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Lohn und Gehalt im Unternehmen

Was heißt Doppelbesteuerung der Rente und wer ist davon betroffen?

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Die Doppelbesteuerung der Rente kann bestimmte Rentenjahrgänge beim Wechsel zum neuen, nachgelagerten Rentensystem betreffen. Die Angelegenheit ist komplex. Wir erklären, was genau diese Doppelbesteuerung bedeutet, wer davon betroffen sein kann und was Rentner*innen dagegen tun können.

Kurz erklärt:

  1. Seit 2005 gilt eine nachgelagerte Besteuerung der Renten. Zuvor galt die vorgelagerte Besteuerung.
  2. In der Übergangsphase kann es dazu kommen, dass bestimmte Jahrgänge von einer Doppelbesteuerung ihrer Renten betroffen sind. Dies betrifft insbesondere Rentnerjahrgänge zwischen 2005 und 2040.

Gesetzliche Grundlage:

  1. Die nachgelagerte Besteuerung ist im Alterseinkünftegesetz festgelegt.
  2. Grundlage hierfür ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die ungleiche Besteuerung von Beamtenpensionen und Renten beanstandete.

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Was bedeutet Doppelbesteuerung?

Definition: Doppelbesteuerung der Rente

Im Jahr 2005 hat die Bundesregierung das sogenannte Alterseinkünftegesetz verabschiedet.
Bis zu diesem Zeitpunkt waren Renten weitgehend steuerfrei. Seit 2005 jedoch gilt das Prinzip der nachgelagerten Besteuerung: Renten werden nun schrittweise besteuert, während die Beiträge zur Rentenversicherung bereits teilweise steuerlich absetzbar sind.

Viele Rentner*innen beklagen, dass sie dadurch doppelt besteuert werden.
Denn: Während ihres Arbeitslebens haben sie aus versteuertem Einkommen Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt – und nun müssen sie auf die Rente erneut Steuern zahlen.

Hinweis: Es geht hier um Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, nicht etwa um Beiträge oder Erträge im Zusammenhang mit den Rürup-Renten.

Was bedeutet der Systemwechsel ab 2005 bei der Rentenbesteuerung?

Mit dem Alterseinkünftegesetz wurde 2005 ein grundlegender Systemwechsel in der Besteuerung von Renten vollzogen:

Früher: Vorgelagerte Besteuerung

  • Arbeitnehmende zahlten ihre Beiträge zur Rentenversicherung aus bereits versteuertem Einkommen.
  • Die spätere Rente war im Gegenzug größtenteils steuerfrei (nur ein kleiner Ertragsanteil wurde besteuert).

Seit 2005: Nachgelagerte Besteuerung

  • Die Beiträge zur Rentenversicherung sind nun steuerlich begünstigt (zunehmend absetzbar).
  • Dafür wird die spätere Rente nach und nach stärker besteuert:
    • Wer 2005 in Rente ging, hatte noch einen hohen steuerfreien Anteil (50 %).
    • Dieser steuerfreie Anteil sinkt jährlich für Neurentner*innen.
    • Ab dem Jahr 2040 sollen Renten vollständig steuerpflichtig sein.

Der Grund für diese Umstellung geht auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2002 zurück.
In diesem Urteil wurde festgestellt, dass gesetzliche Renten steuerlich ungünstiger behandelt werden als Beamtenpensionen, obwohl beide der Altersvorsorge dienen.

Das Bundesverfassungsgericht forderte deshalb den Gesetzgeber auf, eine gleichmäßige und gerechte Besteuerung aller Altersbezüge zu schaffen. Als Reaktion darauf wurde das Alterseinkünftegesetz eingeführt. Es sollte diese ungleiche steuerliche Behandlung zwischen gesetzlicher Rente und Beamtenpensionen beheben und ein einheitliches, transparentes System der Altersbesteuerung schaffen.

Was ist das Problem an der Doppelbesteuerung von Renten?

Mit der Einführung der nachgelagerten Besteuerung von Renten im Jahr 2005 entstand eine Übergangsphase, in der zwei unterschiedliche Besteuerungssysteme aufeinandertreffen:

  • Das alte Modell, bei dem Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen gezahlt wurden und die Rente weitgehend steuerfrei blieb.
  • Und das neue Modell, bei dem Beiträge zunehmend steuerlich absetzbar sind, dafür aber die Rente selbst besteuert wird.

Diese Übergangsregelung kann sich nachteilig für bestimmte Jahrgänge auswirken – nämlich für diejenigen, die in dieser Phase in Rente gehen. Sie haben ihre Rentenbeiträge noch nicht vollständig steuerlich absetzen können, müssen aber bereits einen immer größeren Teil ihrer Rente versteuern.

Das führt im ungünstigsten Fall zu einer Doppelbesteuerung:
Wenn die Summe der steuerfreien Rentenzahlungen über die gesamte Ruhestandsdauer geringer ist als die Summe der versteuerten Rentenbeiträge während des Arbeitslebens, zahlt der Betroffene auf einen Teil seines Einkommens zweimal Steuern – was nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig ist.

Wer ist von der Doppelbesteuerung betroffen?

