Disziplinarische vs. fachliche Führung – was ist der Unterschied? Vor dem Einsatz von Führungskräften sollten sich Arbeitgebende genau überlegen, welche Befugnissen und Verantwortlichkeiten sie diesen verleihen wollen. Denn ob Koordination, Organisation, inhaltlicher Austausch oder arbeitsrechtliche Fragen – die Aufgaben und Rollen von Führungskräften können sehr unterschiedlich sein und nicht immer ist eine Leitungsperson für alle Aufgaben zuständig.
Eine der wichtigsten Unterscheidungen in den Verantwortlichkeiten von Führungskräften ist die disziplinarische und fachliche Führung. Im folgenden Artikel erfahren Sie mehr über die Definition, die Unterschiede sowie die Vor- und Nachteile dieser Führungsformen.
Key Facts
- Die disziplinarische Führung konzentriert sich auf arbeitsrechtliche Belange wie Gehaltsverhandlungen und Leistungsbeurteilungen, während bei der fachlichen Führung die inhaltliche Kontrolle und Bewertung der Arbeit im Vordergrund steht.
- Fachliche Führung ist insbesondere in jungen, dynamischen Unternehmen beliebt.
- Disziplinarische Führung bietet klare Regeln, kann aber als kontrollierend und demotivierend empfunden werden; fachliche Führung fördert Kreativität und Motivation durch Fachwissen, kann jedoch durch fehlende Weisungsbefugnisse und mangelnde Führungskompetenz zu Konflikten führen.
- Definition: Unterschied fachliche und disziplinarische Führung?
- Merkmale disziplinarische vs. fachliche Führung
- Beispiele: Typische Rollen
- Disziplinarische und fachliche Führung: Vor- und Nachteile
- Fachliche und disziplinarische Führung trennen?
Definition: Unterschied fachliche und disziplinarische Führung?
Fachlich und disziplinarisch stehen für zwei unterschiedliche Führungsstile bzw. vor allem für zwei verschiedene Rollen von Führungskräften. Abweichungen gibt es vor allem hinsichtlich ihres Einsatzgebietes, ihres Aufgabenbereichs und ihrer Befugnisse. Was unterscheidet die beiden Führungsstile genau?
Disziplinarische Führung
In der disziplinarischen Führung sind die Führungskräfte vor allem für die arbeitsrechtlichen Belange der Beschäftigten zuständig. Es handelt sich um Führungskräfte mit Weisungsbefugnis.
Eine Verantwortungsperson, welche disziplinarische Führung ausübt, ist daher vor allem für Angelegenheiten wie Gehaltsverhandlungen, Leistungsbeurteilungen, Urlaubsanträge oder auch Einstellungen und Entlassungen zuständig.
In der disziplinarischen Führung sind die Rollen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden klar verteilt. Die von der Leitung übertragenen Aufgaben sind in der Regel ohne Diskussion zu erledigen.
Gleichzeitig stehen bei dieser Art der Führung die Beschäftigten im Mittelpunkt. Disziplinarische Führungskräfte arbeiten an den Stärken und Schwächen ihrer Mitarbeitenden, versuchen diese z. B. durch Fort- und Weiterbildung zu fördern und setzen sie an den richtigen Stellen für Aufgaben ein, die ihren Qualifikationen entsprechen.
Fachliche Führung
Die fachliche Führung hingegen hat in der Regel keine Weisungsbefugnis und ist eher für den Informationsaustausch verantwortlich. Hier geht es um die Vermittlung von Know-how und Wissen. Fachliche Vorgesetzte sind für die inhaltliche Kontrolle und Bewertung der Arbeit der Beschäftigten zuständig.
Insbesondere junge Unternehmen und Start-ups setzen heutzutage in der Regel auf fachliche Führungskräfte.
Vor allem in den letzten Jahren ist die Beliebtheit von dieser Art und Weise der Leitung gestiegen, was auch auf die veränderten Anforderungen an Führungspersonen zurückzuführen ist.
So gehört laut einer Studie von Great Place to Work Fachkompetenz zu den wichtigsten Eigenschaften von Mitarbeitenden in Leitungspositionen.
Merkmale – Disziplinarische vs. fachliche Führung
Fokus disziplinarischer Leitung
- Personalmanagement
- Mitarbeiterentwicklung
- Zielerreichung
- Einhaltung von Richtlinien und Vorschriften
Aufgaben der disziplinarischen Führungskraft:
- Einstellung, Beurteilung und Entlassung von Personal
- Ziele setzen und Zielerreichung kontrollieren
- Konflikte lösen
- Mitarbeitergespräche führen
- Entscheidungen treffen und Anweisungen geben
- für ein gutes Betriebsklima sorgen
Weitere Merkmale:
- Führung durch Weisungsbefugnis
- Arbeiten in festen Strukturen
Fokus fachlicher Führung:
- Fachwissen
- Wissensvermittlung
- Projektbegleitung
Aufgaben:
- Fachliche Beratung und Betreuung
- Wissenstransfer
- Innovation
Weitere Merkmale:
Beispiele: Typische Rollen
Disziplinarische Führungskraft: Abteilungsleitung
Ein typisches Beispiel für disziplinarische Führung ist die Abteilungsleitung. Diese ist weniger für die Überwachung der inhaltlichen Arbeit zuständig, sondern vor allem für die Führung der Mitarbeitenden in allen damit zusammenhängenden Aufgaben.
