Kennen Sie das? Sie haben so viele Alternativen, dass Sie sich gar nicht entscheiden können, welche davon nun die beste Option ist? Das passiert im Privat- ebenso wie im Berufsleben ständig. Auf das eigene Bauchgefühl zu hören, ist bei vielen Entscheidungen des Privatlebens völlig in Ordnung. Im Job sollte man die Entscheidung aber etwas fundierter und nachvollziehbarer treffen. Die Nutzwertanalyse ist ein Beispiel dafür, wie das gelingt: Wir zeigen Ihnen, wie Sie dabei vorgehen und wie vielfältig sich das Scoring-Modell einsetzen lässt.
Kurz erklärt
- Die Nutzwertanalyse hilft Ihnen bei der systematischen Evaluierung mehrerer Alternativen, die Sie unter zuvor festgelegten Kriterien miteinander vergleichen.
- Herangezogene Kriterien können sowohl quantitativer als auch qualitativer Natur sein und werden von Ihnen selbst gewichtet.
- Mit der Nutzwertanalyse schaffen Sie Transparenz und Nachvollziehbarkeit – eine subjektive Komponente hat das Scoring-Modell aber zwangsläufig ebenso.
- Nutzwertanalyse Definition – und wo sie zum Einsatz kommt
- Wie macht man eine Nutzwertanalyse? – Erstellung
- Wie viele Kriterien hat eine Nutzwertanalyse?
- Nutzwertanalyse: Beispiel
- Ziele, Vorteile und Nachteile der Nutzwertanalyse
Nutzwertanalyse Definition – und wo sie zum Einsatz kommt
Ein kleiner Blick in die Annalen der Geschichte verrät uns: Seit mehr als einem halben Jahrhundert wird die Nutzwertanalyse schon zur Entscheidungsfindung herangezogen. Im deutschsprachigen Raum gilt Christof Zangemeister als ihr Gründervater, der mit seinem 1970 erschienenen Werk „Nutzwertanalyse in der Systemtechnik“ die damals schon länger im US-amerikanischen Raum genutzte „Utility Analysis“ aufgriff.
Heute wird eine Nutzwertanalyse nach Vorlage beispielsweise bei Unternehmensbewertungen, im Procurement, dem Projektmanagement, HR-Wesen oder der Produktentwicklung genutzt. Das ist das Schöne an dem Scoring-Modell: Es lässt sich völlig flexibel einsetzen, da Sie selbst sowohl die Kriterien als auch die zu vergleichenden Produkte (und Co.) sowie die Gewichtung festlegen.
Das übergeordnete Ziel ist unabhängig davon gleich: Sie haben eine Ausgangssituation (mehrere Optionen) und möchten diese durch Transparenz, Vergleichbarkeit und individuelle Bewertungen lösen – um sich am Ende idealerweise für die beste Alternative zu entscheiden.
Wie macht man eine Nutzwertanalyse? – Erstellung
Hier widmen wir uns zunächst einem generellen kurzen Leitfaden, den Sie bei Bedarf immer wieder nachschlagen können. Im weiteren Verlauf dieses Artikels geben wir Ihnen noch ein praxisnahes Nutzwertanalyse-Beispiel, das täglich in unzähligen HR-Abteilungen vorkommt.
Wie berechnet man also den Nutzwert? Folgen Sie dafür diesen Schritten:
- Identifizieren Sie Ihre Optionen beziehungsweise Alternativen. Diese sind es, die anschließend nach den jeweiligen Kriterien bewertet werden.
- Legen Sie alle relevanten Kriterien fest. Die Kriterien können sich quantitativen oder qualitativen Eigenschaften widmen.
- Legen Sie für jedes Kriterium eine Gewichtung fest. Die wird normalerweise in Prozent vorgenommen und sollte sich am Ende auf 100 Prozent summieren.
- Vergeben Sie Punkte in der jeweiligen Kategorie beziehungsweise zum jeweiligen Kriterium. Setzen Sie die vergebenen Punkte anschließend in Relation zur Gewichtung. Schauen Sie sich für ein Rechenbeispiel unser gleich folgendes Beispiel an.
- Wählen Sie die beste Alternative aus. Das ist die mit den meisten Punkten in der Nutzwertanalyse.
Wie viele Kriterien hat eine Nutzwertanalyse?
Dahingehend gibt es glücklicherweise gar keine Einschränkungen. Ihre Nutzwertanalyse könnte nach vier oder sechs, acht oder lediglich drei Kriterien vergleichen. Abhängig ist das immer stark davon, was eigentlich verglichen wird. Wichtig ist aber: Es sollten keine Kriterien fehlen, die Sie selbst als wichtig für Ihre fundierte Entscheidung erachten.
Nutzwertanalyse: Beispiel
Keine Sorge, die Nutzwertanalyse selbst ist nicht kompliziert. Am praktischen Beispiel wird sie aber schlicht gleich viel greifbarer.
Versetzen wir uns deshalb in eine fiktive HR-Abteilung. Sie und Ihre Kollegen:innen überlegen, wie Sie die Arbeitgeberattraktivität Ihres Unternehmens und die Mitarbeiterzufriedenheit steigern können. Gemeinsam sind Sie zu dem Schluss gekommen, dass eine neue freiwillige Arbeitgeberleistung hinzukommen soll. Nun steht die Entscheidung im Raum: Welcher Benefit soll das sein?
