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Interview: Weshalb modernes Performance Management agil sein muss

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8 Minuten Lesezeit
Interview Weshalb modernes Performance Management agil sein muss

Performance Management ist ein wichtiger Bestandteil in Unternehmen, um die Leistung und Entwicklung von Mitarbeitern und vor allem High Potential, sowie High Performer Mitarbeitern zu verfolgen. Allerdings passen die traditionellen Ansätze nicht länger zur heutigen agilen Arbeitswelt und tragen sogar teilweise zur Unzufriedenheit von Mitarbeitern bei. Doch worum geht es beim Performance Management genau?

Performance Management: Definition

Beim Performance Management geht es darum, sich einen Überblick über die Leistung des Unternehmens zu verschaffen. Dabei wird die Unternehmensleistung für verschiedene Bereiche gemessen und analysiert: Dazu können 1. die Leistungen einzelner Mitarbeiter (unter Berücksichtigung der persönlichen Weiterentwicklung des Arbeitnehmers) oder 2. die Produktivität verschiedener Abteilungen (FTE) beurteilt und ausgewertet werden. Das übergeordnete Ziel beim Performance Management ist es, die allgemeine Performance des Unternehmens im Auge zu behalten und langfristig zu steigern.

Interview mit Hanna Bieber, HR Business Partnerin bei foodspring

Wir sprechen heute mit Hanna Bieber, HR Business Partnerin bei foodspring darüber, wieso das traditionelle Performance Management ausgedient hat und wie Unternehmen erfolgreich ihren Performance Management Ansatz überarbeiten können.

Hallo Hanna, würdest du dich kurz vorstellen? Wie kam es dazu, dass du dich intensiver mit dem Thema Performance Management auseinandergesetzt hast?

Hallo Kristina, ich bin Hanna und arbeite seit knapp 3 Jahren bei foodspring. In meiner Rolle als HR Business Partnerin bin ich Ansprechpartnerin für unsere Führungskräfte und MitarbeiterInnen zu allen HR-Themen mit Fokus auf Change Management, Personalentwicklung und Performance Management. Letzteres war in den letzten Jahren zwar vorhanden bei foodspring, wurde jedoch nicht systematisch verfolgt, sodass wir uns im Frühjahr 2020 dazu entschieden haben, das Thema Performance Management komplett neu aufzusetzen. In diesem Zuge habe ich mich mit den aktuellen Entwicklungen und Trends zum Thema Performance auseinandergesetzt und auch die ein oder andere gängige Praxis hinterfragt.

Welche Bedeutung hat das Performance Management für Unternehmen?

Aus meiner Sicht ist Performance Management essentiell, um als Unternehmen nachhaltig erfolgreich zu sein. Wird mit Performance richtig umgegangen, profitieren sowohl die MitarbeiterInnen als auch das Unternehmen.

Ein gutes Performance Management unterstützt Führungskräfte dabei, Erwartungen klarer zu kommunizieren und liefert Entscheidungsgrundlagen für Beförderungen, Gehaltsanpassungen, Entwicklungspläne und weiteres. Das sorgt nicht nur dafür, dass Führungskräfte eine Basis für diese wichtigen Entscheidungen haben, sondern auch, dass es für MitarbeiterInnen mehr Klarheit gibt. Gutes Performance Management kann unter anderem durch Ziele und regelmäßiges Feedback dafür sorgen, dass MitarbeiterInnen genau wissen, was von ihnen erwartet wird und wo es für das Individuum, das Team und die im besten Fall das gesamte Unternehmen hingehen soll. So werden MitarbeiterInnen befähigt, Verantwortung zu übernehmen. Das ist aus meiner Sicht ein zentraler Aspekt, immerhin arbeiten wir alle mit erwachsenen Menschen, die ihren Job in den meisten Fällen nicht nur so machen, wie es ihnen die Führungskraft vorgibt, sondern aus eigenem Antrieb.

Intrinsische Motivation ist hier ganz wichtig.

