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So setzen Sie die Arbeitsstättenrichtlinie richtig um

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7 Minuten Lesezeit
Arbeitsstättenrichtlinie

In der Arbeitsstättenrichtlinie ist vermerkt, wie ein sicherer und gesunder Arbeitsplatz einzurichten und zu gestalten ist. Arbeitgeber sind verpflichtet, diese Vorgaben umzusetzen. In diesem Blogartikel stellen wir Ihnen die wichtigsten Regelungen und Maßnahmen vor.

Key Facts

  1. Die Arbeitsstättenrichtlinie ist die praktische Orientierungshilfe zur Umsetzung der gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsstättenverordnung.
  2. In den Richtlinien gibt es konkrete Anweisungen zu Bürogröße, Maße der Arbeitsplätze, Beleuchtung oder auch der Raumtemperatur.
  3. Mobiles Arbeiten fällt im Gegensatz zur Telearbeit nicht in die Arbeitsstättenverordnung.

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Arbeitsstättenverordnung und Arbeitsstättenrichtlinien

Was ist die Arbeitsstättenverordnung?

Arbeitgeber sind verpflichtet, für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten in Arbeitsstätten zu sorgen. Wie genau die geeigneten Maßnahmen dazu aussehen müssen, ist in Deutschland genau festgelegt.

Mit diesen Vorschriften sollen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten vermieden werden. Außerdem soll eine menschengerechte Gestaltung des Arbeitsplatzes und -umfeldes erfolgen. Die einzelnen Schutzziele für das Einrichten und Betreiben einer sicheren Arbeitsstätte sind allerdings eher allgemein gehalten.

Was regelt die Arbeitsstättenrichtlinie?

Um diesen allgemeinen Schutzzielen konkrete Maßnahmen für Arbeitgeber an die Hand zu geben, wurde die Arbeitsstättenrichtlinie entwickelt. Sie dient Arbeitgebern als Praxisanleitung beim Einrichten und Gestalten von Arbeitsräumen.

Welche Arbeitsstättenrichtlinien gibt es?

Derzeit gibt es 21 verschiedene Richtlinien (Stand 2023). Sie reichen von der Beleuchtung von Räumen über die Gestaltung von Fußböden und Türen bis hin zur barrierefreien Gestaltung von Arbeitsplätzen.

Wer beschließt die Arbeitsstättenverordnung?

Die Arbeitsstättenrichtlinie oder auch„Technische Regeln der Arbeitsstätte“ werden vom Ausschuss für Arbeitsstätten erarbeitet (siehe Arbeitsstättenverordnung unter § 7). Die Ausschüsse bildet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. 

Ist die Arbeitsstättenrichtlinie ein Gesetz?

Nein. Bei der Arbeitsstättenrichtlinie handelt es sich nicht um ein Gesetz. Die technischen Regeln der Arbeitsstätte dienen lediglich als Richtlinie, um die Schutzziele der Arbeitsstättenverordnung umsetzen zu können. 

Wo steht die Arbeitsstättenrichtlinie?

Die einzelnen Richtlinien können bspw. bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) abgerufen werden. Sie können aber auch auch auf den Seiten der jeweiligen Berufsbranchen eingesehen werden – so bspw. bei der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM).

Wer prüft die Arbeitsstättenrichtlinie?

Die korrekte Umsetzung der Arbeitsstättenverordnung wird durch die Arbeitsschutzbehörden der einzelnen Länder kontrolliert. Die Umsetzung der Arbeitsstättenrichtlinie wird nicht kontrolliert.

Arbeitgeber können beispielsweise im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements geeignete Lösungen finden, um die Arbeitsstättenverordnung umzusetzen. Auch Beschäftigte können sich mit Beschwerden an die Behörde wenden. Eine Nichtumsetzung kann zu Strafen und Bußgeldern führen.

Wie verbindlich sind die Arbeitsstättenrichtlinien?

