Zum Inhalt gehen

Gaslighting durch den Chef: Ein unterschätztes Problem am Arbeitsplatz

·
4 Minuten Lesezeit
Gaslighting am Arbeitsplatz

Wahrscheinlich ist Ihnen der Begriff Gaslighting schon einmal untergekommen. Hauptsächlich wird dieser im Zusammenhang mit Beziehungen verwendet. Doch auch in der Arbeitswelt findet er immer mehr Einzug. Wir erklären Ihnen, worum es sich bei Gaslighting am Arbeitsplatz handelt und wie Sie sich dagegen schützen können, insbesondere wenn Gaslighting von einer Führungskraft ausgeht.

Key Facts

  1. Gaslighting ist eine Form des psychischen Missbrauchs, die auch am Arbeitsplatz auftreten kann.
  2. Es ist wichtig, die Anzeichen von Gaslighting zu erkennen. Denn Gaslighting kann negative Folgen nach sich ziehen, die nicht nur Ihr Betriebsklima, sondern auch die Gesundheit Ihrer Mitarbeitenden betreffen.
  3. In Extremfällen kann Gaslighting als Rufschädigung betrachtet werden und so auch juristische Konsequenzen haben.

Download Checkliste Mentale Gesundheit

Was ist Gaslighting?

Gaslighting ist eine Form der Manipulation, bei jemand versucht, eine andere Person an ihrer eigenen Wahrnehmung der Realität zweifeln zu lassen. Der Begriff stammt aus dem Theaterstück „Gas Light“ von 1938 und dem darauf basierenden Film von 1944. Es geht darin um einen Mann, der versucht, seine Frau glauben zu machen, sie werde verrückt.

Am Arbeitsplatz kann Gaslighting verschiedene Formen annehmen. Ein*e Vorgesetzte*r kann beispielsweise behaupten, dass bestimmte Ereignisse nie stattgefunden haben, obwohl sie tatsächlich so passiert sind. Umgekehrt könnten auch absichtlich verwirrende Informationen weitergegeben werden, um Kolleg*innen zu verunsichern. Ein Extrembeispiel wäre, dass Führungskräfte sogar versuchen, einzelne Teammitglieder komplett vom Rest der Gruppe zu isolieren, mit dem Ziel, sie noch mehr zu kontrollieren.

Die Auswirkungen von Gaslighting am Arbeitsplatz

Gaslighting ist, wie Psychotherapeutin und Autorin Dr. Stephanie Sarkis in der Vogue meint, eine Form des emotionalen Missbrauchs. Die Auswirkungen betreffen dabei sowohl die Arbeit an sich als auch den persönlichen Bereich der Betroffenen.

Im Arbeitsumfeld wirkt sich das manipulative Verhalten auf jeden Fall negativ auf die Zusammenarbeit im Team aus. Durch das schlechte Klima wird das Vertrauen im Team nachhaltig geschädigt und es wird zunehmend schwieriger, dass sich die Mitarbeitenden aufeinander verlassen können. Ein weiterer unerwünschter Nebeneffekt: Mitarbeitende haben Angst, Entscheidungen zu treffen. Sie zweifeln mehr und mehr an ihren Fähigkeiten, weil sie denken, dass etwas mit ihrer Wahrnehmung nicht stimmt.

Doch die geschäftsbezogenen Einbußen sind das geringste Problem im Vergleich zu den Schäden, die das Phänomen im Hinblick auf die Gesundheit der Beschäftigten haben kann. Der ständige Stress, die Angstzustände und das Gefühl der Isolation sind das Resultat. Diese wiederum können körperliche Folgen haben: Nicht selten klagen Betroffene über Schlafstörungen, Kopfschmerzen oder Magenbeschwerden. Wer über einen längeren Zeitraum unter Gaslighting leidet, kann im Extremfall sogar in ein Burnout schlittern. Klar ist: Die psychische Gesundheit wird durch ein derartiges Umfeld immens geschädigt.

Gerade deswegen müssen Arbeitgeber ein Auge darauf haben, welche Dynamiken in ihren Teams vorherrschen. Nur wer Anzeichen für Gaslighting frühzeitig erkennt, kann auch aktiv dagegen vorgehen. Hören Sie also genau hin, wie Ihre Mitarbeitenden miteinander und übereinander sprechen.

Gaslighting und Rufschädigung am Arbeitsplatz: Ist das strafbar?

In vielen Ländern, so auch in Deutschland, ist Rufschädigung am Arbeitsplatz strafbar. Wenn Kolleg*innen oder Chef*innen falsche Behauptungen über Mitarbeitende verbreiten, die deren Ruf schädigen, kann das rechtliche Konsequenzen haben. Das ist im Speziellen dann der Fall, wenn diese Aussagen zur Folge haben, dass Mitarbeitende entlassen werden oder ihnen dadurch eine Benachteiligung in ihrer Karriereentwicklung entsteht.

