In diesem Winter hat der Krankenstand in Deutschland ein neues Rekordniveau erreicht. Der Spiegel titelte: „Ist Deutschland ein Paradies für Blaumacher?“ Wirtschaftsführer*innen beklagen, der hohe Krankenstand sei ein Problem für Unternehmen. Daher stellt sich die Frage: Wie hängen hoher Krankenstand und Rezession zusammen? Eine Frage, die viele Unternehmen beschäftigt.
Einigen Studien von Pharma-Unternehmen zufolge hat dies Deutschland im vergangenen Jahr sogar in eine Rezession gedrückt. Über den wirtschaftlichen Schaden gehen die Meinungen allerdings auseinander. Der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) widerspricht der Darstellung zum Beispiel. Demnach sank die Zahl der Krankschreibungen 2023 mit 22,4 Fehltagen pro Beschäftigten im Vergleich zum Vorjahr leicht.
Alles rund um das Thema „hoher Krankenstand und Rezession“ klären wir in diesem Blog-Beitrag.
Key Facts
- Die Meinungen, ob der Krankenstand in Deutschland Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation des Landes hat, gehen auseinander.
- Forschende des Leibniz-Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) gehen nach ihrer aktuellen Studie davon aus, dass der Großteil des Anstiegs der Krankheitstage auf eine bessere statistische Erfassung zurückzuführen ist.
- Es gibt eine Reihe von Präventivmaßnahmen, mit denen Unternehmen dem hohen Krankenstand entgegenwirken können. Diese reichen von der Schaffung eines positiveren Arbeitsumfeldes über die Förderung der Fitness bis zur Ermöglichung von flexiblen Arbeitszeiten.
- Ursachen des hohen Krankenstands
- Hoher Krankenstand und Rezession: Auswirkungen auf die Wirtschaftsleistung
- Maßnahmen für Unternehmen
- Prävention lohnt sich – auch finanziell
- Fazit
Ursachen des hohen Krankenstands speziell bei einer Rezession
Wie kommt der hohe Krankenstand hierzulande zustande? Laut Statistischem Bundesamt fehlten Arbeitnehmende 2023 durchschnittlich an etwa 15 Tagen im Jahr. Das ist ein Drittel mehr als vor der Corona-Pandemie. Als Gründe für den hohen Krankenstand in Deutschland werden unter anderem eine hohe Arbeitsbelastung, der Fachkräfte-Mangel und eine älter werdende Gesellschaft genannt. Etwa die Hälfte der Ausfälle haben ihre Ursachen in Langzeit-Erkrankungen, wie zum Beispiel dem Burnout-Syndrom.
Forschende des Leibniz-Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) gehen in ihrer aktuellen Studie davon aus, dass der Großteil des Anstiegs der Krankheitstage auf eine bessere statistische Erfassung zurückzuführen ist.
Bis 2022 war es Arbeitnehmenden überlassen, ob sie die Krankmeldungen nicht nur dem Arbeitgebenden, sondern auch der Krankenkasse melden. Da dies offenbar häufig nicht geschah, wurden sie von den Versicherungen nicht registriert. Seit Einführung der elektronischen Krankmeldungen (eAU) 2021 sind diese auf einen Schlag in die Höhe gegangen. Zudem ergibt sich gut ein Drittel der zusätzlichen Fehltage seit 2022 durch verstärkte Infektionen wie Grippe und Corona. Dieser Effekt beträgt an dem deutschen Rekordkrankenstand laut einer Studie der DAK Krankenkasse mehr als 60 Prozent.
Hoher Krankenstand und Rezession: Auswirkungen auf die Wirtschaftsleistung
Trotzdem hält sich die Behauptung, hierzulande gebe es einen massiv erhöhten Krankenstand, weiter hartnäckig. Auch die Möglichkeit, sich ohne Arztbesuch telefonisch krankschreiben zu lassen, wird immer wieder als Grund angeführt, ebenso, dass viele die Chance dieser Krankmeldungen missbrauchen. Daher fordern Politiker*innen immer wieder, dies abzuschaffen. Dieses Misstrauen von Arbeitgebenden gegenüber Ihren Beschäftigten ist allerdings als eine negative Entwicklung zu bewerten, da Sie das Arbeitsklima belastet und alles andere als Wertschätzung gegenüber Arbeitnehmenden vermittelt – eine Situation, die sehr schnell zu einer Negativspirale werden und in noch höheren Krankheitsständen im Unternehmen enden kann.
