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Wegeunfall: So handeln Sie als Arbeitgeber richtig

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7 Minuten Lesezeit
Wegeunfall

Unfälle passieren immer nur den anderen?! Falsch gedacht! Laut einer Studie der Deutschen Unfallversicherung (DGUV) wurden allein im Jahr 2021 etwa 170.000 Wegeunfälle gemeldet – und diese Zahl schließt andere Arbeitsunfälle noch nicht einmal ein. 

In dem folgenden Blogartikel stellen wir Ihnen deshalb alle wichtigen Informationen (u.a. Links für den Akutfall) rund um den Wegeunfall vor. Zudem erläutern wir die aktuellen Regelungen bzgl. Wegeunfällen im Homeoffice.

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Wegeunfall: Definition

Wegeunfälle können Beschäftigten jederzeit passieren. Damit Ihnen am Ende keine Nachteile aus so einer Situation entstehen, ist es sinnvoll und wichtig, sich im Vorhinein über Pflichten und Vorgehensweise bei einem solchen Unfall zu informieren.

So stellen Sie sicher, dass der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auch greift. Gerade als Arbeitgeber sind Sie aktiv aufgefordert zu handeln. Zudem haben sich durch die aktuelle Pandemie Situation und dem damit einhergehenden vermehrtem Arbeiten im Homeoffice neue Regelungen und Rechte ergeben, die Sie kennen sollten.

Definition: Wegeunfall – Arbeitsunfall

Wegeunfälle gehören zu den Arbeitsunfällen. Der Ausdruck Arbeitsunfall bezieht sich zunächst auf verschiedene Unfälle, die während der Arbeitstätigkeit geschehen können. Im speziellen Fall des Wegeunfalls geht es um Unfälle von Beschäftigten, die sich auf dem direkten Arbeitsweg ereignen.

Rechtlich ist ein Unfall, abgesehen vom betrieblichen Kontext, als ein auf den Körper einwirkendes, zeitlich begrenztes Ereignisdefiniert. Damit ist u.a. auch ein Sturz gemeint. Ausgeschlossen von dieser Definition sind lediglich Ereignisse, die in diesem Sinne nichts mit einem Unfall zu tun haben, so wie beispielsweise ein Schlaganfall oder ein epileptischer Anfall.

Dabei ist rechtlich ganz genau definiert, was in diesem Fall „Arbeitsweg“ meint. Der Arbeitsweg beginnt beim Verlassen der Arbeit und endet an der Außentür des Wohngebäudes des Beschäftigten – sowie natürlich auch andersherum. Es spielt allerdings keine Rolle, mit welchem Fortbewegungsmittel der Arbeitsweg zurückgelegt wurde.

Ausnahmen und Umwege

Natürlich kommt es vor, dass Beschäftigte nach der Arbeit nicht direkt nach Hause gehen, sondern möglicherweise noch einen kleinen Umweg machen. In bestimmten Fällen sind diese Umwege auch versichert. Ausnahmen, bei denen ein Versicherungsschutz besteht, sind die folgenden:

  • Abholung oder Abgabe von Kindern in einer Betreuungseinrichtung.
  • Umwege, die durch das Fahren in Fahrgemeinschaften entstehen.
  • Umleitungen, die sich im Straßenverkehr ergeben.
  • Der Weg nach Hause über einen längeren Weg, der allerdings schneller ist.
  • Das Aufsuchen eines dritten Ortes.

Darüber hinaus entfällt der Versicherungsschutz bei allen anderen Umwegen.

Doch auch hier gibt es eine weitere Ausnahme:

  • So darf der direkte Weg zur Arbeit oder von der Arbeit zurück für 2 Stunden unterbrochen werden. Dies trifft beispielsweise dann zu, wenn der Beschäftigte von der Arbeit auf dem Weg nach Hause noch einkaufen geht.

Der Weg zur Arbeit wird also aus privaten Gründen unterbrochen. Die gesetzliche Unfallversicherung gilt dann zwar nicht für den Zeitraum des Einkaufens, ist aber wieder gültig, sofern der Weg nach Hause aufgenommen wird.

Achtung: Dabei ist essenziell, dass die versicherte Person nach der Unterbrechung nicht unter Alkohol- oder Drogeneinfluss steht. In so einem Fall wäre der Weg der beschäftigten Person nicht mehr gesetzlich unfallversichert.

Wegeunfall melden

Wegeunfall melden: So gehen Sie vor

Arbeits- und Wegeunfälle sind über die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt. Für die Personalabteilung ist es wichtig zu wissen, dass der Versicherungsschutz nicht einfach so greift. Damit dieser in Kraft tritt, muss der Wegeunfall ordentlich gemeldet werden. Die Meldepflicht ist in § 193 des SGB VII festgelegt.