Ein sinnvoll aufgesetztes Performance Management unterstützt MitarbeiterInnen wie auch Führungskräfte dabei, über Ziele, Erwartungen, Leistungen zu sprechen und sich gegenseitig Feedback zu geben. Für viele MitarbeiterInnen, gerade in den jüngeren Generationen, ist das ein zentraler Faktor für Zufriedenheit und Engagement. Einige Führungskräfte meistern diese Art des Austauschs auch ohne ein formelles Performance Management gut, jedoch sicherlich nicht alle. Und vor allem nicht alle im Sinne des Unternehmens, dessen Kultur und Werten.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Performance auf individueller Ebene führt nicht automatisch zu guter Performance auf Unternehmensebene.

Gut aufgebautes Performance Management unterstützt dabei, nicht nur die individuelle Leistung der einzelnen MitarbeiterInnen zu betrachten, sondern auch, diese mit übergeordneten Bereichs- und Unternehmenszielen zu verknüpfen.

Es gibt sicherlich noch weitere Punkte. Die genannten sind für mich die wesentlichen Gründe, warum ein Unternehmen sich mit dem Thema Performance Management auseinandersetzen und ein passendes System einführen bzw. das bestehende ggf. überdenken sollte. Ich denke, dass viele Unternehmen sich zu sehr auf den Prozess versteifen, statt passende Ansätze zu finden, die einen Mehrwert für das Unternehmen und dessen MitarbeiterInnen schaffen.

Deshalb wird Performance Management von vielen, seien es Führungskräfte, MitarbeiterInnen, aber auch HRlern oft als zeitaufwendiger, starrer Prozess wahrgenommen anstelle von etwas, von dem man wirklich profitieren kann.

Genau hier setzen neue Ansätze an, mit denen sich immer mehr Unternehmen seit einigen Jahren beschäftigen.

Wie hat sich das Performance Management in den letzten Jahren verändert?

Schon einige Unternehmen haben erkannt, dass viele der klassischen Ansätze heute nicht funktionieren. Der Trend geht hin zu kürzeren Zyklen anstelle von Jahreszielen und -bewertungen. Nur ein- oder zweimal jährlich auf Ziele und Performance zu schauen, reicht nicht aus und ist aus verschiedenen Gründen kein zeitgemäßer Ansatz mehr.

Jahresziele betrachten einen viel zu langen Zeitraum, zu vieles kann sich ändern in unserer heutigen schnelllebigen Arbeitswelt.

MitarbeiterInnen, aber auch Führungskräfte neigen außerdem dazu, die Ziele über einen so langen Zeitraum zu vergessen bzw. nicht konsistent daran zu arbeiten. Auch im Hinblick auf Performance Reviews lässt sich feststellen, dass in Jahresend-Reviews häufig nur die letzten Wochen und Tage berücksichtigt werden. Was in den ersten 3 Quartalen des Jahres passiert ist, kommt i.d.R. nicht mehr zu Sprache, schon allein deswegen, weil MitarbeiterIn und Führungskraft es gar nicht mehr wirklich auf dem Schirm haben.

Modernes Performance Management beinhaltet also kürzere Perioden, z.B. durch monatliche oder quartalsweise Ziele sowie regelmäßige Check-Ins zwischen Führungskraft und MitarbeiterIn. Ziel ist es hierbei, zeitnahes und konkretes Feedback zu geben, Ziele nicht aus den Augen zu verlieren sowie Gespräche über Performance und Entwicklung als regelmäßigen Bestandteil der Gespräche zwischen Führungskraft und MitarbeiterIn zu etablieren. Einige Firmen haben sogar begonnen, Daten zu Performance wie z.B. Feedback von Kollegen/Kolleginnen, Kunden/Kundinnen oder Vorgesetzten in Echtzeit zu sammeln und diese als festen Bestandteil für das Performance Management zu nutzen.

Damit einhergehend verfolgen moderne Ansätze außerdem einen vorwärtsgerichteten Blick auf Performance, statt nur darauf zu schauen was in der vergangenen zu betrachteten Periode gut gelaufen ist und was nicht. Modernes Performance Management richtet den Fokus auf das, was für die Zukunft mitgenommen werden kann, wie die nächsten Entwicklungsschritte aussehen und wie Performance verbessert oder auf einem hohen Niveau gehalten werden kann.