Einer Studie des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (VFA) zufolge, haben die erheblichen Arbeitsausfälle hingegen zu beträchtlichen Produktionseinbußen geführt. Ohne die überdurchschnittliche Zahl der Krankentage, heißt es darin, wäre die deutsche Wirtschaft um knapp 0,5 Prozent gewachsen. Stattdessen sei sie um 0,3 Prozent geschrumpft. Dies habe im Jahr 2023 zu Einbußen in Höhe von 26 Milliarden Euro geführt.
Die Folgen des hohen Krankenstands seien für die Konjunktur beträchtlich und hätten zu einem erheblichen Wertschöpfungsverlust geführt, schreiben die Autor*innen der Studie.
Statistiken zeigten: Deutschland sei 2023 im wahrsten Sinne des Wortes der „kranke Mann Europas“ gewesen, heißt es weiter. Nirgends ist der Krankenstand so hoch wie in Deutschland. Besonders der Vergleich mit der internationalen konjunkturellen Entwicklung sei ernüchternd. Deutschland sei durch die Krankheitswelle deutlich stärker belastet gewesen als andere Länder.
Hoher Krankenstand: Maßnahmen für Unternehmen
Der Bradford-Faktor
Was können Unternehmen also gegen den hohen Krankenstand tun? Zunächst einmal ist eine genaue Analyse der Ausfalltage notwendig. Eine Möglichkeit ist beispielsweise der Bradford-Faktor. Dies ist eine einfache mathematische Gleichung, mit der Unternehmen die Abwesenheitsquote ihrer Mitarbeitenden berechnen können. Mithilfe dieses Indikators können Unternehmen die Fehlzeiten und Krankentage ihrer Angestellten analysieren und Ursachen erkennen sowie entsprechende Gegenmaßnahmen für deren Behebung ergreifen.
Präventivmaßnahmen
Nach der Analyse sollte ein Unternehmen Präventivmaßnahmen ergreifen. Dazu ist es ebenfalls wichtig, die Gründe für den hohen Krankenstand zu kennen. Wenn beispielsweise grippale Infekte die häufigste Ursache sind, empfiehlt es sich, die Belegschaft darauf hinzuweisen, sich regelmäßig zu desinfizieren, um die Ansteckungsgefahr durch Keime zu reduzieren, oder bei Anzeichen von Krankheit vorzugsweise im Homeoffice zu arbeiten.
Hier bieten auch die Krankenkassen Informationen und Unterstützung an, um schrittweise gesundheitsfördernde Maßnahmen in Ihrem Unternehmen zu etablieren.
Mitarbeiterumfragen und Gespräche auf Basis von Leistungsbewertungen können Veränderungen im Unternehmen anstoßen und die Gesundheit der Mitarbeitenden verbessern.
Tipp: (Anonyme) Umfragen im Team oder auch der gesamten Belegschaft können Sie ganz einfach mit Factorial realisieren. Auf Basis von tagesaktuellen HR-Berichten können Sie die aktuelle Situation in Ihrem Unternehmen analysieren und gemeinsam mit Ihren Mitarbeitenden transparent Ziele festlegen. Arbeitnehmende, die integriert werden und mit denen offen Kommuniziert wird, fühlen sich gewertschätzt und sind motivierter beid der Arbeit.
Außerdem: Die All-in-One-Sofware von Factorial verfügt unter anderem auch über eine unkomplizierte Zeiterfassung und Abwesenheitsmanagement. Ein Mitarbeitender der Spätschicht wird krank? Kein Problem mit dem flexiblen Schichtplanungstool. Entdecken Sie alle Vorteile von Factorial!
Unternehmensfitness und Büroeinrichtung
Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems kann mit Firmenfitness, Rückengymnastik und Massage entgegengewirkt werden. Der positive Einfluss von Firmenfitness auf die physische und psychische Gesundheit der Mitarbeitenden ist durch Studien nachgewiesen.
Und auch eine adäquate Büroeinrichtung kann helfen. Mitarbeitende sollten zur Bewegung angeregt werden, beispielsweise durch eine Schrittzähler-Challenge oder durch Beteiligung an einem Firmenlauf.
Stress und psychische Probleme sind zunehmend Grund für Krankmeldungen. Darüber sollte die Unternehmensführung mit ihren Mitarbeitenden ins Gespräch kommen und dann auch bereit sein, über Angstgefühle oder Überforderung mit der Belegschaft zu sprechen. Die aktuelle HR-Studie von Factorial zeigt: Eine hohe Arbeitsbelastung ist einer der Hauptgründe für Stress am Arbeitsplatz.
