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Das bedeutet die neue EU-Richtlinie zu Gehaltstransparenz für Ihr Unternehmen

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6 Minuten Lesezeit
Lohntransparenz

Nur in wenigen EU-Ländern ist der Gender Pay Gap so groß wie in Deutschland. Und auch EU-weit ist das geschlechtsspezifische Lohngefälle nach wie vor hoch. Um diese Lohndiskriminierung zu bekämpfen, hat die EU im Jahr 2023 eine neue EU-Richtlinie verabschiedet, die die Mitgliedsstaaten nun umsetzen müssen. Was die EU-Richtlinie zu Lohntransparenz für die Gehälter in Ihrem Unternehmen bedeutet, erfahren Sie im folgenden Artikel.

Key Facts

  1. Die Entgelttransparenzrichtlinie der EU will dafür sorgen, dass Personen, die gleichwertige Arbeit verrichten, auch gleiches Entgelt erhalten.
  2. In Deutschland wird das Gesetz bis zum Jahr 2026 umgesetzt.
  3. Für Unternehmen mit mehr als 150 Beschäftigten gelten mit der EU-Richtlinie zu Gehaltstransparenz unter anderem bestimmte Auskunfts- und Berichtspflichten.

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Was bedeutet Gehaltstransparenz?

Gehaltstransparenz Definition

Unter Gehalts- oder auch Lohntransparenz versteht man im Allgemeinen die Offenlegung von Lohninformationen. Arbeitgeber, Arbeitnehmer*innen oder ehemalige Arbeitnehmer*innen können ihre Gehälter auf verschiedene Weise offenlegen.

Formen der Gehaltstransparenz

Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, wie Gehälter offengelegt und anderen zugänglich gemacht werden können.

  • Individuelle Auskunft: Mitarbeitende haben die Möglichkeit, ihre Kolleg*innen nach ihren Gehältern zu fragen. Diese Auskunftsmöglichkeit konnte jedoch in der Vergangenheit von Unternehmen eingeschränkt werden, indem sie Klauseln in den Arbeitsvertrag aufnahmen, die die Mitarbeitenden zum Stillschweigen über ihre Gehälter verpflichteten.
  • Vergleichsportale: Im Internet gibt es verschiedene Lohnvergleichsportale. Diese sammeln entweder Informationen über Gehälter und Löhne oder die Daten werden von Arbeitnehmer*innen der unterschiedlichsten Branchen selbst eingegeben. Zu den gängigsten Vergleichsportalen im deutschsprachigen Raum gehören zum Beispiel Gehalt.de, das Vergleichsportal von Stepstone, oder auch die Datenbank vom Statistischen Bundesamt. Das international wohl bekannteste Portal ist Glassdoor. Neben dem Gehaltsvergleich lassen sich hier ganz allgemein Bewertungen von Arbeitnehmer*innen über Unternehmen finden.
  • Offene Gehaltsinformationen von Unternehmen: Unternehmen machen ihre Gehaltsstruktur öffentlich und damit transparent. Dies geschieht vor allem in Rahmen von gesetzlichen Richtlinien, die Firmen zu dieser Transparenz verpflichten.

Im Folgenden konzentrieren wir uns auf die letzte Möglichkeit, d. h. die Offenlegung von Gehaltsinformationen durch Unternehmen auf der Grundlage gesetzlicher Vorschriften.

Ziele von Gehaltstransparenz

Das Ziel von Gehaltstransparenz ist es, die Gleichbehandlung aller Beschäftigten zu gewährleisten und Diskriminierung zu verhindern. Durch die transparente Darstellung der Gehaltsdaten können die Beschäftigten beurteilen, ob ihr Gehalt fair ist. Unternehmen können sicherstellen, dass sie faire Löhne zahlen.

Studie: Lohnsituation in der EU

Ausgangspunkt für den Wunsch nach Lohntransparenz ist die Tatsache, dass Löhne oft nicht gerecht sind. Diese Ungleichheit ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. Dazu gehört das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern, aber auch zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund oder zwischen weißen und schwarzen Personen.

Laut Statistischem Bundesamt lag der Gender Pay Gap, also der durchschnittliche Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern, im Jahr 2023 bei gut 13 Prozent. In Deutschland sieht es seit Jahren noch schlechter aus. Hier liegt der Wert bei gut 17 Prozent. Damit schneidet Deutschland EU-weit am viertschlechtesten ab.

Studie: Wettbewerbsvorteil für Unternehmen

Neben dieser Ausgangssituation, die gegen das Gleichbehandlungsgesetz und auch gegen das Grundgesetz verstößt und es daher im Interesse aller Unternehmen sein sollte, diese Ungerechtigkeiten zu beseitigen, ergeben sich für die Unternehmen aus der Offenlegung von Gehaltsinformationen auch ganz einfach Wettbewerbsvorteile. In einer aktuellen Studie von Stepstone gaben 6 von 10 Befragten an, dass sie sich eher auf eine Stelle bewerben würden, wenn das Gehalt offengelegt würde. Ebenso viele Befragte gaben an, in der Vergangenheit schon einmal auf eine Stelle verzichtet zu haben, weil diese keine Gehaltsangaben enthielt.

