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Sachgrundlose Befristung: Vorgehensweise und Rechtslage

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6 Minuten Lesezeit
Sachgrundlose Befristung

Die sachgrundlose Befristung wurde bereits im Jahr 1985 eingeführt. Für Arbeitgeber bedeutet sie bis heute eine höhere Flexibilität bei der Personalplanung, während sie für Arbeitnehmer*innen häufig eine große Unsicherheit darstellt.

Dabei ist die sachgrundlose Befristung nur unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Welche diese sind und und was HR Manager*innen bei sachgrundlosen Befristungen beachten müssen, erklären wir Ihnen im folgenden Blogartikel.

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Sachgrundlose Befristung: Aktuelle Situation?

Nachdem der Anteil an befristeten Beschäftigten in den letzten Jahren eher gesunken war, ist er laut einer Studie des IAB im Jahr 2021 zuletzt erstmals wieder leicht angestiegen. Insgesamt spielen die Befristungen allerdings aktuell eine geringere Rolle auf dem Arbeitsmarkt als noch vor der Corona-Pandemie.

Dabei machen sachgrundlose Befristungen etwas mehr als die Hälfte aller befristet abgeschlossener Arbeitsverhältnisse aus. Befristete Beschäftigungsverhältnisse sind dabei vor allem im Dritten Sektor, also im Non-Profit-Bereich, und im Öffentlichen Dienst anzutreffen.

Doch was steckt überhaupt hinter dem sperrigen Begriff „Sachgrundlose Befristung“?

Sachgrundlose Befristung: Definition

Unter sachgrundloser Befristung versteht man eine Befristung des Arbeitsverhältnisses ohne einen triftigen und gesetzlich zulässigen Grund. Sie ist dennoch nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Die sachgrundlose Befristung ist im § 14 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) geregelt.

Die sachgrundlose Befristung ist damit eine Form eines befristeten Arbeitsverhältnisses. Darüber hinaus kennt das Arbeitsrecht mit einem Sachgrund befristete Beschäftigungsverhältnisse.

Ein sachlicher Grund im Rahmen von Befristungen mit Sachgrund kann gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG beispielsweise sein:

  • Eine Vertretung (z. B. Elternzeit),
  • Befristete Arbeits- oder Aufenthaltserlaubnisse,
  • Erstanstellung nach Abschluss von Studium oder Ausbildung,
  • Probezeit,
  • Drittmittelfinanzierung und/oder zeitlich begrenzte Projekte,
  • Saisonales Geschäft,
  • Beim Arbeitnehmer liegende Gründe (z. B. Umzug),
  • Die Befristung beruht auf einem gerichtlichen Vergleich.

Achtung: Liegt keiner dieser Gründe vor, dann handelt es sich um eine sachgrundlose Befristung. Doch für diese gelten strenge Regeln.

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Wann ist eine sachgrundlose Befristung zulässig?

Das Gesetz kennt 3 zulässige Varianten für eine sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen:

  1. Die zeitliche Befristung ist auf 2 Jahre beschränkt (§ 14 Abs. 2 TzBfG).
  2. Es handelt sich um Neueinstellungen im Rahmen von Existenzgründungen.
  3. Einstellung von älteren Arbeitnehmer*innen ab 52 Jahren.

Jede dieser drei Varianten ist genau geregelt:

1. Zeitliche Befristungen

  • Die Befristung ist auf maximal 24 Monate beschränkt. Innerhalb dieses Zeitraumes darf ein Arbeitsvertrag maximal 3-mal verlängert werden. Ist ein Arbeitsvertrag zunächst auf ein halbes Jahr beschränkt, darf er also z. B. nicht noch zweimal um ein halbes Jahr verlängert werden.
  • Das Beschäftigungsverhältnis muss sich zudem nahtlos an das vorherige anschließen. Es dürfen keine Pausen dazwischen sein, denn sonst wäre die sachgrundlose Befristung unzulässig.

Diese Form der sachgrundlosen Befristung wird auch „kalendermäßige Befristung“ genannt.

Ausnahme: Sachgrundlose Befristung im öffentlicher Dienst 

Die gesetzliche Regelung zur kalendermäßigen Befristung eines befristeten Arbeitsvertrages kann durch tarifliche Vereinbarungen abweichen. So sind über einen längeren Zeitraum bestehende sachgrundlose Befristungen im Öffentlichen Dienst beispielsweise keine Seltenheit.