Im Vergleich dazu haben bisherige Ansätze häufig nur auf Vergangenes geschaut und es selten geschafft, die Learnings und Outcomes auf die zukünftige Zusammenarbeit anzuwenden.

Neue Ansätze behandeln außerdem zunehmend softere Aspekte von Performance wie regelmäßiges Feedback, Coaching-orientierte Führung, Peer Feedback usw. Ich denke auch hier haben einige bereits erkannt, dass ein reines Bewerten und Benoten nicht besonders zielführend ist. Für viele ist das zwar eine große Umstellung, immerhin kennen wir dieses System schon seit der Grundschule. Wenn wir uns das gängige Bewertungssystem genauer anschauen, erkennen wir jedoch, dass eine reine Benotung nicht wirklichen Mehrwert schafft. Sie hilft weder dabei zu verstehen, was genau nicht den Erwartungen entspricht und wie Performance verbessert werden kann, geschweige denn verbessert sie die allgemeine Mitarbeitermotivation. Und genau das sollte doch das Ziel eines guten Performance Managements sein.

Wieso ist ein agiles Performance Management so wichtig?

Für mich bedeutet agiles Performance Management keinen starren Prozess zu verfolgen, sondern so weit wie möglich auf die individuellen Bedürfnisse von Mitarbeitenden und Teams sowie des Unternehmens einzugehen. Diese Bedürfnisse können sich über die Zeit auch ändern. Genau deshalb ist es so wichtig Performance Management als etwas Kontinuierliches zu betrachten anstelle eines Prozesses, der einmal im Jahr stattfindet und dann abgeschlossen ist. Regelmäßiger Austausch über Ziele, Erwartungen, Performance und Feedback führt dazu, dass MitarbeiterInnen immer genau wissen, wo sie gerade stehen und somit die Verantwortung für ihre Performance übernehmen können. Führungskräfte wiederum werden motiviert, gute Leistung öfter zu loben und zeitnäheres, konkreteres Feedback zu Performance zu geben, die nicht ihren Erwartungen oder den Werten des Unternehmens entspricht.

Das schafft mehr Klarheit, Transparenz und hilft am Ende auch bei Entscheidungen wie Gehaltsanpassungen oder Beförderungen, ohne dass diese im Mittelpunkt des Performance Management stehen.

Regelmäßige Performance Check-Ins helfen außerdem dabei, häufiger über die berufliche Entwicklung der MitarbeiterInnen zu sprechen, was nicht nur das Engagement der MitarbeiterInnen, sondern auch deren Retention erhöhen kann. Zusammengefasst kann ein agiler Ansatz im Vergleich zu einem starren Performance Management Prozess also zu höherer Zufriedenheit führen und dazu beitragen, den Prozess besser an die Bedürfnisse des Unternehmens sowie dessen Führungskräfte und MitarbeiterInnen anzupassen.

Welche klassischen Ansätze funktionieren nicht mehr und weshalb? Welches sind die neuen Tendenzen und welche Vorteile haben diese?

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Performance Management als reiner Bewertungsprozess heute nicht mehr zeitgemäß ist, auch weil dieser Ansatz nicht mit dem modernen Verständnis von guter Führung sowie guter Personalarbeit einhergeht. Sowohl der Bewertungsansatz als auch der reine Prozess-Fokus klammern den menschlichen Aspekt von Performance komplett aus. Warum Benotungen keinen großen Mehrwert schaffen, habe ich ja schon kurz dargestellt. Moderne Ansätze gehen außerdem weg von zu starren Prozessen mit dem Ziel, Führungskräfte und MitarbeiterInnen darin zu unterstützen, einen guten Austausch zu Performance, Feedback und Entwicklung zu haben, und zwar genau dann, wann es notwendig ist und nicht wann der Prozess es vorgibt.

Dieser Ansatz geht auch einher mit dem folgenden Punkt. Klassische Ansätze sehen in der Regel HR in der Verantwortung für Performance Management und die Umsetzung des dahinterliegenden Prozesses.

Gute Performance Management ist allerdings kein reines HR-, sondern im Wesentlichen ein Führungsthema.

