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Unternehmensvorschriften & Gesetze

Vorbeschäftigungsverbot: Rechtslage und Ausnahmen

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6 Minuten Lesezeit
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Arbeitnehmende wünschen sich aus offensichtlichem Grund typischerweise ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, während Unternehmen die Flexibilität befristeter Anstellungen präferieren. Um speziell Mitarbeitende zu schützen, die in dem Unternehmen zuvor schon angestellt waren, gibt es das Vorbeschäftigungsverbot.

Wir geben Ihnen heute einen Überblick, worauf beim Vorbeschäftigungsverbot zu achten ist und warum sich zuletzt in dessen Auslegung selbst das Bundesarbeitsgericht und Bundesverfassungsgericht nicht ganz einig waren.

Das Wichtigste in Kürze

  1. Das Vorbeschäftigungsverbot soll sicherstellen, dass zuvor bereits Beschäftigte nicht später in ein sachgrundloses befristetes Arbeitsverhältnis beim selben Unternehmen gedrängt werden.
  2. Damit das Vorbeschäftigungsverbot greift, müssen Mitarbeitende im Unternehmen schon einmal angestellt (befristet oder unbefristet) gewesen sein. Die Regelung würde dann erst bei einer erneuten Wiedereinstellung greifen.

Gesetzliche Grundlage

Gesetzlich ist das Vorbeschäftigungsverbot im § 14 vom Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geregelt. Demnach ist ein sachgrundloses befristetes Arbeitsverhältnis nicht zulässig, wenn zuvor bereits ein Arbeitsverhältnis bestand. Das Bundesverfassungsgericht untermauerte mit einem Beschluss aus dem Jahr 2018, dass eine Vorbeschäftigung dann relevant ist, wenn Mitarbeitende in den letzten drei Jahren schon einmal für das Unternehmen tätig waren.

Was ist ein Vorbeschäftigungsverbot?

Das Vorbeschäftigungsverbot soll Arbeitnehmende schützen, sofern diese bereits für das Unternehmen mit einem befristeten oder unbefristeten Arbeitsvertrag tätig waren und nun erneut befristet angestellt werden sollen. Damit möchte der Gesetzgeber einer „Kettenbefristung“ entgegenwirken.

Arbeitnehmende sollen also nicht von einem zum nächsten befristeten Arbeitsvertrag beim selben Arbeitgebenden gedrängt werden. Das aus zwei Gründen:

  1. Arbeitnehmende sollen nach ihrer Tätigkeit für das Unternehmen die Sicherheit einer unbefristeten Stelle haben.
  2. Arbeitgebende sollen sich wiederum nicht dauerhaft den Kosten und Risiken einer unbefristeten Anstellung entziehen können.

Was sind Vorbeschäftigungszeiten?

Gemeint sind damit alle früheren Arbeitsverhältnisse, die zwischen dem jeweiligen Arbeitnehmenden und dem jeweiligen Unternehmen bereits bestanden. Explizit NICHT gemeint sind Arbeitsverhältnisse mit anderen Arbeitgebenden.

Zur Vorbeschäftigungszeit zählen:

  • gewöhnliche befristete sowie unbefristete Anstellungen in Voll- und Teilzeit
  • Aushilfs- sowie Minijobs
  • Werkstudententätigkeiten und Praktika

Vorbeschäftigungszeiten sind durchaus relevant. In den vergangenen Jahren gab es laut der Bundesagentur für Arbeit mehr als 3,2 Millionen Beschäftigte mit befristetem Arbeitsverhältnis. Die Hans-Böckler-Stiftung ermittelte sogar, dass knapp 38 % aller Beschäftigten bei einer Neuanstellung zunächst nur befristet angestellt werden.

Kann man einen ehemaligen Mitarbeitenden befristet einstellen?

Prinzipiell ja, aber mit klaren Einschränkungen und Vorgaben. Unternehmen haben dafür zwei Möglichkeiten:

  1. Es liegt ein konkreter, valider Sachgrund vor. Das wäre beispielsweise bei saisonalen Arbeiten oder einer Vertretung wegen einer Elternzeit im Unternehmen der Fall.
  2. Es greift eine der Ausnahmen des Vorbeschäftigungsverbots, die das Bundesverfassungsgericht für zulässig erklärte.

Zu beachten ist jedoch: Ohne einen konkreten Sachgrund, der objektiv beweisbar wäre, steht eine befristete Neuanstellung immer rechtlich auf wackeligen Beinen. Im Zweifelsfall müsste vor den Arbeitsgerichten individuell und fallbezogen gestritten werden, ob der Grund valide ist und/oder eine der engmaschigen Ausnahmen des Bundesverfassungsgerichts greift.