Damit Sie am Ende nicht auf den Kosten sitzen bleiben oder es Nachteile für Ihre Beschäftigten gibt, finden Sie nachfolgend eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für den Fall, dass sich bei Ihren Beschäftigten ein Wegeunfall ereignet. Es ist empfehlenswert, sich bereits im Vorhinein einmal mit den einzelnen Schritten vertraut zu machen.

Verstößt der Arbeitgeber gegen die Meldepflicht, kann es für den Beschäftigten zu enormen Nachteilen, z. B. ausfallenden Leistungen, kommen. Aber auch für Sie kann ein Verstoß Folge haben, so beispielsweise in Form einer Geldbuße.

Für die ordnungsgemäße Meldung eines Wegeunfalls stehen Ihnen zwei Optionen zur Verfügung:

Tipp: Drucken Sie sich die Vorlagen am besten im Vorhinein aus, so dass Sie im Notfall nicht erst lange recherchieren müssen.

Meldung eines Wegeunfalls: Schritt für Schritt

Wann muss ein Wegeunfall gemeldet werden?

  • Wenn eine Arbeitsunfähigkeit des Beschäftigten von mindestens drei Tagen besteht.
  • Wenn dieser tödlich endet.

Wie melden Sie als Arbeitgeber einen Wegeunfall?

  1. Die Unfallversicherung erhält die Unfallanzeige in doppelter Ausführung. Ein drittes Exemplar verbleibt im Unternehmen.
  2. Existiert ein Betriebsrat und/oder Betriebsärzt*in muss diese*r auch ein Exemplar erhalten.
  3. Ein weiteres Exemplar der Unfallmeldung erhält der Beschädigte.
  4. Ein Wegeunfall sollte von einem sogenannten Durchgangsarzt/einer Durchgangsärztin aufgenommen und behandelt werden. Hierbei handelt es sich in der Regel um Fachärzt*innen der Chirurgie oder Orthopädie mit Schwerpunkt Unfallchirurgie.  
  5. Endet ein Wegeunfall tödlich, müssen zudem die Polizei und die zuständige Aufsichtsbehörde oder die Gewerbeaufsicht eingeschaltet werden. Gleiches gilt, wenn bei einem Arbeits- oder Wegeunfall mehr als drei Personen gesundheitlich Schaden genommen haben.

Tipp! Schauen Sie sich direkt schon einmal um, welche*r Durchgangsärzt*in in der Nähe Ihres Unternehmens liegt. Einen Durchgangsarzt oder eine Durchgangsärztin in Ihrer Nähe finden Sie z. B. beim Informationsdienst der Landesverbände.

Was übernimmt die Unfallversicherung?

Die Unfallversicherung übernimmt ein großes Spektrum an Leistungen, dazu zählen beispielsweise die Erstversorgung, etwaige Behandlungen wie Krankengymnastik, aber auch häusliche Pflege, Kinderbetreuung oder Umschulungen.

Die Unfallversicherung übernimmt nach der gesetzlichen Entgeltfortzahlung ein sogenanntes Verletztenentgelt, welches 80% des Regelentgelts des verunfallten Beschäftigten darstellt. Von diesem werden noch Beiträge für die Renten- und Arbeitslosenversicherung abgezogen.

Besteht durch den Arbeitsunfall eine Erwerbsminderung von mindestens 20% für mindestens ein halbes Jahr, zahlt die Unfallversicherung eine Verletztenrente. Diese beträgt 2/3 des Bruttojahresgehaltes des Beschäftigten.

Wegeunfall Definition

Neue Regelungen: Wegeunfall im Homeoffice

Im Zuge der Corona-Pandemie haben sich die Arbeitsverhältnisse grundlegend geändert. Viele Beschäftigte arbeiten plötzlich im Homeoffice. Der neue Arbeitsplatz bleibt in vielen Fällen auch mit dem Abklingen der Pandemie Situation erhalten. 

Zunehmend wird auch auf Hybrid-Modelle zurückgegriffen, bei denen Beschäftigte teilweise von zu Hause und teilweise von der Arbeitsstelle aus arbeiten. Mit dieser neuen Arbeitssituation haben sich auch die Regelungen für Arbeitsunfälle geändert.

Auch im Homeoffice sind bestimmte Wege versichert und auch hier ist klar definiert, was als Betriebsweg zählt und was nicht. Die Unterscheidung ist dabei nicht immer einfach.

