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Reverse Recruiting: Neue Recruiting-Methode, um Top-Talente zu finden

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6 Minuten Lesezeit
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Vielen Unternehmen fällt es von Jahr zu Jahr schwerer, geeignetes Personal zu finden.
Klassische Recruiting-Methoden reichen deshalb oft nicht mehr aus, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.
Eine neue Methode, bei der die Rollen im Bewerbungsprozess umgedreht werden, heißt: Reverse Recruiting. Wie genau das funktioniert, erklären wir im folgenden Artikel.

Das Wichtigste in Kürze:

  1. Beim Reverse Recruiting wählen nicht die Unternehmen die Bewerber*innen aus – sondern Arbeitssuchende suchen sich gezielt das passende Unternehmen aus.
  2. Diese Methode ist eine Reaktion auf die Herausforderungen des aktuellen Arbeitsmarkts: Laut einer aktuellen IAB-Studie haben bereits 84 Prozent der deutschen Unternehmen mit Personalproblemen zu kämpfen.
  3. Diese Form des Recruitings findet vor allem auf spezialisierten Online-Plattformen wie instaffo oder 4scotty statt.

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Was ist Reverse Recruiting?

Reverse Recruiting: Warum überhaupt eine neue Recruiting-Strategie?

Eine aktuelle Studie des IAB – Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung – bestätigt, was seit Jahren als wachsendes Problem wahrgenommen wird: 84 Prozent der Betriebe in Deutschland sind von Personalproblemen betroffen. Zwei von drei Unternehmen zweifeln daran, dass sie in Zukunft ausreichend Personal finden werden. Besonders stark betroffen ist die Baubranche.

Als Hauptgründe für die aktuellen Personalprobleme nennen die Befragten:

  • Fachkräftemangel
  • Hohe Fehlzeiten
  • Weiterbildungsbedarf
  • Überalterung der bestehenden Belegschaft

Reverse Recruiting Definition: Neue Chancen im Kampf gegen den Fachkräftemangel

Um dem Fachkräftemangel und der Überlastung der bestehenden Belegschaft wirksam zu begegnen und das Unternehmen optimal auf die veränderten Bedingungen am Arbeitsmarkt auszurichten, reicht klassisches Recruiting und seine Methoden oft nicht mehr aus. Unternehmen müssen neue, kreative Wege gehen – und genau hier setzt das Konzept des Reverse Recruiting an.

Traditionell läuft Recruiting so ab: Ein Unternehmen schreibt eine Stelle aus, veröffentlicht sie auf seiner Karriereseite, auf Jobportalen, in Zeitungen oder inzwischen auch als Video auf Social Media. Interessierte Bewerber*innen bewerben sich aktiv beim Unternehmen.

Beim Reverse Recruiting ist es genau umgekehrt (englisch „reverse“ = umgekehrt): Hier bewerben sich die Unternehmen bei den Talenten. Das heißt: Unternehmen müssen potenzielle Kandidat*innen aktiv ansprechen, überzeugen und sich als attraktiver Arbeitgebender präsentieren.

Das Ganze funktioniert meist über spezialisierte Plattformen, auf denen sich Fachkräfte anonym oder halböffentlich präsentieren – und Unternehmen gezielt den Erstkontakt aufnehmen können.

Typische Plattformen für Reverse Recruiting sind zum Beispiel:

Außerhalb dieser Plattformen lässt sich dieser neue Ansatz ebenfalls umsetzen:
Zukünftig könnten nicht nur Unternehmen Stellenanzeigen veröffentlichen, sondern auch Arbeitssuchende eigene Anforderungsprofile mit ihren Kompetenzen und Qualifikationen erstellen und veröffentlichen. Unternehmen hätten dann die Möglichkeit, sich gezielt bei diesen Kandidat*innen zu bewerben.

Was ist der Unterschied zum Active Sourcing?