Gaslighting per se kann auch dann rechtliche Folgen haben, wenn es zu Mobbing, Diskriminierung oder anderen Formen des Missbrauchs im Büro kommt. Die Schwierigkeit besteht hier bei der Beweispflicht: Oft ist es unmöglich, Gaslighting nachzuweisen. Denn: Es wird oft subtil und hinter verschlossenen Türen manipuliert.

Eine Mitarbeiterin führt ein Streitgespräch mit ihrer Vorgesetzten.

Rechtliche Aspekte von Gaslighting: Pflichten des Arbeitgebers

Arbeitgeber haben die Pflicht, für ein sicheres und respektvolles Arbeitsumfeld zu sorgen. Wenn sie diese Pflicht verletzen, indem sie Gaslighting in Form von Rufschädigung oder Mobbing zulassen und sogar selbst betreiben, können sie rechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Geldstrafen, Schadenersatzforderungen und in einigen Fällen sogar strafrechtliche Sanktionen können die Konsequenz sein.

Sollten Sie also als Arbeitnehmer*in betroffen sein, ist es ratsam rechtlichen Beistand zu suchen. Als Arbeitgeber hingegen sollten Sie Ihre rechtlichen Pflichten kennen: Prinzipiell hat Gaslighting ja nicht schlimmstenfalls juristische Folgen, sondern ist allgemein schlecht für Ihr Betriebsklima und die Produktivität in Ihrem Unternehmen.

Wie kann man sich gegen Gaslighting wehren?

Was können Sie nun konkret tun, wenn Sie entweder selbst Opfer von Gaslighting am Arbeitsplatz sind oder es in Ihrem Team vorkommt?

  • Dokumentieren Sie alles: Schreiben Sie alles nieder! Das wird Ihnen dabei helfen, Muster zu erkennen und Sie können sich im Zweifelsfall auf Ihre Notizen berufen.
  • Suchen Sie Unterstützung: Sie sind nie alleine. Vielleicht hat jemand in Ihrem Umfeld ähnliche Erfahrungen gemacht. Tauschen Sie sich mit Kolleg*innen, Freund*innen oder Familienmitgliedern aus. Wenn nichts hilft, können Sie sich auch professionelle Hilfe suchen (z.B. in Form von Therapie oder Rechtsbeistand).
  • Setzen Sie Grenzen: Benennen Sie Fehlverhalten klar und deutlich. Wenn Ihnen etwas zu weit geht, müssen Sie diesen Missstand beim Namen nennen. Auch, wenn es sich um Vorgesetzte handelt.
  • Melden Sie das Verhalten: Intern kann Ihre Anlaufstelle auch die Personalabteilung sein, wenn Sie sich sicher genug fühlen. Hier hilft es mit Sicherheit auch, wenn Sie Ihre Notizen für Rückfragen zur Hand haben und genau auflisten können, was passiert ist.

Falsche Behauptungen und Lügen am Arbeitsplatz: Was tun?

Eine toxische Arbeitsumgebung alleine umzudrehen, kann eine Sisyphusarbeit sein. Wenn Sie die obenstehenden Schritte befolgen, Rat und Unterstützung bei der Personalabteilung suchen und trotzdem weiter Lügen über Sie verbreitet werden, haben Sie zwei Möglichkeiten:

  1. Sie können rechtliche Schritte in die Wege leiten.
  2. Sie entscheiden sich dazu, den Arbeitsplatz zu wechseln.

Ob sich ein Rechtsstreit lohnt und ob Sie überhaupt weiterhin in einem Beschäftigungsverhältnis bleiben wollen, in dem Gaslighting an der Tagesordnung steht, bleibt letztendlich Ihnen überlassen.

Gaslighting und Lügen am Arbeitsplatz sind ernste Probleme, die nicht ignoriert werden sollten. Sie können das Arbeitsklima vergiften. Die Gesundheit Ihrer Mitarbeitenden und die Produktivität leiden gleichermaßen darunter. Gerade deswegen sollten Sie es ernst nehmen, wenn jemand aus Ihrem Team mit Beschwerden zu Ihnen kommt und versuchen, so gut es geht zu helfen.

Maria Macher ist Content Managerin bei Factorial und lebt hier ihre Liebe für die deutsche Sprache und HR-Themen aus. Bereits während ihrer Studienzeit in Wien und Barcelona sammelte sie unterschiedlichste Arbeitserfahrungen: beim Early-Stage-Startup bis hin zum multinationalen Konzern. Dabei lernte sie insbesondere, was verschiedene Unternehmenskulturen ausmacht und welche Rolle die wichtigste Ressource in Unternehmen spielt: die Menschen.

Ähnliche Beiträge