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Was Arbeitgeber zum Entgeltfortzahlungsgesetz wissen müssen

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7 Minuten Lesezeit
Entgeltfortzahlungsgesetz

In manchen Ländern können Arbeitnehmer nur davon träumen: eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Laut einer Studie von Glassdoor ist Deutschland sogar eines der großzügigsten Länder in Europa, wenn es um die Dauer der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall geht.

Was genau im Krankheitsfall passiert, ist im Entgeltfortzahlungsgesetz geregelt. Im Folgenden erläutern wir dieses und erklären, worauf Arbeitgeber achten müssen.

Key Facts

  1. Das Entgeltfortzahlungsgesetz regelt die Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei einer Arbeitsunfähigkeit bis zu einer Dauer von 6 Wochen.
  2. Die Fortzahlung beträgt 100 Prozent des vorherigen Bruttoeinkommens.
  3. Bei wiederholter Krankheit aus demselben Grund müssen mindestens 6 Monate zwischen den einzelnen Arbeitsunfähigkeiten liegen.

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Was sagt das Entgeltfortzahlungsgesetz aus?

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall = Gesetz zur Stärkung der Arbeitnehmerrechte

Das Entgeltfortzahlungsgesetz (abgekürzt: Efzg oder Entgfzg) gilt seit 1994 einheitlich für Arbeitnehmer*innen in Deutschland. Mit diesem Gesetz wurden die unterschiedlichen Regelungen der DDR und der ehemaligen BRD vereinheitlicht. Es wurde eingeführt, um Arbeitnehmende auch im Krankheitsfall zu schützen und abzusichern. Das Entgeltfortzahlungsgesetz wird umgangssprachlich auch Lohnfortzahlungsgesetz genannt.

Das Gesetz regelt die Entgeltfortzahlung bei Krankheit. Arbeitgeber sind verpflichtet, Ihren Beschäftigten an gesetzlichen Feiertagen und im Krankheitsfall für eine Dauer von 6 Wochen eine Entgeltzahlung zu zahlen. Dafür müssen die Beschäftigten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines Arztes einholen. Für die Dauer des Anspruchs auf Lohnfortzahlung werden 100 Prozent des regulären Bruttoeinkommens gezahlt.

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Entgeltfortzahlungsgesetz Beispiele

Anspruch auf Entgeltfortzahlung

Wann und wer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat, ist gesetzlich genau geregelt. 

Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung besteht laut Lohnfortzahlungsgesetz bei:

Arbeitsunfähigkeit

Beschäftigte müssen arbeitsunfähig sein. Die Arbeitsunfähigkeit kann je nach Tätigkeit variieren. So kann beispielsweise Heiserkeit für einen Sänger eine Arbeitsunfähigkeit bedeuten, für einen Handwerker gilt dies jedoch nicht zwangsläufig.

Unverschuldete Krankheit

Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung ergibt sich nur, wenn den Beschäftigten kein Verschulden trifft. Das heißt: Die Krankheit muss unverschuldet sein. Die Schuldfrage legt das Gesetz allerdings weit aus.

Achtung: Eine bei einem Winterspaziergang zugezogene Erkältung fällt nicht in die Kategorie „selbstverschuldet“. Ein Unfall, der bei Fahren unter Alkoholeinfluss verursacht wurde, jedoch schon. Ein Beschäftigter hätte in letzterem Fall keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Die Arbeitsunfähigkeit gilt laut Entgeltfortzahlungsgesetz auch als unverschuldet in folgenden Situationen:

  • Bei einer Arbeitsunfähigkeit, „die infolge einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft eintritt.“ (§ 3 Abs. 2 des Entgeltfortzahlungsgesetzes)
  • Auch eine Arbeitsunfähigkeit durch einen straffreien, aber rechtswidrigen Abbruch der Schwangerschaft gilt als unverschuldete Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Gesetzes. Gleiches gilt für eine Arbeitsverhinderung aufgrund einer Sterilisation, einer Organspende oder einer medizinischen Reha-Maßnahme im Sinne des Absatzes 1 des § 9 des Entgeltfortzahlungsgesetzes.

Dauer des Arbeitsverhältnisses

Das Arbeitsverhältnis muss mindestens seit 4 Wochen bestehen. Dieser Zeitraum kann allerdings in Tarifverträgen abweichen.

Status des Beschäftigtenverhältnis

Das Entgeltfortzahlungsgesetz gilt für alle Arbeitnehmenden. Hierzu gehören auch geringfügig Beschäftigte oder auch Auszubildende.

Krankheit

Es muss sich um eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit handeln. Beispielsweise zählt eine Abwesenheit aufgrund eines normalen Streiks oder gar eines wilden Streiks nicht als Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes.