Wann kann ausnahmsweise auch bei Vorbeschäftigung nochmals sachgrundlos befristet werden?

In einigen wenigen Ausnahmefällen ist das möglich und laut dem Bundesverfassungsgericht zulässig. Dieses hat dafür aber einige sehr konkrete Einschränkungen getroffen. Dafür überstimmte das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2018 sogar die vorherige Rechtsprechung vom Bundesarbeitsgericht. Das verdeutlicht: Selbst für die höchsten Gerichte des Landes ist die Auslegung des Vorbeschäftigungsverbots herausfordernd.

Anhand unserer nachfolgenden Tabelle erhalten Sie einen Überblick, wann anhand der definierten Ausnahmen eine sachgrundlose Befristung ehemaliger Mitarbeitenden denkbar wäre.

Situation Ist eine sachgrundlose Befristung zulässig? Erklärung
Frühere Beschäftigung liegt weniger als 3 Jahre zurück Nein Direkter Verstoß gegen das Vorbeschäftigungsverbot und der Auslegung des Bundesverfassungsgerichts
Frühere Beschäftigung liegt über 10 Jahre zurück Möglich Für längere Zeiträume ist eine Einzelfallprüfung notwendig
Früher als Aushilfe oder Minijobber angestellt Möglich Bei sehr kurzer Tätigkeit in Aushilfsjobs könnte keine enge Bindung zum Arbeitgebenden vorliegen, daher erneute Einzelfallprüfung notwendig
Arbeitskraft wird anderweitig eingesetzt Möglich Unterscheidet sich die zweite Tätigkeit gänzlich von der im ersten Arbeitsverhältnis, greift das Vorbeschäftigungsverbot normalerweise nicht. Der neue Tätigkeitsbereich muss dafür wirklich völlig verschieden sein.

Best Practices für Arbeitgeber zum Vorbeschäftigungsverbot

  1. Prüfen Sie, beispielsweise mit der digitalen Personalakte in Factorials HR-Software, ob zuvor schon einmal ein Arbeitsverhältnis in irgendeiner Form mit der jeweiligen Fachkraft bestand.
  2. Falls ja, ermitteln Sie die genauen Tätigkeitsbereiche, in denen die Fachkraft damals eingesetzt wurde.
  3. Falls ja, ist die rechtssichere Lösung die Befristung mit explizitem Sachgrund – wie zum Beispiel einer zeitlich limitierten Projektarbeit oder als temporäre Elternvertretung. Ohne Sachgrund sind vor allem die Zeiträume zwischen beiden Arbeitsverhältnissen zu prüfen.

Sofern kein vorheriges Arbeitsverhältnis bestand, ist das Vorbeschäftigungsverbot nicht relevant.

Vorbeschäftigungsverbot Rente: Was gilt da?

Senioren*innen, die sich weiterhin aktiv in der Arbeitswelt betätigen möchten oder müssen, sind nicht automatisch vom Vorbeschäftigungsverbot ausgenommen. Grundlegend gelten für diese die eben genannten Bestimmungen und Einschränkungen ebenso. Selbiges gilt für das Vorbeschäftigungsverbot nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze.

Praktisch bedeutet das: Waren ältere Arbeitnehmende zuvor schon für das Unternehmen tätig, können Sie sich an der Tabelle in diesem Artikel orientieren, um eine Ausnahme zu prüfen. Generell besteht natürlich immer die Möglichkeit, eine Befristung mit explizitem Sachgrund durchzusetzen.

Außerdem greift nach Erreichen der Regelaltersgrenze eine weitere Ausnahme. Nach dem § 41 vom Sozialgesetzbuch können Arbeitnehmende und Arbeitgebende eine einvernehmliche Vereinbarung über eine Befristung treffen. Damit möchte der Gesetzgeber mehr Flexibilität bei erwerbstätigen Senioren*innen sicherstellen.


Als Content Managerin bei Factorial verbindet Antonia Grübl fundiertes Know-how in HR-Kommunikation mit einem Gespür für aktuelle Entwicklungen in der Arbeitswelt. Sie übersetzt komplexe Zusammenhänge in Inhalte, die wirken – für HR-Teams, Führungskräfte und Entscheider*innen. Ihr Ziel: Orientierung geben, die Digitalisierung begleiten und New Work greifbar machen.