Von Arbeitnehmer*innen häufig gestellte Frage: Ist es ein Kündigungsgrund, wenn man über sein Gehalt spricht?

Es gibt kaum eine Frage, die Beschäftigte im Zusammenhang mit der Bezahlung am Arbeitsplatz so häufig stellen, wie die Frage, ob sie mit ihren Kolleg*innen über ihr Gehalt sprechen dürfen und ob dies ein Kündigungsgrund ist.

Die Antwort auf diese Frage ist ein klares Nein. Es ist kein Kündigungsgrund, mit Kolleg*innen oder anderen Personen über das Gehalt zu sprechen. Oft gibt es, vor allem in Deutschland, eine Kultur der Verschwiegenheit über das Gehalt, aber es gibt kein Gesetz, das das vorschreibt. Genau diese Kultur der Verschwiegenheit soll die neue Richtlinie durchbrechen.

Der Arbeitsvertrag kann jedoch bestimmte Verschwiegenheitsklauseln enthalten, die die Arbeitnehmer*innen dazu anhalten, dies aus Gründen des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses zu unterlassen. Diese Klauseln werden jedoch von den Gerichten regelmäßig als unzulässig angesehen, da sie gegen den Grundsatz der Entgeltgleichheit verstoßen.

Eine Chefin händigt Euroscheine als Gehalt aus.

EU-Entgelttransparenzrichtlinie 2023 – Neue Richtlinie zum Grundsatz des gleichen Entgelts

Was ist die Lohntransparenz-Richtlinie?

Die Richtlinie der EU (Richtlinie (EU) 2023/970) reagiert nun auf all diese Ungerechtigkeiten. Im Juni 2023 trat die europäische Entgelttransparenzrichtlinie in Kraft. Durch sie sollen Lohndiskriminierung und geschlechtsspezifische Lohngefälle abgeschafft werden. Der Fokus der Richtlinie liegt vor allem auf dem geschlechtsspezifischen Aspekt.

Die Richtlinie muss in den Mitgliedstaaten bis zum Jahr 2026 umgesetzt werden. Das aktuell geltende deutsche Entgelttransparenzgesetz wird daher künftig in Zukunft modifiziert.

Mit der Richtlinie will die EU Unternehmen in Bezug auf Lohntransparenz stärker in die Pflicht nehmen. Unternehmen müssen seit Inkrafttreten des Gesetzes regelmäßig nachweisen, dass ihre Gehaltsstrukturen diskriminierungsfrei sind. In Berichten müssen sie offenlegen, wie das Entgelt für Frauen und Männer bei gleicher und gleichwertiger Arbeit aussehen. Darüber hinaus werden die Auskunftsrechte von Beschäftigten gestärkt.

Unterschied: Was ist anders als beim bisherigen deutschen Entgelttransparenzgesetz?

Im deutschen Recht gilt bereits seit dem Jahr 2017 ein Entgelttransparenzgesetz, und zwar das „Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgelt­strukturen.“ Diese soll gleichen Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit sicherstellen. Auch hier liegt der Schwerpunkt auf dem geschlechtsspezifischen Lohngefälle. Das Gesetz sieht vor, dass Unternehmen bereits vor Inkrafttreten der EU-Richtlinie ihre Entgeltstruktur so gestalten müssen, dass keine diskriminierenden Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern bestehen.

Berichtspflichten und Abschaffung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles

Die neue EU-Richtlinie geht über das deutsche Gesetz hinaus. Die wichtigsten Maßnahmen im Überblick.

Kernpunkte der Richtlinie, wie die Berichtspflicht für Unternehmen, ein verstärkter Auskunftsanspruch für Beschäftigte und die Pflicht zur Offenlegung des Einstiegsgehalts bei Stellenausschreibungen für Bewerber*innen, sind so im bisherigen deutschen Gesetz nicht enthalten. Die EU-Richtlinie sorgt außerdem dafür, dass Personen, die von Entgeltdiskriminierung betroffen sind, ihren Rechtsanspruch leichter juristisch geltend machen können.

EU-Richtlinie Lohntransparenz Amtsblatt – EntgTranspRL

Die ganze Richtlinie finden Sie online auf der Seite des Rechtsinformationssystems für Gesetze und Richtlinien der EU.

Sie heißt: Richtlinie (EU) 2023/970 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Mai 2023 zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Entgelttransparenz und Durchsetzungsmechanismen

Ab wann gilt das Entgelttransparenzgesetz und für welche Unternehmen?