Meldung der Arbeitsunfähigkeit

Beschäftigte haben nur Anspruch auf eine Lohnfortzahlung, wenn sie die Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitgeber über die Krankenkasse innerhalb einer bestimmten Frist melden. Diese Frist beträgt in der Regel 3 Tage.

Wichtig! Arbeitgeber dürfen diesen Zeitraum allerdings auch verkürzen. Ein Gerichtsurteil aus dem Jahr 2012 entschied in diesem Zusammenhang für den Arbeitgeber. Es urteilte, dass Arbeitgeber nach eigenem Ermessen – ohne Sachgrund also – bereits am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit ein ärztliches Attest verlangen können.

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Seit 01.01.2023 legen Beschäftigte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht mehr selbst dem Arbeitgeber vor. Für Arbeitgeber ist das Abrufen der elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verpflichtend. Diese kann direkt online bei den Krankenkassen abgerufen werden. 

Arbeitnehmer*innen erhalten jedoch weiterhin eine Bescheinigung in Papierform. Ferner sind diese verpflichtet, sich beim Arbeitgeber krankzumelden und die Krankheit ärztlich feststellen zu lassen. Auch Krankenhäuser sind bereits am neuen Verfahren beteiligt.

Das neue, elektronische Verfahren gilt derzeit noch nicht für:

  • Physio- und Psychotherapeuten,
  • Ärzt*innen im Ausland,
  • Privatarzt*innen,
  • Rehabilitationseinrichtungen.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände klärt in einem Informationsflyer über die Einzelheiten des Verfahrens für Arbeitgeber auf.

Wann habe ich keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung?

Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für Beschäftigte besteht nicht mehr oder überhaupt nicht, wenn:

  • die bereits genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind
  • und darüber hinaus sieht das Entgeltfortzahlungsgesetz keine Lohnfortzahlung vor, wenn ein Beschäftigter innerhalb von 6 Monaten aufgrund der gleichen Krankheit arbeitsunfähig war.
  • Selbstständige Beschäftigte erhalten zudem keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall von Auftraggebern. 

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Dauer der Entgeltfortzahlung

Wie lange muss der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung leisten?

Als Arbeitgeber müssen sie ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit des erkrankten Arbeitnehmers für eine maximale Dauer von 6 Wochen eine Lohnfortzahlung vornehmen. Dabei bezieht sich dieser Zeitraum auf einen spezifischen Krankheitsgrund.

Bei einer zu einem späteren Zeitpunkt hinzukommenden Krankheit ergibt sich ein erneuter Anspruch auf Lohnfortzahlung für die jeweiligen Beschäftigten. Die hinzukommende Krankheit darf sich allerdings nicht in dem Zeitrahmen der ersten Arbeitsunfähigkeit ergeben. Dann würde sich der 6-Wochen-Zeitraum nicht verlängern.

Wann zahlt der Arbeitgeber keine Entgeltfortzahlung mehr?

Der Arbeitgeber leistet keine Entgeltfortzahlung mehr, wenn:

  • Die Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Krankheit 6 Wochen überschreitet. In diesem Fall übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Kosten. Diese Zahlung heißt Krankengeld. Sie wird im Gegensatz zur Entgeltfortzahlung in Höhe von 70 Prozent des regulären Bruttoeinkommens, aber höchstens 90 Prozent des Nettoeinkommens gezahlt. Der Tageshöchstsatz des Krankengeldes liegt im Jahr 2023 bei 116,88 €. Vom Krankengeld werden weitere Beträge zur Sozialversicherung abgezogen.
  • Ernsthafte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit bestehen. Hat ein Arbeitgeber begründete und ernsthafte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit seiner Beschäftigten, kann die Entgeltfortzahlung zunächst ausgesetzt werden. Solche Fälle müssen dann einzeln vor Gericht geprüft werden.
  • Das Arbeitsverhältnis bereits vor der Arbeitsunfähigkeit beendet wurde. Endet das Arbeitsverhältnis mitten in einer Arbeitsunfähigkeit, muss der Arbeitgeber keine Entgeltfortzahlung mehr leisten. Dies gilt nicht, wenn die Arbeitsunfähigkeit Anlass der Kündigung seitens des Arbeitgebers war.

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Lohnfortzahlung Gesetz

Entgeltfortzahlungsgesetz Krankheit: Wiederholung

Besonders in Fällen, in denen wiederholt ein Krankheitsfall auftritt, ergeben sich für Arbeitgeber und Arbeitnehmende gleichermaßen viele Fragen.

Wie wirkt es sich auf die Entgeltfortzahlung aus, wenn der Arbeitnehmer wiederholt arbeitsunfähig wird?

Nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz haben Arbeitnehmer*innen bei erneuter Arbeitsunfähigkeit nur dann einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Lohnfortzahlung im Krankheitsfall: 12-Monatsfrist. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung wird immer für ein Jahr berechnet. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung von bis zu 6 Wochen entsteht erneut nach Ablauf von 12 Monaten.
  • Entgeltfortzahlung bei Krankheit: Abstand von 6 Monaten. Die Entgeltfortzahlung wird bei wiederholter Erkrankung nur gewährt, wenn der Arbeitnehmer 6 Monate lang nicht wegen der gleichen Krankheit arbeitsunfähig war.
  • Diese Regelung gilt nicht bei einem Wechsel des Arbeitsverhältnisses. In diesem Fall muss nur die Mindestdauer des Arbeitsverhältnisses von 4 Wochen erfüllt sein.

Verlängert sich die Frist zur Entgeltfortzahlung, wenn der Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit an einer weiteren Krankheit erkrankt?

Wenn nach Ablauf einer Arbeitsunfähigkeit eine erneute Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer anderen Krankheit als der vorhergegangenen eintritt, gilt erneut ein Zeitraum von 6 Wochen für die Entgeltfortzahlung. Erkrankt der Beschäftigte während der ersten Arbeitsunfähigkeit an einer weiteren Krankheit, ergibt sich kein neuer Zeitraum von 6 Wochen.

Entgeltfortzahlung: Beispiele

Beispiel 1: Wartezeit

Eine Beschäftigte beginnt ein Arbeitsverhältnis zum 01.07. Sie erkrankt am 23.07., also innerhalb der Wartezeit von 4 Wochen. Ihre Arbeitsunfähigkeit endet am 06.08. Der Arbeitgeber zahlt eine Entgeltfortzahlung vom 01.08. bis zum 06.08.

Beispiel 2: Schuld

Ein Arbeitnehmer ist vom 01.07. bis zum 15.08. arbeitsunfähig. Vom 10.07. bis zum 12.07. wird sein Betrieb bestreikt. Wäre der Beschäftigte arbeitsfähig, wäre auch er vom Streik betroffen. Die Arbeitsunfähigkeit ist im Zeitraum vom 10.07. bis 12.07. nicht die alleinige Ursache des Arbeitsausfalls. Es besteht daher kein Anspruch auf Lohnfortzahlung für diese zwei Tage.

Beispiel 3: Krankheit

Eine Büroangestellt bricht sich ein Bein. Sie ist so weit genesen, dass keine weiteren Beeinträchtigungen bestehen. Ihre Tätigkeit beinhaltet kein ständiges Gehen oder Stehen. Prinzipiell besteht in diesem Fall eine Arbeitsfähigkeit.

Beispiel 4: Wiederholte Krankheit

Ein Arbeitnehmer wird wiederholt aufgrund von Rückenproblemen krankgeschrieben.

Folgende Arbeitsunfähigkeitszeiten liegen vor:

  • Rückenprobleme, der Beschäftigte ist für 42 Tage im Januar und Februar krankgeschrieben. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht in diesem Fall.
  • Erneute Rückenprobleme, der Angestellt wird für 18 Tagen im April krankgeschrieben. Nun besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung. 
  • Wieder ist der Mitarbeiter aufgrund Rückenprobleme für 20 Tage im August des darauffolgenden Jahres krankgeschrieben. Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht, weil der Zeitpunkt der ersten Arbeitsunfähigkeit aufgrund der gleichen Krankheit bereits 12 Monate zurückliegt. Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung bestünde bereits zu einem früheren Zeitpunkt, wenn die zweite Arbeitsunfähigkeit bspw. im September eingetreten wäre. Damit läge ein Zeitraum von 6 Monaten zwischen der ersten und zweiten Arbeitsunfähigkeit vor.

Kurz und Knapp: Lohnfortzahlung im Krankheitsfall – Gesetz 

Laut Entgeltfortzahlungsgesetz ist eine Entgeltfortzahlung für maximal 6 Wochen bei einem Krankheitsgrund festgelegt. Die Krankheit muss ordentlich gemeldet werden und darf nicht selbstverschuldet hervorgerufen worden sein.

Die Lohnfortzahlung bei Krankheit beträgt 100 Prozent. Ab der 6. Krankheitswoche übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Fortzahlung, das sogenannte Krankengeld. Dieses beträgt in der Regel 70 Prozent des Bruttoeinkommens.

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Sprachgewandt, neugierig und kreativ verfolgt unsere Autorin Marie-Louise Messerschmidt als SEO Content Writer die neuesten HR Trends. Als Teil des Content Marketing Teams arbeitet sie seit Mitte 2022 für Factorial HR. Nach ihrem Abschluss in Betriebswirtschaftslehre an der Georg-August-Universität Göttingen und Sprachwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München befasst sie sich bereits seit 2017 mit Themen im Personalbereich. Ihr Fokus liegt dabei besonders auf rechtlichen und strategischen Themen. Zuletzt hat sie einen Gastbeitrag zum Thema Personalverwaltung im OMT Magazin veröffentlicht.

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