Die Umsetzung der Arbeitsstättenrichtlinien ist nicht verbindlich. Verbindlich ist nur die Umsetzung der Arbeitsstättenverordnung. Setzt ein Arbeitgeber die in dieser Verordnung festgehaltenen Schutzziele durch andere Maßnahmen um, sind diese gleichfalls rechtens.

Für wen gilt die Arbeitsstättenrichtlinie?

Die Richtlinien gelten sowohl für private als auch für staatliche, kirchliche und gemeinnützige Arbeitsstätten. 

Arbeitsstättenrichtlinie aktuell

Arbeitsstättenrichtlinie: Arbeitsräume

Wann gelten die Arbeitsstättenrichtlinien?

Die Arbeitsstättenrichtlinien gelten für Betreiber von Arbeitsstätten.

Laut Arbeitsstättenverordnung sind Arbeitsstätten definiert als: 

  1. Arbeitsräume in Gebäuden auf dem Betriebsgelände,
  2. Räumlichkeiten im Freien auf dem Betriebsgelände,
  3. Orte auf Baustellen.

Nicht alle Richtlinien finden überall gleichermaßen Anwendung. Beispielsweise ist die Richtlinie für das Bauwesen nicht für Arbeitgeber relevant. 

Auch für das Einrichten von Büros gelten laut der Arbeitsstätten-Schutzverordnung besondere Vorgaben. Im Folgenden stellen wir Ihnen einige der wichtigsten Aspekte vor.

Arbeitsstättenrichtlinie Büro

Genauere Informationen hierzu finden sich vor allem in der Arbeitsstättenrichtlinie unter Raumabmessung und Bewegungsflächen (ASR A1.2). Zudem finden sich Informationen in der ASR A2.3 Fluchtwege und Notausgänge.

Diese technischen Regeln legen fest, wie viel Bürofläche pro Mitarbeiter für den ständigen Arbeitsplatz (z. B. ein Schreibtisch) eingeplant werden muss. Darüber hinaus müssen auch Gänge (Verkehrswege) bestimmte Maße haben, denn auch eine Person mit Rollstuhl sollte ihren Arbeitsplatz problemlos erreichen können. 

Die folgenden ergonomischen Anforderungen gibt es:

Mindestgröße Büro

  • Laut der Richtlinie dürfen ausschließlich Räume als Arbeitsräume genutzt werden, die eine Mindestgröße von 8 m² aufweisen.
  • Für jeden weiteren Arbeitsplatz werden 6 m² addiert.
  • In Arbeitsräumen mit Büro- und Bildschirmarbeitsplätzen erhöht sich die Fläche auf 8 bis 10 m².
  • Bei Großraumbüros wird pro Arbeitsplatz eine Gesamtarbeitsfläche von 12 bis 15 m² empfohlen.

Mindestgröße Arbeitsplatz

  • Pro Arbeitsplatz ist eine Bewegungsfläche, also die Tiefe und Breite je Arbeitsplatz von mindestens 1 m² erforderlich.
  • Darüber hinaus gilt eine Mindestbreite von 1 m und 1, 20 m MindesttiefeSind mehrere Arbeitsplätze nebeneinander angeordnet, erweitert sich die Breite auf 1,20 m.

Eine Überlagerung von Flächen ist hierbei nicht erlaubt. Das bedeutet, die vorgegebenen Mindestmaße für einen Arbeitsplatz dürfen sich nicht mit anderen Flächen wie Stellflächen oder Verkehrswegen (z. B. Fluchtwege) überschneiden.

Arbeitsstättenrichtlinie Fluchtwege und Notausgänge

Auch bzgl. der Flucht- und Rettungspläne muss einiges beachtet werden.

  • Alle Aufenthaltsräume müssen mindestens 2 gesonderte Fluchtwege aufweisen.
  • Bei kleineren Räumen kann als zweiter Fluchtweg auch ein größeres Fenster oder ein Balkon dienen.

Raumtemperatur und Beleuchtung

Raumtemperatur

Für eine sichere und gesunde Arbeitsumgebung ist auch die Raumtemperatur wichtig. Gerade im Sommer, bei hohen Temperaturen ist dies relevant. 