Die Recruiting-Strategien Reverse Recruiting und Active Sourcing ähneln sich, unterscheiden sich jedoch deutlich in ihrem Recruiting-Prozess.
Beim Active Sourcing gehen Unternehmen aktiv und gezielt auf potenzielle Kandidat*innen zu – ähnlich wie bei einer „kalten Akquise“ oder dem klassischen Headhunting. Sie suchen beispielsweise über Netzwerke wie LinkedIn nach geeigneten Talenten, ohne eine klassische Stellenanzeige zu schalten. Ziel ist es, insbesondere passive Kandidat*innen anzusprechen – also Personen, die aktuell zwar nicht aktiv auf Jobsuche sind, sich aber für neue Herausforderungen interessieren könnten.

Beim Reverse Recruiting verläuft der Prozess genau umgekehrt: Arbeitssuchende erstellen ein Profil, in dem sie ihre Kompetenzen und Qualifikationen darstellen. Die Initiative geht hier also von den Talenten aus: Beim reverse Recruiting bewerben sich die Unternehmen also bei ihnen, nicht umgekehrt.

Tipps & Strategien: Reverse Recruiting effektiv umsetzen

Um erfolgreiches Reverse Recruiting zu betreiben, lohnt es sich, einige wichtige Tipps zu beachten.

Employer Branding stärken

Nichts ist so fundamental für Reverse Recruiting wie ein starkes Employer Branding Ihres Unternehmens. Denn hier bewerben sich die Unternehmen bei den Kandidat*innen – daher müssen Sie als Arbeitgebermarke attraktiv, vertrauenswürdig und interessant wahrgenommen werden. Ein positives Image, klare Werte und authentische Kommunikation helfen dabei, Talente anzuziehen und vom Unternehmen zu überzeugen.

Ausführliche Tipps, wie Sie eine starke und positiv Arbeitgebermarke aufbauen, erhalten Sie in unserem Artikel zum Thema Employer Branding.

Benefits anbieten

Als Teil der Arbeitgebermarke – aber noch grundlegender – lohnt es sich, klar aufzuzeigen, was Sie den Arbeitssuchenden bieten können, was andere Unternehmen nicht bieten. Das sind konkrete Benefits, die sowohl materielle als auch immaterielle Vorteile umfassen können, zum Beispiel:

👉 No-Gos: Bitte vermeiden Sie allgemeine oder selbstverständliche Aussagen wie „Wir zahlen pünktlich Gehalt“ oder „Wir bieten Obst an“. Die pünktliche Gehaltszahlung ist eine gesetzliche Pflicht (z. B. § 614 Bürgerliches Gesetzbuch) und kein Benefit, der das Unternehmen besonders macht.

Wo können Unternehmen Kandidat*innen mit Anforderungsprofilen finden?

Reverse Recruiting funktioniert in erster Linie über spezielle Plattformen, die eigens für diesen Zweck entwickelt wurden. Dort können Unternehmen ein eigenes Profil erstellen und sich aktiv bei passenden Talenten bewerben.

Unternehmensprofil anlegen

Im ersten Schritt erstellen Unternehmen ein aussagekräftiges Profil. Dieses enthält in der Regel:

  • Firmenbeschreibung
  • Informationen zu Vision und Mission
  • Darstellung der Unternehmenskultur
  • Einblicke in den Arbeitsalltag (z. B. durch Bilder, Videos, Mitarbeiter-Statements)
  • Konkrete Benefits

Jobangebote formulieren

Anschließend veröffentlichen Unternehmen konkrete Stellenangebote oder Projektrollen. Hier können sie detailliert auf folgende Punkte eingehen:

  • Aufgaben und Anforderungen
  • Gewünschte Qualifikationen
  • Gehaltsspanne
  • Arbeitsort (z. B. Remote, Hybrid, vor Ort)
  • Arbeitszeiten
  • Teamgröße
  • Perspektiven & Entwicklungsmöglichkeiten

Matching mit passenden Kandidat*innen

Ähnlich wie bei einer Dating-Plattform schlägt das System passende Talente vor. Die Unternehmen sehen dabei in der Regel:

  • Qualifikationen, Kompetenzen und Erfahrungen
  • Gehaltsvorstellungen
  • Verfügbarkeit
  • Besondere Wünsche oder Schwerpunkte (z. B. Remote-Only, bestimmte Tools, Branchen)

Bewerbung der Unternehmen bei den Talenten

Wenn ein Unternehmen eine passende Person entdeckt, kann es sich aktiv bei dieser bewerben – mit einer individuellen Nachricht. Dabei ist es wichtig, auf das Profil der Person einzugehen und echtes Interesse zu zeigen.