Betroffen können alle Jahrgänge sein, die in der Übergangsphase, also in den Jahren 2005 bis 2058, in Rente gehen.

Insbesondere betroffen sind folgende Personengruppen:

  • Rentner*innen, die zwischen 2005 und 2040 in Rente gehen.
  • Selbstständige, da sie ihre Beiträge vollständig aus bereits versteuertem Einkommen zahlen und keine steuerfreien Anteile erhalten.
  • Unverheiratete Personen, da sie steuerlich nicht von gemeinsamen Veranlagungen profitieren.

Was sind steuerfreie Anteile der Rentenbeiträge?

Arbeitnehmende zahlen nicht die gesamten Sozialversicherungsbeiträge, einschließlich der Beiträge zur Rentenversicherung, allein. Auch Arbeitgebende übernehmen einen bestimmten Anteil dieser Beiträge.

Auf diesen Arbeitgeberanteil müssen die Arbeitnehmenden keine Steuern zahlen, da er steuerfrei für sie geleistet wird.

Doppelte Besteuerung von Renten: Bei welchen Jahrgängen fällt die Doppelbesteuerung weg?

Ab 2025 sind alle Rentenbeiträge, die Menschen vor dem Renteneintritt einzahlen, steuerfrei, sodass es nicht mehr zu einer Doppelbesteuerung kommen kann. Die Doppelbesteuerung der Rente fällt dann also weg.

Doppelbesteuerung Rente: Tabelle

Bevor wir uns dieses Problem an einem Beispiel verdeutlichen und erklären, wer davon betroffen sein kann und wer nicht, noch ein Hinweis vorweg: Die nachgelagerte Besteuerung der Rente wurde 2005 nicht sofort zu 100 % steuerpflichtig eingeführt. Stattdessen wurde ein schrittweiser Anstieg der Besteuerung über die Jahre festgelegt. So lag der Besteuerungsanteil im Jahr 2005 bei der Einführung des neuen Systems bei 50 %, und im Jahr 2024 beträgt er bereits 83 %.

Die Besteuerungstabelle findet sich u. a. auf der Seite des Bundesfinanzministeriums.

Beispiel: Was ist das Problem der doppelten Rentenbesteuerung?

Stellen wir uns das Ganze an einem Beispiel vor:

Arbeitnehmer X geht 2024 in Rente.
Er bekommt monatlich 2.000 € Rente, also 24.000 € pro Jahr.
Lebenserwartung ab Rentenbeginn: 20 Jahre
Gesamtrente: 24.000 € × 20 Jahre = 480.000 €

Rentenbeiträge während des Arbeitslebens:

X hat 40 Jahre lang eingezahlt, im Schnitt 5.000 € pro Jahr
200.000 € insgesamt eingezahlt

Davon wurden viele Jahre lang die Beiträge aus bereits versteuertem Einkommen gezahlt – schätzen wir etwa 150.000 €.

Steuerfreier Rentenanteil:

Beim Renteneintritt 2024 bleiben 17 % der Rente steuerfrei:
→ 17 % von 24.000 € = 4.080 € pro Jahr steuerfrei
81.600 € steuerfrei über 20 Jahre

Das Problem:

X hat 150.000 € aus versteuertem Einkommen eingezahlt,
bekommt aber nur 81.600 € steuerfrei zurück.

Rund 68.400 € seiner Rente werden doppelt besteuert.

Doppelte Besteuerung entsteht, wenn ein Rentner mehr versteuerte Beiträge geleistet hat, als er später steuerfrei zurückbekommt.

Was können Rentner*innen für eine Vermeidung einer doppelten Besteuerung tun?

Arbeitnehmende müssen eine mögliche Doppelbesteuerung nicht einfach hinnehmen, sondern können rechtliche Schritte dagegen einleiten.

Rentner*innen sollten dafür folgende Nachweise sammeln:

  • eine Übersicht über die geleisteten Rentenbeiträge,
  • die früheren Steuerbescheide,
  • aktuelle Rentenbescheide,
  • eine Prognose zur Lebenserwartung, um die voraussichtliche Gesamtrente berechnen zu können.

Sobald der erste Rentenbescheid vorliegt, können Betroffene Widerspruch einlegen und auf eine mögliche doppelte Besteuerung hinweisen.
Im Anschluss kann eine Anpassung der steuerlichen Behandlung beantragt werden.

Dabei ist es hilfreich, auf Entscheidungen des Bundesfinanzhofs zu verweisen, die eine Doppelbesteuerung in bestimmten Fällen als rechtswidrig eingestuft haben.

Rechtsprechung Bundesfinanzhof Urteile:

Sollte der Widerspruch erfolglos bleiben, haben Rentner*innen die Möglichkeit, vor dem Finanzgericht Klage einzureichen.

Hinweis: Mit einer Anpassung des neuen Systems ist nicht zu rechnen. Das Bundesfinanzministerium hat bereits zwei wissenschaftliche Gutachten veröffentlicht, die dafür keine Notwendigkeit sehen.

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Julia Lehmann ist Schriftstellerin, Philosophin, Künstlerin und Übersetzerin und schreibt seit 3 Jahren über HR- und arbeitsbezogene Themen und Nachrichten.