Studien zeigen immer wieder, dass viele Arbeitnehmende unzufrieden in ihrem Job sind, darin keinen Sinn sehen oder mit ihren Aufgaben hadern. Für Unternehmen ist es jedoch gerade in Zeiten des Fachkräftemangels entscheidend, die Mitarbeiterbindung zu stärken. Deshalb gewinnen neue Ansätze wie das sogenannte Job Crafting zunehmend an Bedeutung. Dabei wird die konkrete Tätigkeit stärker an die Stärken und Bedürfnisse der Beschäftigten angepasst. Was genau hinter Job Crafting steckt und wie Sie es in Ihrem Unternehmen umsetzen können, erfahren Sie hier.
Das Wichtigste in Kürze
- Unter Job Crafting versteht man die gezielte Gestaltung von Aufgaben, Arbeitsumfeld und Job, sodass sie zu den Bedürfnissen und Stärken der Mitarbeitenden passen.
- Job Crafting kann auf drei Dimensionen erfolgen: Aufgabenbezogen (Task Crafting), beziehungsbezogen (Relational Crafting) oder kognitiv (Cognitive Crafting).
- Ziel von Job-Crafting-Maßnahmen ist die Förderung von Mitarbeiterzufriedenheit und Mitarbeiterbindung.
Was ist Job Crafting?
Arbeitnehmende beklagen sinnlose Arbeit
Viele Beschäftigte legen großen Wert darauf, dass ihre Arbeit sinnstiftend ist. Eine Civey-Studie im Auftrag des Demographie Netzwerks e. V. (DNN) zeigt, dass Arbeit für die Befragten vor allem bedeutet, eine sinnvolle Aufgabe zu erfüllen – nur noch übertroffen von der Notwendigkeit, mit der Arbeit den Lebensunterhalt zu sichern.
Gleichzeitig stehen viele Arbeitnehmende in der Realität vor dem Problem, dass sie regelmäßig Tätigkeiten verrichten müssen, die sie als sinnlos empfinden. Laut einer Studie des Serviceverbands KVD beklagen rund 40 % der Befragten, dass sie zu viele Aufgaben erledigen, hinter denen sie keinen persönlichen Sinn erkennen, und sehen darin einen Hauptgrund für Erschöpfung.
Um diesen Widerspruch zwischen Sinnanspruch und Arbeitsrealität zu verringern, stehen Arbeitgebenden verschiedene Methoden zur Verfügung. Eine Möglichkeit ist dabei Job Crafting.
Was versteht man unter Job Crafting und was ist Crafting?
Der Begriff „Crafting“ kommt aus dem Englischen und bedeutet etwa so viel wie „etwas handwerklich gestalten“. Übertragen auf die Arbeit heißt Job Crafting auf Deutsch in etwa „aktive Arbeitsplatzgestaltung“. Mitarbeitende passen ihre Tätigkeit so an, dass sie besser zu ihren eigenen Bedürfnissen, Stärken und Interessen passt. Anders gesagt: Sie „schnitzen“ sich ihren Job quasi selbst zurecht, indem sie Aufgaben, Abläufe oder Beziehungen am Arbeitsplatz bewusst verändern. Dadurch wird die Arbeit sinnvoller, motivierender und erfüllender – und die Mitarbeitenden sind zufriedener.
Wer hat Job Crafting erfunden?
Geprägt wurde der Begriff „Job Crafting“ um die Jahrtausendwende von den beiden Organisationspsychologinnen Amy Wrzesniewski und Jane E. Dutton. Der Kerngedanke dabei: Mitarbeitende gestalten ihren Arbeitsplatz selbstständig, anstatt nur die Aufgaben abzuarbeiten, die ihnen zugewiesen werden. Sie identifizierten dabei drei Dimensionen des Job Crafting – diese schauen wir uns im folgenden Abschnitt genauer an.
Welche Komponenten umfasst Job Crafting?
