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Unternehmensvorschriften & Gesetze

Arbeitskampf: Definition, Regel und Formen

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Kommen beide Parteien mit Worten nicht mehr weiter und sind die Verhandlungen gescheitert, bleibt nur noch die Tat – genauer gesagt der Arbeitskampf. Der gilt im Regelfall als das letzte Mittel, wenn schlichtweg keine Einigung erzielt werden kann, eine Seite diese aber forcieren möchte. Ausgetragen zwischen Gewerkschaften und Unternehmensvertretungen, gelten für einen Arbeitskampf aber strikte Spielregeln.

Hier erfahren Sie, wie so ein Kampf in der Praxis aussehen kann und welche Rahmenbedingungen dafür gelten.

Das Wichtigste in Kürze

  1. Bei einem Arbeitskampf kommt es zum Konflikt zwischen Arbeitgeber und Gewerkschaften. Er ist die Folge von zuvor gescheiterten beziehungsweise festgefahrenen Verhandlungen.
  2. Der Arbeitskampf soll die Situation von Arbeitnehmenden verbessern – zum Beispiel in Form von höheren Löhnen oder besseren Arbeitszeiten.

Gesetzliche Grundlage

Wo ist der Arbeitskampf geregelt? Indirekt ist der Arbeitskampf im Artikel 9 Abs. 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland verankert: Der Artikel 9 GG räumt Interessenvertretungen das Recht auf eine Koalitionsfreiheit ein – und damit auch das Recht, Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen gemeinsam mit Arbeitgebenden gestalten zu dürfen.

Arbeitskampf Definition: Was ist ein Arbeitskampf?

Sind Tarif- und vergleichbare Verhandlungen zwischen Arbeitnehmerinteressenvertretungen und Arbeitgebenden gescheitert, kann von Gewerkschaften ein Kampfbeschluss festgelegt werden. Beide Parteien gehen damit in den Arbeitskampf.

Was versteht man unter einem Arbeitskampf? Selbiger umschließt alle Maßnahmen von Arbeitnehmenden, die den laufenden Betrieb stören sollen. Ziel dessen ist, die Arbeitgeberseite durch Störungen des Arbeitsablaufes unter Druck zu setzen und so die eigenen Forderungen durchzusetzen. Arbeitgebende haben, zum Beispiel mit Aussperrungen, eigene Mittel für den Arbeitskampf.

In Deutschland haben Arbeitskämpfe Tradition: Laut dem Report Nr. 95 vom „Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut“ gab es im Jahr 2023 einen neuen Rekord von 312 Arbeitskämpfen. Das entsprach einem Anstieg um 40 % gegenüber dem Vorjahr. Des Weiteren verursachten die über den Arbeitskampf ausgerufenen Streiks 1,5 Millionen Ausfalltage über alle teilnehmenden Beschäftigten.

Spielregeln für den Arbeitskampf

Bei einem Arbeitskampf müssen sich, wie bei jedem anderen Kampf ebenso, beide Parteien an ein festes Regelwerk halten. Das umfasst:

  1. Den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Der Arbeitskampf muss ein geeignetes und erforderliches Mittel zur Durchsetzung der eigenen Interessen sein. Dauer und Mittel des Arbeitskampfes müssen außerdem verhältnismäßig sein. Wegen geringfügiger Forderungen einen unbefristeten Vollstreik auszurufen, wäre beispielsweise nicht verhältnismäßig.
  2. Ultima Ratio: Andere Versuche, beispielsweise in Form von Verhandlungen, müssen zuvor gescheitert sein. Mildere Maßnahmen, gegenüber den nun eingesetzten Instrumenten des Arbeitskampfes, verliefen zuvor ebenfalls bereits erfolglos.
  3. Konkreter Bezug: Im Fokus des Streiks müssen tariflich erfassbare Inhalte stehen, wie der Lohn oder die Arbeitszeiten.
  4. Zuständigkeit: Kämpfen dürfen nur Interessenvertretungen und ihre Mitglieder – also beispielsweise Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände. Einzelne Arbeitnehmende dürfen nicht in Eigenregie in den Arbeitskampf gehen.
  5. Friedenspflicht: Während ein gültiger Tarifvertrag läuft, muss immer Frieden herrschen. Das ist durch den zuvor verhandelten Tarifvertrag automatisch impliziert. Ein Arbeitskampf darf also erst nach Ablauf eines Tarifvertrages, während dann ein neuer Vertrag verhandelt werden soll, stattfinden. Wer sich nicht daran hält, muss laut dem Bundesarbeitsgericht Urteil 1 AZR 160/14 für entstandene Schäden aufkommen.

