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Für welche Unternehmen gilt das Entgelttransparenzgesetz?

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6 Minuten Lesezeit
Entgelttransparenzgesetz

Rund 18 Prozent – so hoch war der Gender Pay GAP laut Handelsblatt 2021 in Deutschland. Das Entgelttransparenzgesetz  bezweckt die Herstellung von Entgeltgleichheit für Frauen und Männer und die Förderung der Transparenz bzgl. des Gehaltes.

Was müssen Unternehmen beachten? Unter welchen Umständen können Mitarbeitende einen Auskunftsanspruch durchsetzen? 

In diesem Blogartikel klären wir diese Fragen und zeigen Ihnen auch auf, was Unternehmen noch für eine Gleichstellung der Geschlechter im Unternehmen tun können. 

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Lohn: Was ist das Entgelttransparenzgesetz?

Das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) ist am 6. Juli 2017 in Kraft getreten. Es handelt sich um ein Gesetz zur Förderung der Entgeltgleichheit, indem die Transparenz von Entgeltstrukturen offengelegt wird. 

Warum ist dies in Deutschland überhaupt notwendig? Laut Bundeszentrale für politische Bildung werden die Segregation des Arbeitsmarktes, die Berufswahl, das Karriereverhalten und Erwerbsunterbrechungen als häufige Ursachen für den sogenannten Gender Pay Gap genannt.

Nicht nur wählen Frauen häufig Berufe, die unterdurchschnittlich bezahlt werden (u.a. in der Reinigung oder dem Gesundheitsbereich), die Leistungsfähigkeit von Frauen wird auch häufig geringer eingeschätzt. Auch die familienbedingte Erwerbsunterbrechung führt häufig zu einem geringeren Gehalt. 

Hier kommt das Entgeltdiskriminierungsgesetz ins Spiel. Das Ziel des Gesetzes ist es, die unmittelbare und mittelbare Entgeltdiskriminierung aufgrund des Geschlechts zu beseitigen.  Was ist mit damit gemeint?

  • Unmittelbare Diskriminierung: Damit wird der Zustand beschrieben, dass Frauen ein geringeres Entgelt erhalten als Männer, obwohl sie einer gleichwertigen oder gleichen Tätigkeit nachgehen. 
  • Mittelbare Diskriminierung: Mit der mittelbaren Entgeltdiskriminierung ist gemeint, dass ein Entgelt nach scheinbar neutralen Gesichtspunkten bestimmt wird, aber dieses trotzdem ein Geschlecht benachteiligt. 

Laut Entgelttransparenzgesetz soll das “Gebot des gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit” (Quelle: EntgTranspG) durchgesetzt werden. Es zielt also darauf ab, eine Entgeltgleichheit für gleiche oder gleichwertige Arbeit zu erreichen. Mitarbeiterinnen sollen also einen Anspruch auf gleiche Bezahlung wie ihre männlichen Kollegen haben. Ziel des Gesetzes ist es, den Gender GAP bis 2030 auf 10 Prozent zu reduzieren. 

Mit “gleicher Arbeit” ist gemeint, dass sich Mitarbeitende auch gegenseitig ersetzen können, da sie eine identische oder vergleichbare Tätigkeit ausführen. Ein Beispiel dafür wären KFZ-Mechaniker.

Eine “gleichwertige Arbeit” bringt jeweils dieselben Anforderungen und Belastungen mit sich, inhaltlich können diese aber unterschiedlich sein. 

Entgelttransparenzgesetz 2021

2021 hatte eine Abteilungsleiterin Klage auf Nachzahlung eingereicht, da sie herausgefunden hatte, dass sie in ihrem Unternehmen 8 Prozent weniger verdiente als ihre männlichen Kollegen.

Das Bundesarbeitsgericht hat festgestellt, dass eine unmittelbare Benachteiligung besteht, wenn das Entgelt unter dem männlichen Vergleichsentgelt liegt. Wenn dieser Fall besteht, müssen Unternehmen eine sachliche Begründung der unterschiedlichen Bezahlung verfassen. Wenn Unternehmen nicht tätig werden, können die Mitarbeitenden eine Nachzahlung oder Erhöhung des Entgelts fordern. 

Im Jahr 2021 hat die EU-Kommission zudem einen Entwurf zur Lohntransparenz vorgestellt, der seit Juni 2023 in Kraft ist. In diesem werden u.a. auch Maßnahmen zur Angabe des Entgelts für Arbeitssuchende vorgestellt. 