Mindestwerte für die gesundheitlich zuträglichen Lufttemperaturen in Arbeitsräumen sind:

  • 20 Grad bei leichter Arbeit im Sitzen
  • 12 Grad bei schwerer Arbeit im Stehen

In Pausen-, Bereitschafts-, Liege-, Sanitär-, Kantinen- und Erste-Hilfe-Räumen muss die Temperatur mindestens 21 Grad erreichen. In Waschräumen, in denen Duschen oder Badewannen installiert sind, muss die Temperatur bei Nutzung mindestens 24 Grad aufweisen.

Aufgrund der aktuellen Energiekrise ist es Arbeitgebern möglich, diese Grenzwerte vorübergehend um maximal 1 Grad zu unterschreiten. Dies ist in einer gesonderten Verordnung festgehalten. Diese wurde aktuell bis zum 14.04.2023 verlängert.

Auch für warme Tage gibt es genaue Regelungen.

  • Bei einer Außentemperatur ab 26 Grad sind geeignete Sonnenschutzmaßnahmen wie Jalousien oder Sonnenschutzverglasungen ggf. umzusetzen.
  • Ab einer Raumtemperatur von 35 Grad eignet sich ein Raum nicht mehr als Arbeitsraum, wenn nicht besondere Maßnahmen getroffen werden. Hierzu gehören bspw. Luftduschen oder Hitzeschutzkleidung.

Die Informationen hierzu finden Sie in der Arbeitsstättenrichtlinie Raumtemperatur (ASR A3.5).

Beleuchtung 

In der Arbeitsstättenverordnung ist eine „angemessene künstliche Beleuchtung“ vorgesehen. Der Toleranzbereich ist hier allerdings höher als bspw. bei der Raumtemperatur.

Je nach Tätigkeit und Arbeitsbereich gibt es in der Richtlinie Kriterien für die künstliche Beleuchtung in Arbeitsstätten.

  • So ist beim Kopieren oder Ablegen lediglich eine Beleuchtungsstärke von 300 lx vorgesehen.
  • Bei Tätigkeiten, die Schreiben oder Lesen beinhalten, erhöht sich der Wert auf 500 lx.

Darüber hinaus müssen Arbeitsräume ausreichend Tageslicht erhalten. Natürliches Licht ist einer künstlichen Beleuchtung sogar vorzuziehen. Ein Tageslichtquotient von mindestens 2 Prozent wird empfohlen. Alle Informationen zum Thema Beleuchtung lesen Sie in der Arbeitsstättenrichtlinie Beleuchtung (ASR A3.4).

Lärm als Risikofaktor am Arbeitsplatz

Je nach Tätigkeit sind verschiedene Höchstwerte zulässig.

  • Bei Tätigkeiten, die eine hohe Konzentration erfordern, sind maximal 55 db (A) erlaubt. Hierzu zählen überwiegend geistige Tätigkeiten sowie Besprechungen oder Konferenzen.
  • Allgemeine Bürotätigkeiten fallen in die Kategorie II. Hier gilt ein maximaler Lärmpegel von 70db (A).
  • Bei handwerklichen Tätigkeiten oder Montagearbeiten gibt es keine Grenzwerte. Der Lärm sollte, aber so weit wie möglich reduziert werden. Hierzu können beispielsweise spezielle Schutzausrüstungen notwendig sein.

Im Rahmen einer Betriebsbegehung können weitere Lärmquellen festgestellt und Maßnahmen ergriffen werden. Häufige Lärmquellen sind bestimmte Fußböden, laute Geräte (Drucker oder Maschinen) oder auch Verkehrslärm. Wenn diese Lärmquellen bereits bei der Einrichtung (z. B. lärmarme Drucker und Kopierer) beachtet werden, kann die Lärmbelästigung dadurch bereits erheblich reduziert werden.