Ein angenehmes Arbeitsumfeld schaffen
Die Arbeitsatmosphäre hat großen Einfluss auf das Wohlgefühl von Mitarbeitenden. Lärm, Licht und Raumklima sind neben den ergonomischen Büromöbeln die zentralen Faktoren, die das Arbeitsklima beeinflussen.
Die Möglichkeiten der Farbgebung, um Räumlichkeiten harmonisch zu gestalten, können einen ebenso großen positiven Einfluss haben wie Pflanzen in Büroräumen und Rückzugsmöglichkeiten abseits der Geschäftigkeit, wo sich die Mitarbeitenden in Pausen erholen können.
Dabei sollten die Mitarbeitenden bei der Gestaltung der Räumlichkeiten eingebunden werden. Tipps zur Arbeitsplatzgestaltung finden Sie hier.
Unfallverhütung und Arbeitsstandards
Gefahrenquellen am Arbeitsplatz sollten rechtzeitig erkannt und entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden.
Eine Fachkraft für Arbeitssicherheit oder Sicherheitsbeauftragte sollten mit der Einführung und Kontrolle der Einhaltung von den erforderlichen Standards beauftragt sein.
Bemerken diese, dass Vorgaben nicht eingehalten werden, müsse die Mitarbeitenden darauf hingewiesen werden. So gelingt es, das das Bewusstsein der Menschen im Betrieb wachzuhalten. Potenzielle Stolperfallen gibt es in jedem Büro.
Flexible Arbeitszeitmodelle
Zu den erfolgreichen Maßnahmen, Fehlzeiten zu reduzieren, zählt laut Studien die Etablierung eines flexiblen Arbeitszeitmodells. Eine gesunde Work-Life-Balance gibt den Mitarbeitenden die Möglichkeit, konfliktfrei Familien- und Berufsleben miteinander zu verbinden.
Starre Arbeitszeiten schaden dem Biorhythmus, und die individuelle Leistungskurve der Mitarbeitenden lässt dann mitunter nach. Eine maßgeschneiderte Einteilung fördert hingegen die Leistungsfähigkeit. Das kann auch dazu führen, dass der Stand der Krankmeldungen sinkt.
Gleitzeit führt zu zeitlichen Freiräumen, die Mitarbeitenden ganz individuell nach ihren Bedürfnissen nutzen können. Das führt zu weniger Stress, steigert die Attraktivität des Arbeitgebenden, der wiederum auf zufriedene, gesündere Mitarbeitende bauen kann.
Auch das Eingehen auf die besonderen Bedürfnisse der Mitarbeitenden stärkt die Position als Arbeitgebender, wenn diese beispielsweise die Anliegen von Angestellten mit Familie und schulpflichtigen Kindern berücksichtigen.
Thema hoher Krankenstand & Rezession: Prävention lohnt sich – auch finanziell
Maßnahmen zur Senkung des Krankenstands werden sich rechnen. Das Department of Cardiovascular Disease aus New Orleans errechnete schon 2009, dass Arbeitgebende, die in Gesundheits- und Wellnessinitiativen investierten, nach der Einführung von entsprechenden Programmen Einsparungen von sechs US-Dollar pro investiertem Dollar erzielten.
Die globale Strategieberatung Booz & Company hat für Deutschland berechnet, dass der Return of Invest (ROI) von betriebswirtschaftlichen Präventionsmaßnahmen nach konservativen Berechnungen bei 1: 5 pro investiertem Euro liegt. Andere Kalkulationen gehen sogar von 1:10 aus.
Die betriebliche Prävention zählt damit zu einer der tragenden Säulen des Gesundheitssystems, der Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und auch der Unternehmen.
Fazit
Ein hoher Krankenstand bei Rezession in Deutschland ist ein Problem, das nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Gesundheit der Menschen betrifft. Wie hoch der wirtschaftliche Schaden ist, darüber gehen die Meinungen auseinander.
Es ist wichtig, dass Unternehmen an präventiven Lösungen arbeiten, um die Gesundheit der Menschen zu fördern und den Krankenstand zu reduzieren.
Durch Vorsorge und Gesundheitsförderung können Unternehmen und Betriebe dazu beitragen, die Gesundheit Ihrer Mitarbeitenden zu verbessern und den Krankenstand zu reduzieren.