Welche Vorteile hat das Gesetz eigentlich?

  • Sowohl Unternehmen, als auch Mitarbeitende gelangen zu einer gewissen Rechtssicherheit und Rechtsklarheit.
  • Das Vertrauen der Beschäftigten in den Arbeitgeber steigt, damit steigt im besten Fall die Mitarbeiterbindung und die Personalfluktuation sinkt.
  • Eine mögliche Entgeltbenachteiligung wird aufgedeckt und bestenfalls beseitigt. 

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Welche Arbeitgeber sind vom Gesetz betroffen?

Für Mitarbeitende in Unternehmen mit weniger als 200 Beschäftigten hat das Entgelttransparenzgesetz keinerlei Auswirkung. 

Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeiter*innen sollten sich mit dem Gesetz auf jeden Fall auseinandersetzen, da es für sie relevant ist.

Je nach Unternehmensgröße besteht entweder ein individueller Auskunftsanspruch von Seiten der Beschäftigten oder eine Berichtspflicht des Unternehmens: 

  • Unternehmen mit 200+ Mitarbeitenden: In Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten besteht ein Auskunftsanspruch von Seiten der Mitarbeitenden. Mitarbeitende müssen sich allerdings aktiv bei ihrem Arbeitgeber informieren. 
  • Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten: Diese Unternehmen sind aufgefordert, betriebliche Prüfverfahren zu etablieren, bei welcher die Entgeltgleichheit geprüft und ggfs. hergestellt werden kann. Die Mitarbeitenden müssen über die Ergebnisse  informiert werden. Wenn Benachteiligungen ersichtlich werden, muss der Arbeitgeber sich um eine Lösung kümmern. 
  • Kapitalgesellschaften mit 500+ Beschäftigten: Diese Unternehmen müssen alle 5 Jahre einen Bericht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit veröffentlichen. 

Entgelttransparenzgesetz 2020

Wann haben Mitarbeitende einen individuelle Auskunftsanspruch?

Mitarbeitende in Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten können sich freuen: Sie haben einen individuellen Auskunftsanspruch. Dieser ist 2018 in Kraft getreten. Er gilt auch für den öffentlichen Dienst.

Durch diesen Anspruch können die Arbeitnehmer herausfinden: 

  • Welche Kriterien und Verfahren bei der Entgeltfindung berücksichtigt wurden.
  • Wie hoch das Vergleichsentgelt ausfällt.
  • Auch die Gehaltsbestandteile der jeweiligen Bruttogehälter werden aufgelistet.

Was hat es mit dem Vergleichsentgelt auf sich?

Bei dem Vergleichsentgelt handelt es sich um das Entgelt von Mitarbeitenden, die in einer ähnlichen Position arbeiten. Die Vergleichsgruppe muss allerdings groß genug sein:

  • Nur bei einer Anzahl von 6 oder mehr Mitarbeitenden, die eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit ausüben, besteht ein Auskunftsrecht.
  • Diese Mitarbeitenden müssen zudem dem jeweils anderen Geschlecht angehören.

So können Mitarbeitende keine Rückschlüsse auf das Gehalt anderer Kolleg*innen ziehen. Aus diesem Grund erfahren Mitarbeitende auch nur den Durchschnittswert, nicht das exakte Gehalt bestimmter Kolleg*innen. 

Die folgenden Angestellten haben übrigens einen Anspruch auf Auskunft: 

  • Mitarbeiter*innen und Auszubildende
  • Beamte und Beamtinnen
  • Richter*innen 
  • Soldat*innen

Achtung: Beamte und Beamtinnen der Länder und Kommune sind ausgenommen, sie haben keinen Auskunftsanspruch. 

Wie können Mitarbeitende Auskunft verlangen?

Mitarbeitende können ihr Recht auf Auskunft geltend machen, wobei zu beachten ist, dass dies nur per Textform geschehen kann (siehe § 10 Abs. 2 EntgTranspG). Die Beschäftigten können also per E-Mail oder schriftlich die Anfrage einreichen.

Zudem müssen die Mitarbeitenden eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit benennen. Eine Krankenschwester könnte beispielsweise die Tätigkeit des Krankenpflegers zum Vergleich benennen, nicht aber die des Chefarztes. 