Gut zu wissen: Das enge Regelwerk führt dazu, dass sich die Bundesrepublik mit ihrer Häufigkeit von Arbeitskämpfen international lediglich im unteren Mittelfeld ansiedelt. Spitzenreiter im Streiken sind die Belgier und Franzosen – mit Werten, die rund fünfmal so hoch sind wie die für Deutschland.

Welche Formen von Arbeitskampf gibt es?

– Aus dem Blickwinkel von Arbeitnehmenden und Gewerkschaften –

Die bekannteste Form ist natürlich der Streik – mitsamt all seinen unterschiedlichen Ausprägungen. Im Arsenal der jeweiligen „Kämpfer“ befinden sich die folgenden „Waffen“, die auch einen Blick in den typischen Arbeitskampf Ablauf und die Steigerungen der genutzten Mittel geben.

  • Bummelstreik: Bei diesem wird die Arbeit nicht niedergelegt, sondern bewusst langsam ausgeführt, um Arbeitgebende wirtschaftlich unter Druck zu setzen.
  • Sympathiestreik: Bei dieser Form dient der Streik lediglich der Unterstützung einer anderen Gewerkschaft. Das findet in Deutschland nur sehr selten statt, auch weil die rechtliche Grundlage dafür höchst umstritten ist.
  • Warnstreik: Dieser ist immer zeitlich befristet und nur kurz angelegt. Er dient als „Warnschuss“ für das, was Arbeitgebende bei einem „tatsächlichen“ Arbeitskampf erwarten dürften.
  • Erzwingungsstreik: Dieser Streik ist immer längerfristig. Als Vollstreik werden damit alle Unternehmen einer bestimmten Branche bestreikt, bei einem Teil- oder Schwerpunktstreik nur einzelne Wirtschaftszweige oder Abteilungen. Er ist de facto die klassischste und schärfste Waffe im Arbeitskampf. Bevor er ausgerufen wird, muss eine Urabstimmung innerhalb der Gewerkschaft stattfinden.
  • Zur Vollständigkeit: Es gibt auch noch Generalstreiks. Diese sind gesellschaftlich und politisch motiviert, rechtlich in Deutschland aber unzulässig. Sie wären für den Kampf also kein valides Mittel.

Welche Arbeitskampfmittel hat der Arbeitgeber?

Zwar genießen Arbeitnehmende in Deutschland eine Schutzstellung, auch im Arbeitskampf. Völlig zahnlos sind Unternehmen und deren Interessenvertretungen aber nicht aufgestellt. Sie haben die nachfolgenden Mittel zur Auswahl.

  • Aussperrung: Der Klassiker, um auf einen Streik zu reagieren. Unternehmen verwehren damit Arbeitnehmenden den Zutritt zum Arbeitsplatz – und damit auch den Lohn.
  • Suspendierung: Arbeitgebende können einzelne Abteilungen temporär komplett stilllegen.

Aber Achtung: Streikende Arbeitnehmende durch Leiharbeiter*innen zu ersetzen, ist nach dem § 11 vom Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) nicht erlaubt. Unternehmen dürfen aber bereits beschäftigte Mitarbeitende kurzzeitig in eine andere Position versetzen, wenn beispielsweise nur ein bestimmter Betriebsteil oder eine Abteilung bestreikt wird.

Als Content Managerin bei Factorial verbindet Antonia Grübl fundiertes Know-how in HR-Kommunikation mit einem Gespür für aktuelle Entwicklungen in der Arbeitswelt. Sie übersetzt komplexe Zusammenhänge in Inhalte, die wirken – für HR-Teams, Führungskräfte und Entscheider*innen. Ihr Ziel: Orientierung geben, die Digitalisierung begleiten und New Work greifbar machen.