Es gibt jedoch eine gesetzliche Deckelung auch in diesem Fall. Diese ist nach einem BAG-Gerichtsurteil aus dem Jahr 2016 auf maximal 6 Jahre begrenzt. Innerhalb dieses Zeitraumes dürfen Vertragsfristen maximal 9-mal verlängert werden.

Sachgrundlose Befristung Vorbeschäftigung

2. Neueinstellungen im Rahmen von Existenzgründungen

Gerade für Existenzgründer ist es aufgrund der unsicheren Ausgangssituation oft schwierig, unbefristete Arbeitsverhältnisse anbieten zu können. Aus diesem Grund sieht das Gesetz hier Erleichterungen vor.

So dürfen Unternehmen in den ersten vier Jahren nach Gründung Arbeitsverhältnisse auf bis zu vier Jahre befristen und diese sogar mehrfach verlängern.

Das Datum der Unternehmensgründung muss per Gesetz dem Finanzamt und der jeweiligen Gemeinde mitgeteilt werden.

Wichtig: Eine rechtliche Umstrukturierung des Unternehmens genügt nicht, um als Unternehmensgründung durchzugehen.

Dazu zählen:

  • Die Fusion bereits bestehender Unternehmen.
  • Eine neue Rechtsform des Unternehmens.
  • Wenn Vermögensanteile eines liquidierten Unternehmens in ein neues Unternehmen übertragen werden.

3. Einstellung von Beschäftigten ab 52 Jahren

Um die Chancen für ältere Arbeitnehmer*innen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, sieht das Gesetz auch eine sachgrundlose Befristung für Personen ab 52 Jahren vor. Die Befristung darf für maximal 5 Jahre erfolgen und kann innerhalb dieses Zeitraums mehrfach verlängert werden.

Doch auch hier gelten, abgesehen vom Alter, bestimmte Voraussetzungen. Eine der folgenden Bedingungen muss gegeben sein, damit eine sachgrundlose Befristung in diesem Fall zulässig ist:

  • Arbeitnehmer*innen müssen zuvor mindestens 4 Monate arbeitslos gewesen sein oder
  • sie müssen direkt zuvor an einer öffentlichen Beschäftigungsmaßnahme teilgenommen haben oder
  • die Beschäftigten müssen öffentliches Transferkurzarbeitergeld bezogen haben.

Grundvoraussetzungen für eine sachgrundlose Befristung

Damit eine sachgrundlose Befristung aber überhaupt zulässig ist, müssen bestimmte Grundvoraussetzungen erfüllt sein.

Eine sachgrundlose Befristung muss: 

  • In Schriftform erfolgen,
  • genaue Angabe über Beginn und Ende aufweisen und
  • der Arbeitnehmer darf zuvor noch nicht im Betrieb gearbeitet haben.

Sachgrundlose Befristung nach Sachgrundbefristung:

Nach Ablauf der maximal zulässigen sachgrundlosen Befristungen darf keine weitere sachgrundlose Befristung zwischen den Parteien geschlossen werden. Es darf allerdings im Anschluss eine Befristung mit Sachgrund aufgesetzt werden.

Wichtig: Andersherum, also nach einer Befristung mit Sachgrund eine sachgrundlose Befristung vorzunehmen, ist nicht zulässig.

Sachgrundlose Befristung: Vorbeschäftigung

Bei allen Einstellungen im Rahmen von Befristungen ohne Sachgrund muss es sich um Neueinstellungen handeln. Es darf also zwischen beiden Parteien zuvor weder ein befristetes noch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden haben. Dies ist in §14 Abs. 2 Satz 2 des TzBfG geregelt.

Auch eine längere Zeit zwischen zwei (kurzen) befristeten Beschäftigungsverhältnissen bei demselben Arbeitgeber ist in der Regel nicht zulässig. Wie lange die Zeit zwischen zwei befristeten Beschäftigungsverhältnissen sein muss, damit eine Befristung ohne Sachgrund wirksam ist, ist nicht genau geregelt.

Ein Urteil des Bundesarbeitsarbeitsgerichts (BAG) aus dem Jahr 2019 (Urteil vom 23.01.2019, Az. 7 AZR 733/16) legt hier allerdings eine neue Entscheidung vor. 