Führungskräfte müssen hinter dem Prozess stehen, ihn verantworten und vorantreiben, damit er nachhaltig erfolgreich sein kann. Aber auch MitarbeiterInnen sollten das Thema Performance eigenständig vorantreiben können und dazu ermutigt werden, einen aktiven Part im Prozess einzunehmen. Beides ist nicht möglich, wenn HR die alleinige Verantwortung für das Performance Management und die Umsetzung des entsprechenden Prozesses trägt.

Insgesamt würde ich sagen, dass moderne Performance Management Ansätze mehr „fit for purpose“ sind und den gewünschten Mehrwert, der erreicht werden soll, zentral berücksichtigen.

Klassische Ansätze hatten oft eher das Ziel zu entscheiden, wer am Ende des Jahres eine Gehaltserhöhung bekommt oder befördert wird.

Dieser Aspekt ist bei den modernen Ansätzen natürlich nicht komplett verloren gegangen, ist aber in der Regel nicht mehr der einzige Outcome bzw. Grund, warum Performance Gespräche geführt werden.

Welche Tipps würdest du anderen HRlern und Unternehmen geben?

Als HR-Verantwortliche/r sollte man definitiv berücksichtigen, dass es keinen one-size-fits-all Ansatz gibt. Jedes Unternehmen ist anders und viele Faktoren, wie z.B. Kultur, Werte, Definition von Performance, aber auch härtere Faktoren wie Gehaltsprozesse sind zu berücksichtigen. Wenn Performance Management neu aufgesetzt werden soll, empfehle ich, zunächst alle diese Faktoren anzuschauen und daraus eine Art Performance-Philosophie zu formen. Diese kann in den nächsten Schritten dann in einen Prozess übersetzt werden. Aber man sollte sich zunächst Zeit für die Basis nehmen. Das wird die Definition eines Prozesses und weiterer Kriterien auch einfacher machen. Darüber hinaus hilft es zu verstehen, welcher der modernen Ansätze zum betroffenen Unternehmen passen. Nicht alles passt zu jedem Unternehmen. Agile Ansätze funktionieren z.B. nicht überall und ich halte es für einen Fehler, das dann auf Biegen und Brechen einführen zu wollen.

Ich empfehle außerdem, sich Feedback von den Führungskräften und MitarbeiterInnen einzuholen, sowohl zum bestehenden Performance Management (insofern vorhanden) als auch dazu, was zukünftig benötigt wird. Das hilft dabei, neue Perspektiven einzunehmen und hilfreichen Input zu Aspekten zu bekommen, die man sonst vielleicht gar nicht gesehen hätte und die betroffenen Personen sind direkt an Board, wenn das Performance Management angepasst oder neu ausgerollt wird. Darüber hinaus sollte auch das Senior Management bzw. die Geschäftsführung hinter einem modernen Performance Management Ansatz stehen.

Es wird schwierig, als HR-Abteilung etwas wirklich zu bewegen, wenn es kein Buy-In vom Management gibt.

Diese Kommunikation und enge Zusammenarbeit mit den betroffenen Stakeholdern sollte nicht nur im Vorfeld stattfinden, sondern vor allem während des Ausrollens des neuen Systems und Prozesses. Wichtig ist, dass alle verstehen, was die Sicht des Unternehmens auf Performance Management ist, welche Ansätze vertreten werden und wie der Prozess aussieht. Dafür müssen alle gut abgeholt und trainiert werden, in den meisten Fällen mehr als nur einmalig.

Abgesehen davon würde ich sagen, kein Prozess ist von vornherein perfekt. Man kann nur lernen und Ansätze verbessern, wenn man diese auch ausprobiert. Also einfach ausprobieren, was gut für das Unternehmen, die MitarbeiterInnen und Führungskräfte funktioniert, sich regelmäßig Feedback einholen und dann Anpassungen vornehmen, wo sie notwendig sind.

Schreibtalent, HR-Fan und Trend-Spürnase - das ist unsere Autorin Nicole Steffgen. Sie ist Teil des Content Marketing Teams bei Factorial. Was ihren Content so besonders macht? Ihre Leidenschaft für HR und ihr Fokus auf den Menschen einer Organisation.

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