Wie kann Reverse Recruiting in bestehende Recruiting-Methoden des Unternehmens integriert werden?

Reverse Recruiting lässt sich gut in bestehende Recruiting-Strategien integrieren – insbesondere mit Unterstützung durch moderne HR-Software wie Factorial.

So unterstützt Sie z. B. Factorial dabei, Anforderungsprofile professionell zu erstellen und die richtigen Formulierungen für Ihre Stellenangebote zu finden. Denn nichts ist beim Reverse Recruiting wichtiger als ein überzeugendes, attraktives Unternehmensprofil.

Wenn passende Kandidat*innen über Plattformen wie Instaffo oder 4scotty identifiziert wurden, können diese nahtlos in Ihre Recruiting-Software übernommen werden. Dort lassen sich ihre Profile mit weiteren Bewerber*innen vergleichen – unabhängig davon, ob diese aus klassischen Ausschreibungen oder Active Sourcing stammen.

Durch die KI-gestützte Vorauswahl in Factorial können Sie gezielt nach Kompetenzen, Qualifikationen oder Gehaltswünschen filtern und so schnell passende Matches finden.

Zudem erleichtert die Software den weiteren Ablauf, z. B. durch:

  • Automatisierte Terminplanung für Interviews
  • Intelligente Kalenderabstimmung mit allen Beteiligten
  • Zentrale Verwaltung aller Kommunikationsschritte

Auf diese Weise lässt sich Reverse Recruiting nicht nur effizient in den Gesamtprozess integrieren, sondern auch messbar erfolgreicher gestalten.
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Fazit: Die Vorteile des neuen Trends Reverse Recruiting

Die Vorteile des Reverse Recruitings liegen auf der Hand:

  • Da Kandidat*innen selbst auswählen, bei welchen Unternehmen sie sich listen oder ein Profil anlegen – und die Unternehmen sich anschließend bei ihnen bewerben – sinkt die Wahrscheinlichkeit von Fehlbesetzungen deutlich. Arbeitssuchende entscheiden sich bewusst für Unternehmen, die zu ihren Vorstellungen und Werten passen.
  • Dank intelligenter Matching-Funktionen und gezielter Auswahlprozesse verläuft die Rekrutierung in der Regel schneller und effizienter als bei klassischen Methoden.
  • Ein weiterer positiver Nebeneffekt: Unternehmen sind durch Reverse Recruiting stärker gefordert, ihr Image und ihre Arbeitgebermarke zu optimieren.
  • Davon profitieren nicht nur die Bewerber*innen, sondern auch die bestehende Belegschaft – denn eine starke Employer Brand wirkt sich positiv auf die Mitarbeiterbindung und Zufriedenheit aus.
  • Gerade in Branchen mit starkem Fachkräftemangel – etwa im Ingenieurwesen oder in der IT – ist Reverse Recruiting inzwischen oft einer der wenigen effektiven Wege, geeignete Talente zu gewinnen. Kandidat*innen haben dort häufig die Wahl zwischen vielen attraktiven Angeboten und möchten selbst über Rahmenbedingungen und Arbeitsumfeld entscheiden.

Fazit: Unternehmen, die Reverse Recruiting frühzeitig in ihre Recruiting-Strategie integrieren, sichern sich einen wichtigen Wettbewerbsvorteil auf dem zunehmend umkämpften Arbeitsmarkt.


Julia Lehmann ist Schriftstellerin, Philosophin, Künstlerin und Übersetzerin. Seit über drei Jahren setzt sie sich intensiv mit aktuellen Entwicklungen im Bereich Human Resources und der Arbeitswelt auseinander. Mit ihrem interdisziplinären Hintergrund analysiert sie Themen wie Unternehmenskultur, Führung, Wandel in der Arbeitsorganisation und rechtliche Rahmenbedingungen – und liefert dabei Impulse, die sowohl in Fachkreisen als auch in der unternehmerischen Praxis Anklang finden.