Im BAG-Urteil heißt es, dass eine Zeit von acht Jahren bei einer befristeten Beschäftigung ohne Sachgrund nicht ausreicht, um diese zu rechtfertigen. Der Zeitraum allein macht die sachgrundlose Befristung nicht zulässig. Das Gericht entschied, dass Arbeitgeber zusätzliche Gründe vorbringen müssen, warum ein Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar wäre.

Wenn die Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt oder bei sehr kurz zurückliegenden Arbeitsverhältnissen zwischen Beschäftigten und Arbeitgeber kommt das TzBfG nach verfassungskonformer Auslegung nicht zur Anwendung.

D.h., dass ein Verbot der sachgrundlosen Befristung eingeschränkt werden kann, auch wenn ein zuvor befristetes Arbeitsverhältnis zwischen beiden Parteien bestanden hatte.

Warum sind sachgrundlose Befristungen für Arbeitgeber interessant?

Doch warum sind sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnisse überhaupt interessant für Arbeitgeber?

Laut IAB-Studie können sich Arbeitgeber Vorteile versprechen, wenn: 

  • Sie sich in einer unsichere wirtschaftlichen Situation befinden,
  • eine begrenzte Finanzierung der Arbeitnehmer*innen gewünscht ist und
  • sich die Unternehmen eine Steigerung der Motivation der Beschäftigten versprechen. 

Nachteile für Arbeitnehmer*innen:

Neben den Vorteilen gerade für ältere Arbeitnehmer kann eine Befristung aber die folgenden Nachteile haben: 

  • Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes,
  • Unsicherheit der Lebensplanung,
  • Keine tariflichen Gehaltserhöhungen,
  • Wenig arbeitsrechtliche Sicherheiten.

Tipp: Als Arbeitgeber sollten Sie genau abwägen, wann und ob eine Befristung in Ihrem Unternehmen wirklich Sinn ergibt.

Darf eine sachgrundlose Befristung vor Ablauf der Befristung gekündigt werden?

Tatsächlich ist eine ordentliche Kündigung in diesem Fall nicht möglich – weder von Seiten des Arbeitgebers noch von Arbeitnehmerseite.

Ausnahmen: Liegt eine individuelle oder tarifliche, schriftlich vereinbarte Regelung vor, ist eine vorzeitige Kündigung selbstverständlich möglich.

Aber: Eine außerordentliche Kündigung oder auch ein gemeinsamer Aufhebungsvertrag sind weiterhin zulässig.

Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der Befristung

Wird die Arbeitsleistung des Beschäftigten nach Ablauf der Befristung weiterhin in Anspruch genommen ergibt sich automatisch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Voraussetzung ist, dass kein unmittelbarer Widerspruch des Arbeitgebers vorliegt.

Regelungen bei unwirksamen sachgrundlosen Befristungen

Was im Falle einer unwirksamen Befristung ohne Sachgrund geschieht, ist vor allem in § 16 und §17 TzBfG geregelt.

Ist eine Befristung ohne Sachgrund unwirksam, gilt das Arbeitsverhältnis als unbefristet. Dieses unterliegt dann den allgemein gültigen Kündigungsregelungen.

  • Für Arbeitgeber gilt: Auch im Falle einer unwirksam geschlossenen Befristung darf erst zum Ende der Befristung ordentlich gekündigt werden.
  • Für Arbeitnehmer*innen gilt: Die für Arbeitgeber geltenden Kündigungsbeschränkungen gelten in diesem Fall nicht.  Ein unwirksam gewordenes befristetes Arbeitsverhältnis darf vor Ablauf der Befristung gekündigt werden.

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Sprachgewandt, neugierig und kreativ verfolgt unsere Autorin Marie-Louise Messerschmidt als SEO Content Writer die neuesten HR Trends. Als Teil des Content Marketing Teams arbeitet sie seit Mitte 2022 für Factorial HR. Nach ihrem Abschluss in Betriebswirtschaftslehre an der Georg-August-Universität Göttingen und Sprachwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München befasst sie sich bereits seit 2017 mit Themen im Personalbereich. Ihr Fokus liegt dabei besonders auf rechtlichen und strategischen Themen. Zuletzt hat sie einen Gastbeitrag zum Thema Personalverwaltung im OMT Magazin veröffentlicht.

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