So ist der erste Gang vom Schlafzimmer zum Laptop, also auf dem Weg zur Aufnahme der beruflichen Tätigkeit, versichert. Nimmt ein*e Beschäftigte*r ein Paket für die Arbeit an der Tür an, besteht Versicherungsschutz für diesen Weg.

Handelt es sich allerdings um ein Paket, das die Person aus privaten Gründen angenommen hat, ist der Weg vom Arbeitsplatz zu Hause bis zur Haustür nicht versichert.

Wichtig: Im Homeoffice gelten solche Wege als Betriebswege, die zum Zweck der Arbeit ausgeführt werden.

Der Weg zum Bad oder zur Küche ist im Homeoffice nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt, da dieser nicht im Rahmen der versicherten Tätigkeit erfolgt.

Achtung: Wegeunfälle, die im Homeoffice passieren, sind ebenso wie andere Arbeitsunfälle meldepflichtig.

Gut zu wissen! Service-Tipp für Ihre Mitarbeitenden

Selbst eine Corona-Erkrankung kann in bestimmten Fällen als Arbeits- oder Wegeunfall gelten, wenn sich die Ansteckung nachweislich auf der Arbeit ereignet hat.

Die Leistungen der Unfallversicherung sind meistens besser als die der gesetzlichen Krankenversicherung. Gerade für Mitarbeitende im Gesundheitswesen lohnt es sich also, eine Corona-Erkrankung zu melden.

Gefährdungsbeurteilung: Gesetzliche Pflicht!

Ein Unternehmen ist verpflichtet, für sichere und gesundheitsgerechte Arbeitsbedingungen zu sorgen. Daher müssen Sie regelmäßig eine Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes durchführen und diese auch aktualisieren. 

Es handelt sich hierbei um eine gesetzliche Pflicht. Diese sollten Sie besonders dann ernst nehmen, wenn Mitarbeitende im Homeoffice arbeiten, damit Arbeitsunfälle vermieden werden können. Sie sind auch in diesem Fall verpflichtet, für einen sicheren Arbeitsplatz zu sorgen. 

Wenn Sie dies nicht tun, greift die Unfallversicherung möglicherweise nicht. Außerdem müssen Sie Ihre Mitarbeitenden bzgl. möglicher Gefahren und Vorsichtsmaßnahmen unterweisen.

Dazu gehören u.a.:

  • Mögliche Gesundheitsgefährdungen durch falsche Lichtverhältnisse
  • Schlechte Sitzmöglichkeiten
  • Etwaige Stolperfallen in der Wohnung
  • Schlechte Luftverhältnisse/schlechtes Raumklima.

Tipp! Sie können Ihren Mitarbeitenden Checklisten zum sicheren Arbeiten von zu Hause zur Verfügung stellen. Eine solche Checkliste finden Sie beispielsweise bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.

Fazit für Arbeitgeber 

Auch wenn die Meldung eines Wegeunfalls auf den ersten Blick etwas kompliziert und umfangreich wirkt, sollte dieser Leitfaden Ihnen die ganze Angelegenheit ein bisschen vereinfachen. Arbeitgeber haben immerhin die Pflicht, sich ordnungsgemäß um die bürokratische Abwicklung eines Arbeitsunfalls zu kümmern. 

Wegeunfälle sind Unfälle, die sich im Rahmen des Arbeitsweges ereignen. Melden Sie den Unfall nicht, begehen Sie eine Ordnungswidrigkeit. Im Interesse aller Beteiligten ist daher ein reibungsloser Ablauf empfohlen. Zukünftige Streitigkeiten bei verspäteter Meldung können so vermieden werden.

Als Arbeitgeber ist es immer gut, sich mit allen Eventualitäten im Vorhinein zu beschäftigten. Gerade durch die aktuellen Verschiebungen hin zum Homeoffice sind neue Regelungen entstanden. Das Arbeiten im Homeoffice unterliegt mitunter noch einigen Veränderungen. Regelungen können sich also oft und schnell wieder ändern.

Sprachgewandt, neugierig und kreativ verfolgt unsere Autorin Marie-Louise Messerschmidt als SEO Content Writer die neuesten HR Trends. Als Teil des Content Marketing Teams arbeitet sie seit Mitte 2022 für Factorial HR. Nach ihrem Abschluss in Betriebswirtschaftslehre an der Georg-August-Universität Göttingen und Sprachwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München befasst sie sich bereits seit 2017 mit Themen im Personalbereich. Ihr Fokus liegt dabei besonders auf rechtlichen und strategischen Themen. Zuletzt hat sie einen Gastbeitrag zum Thema Personalverwaltung im OMT Magazin veröffentlicht.

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