Genau das bringt uns zur Nutzwertanalyse. Nach Ihrem Gespräch schwanken Sie zwischen diesen Optionen:
- Jobrad-Leasing-Angebot
- Essenszuschuss
- Angebot für ein Fitnessstudio
- Tankgutscheine
- ÖPNV-Zuschuss in Form des Deutschlandtickets
In der Nutzwertanalyse sind das folglich die Alternativen/Optionen. Nun gilt es für diese Optionen Kriterien auszuarbeiten. Wie viele Kriterien hat eine Nutzwertanalyse in unserem Beispiel? Das ist flexibel, fünf Kriterien erachten wir als wichtig. Wie wichtig, verrät Ihnen die Prozentangabe in der Klammer – das ist die Gewichtung, die parallel den jeweiligen Kriterien zugeteilt wird.
Kriterien für Ihre Optionen mitsamt Gewichtung:
- Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit (30 %)
- Kosten für das Unternehmen (20 %)
- Umsetzbarkeit (20 %)
- Verbesserung Arbeitgeberattraktivität (15 %)
- steuerliche Vorteile (15 %)
Summe = 100 %
Jetzt vergeben Sie für jede Option zum passenden Kriterium eine Punktzahl. Der Einfachheit wegen empfiehlt sich eine Punkteskala von 1 bis 10. Die vergebenen Punkte setzen Sie in Relation zur Gewichtung, also zum Beispiel: 8 Punkte bei Mitarbeiterzufriedenheit und einer Gewichtung von 30 % ergibt 2,4 Punkte – weil das 30 % von 8 sind.
Wie berechnet man den Nutzwert?
Sie addieren schlicht die gewichteten Punkte untereinander auf, damit am Ende jede Option eine gewichtete Summe erhält.
Praktisch sieht die Nutzwertanalyse dann so aus:
Benefit | Zufriedenheit (30 %) | Kosten (20 %) | Umsetzbarkeit (20 %) | Attraktivität (15 %) | Steuerlich (15 %) | Gesamtbewertung |
Jobrad | 8 (2,4) | 7 (1,4) | 8 (1,6) | 8 (1,2) | 9 (1,35) | 7,95 |
Essenszuschuss | 7 (2,1) | 9 (1,8) | 9 (1,8) | 7 (1,05) | 8 (1,2) | 7,95 |
Fitnessangebot | 9 (2,7) | 6 (1,2) | 7 (1,4) | 9 (1,35) | 6 (0,9) | 7,55 |
Tankgutschein | 6 (1,8) | 8 (1,6) | 9 (1,8) | 6 (0,9) | 9 (1,35) | 7,45 |
ÖPNV-Zuschuss | 7 (2,1) | 8 (1,6) | 8 (1,6) | 7 (1,05) | 9 (1,35) | 7,7 |
Sowohl das Jobrad-Leasing-Angebot als auch der Essenszuschuss wären nach der Nutzwertanalyse die beiden besten Optionen. Das Deutschlandticket käme als drittbeste Alternative infrage.
All das sind natürlich fiktive Bewertungen. In Ihrem Unternehmen könnten sowohl die Gewichtung als auch die vergebenen Punkte ganz anders aussehen. Das ist die eingangs schon erwähnte subjektive Komponente des Scoring-Modells. Nach der Studienlage zu Benefits der HS Pforzheim sind flexible Arbeitszeitmodelle und Homeoffice-Möglichkeiten hoch im Kurs. Unter den genannten Benefits wären Essens- und Mobilitätszuschüsse aber ebenfalls unter den Top-10.
Unser Tipp: Mit Factorials HR-Berichten erhalten Sie wichtige Informationen, die Sie in Ihrer Nutzwertanalyse verwenden können. 360-Grad-Umfragen unterstützen bei der Gewichtung und Punktevergabe, ebenso könnten Finanzanalysen bei der Bewertung der Kosten helfen. Echtzeit-Analysen zur Mitarbeiterzufriedenheit können Sie mit der Business Management Software ebenso durchführen und in das Kriterium „Zufriedenheit“ einfließen lassen.
Ziele, Vorteile und Nachteile der Nutzwertanalyse
Die Nutzwertanalyse ist kein Wundermittel, aber in vielen Fällen ist sie eine ernsthafte Überlegung wert. Beim Kauf neuer Laptops (Welches Modell?) ebenso wie bei Standortentscheidungen (Wo einen neuen Nebensitz eröffnen?) oder etwa bei der Priorisierung von Projekten.
Immer zielen Sie damit auf eine Objektivierung ab, schaffen Transparenz, verteilen relevante Gewichtungen und sorgen für Vergleichbarkeit. Vorteilhaft ist dabei, dass die Nutzwertanalyse relativ zügig erstellt ist und qualitative ebenso wie quantitative Kriterien einbezieht. Außerdem schaffen Sie durch die Transparenz noch Nachvollziehbarkeit und können Ihre finale Entscheidung gegenüber Führungskräften besser begründen.
Ganz frei von Nachteilen ist die Nutzwertanalyse aber nicht: Die schon mehrfach angesprochene Subjektivität bei der Gewichtung und Punktevergabe führt zwischen mehreren Mitarbeitenden womöglich zu unterschiedlichen Ergebnissen. Überdies ersetzt die Nutzwertanalyse nicht unbedingt fundierte, objektiver veranlagte Wirtschaftlichkeitsanalysen – aber es ist definitiv hilfreich, sie im eigenen Werkzeugkasten als Option zur Verfügung zu haben.