dass ihr Betrieb einen Betriebsarzt/Betriebsärztin hat. Rund ein Viertel der Befragten haben innerhalb eines Jahres wenigstens einmal eine Behandlung/Beratung.

3. Die Wunschvorsorge

  • Eine potenzielle Gefährdung spielt hier keine Schlüsselrolle
  • Wird von Mitarbeitenden angefragt, vom jeweiligen Unternehmen ermöglicht
  • Die Wunschvorsorge wird genutzt, falls Beschäftigte zwischen ihrer Arbeit und gesundheitlichen Beschwerden einen Zusammenhang vermuten – beispielsweise Rückenschmerzen bei Schreibtischhelden oder Gelenkschmerzen bei Dachdeckern.

Betriebsärztliche Untersuchung: Der Ablauf im Überblick

Bevor Sie selbst als Patient*in vorstellig werden:

  1. Zuständige Mitarbeitende im Unternehmen erstellen gemeinsam mit dem Betriebsarzt/der Betriebsärztin eine Evaluierung zur Gefährdungsbeurteilung
  2. Es erfolgt eine allgemeine Belehrung durch die Betriebsärzte zu Zweck, Inhalt, Umfang und Risiken.
  3. Ab jetzt stehen Sie selbst im Fokus:
  4. Sie erscheinen zur Untersuchung, die Betriebsärzte führen diese durch – beispielsweise Labor-, Hör- oder Sehtests.
  5. Wie bei jeder anderen medizinischen Konsultation, dokumentieren die Mediziner*innen ihre Ergebnisse. Zusätzlich legen Sie eine Beurteilung („tauglich“ oder „untauglich“) fest.
  6. Später sind weitere Folgetermine wahrzunehmen. Außerdem können Sie optional eine Angebots- oder Wunschvorsorge anfordern.

Welche Rechte & Pflichten bestehen bei Untersuchungen durch den Betriebsarzt?

  • Arbeitnehmende haben das Recht, die Untersuchung zu verweigern (mehr Details dazu im nächsten Abschnitt!)
  • Arbeitnehmende haben ein Recht auf Information: Was die Untersuchungen, einzelne Schritte und die Ergebnisse anbelangt.
  • Arbeitnehmende haben das Recht, dass ihr Datenschutz und ihre persönlichen Gesundheitsdaten ge- und verwahrt bleiben.
  • Ist der ursprüngliche Zweck nicht mehr gegeben, haben Arbeitnehmende das Recht ihre Daten löschen zu lassen
  • Betriebsärzte verpflichten sich der ärztlichen Schweigepflicht.
  • Betriebsärzte dürfen nur Untersuchungen durchführen, die von Arbeitnehmenden gewünscht oder zur Ausübung der Tätigkeit erforderlich sind.
  • Betriebsärzte müssen die vorherige Einwilligung für invasive Untersuchungen (beispielsweise Blutabnahme) einholen.
  • Arbeitgebende haben ein Anrecht auf eine Beurteilung über die Eignung der untersuchten Arbeitnehmenden.
  • Arbeitgebende haben KEIN Anrecht auf einen detaillierten medizinischen Befund, sondern nur auf die abschließende Beurteilung (tauglich, eingeschränkt tauglich, nicht tauglich)
  • Arbeitgebende müssen für die Kosten der Untersuchung aufkommen.

Ist ein Arbeitnehmender verpflichtet, sich vom Betriebsarzt untersuchen zu lassen?

Sofern es sich um eine angeordnete Pflichtvorsorge handelt, sind Arbeitnehmende dazu verpflichtet – zumindest wenn sie ihren Job tatsächlich ausüben möchten.

Natürlich besteht die Möglichkeit der Weigerung. Dann kann das Unternehmen aber seinen gesetzlichen Pflichten nicht nachkommen und darf den Mitarbeitenden nicht wie gewünscht einsetzen. Schlimmstenfalls kann das in einer Kündigung enden, denn der Mitarbeitende ist so nicht in der Lage, die angedachte Rolle auszuüben.

Wie oft müssen Mitarbeitende zum Betriebsarzt?

Das ist je nach Art der Untersuchung und vom Gefährdungspotenzial abhängig. Generell gilt:

  • Das erste Mal findet bei Aufnahme der Tätigkeit statt
  • danach wiederholen sich Nachuntersuchungen meist alle 12 bis 36 Monate
  • bei einem sehr hohen Gefährdungspotenzial können Unternehmen und Betriebsärzte noch kürzere Untersuchungsintervalle anordnen
  • … ebenso wie bei bereits festgestellten Gesundheitsproblemen

Betriebsärztliche Untersuchung Öffentlicher Dienst: Ist sie auch hier Pflicht?

Der Öffentliche Dienst ist ebenso an die Vorgaben der eingangs erwähnten ArbMedVV gebunden. Daher lautet die kurze Antwort schlicht: Ja.

Übrigens: Die HR-Software von Factorial unterstützt Sie proaktiv – bei der zeitlichen Planung, Erfassung von temporären Abwesenheiten und Koordination der Untersuchungstermine. So haben Sie noch etwas mehr zeitlichen Spielraum, um sich auf den Erhalt Ihrer und der Gesundheit der Mitarbeitenden zu fokussieren.