Job Crafting kann also auf unterschiedlichen Ebenen stattfinden. Dabei ist es möglich, dass Mitarbeitende die Chance haben, nur auf einer Dimension Einfluss zu nehmen – oder sogar auf alle drei. Zu den drei Elementen gehören:
- Task Crafting (aufgabenbezogen):
Hier geht es konkret um die Veränderung von Aufgaben – zum Beispiel in der Reihenfolge, im Umfang oder in der Art der Durchführung.
Beispiel: Eine Mitarbeiterin beginnt ihren Arbeitstag erst um 12 Uhr, weil sie vormittags am wenigsten produktiv ist.
Oder:
Ein Mitarbeiter aus der Buchhaltung übernimmt einmal wöchentlich das Schreiben des Newsletters, weil ihm das liegt und er so Abwechslung von der monotonen Arbeit in der Buchhaltung bekommt.
- Relational Crafting (beziehungsbezogen):
Dieser Ansatz betrifft die Gestaltung von Beziehungen und Zusammenarbeit.
Beispiel: Eine Mitarbeiterin startet ein internes Mentoring-Programm für neue Teammitglieder, um ihnen den Einstieg zu erleichtern und ihr Wissen weiterzugeben.
- Cognitive Crafting (kognitiv):
Hier geht es um die innere Neubewertung der eigenen Arbeit und ihren Sinn.
Beispiel: Eine Mitarbeiterin im Lager betrachtet ihre Arbeit nicht nur als Ein- und Ausräumen von Waren, sondern als wichtigen Beitrag dazu, dass Bestellungen pünktlich bei den Kund*innen ankommen.
Mehr Informationen und gezielte Tipps zum Thema Job Crafting finden Sie beispielsweise auch im Buch der Karriereberaterin Ragnhild Struss: „Wie Sie mit Job Crafting Ihre Arbeit wieder lieben lernen“.
Vorteile von Job Crafting
Das Tolle an Job Crafting ist, dass es ein HR-Instrument ist, das mit wenig Aufwand und geringen Kosten große Effekte erzielen kann. Studien zeigen aktuell immer wieder, dass viele Arbeitnehmende in Deutschland unzufrieden sind, während Unternehmen händeringend Fachkräfte suchen. Um zukunftsfähig zu bleiben, müssen Arbeitgebende deshalb attraktive Angebote für ihre Beschäftigten schaffen – und Job Crafting ist dafür eine hervorragende Möglichkeit.
Durch die gesteigerte Zufriedenheit, die Job Crafting bewirkt, sind Mitarbeitende nicht nur glücklicher, sondern auch produktiver. Sie haben mehr Motivation und empfinden weniger Stress, da sie Aufgaben auf eine Weise erledigen können, die besser zu ihnen passt. Doch wie lässt sich Job Crafting konkret im Unternehmen umsetzen?
So setzen Sie Job Crafting im Unternehmen um: Beispiele und Vorgehen
Damit Job Crafting im Unternehmen erfolgreich umgesetzt werden kann, ist es zunächst essenziell, dass die Mitarbeitenden genau analysieren, was sie überhaupt wollen, wo ihre Stärken liegen und welche Bedürfnisse sie haben. Konkret heißt das:
1. Arbeitsaufgaben analysieren
Zunächst wird untersucht, welche Aufgaben aktuell bei einem Mitarbeitenden anfallen und wie viel Zeit für jede Aufgabe benötigt wird. Gleichzeitig wird der Blick auf das Unternehmen gerichtet: Welche Aufgaben sind besonders wichtig für den Unternehmenserfolg?
Beispiele:
- Ein Projektmanager plant Projekte, koordiniert Aufgaben und behält Deadlines im Blick.
- Er muss außerdem Messen besuchen oder Präsentationen halten, was ihm weniger liegt.
- Kreative Aufgaben wie das Schreiben von Texten könnten von zu Hause effizienter erledigt werden.
- Routineaufgaben werden als weniger motivierend empfunden und könnten gebündelt oder delegiert werden.