Die Richtlinie zur Lohntransparenz verpflichtet Unternehmen, über Löhne und Lohnstrukturen zu berichten. Dies gilt für alle Unternehmen, die ihren Sitz in einem EU-Mitgliedstaat haben. Je nach Unternehmensgröße gibt es geringfügige Unterschiede.

Umsetzung im Unternehmen – Aufwand für Personalabteilung

  • Unternehmen mit weniger als 150 Beschäftigten: Für diese Betriebe gilt keine Berichtspflicht.
  • Unternehmen mit mehr als 150 Beschäftigten, aber weniger als 250 Beschäftigten: Die Unternehmen müssen ein Jahr nach Inkrafttreten der Richtlinie, d.h. erstmals im Juni 2024, über ihre Vergütungen Bericht erstatten. Danach sind sie verpflichtet, die Informationen über die Gehälter alle drei Jahre an die zuständigen Behörden zu übermitteln.
  • Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten: Für sie gilt wie für die mittelgroßen Unternehmen, dass die erste Berichterstattung ein Jahr nach Inkrafttreten der Richtlinie zu erfolgen hat. Danach müssen Betriebe dieser Größenordnung jedoch jährlich über ihre Entgeltstruktur berichten.

Welche neuen Vorschriften gelten noch für Unternehmen?

  • Arbeitgeber müssen für Stellenbewerber*innen Informationen zur Gehaltsspanne zu einer bestimmten Position angeben. Diese sollen eine transparente Gehaltsverhandlung ermöglichen. Als Arbeitgeber dürfen Sie nicht mehr nach dem Entgelt von Bewerber*innen in aktuellen oder früheren Beschäftigungsverhältnissen fragen.
  • Auskunftsrecht: Als Arbeitgeber sind Sie nun verpflichtet, den Arbeitnehmer*innen eine nach Geschlecht aufgeschlüsselte Auskunft über das Gehaltsgefüge für ähnliche Positionen bereitzustellen. Darüber hinaus müssen Sie die dem Gehalt zugrunde liegenden Kriterien angeben. Die Auskunft muss spätestens zwei Monate nach der Anfrage erteilt werden.

Was passiert im Falle eines Verstoßes?

Die Mitgliedsstaaten müssen dafür zu sorgen, dass Personen, deren Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts verletzt wurden, einen vollständigen Schadenersatz oder eine vollständige Entschädigung erhalten können.

Dies beinhaltet die komplette Nachzahlung des ihnen zustehenden Entgelts, sowie aller damit verbundene Prämien oder Sachleistungen.

Es gibt dabei keine festgelegte Obergrenze.

Zudem liegt die Beweislast nicht länger bei den Arbeitnehmer*innen, sondern beim Arbeitgeber. Dieser muss nachweisen, dass keine unmittelbare Lohndiskriminierung aufgrund des Geschlechts vorliegt.

Darüber hinaus wird es auch Sanktionen für Unternehmen geben, die gegen die Richtlinie verstoßen. Diese beinhalten auch Bußgelder.

So kann Factorial Sie unterstützen

Eine HR Software wie Factorial kann Sie und Ihr Unternehmen auf verschiedene Weisen bei den Änderungen durch das neue Gehaltstransparenzgesetz unterstützen:

  • Factorial bietet eine zentrale Plattform für die Speicherung von Mitarbeiterdaten, einschließlich Gehaltsinformationen. Diese Daten können leicht zugänglich und sicher verwaltet werden.
  • Unsere Software ermöglicht umfassende Gehaltsanalysen, um potenzielle geschlechtsspezifische Unterschiede zu identifizieren und darauf basierend Handlungspläne zu entwickeln.
  • Automatisierte Berichtsfunktionen erleichtern die Erfüllung der Anforderungen für die Gehaltsberichterstattung an nationale Behörden gemäß dem neuen Gesetz.
  • Transparente Kommunikation über Gehaltsstrukturen wird durch die Plattform gefördert.
  • Factorial integriert verschiedene HR-Funktionen, von der Personalverwaltung bis zur Zeiterfassung, um die Effizienz der gesamten HR-Verwaltung zu verbessern.

Durch diese Funktionen unterstützt Factorial Unternehmen dabei, die neuen Anforderungen des Gehaltstransparenzgesetzes zu erfüllen. Es erleichtert die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, fördert transparente Prozesse und trägt dazu bei, geschlechtsspezifische Gehaltsunterschiede zu überwachen und zu reduzieren.

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Maria Macher ist Content Managerin bei Factorial und lebt hier ihre Liebe für die deutsche Sprache und HR-Themen aus. Bereits während ihrer Studienzeit in Wien und Barcelona sammelte sie unterschiedlichste Arbeitserfahrungen: beim Early-Stage-Startup bis hin zum multinationalen Konzern. Dabei lernte sie insbesondere, was verschiedene Unternehmenskulturen ausmacht und welche Rolle die wichtigste Ressource in Unternehmen spielt: die Menschen.

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