Das folgenden Beispiel zeigt auf, wie Mitarbeiter*innen vorgehen können: 

Marianne Mustermann arbeitet seit 2010 bei einem tarifgebundenen Unternehmen im Marketingbereich und möchte nun den Anspruch auf Auskunft nutzen.

  1. Dazu füllt sie ein Formular aus, in welchem sie auch die Vergleichsgruppe benennt.
  2. Damit wendet sie sich an den Betriebsrat des Unternehmens.
  3. Dieser nimmt den Auskunftsanspruch an und wendet sich mit diesem an die Personalabteilung. Dort wird dieser anonymisiert erfasst.

Wenn sich das Mariannes Unternehmen mit der Gewerkschaft darauf geeinigt hat, dass diese die Beantwortung des Auskunftsanspruches übernimmt, müsste das Unternehmen die Gewerkschaft rechtzeitig über den Auskunftsanspruch von Marianne informieren. 

Wenn Marianne in einem Unternehmen ohne Tarifbindung arbeiten würde, müsste sie sich mit ihrem Antrag an die Unternehmensführung wenden. 

Tipp: Das Bundesministerium für Familie stellt ein Formular zur Verfügung, mit welchem der Antrag auf Auskunft leicht eingereicht werden kann. 

Achtung: Nicht tarifgebundene Arbeitgeber sind gesetzlich dazu verpflichtet, schriftlich oder per E-Mail innerhalb von drei Monaten auf den Auskunftsanspruch zu antworten. Arbeitgeber, die tarifgebunden sind, unterliegen keiner Frist zur Beantwortung. 

Wie oft können Mitarbeitende bei ihrem Arbeitgeber einen Anspruch auf Auskunft geltend machen? 

Normalerweise kann dieser alle zwei Jahre eingereicht werden. Wenn sich die Tätigkeit des Mitarbeitenden ändert, es z.B. zu einem Stellenwechsel kam, kann der Anspruch auch schon vor Ablauf der Zweijahresfrist geltend gemacht werden. 

Mitarbeitende erhalten zu wenig Entgelt – Und nun?

Wenn Mitarbeitende zu wenig Entgelt erhalten, können diese eine Nachzahlung bzw. eine Anpassung des Entgeltes durchsetzen.

Zuerst sollten die Beschäftigten aber das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und mit den vorliegenden Informationen um eine Anpassung des Gehalts bitten. Dazu können Beschäftigte auch den Betriebsrat mit ans Boot holen. Falls der Arbeitgeber nicht zu einer Zahlung bereit ist, können die Mitarbeiter*innen auch eine Zahlung vor Gericht erwirken. 

Und: Mitarbeiter*innen, die einen Auskunftsanspruch geltend machen, sind übrigens durch das Entgelttransparenzgesetz und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vor einer Benachteiligung geschützt. 

Lesen Sie das ganze Entgelttransparenzgesetz in PDF nach. 

Was können Unternehmen noch tun? 

Unternehmen können einen Selbstcheck durchführen, um ihre Unternehmenskultur bzgl. der Gleichstellung von weiblichen und männlichen Mitarbeitenden zu überprüfen. Ein Handlungsbedarf kann in Kategorien wie der Personalrekrutierung oder den Arbeitsbedingungen nachvollzogen werden. 

Durch den Equity Guide der International Labour Organization können Unternehmen zudem Arbeitsplätze transparent bewerten und Ungleichheiten abbauen. Dafür stellt das Bundesfamilienministerium einen Leitfaden bereit. 

Auch können sich Unternehmen an Kampagnen wie dem Girls‘ Day oder Boys‘ Day beteiligen. Besonders junge Frauen werden durch diese Kampagnen ermutigt, sich in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen auszuprobieren. 

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Sprachgewandt, neugierig und kreativ verfolgt unsere Autorin Marie-Louise Messerschmidt als SEO Content Writer die neuesten HR Trends. Als Teil des Content Marketing Teams arbeitet sie seit Mitte 2022 für Factorial HR. Nach ihrem Abschluss in Betriebswirtschaftslehre an der Georg-August-Universität Göttingen und Sprachwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München befasst sie sich bereits seit 2017 mit Themen im Personalbereich. Ihr Fokus liegt dabei besonders auf rechtlichen und strategischen Themen. Zuletzt hat sie einen Gastbeitrag zum Thema Personalverwaltung im OMT Magazin veröffentlicht.

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