Arbeitsstättenrichtlinie: Sanitärräume

Unter Sanitärräumen fallen laut der Richtlinie Toiletten-, Wasch- und Umkleideräume, aber auch Waschgelegenheiten. Diese müssen regelmäßig gereinigt werden und dürfen von außen nicht einsehbar sein.

  • Für weibliche und männliche Beschäftigte müssen getrennte Sanitärräume vorhanden sein. Ausnahmen gelten für Betriebe bis maximal 9 Beschäftigte.
  • Sie müssen mindestens 2,50 m hoch sein.
  • Die Gestaltung für barrierefreie Sanitärräume ist gesondert in der entsprechenden Richtlinie geregelt.

Arbeitsstättenrichtlinie Toilette 

Mindestens eine Toilette und eine Handwaschgelegenheit sind erforderlich. Ein separater Vorraum ist notwendig, wenn mehr als eine Toilettenzelle installiert ist. Bei Frauentoiletten muss zudem jeweils ein Hygienebehälter mit Deckel zur Verfügung stehen. 

Arbeitsstättenrichtlinie Dusche

Waschräume sind mit Waschgelegenheiten und/oder Duschen ausgestattet. Sie sind erforderlich bei mäßig schmutziger bis stark schmutziger Tätigkeit. Darunter fallen bspw. Tätigkeiten im Maschinenbau, im Stahlwerk oder auch in Kläranlagen.

Arbeitsstättenrichtlinie Home-Office

Ob die Arbeitsstättenverordnung gilt, hängt davon ab, ob Telearbeit oder mobiles Arbeiten vorliegt.

  • Bei der Telearbeit (siehe § 2 Abs. 7), handelt es sich um vom Arbeitgeber fest eingerichtete Arbeitsplätze, für die die Umsetzung der Arbeitsstättenverordnung gilt.
  • Bei mobilen Arbeiten entscheiden die Beschäftigten selbst, ob sie im Büro oder zu Hause arbeiten. Es handelt sich um keinen fest eingerichteten Arbeitsplatz. Die Verordnung findet daher keine Anwendung.

HR Kit 2023

Häufig gestellte Fragen und Antworten

Was regelt die Arbeitsstättenrichtlinie?

Um diesen allgemeinen Schutzzielen konkrete Maßnahmen für Arbeitgeber an die Seite zu stellen, wurde die Arbeitsstättenrichtlinie entwickelt. Sie dienen dem Arbeitgeber also als Praxisanleitung für die verschiedenen Aspekte beim Einrichten und Gestalten von Arbeitsräumen.

Welche Arbeitsstättenregeln gibt es?

Derzeit gibt es 21 verschiedene Richtlinien (Stand 2023). Sie reichen von der Beleuchtung über Fußböden sowie Türe und Tore bis hin zur barrierefreien Gestaltung des Arbeitsplatzes.

Wie verbindlich sind ASR?

Die Umsetzung der Arbeitsstättenrichtlinien ist nicht verbindlich. Verbindlich ist nur die Umsetzung der Arbeitsstättenverordnung. Setzt ein Arbeitgeber die in dieser Verordnung festgehaltenen Schutzziele mit anderen Maßnahmen um, sind diese gleichfalls rechtens. Bei den Arbeitsstättenrichtlinien wiederum gilt die sogenannte Vermutungswirkung. Das bedeutet, dass Arbeitgeber bei Umsetzung der Richtlinien davon ausgehen können, die Arbeitsstättenverordnung korrekt einzuhalten.

Sprachgewandt, neugierig und kreativ verfolgt unsere Autorin Marie-Louise Messerschmidt als SEO Content Writer die neuesten HR Trends. Als Teil des Content Marketing Teams arbeitet sie seit Mitte 2022 für Factorial HR. Nach ihrem Abschluss in Betriebswirtschaftslehre an der Georg-August-Universität Göttingen und Sprachwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München befasst sie sich bereits seit 2017 mit Themen im Personalbereich. Ihr Fokus liegt dabei besonders auf rechtlichen und strategischen Themen. Zuletzt hat sie einen Gastbeitrag zum Thema Personalverwaltung im OMT Magazin veröffentlicht.

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