2. Eigene Stärken und Bedürfnisse reflektieren
Ausgehend von dieser Analyse überlegen die Mitarbeitenden, welche Aufgaben sie besonders motivieren, worin sie besonders stark sind und welche Bedingungen und welches Arbeitsumfeld sie benötigen, um produktiv zu sein.
Beispiele:
- Der Projektmanager merkt, dass er besonders motiviert ist, wenn er eigenständig Projekte koordinieren darf.
- Eine Mitarbeiterin erkennt, dass sie strukturierte Aufgaben mit klaren Vorgaben bevorzugt und sich am wohlsten fühlt, wenn sie konkrete Arbeitspakete Schritt für Schritt abarbeiten kann, anstatt freie, kreative Aufgaben zu gestalten.
3. Ist-Zustand analysieren
Im nächsten Schritt wird überlegt, wie Aufgaben, Zeitaufwand und persönliche Stärken zusammenpassen. Wo bestehen also Diskrepanzen zwischen aktuellen Aufgaben und den eigenen Stärken, Interessen und Bedürfnissen?
4. Soll-Zustand / Job-Crafting-Ziele definieren
Im nächsten Schritt wird der Soll-Zustand festgelegt: Welche Aufgaben, Abläufe oder Verantwortlichkeiten sollen angepasst werden? Was ist realistisch umsetzbar, um die Arbeit motivierender und produktiver zu gestalten?
Beispiele:
- Der Projektmanager übernimmt mehr Projektplanung und weniger Messe- oder Präsentationstermine.
- Kreative Aufgaben werden gemeinsam im Team bearbeitet, während Routineaufgaben gebündelt oder delegiert werden.
Es kann sein, dass dem Mitarbeiter bestimmte Aufgaben, wie z. B. die Messebesuche, zwar weniger liegen. Vollständig vermeiden lassen sich diese Aufgaben allerdings möglicherweise nicht, da sie betrieblich notwendig sind. Stattdessen kann eine Lösung gefunden werden, die den individuellen Stärken und Vorlieben besser entspricht – zum Beispiel, dass er diese Termine mit einem Kollegen teilt, vorbereitende Aufgaben übernimmt oder alternative Präsentationsformate nutzt.
5. Abstimmung im Team
Die geplanten Anpassungen werden mit Kolleg*innen und Vorgesetzten besprochen, um die Umsetzung abzustimmen und eine reibungslose Zusammenarbeit zu gewährleisten. Auf diese Weise kann zum Beispiel festgestellt werden, dass eine Aufgabe, die einem Kollegen liegt, einem anderen weniger zusagt, sodass ein Tausch möglich ist. Ebenso können Arbeitszeiten angepasst werden, etwa indem bestimmte Meetings auf den Nachmittag verlegt werden, damit es für die Mehrheit besser passt.
6. Umsetzung
Schließlich werden die geplanten Änderungen im Arbeitsalltag umgesetzt und in die täglichen Abläufe integriert.
7. Reflexion
Wichtig beim Job Crafting ist eine regelmäßige Überprüfung: Funktionieren die Anpassungen wie geplant? Gibt es neue Herausforderungen? Anpassungen sollten kontinuierlich vorgenommen werden, um langfristig Motivation, Zufriedenheit und Produktivität zu steigern.
Job Crafting leicht gemacht mit dem Talent Management Tool von Factorial
Die Business Management Software von Factorial unterstützt Unternehmen dabei, Job Crafting systematisch umzusetzen. Rollen und Stärken der Mitarbeitenden lassen sich zentral erfassen und mit klaren Entwicklungszielen verbinden. Funktionen wie 360°-Feedback, Zielvereinbarungen und die 9-Box-Grid sorgen dafür, dass Potenziale sichtbar werden und gezielt gefördert werden können. Es können anonyme Umfragen gestaltet werden, um die Stimmung im Team oder gar im ganzen Unternehmen zu erfassen. So steigert Factorial langfristig Motivation, Zufriedenheit und Mitarbeiterbindung.