Mitarbeiter X wendet sich so beispielsweise an die Abteilungsleitung, wenn er seinen Urlaub beantragen möchte. Mitarbeiterin Y möchte gerne an einer Schulung teilnehmen und spricht die Leitungsperson ihrer Abteilung darauf an.
Fachliche Führungskraft: Projektmanager*in
Das Paradebeispiel einer fachlichen Führungskraft ist der bzw. die Projektmanager*in, welche*r nicht für die arbeitsrechtlichen Belange des Teams verantwortlich ist, sondern eher eine beratende und vor allem inhaltliche Rolle übernimmt. Diese Fachkräfte sind hauptsächlich dafür verantwortlich, die Motivation der Mitarbeitenden zu steigern, die Einhaltung der Projektziele und -inhalte zu überwachen und mit den Beschäftigten auf Augenhöhe zu kommunizieren.
Disziplinarische und fachliche Führung: Vor- und Nachteile
Disziplinarische Führung: Vorteile
Mitarbeiterförderung
Disziplinarische Führungskräfte fördern ihre Mitarbeitenden: Hier geht es viel um Personalentwicklung und die Ressourcennutzung des Personals.
Klare Regeln
Für bestimmte Unternehmen, Branchen und Mitarbeitende ist diese Führungsform am besten geeignet, da es klare Regeln gibt. Insbesondere in Branchen, in denen schnelle Entscheidungen getroffen werden müssen, kann es von Vorteil sein, eine Leitung mit disziplinarischen Führungsaufgaben in einer entsprechenden Position einzusetzen.
Weniger Konfliktpotenzial
Die disziplinarische Führung kann unter Umständen weniger konfliktträchtig sein, da es lediglich eine anweisende Person gibt. Da der Rest des Teams dieser vertraut und folgt, werden lange Diskussionen vermieden.
Disziplinarische Führung: Nachteile
Gefühl der Kontrolle
Disziplinarische Vorgesetzte können als kontrollierend wahrgenommen werden.
Demotivierung
Dies wiederum kann dazu führen, dass sich die Mitarbeitenden demotiviert und in ihren Handlungen blockiert fühlen, was in der Regel Leistungseinbuße zur Folge hat.
Schwierige Kommunikation
Die klare hierarchische Trennung kann unter Umständen die Kommunikation erschweren. Mitarbeitende fühlen sich gegebenenfalls nicht wohl, bestimmte Themen vor der Leitung anzusprechen.
Wenig Kreativität
Bei disziplinarischer Führung geht es nicht um Kreativität und Inspiration durch innovative Lösungsansätze, sondern um ganz bestimmte Vorgaben und Ziele, die erreicht werden müssen. Dies lässt oft weniger Freiraum.
Vorteile fachlicher Führung
Inspiration und Motivation durch Know-how
Fachliche Führungskräfte verfügen oft über eine hohe Fachkompetenz. Sie können ihre Mitarbeitenden durch ihr Fachwissen motivieren und inspirieren. Dies fördert den Wissensaustausch, ein positives Arbeitsklima und Kreativität.
Flexibler Einsatz
Da sich die fachliche Führung durch ihre sachbezogenen Qualifikationen auszeichnet und nicht an Rahmenstrukturen gebunden ist, kann sie flexibel im Unternehmen eingesetzt werden – je nachdem, wo ihre Kenntnisse benötigt werden.
Arbeiten auf Augenhöhe
Die Tatsache, dass fachliche Führungskräfte sich nicht mit arbeitsrechtlichen Angelegenheiten der Mitarbeitenden beschäftigen, ermöglicht ihnen eine ganz andere Form der Kommunikation im Team oder im Projekt. Der Austausch ist ungezwungen und auf Augenhöhe.
Nachteile fachlicher Führung
Mangelnde Mitarbeiterführung
Da sich die fachlichen Führungskräfte in der Regel auf ihr Wissen und ihre Erfahrung stützen, sind sie möglicherweise nicht so kompetent oder erfahren in der Anleitung von Mitarbeitenden.
Fehlende Weisungsbefugnis
Mangelnde Weisungsbefugnis kann in bestimmten Situationen zu einem Problem werden, weil die Führungskraft nicht über die Mittel verfügt, sich gegenüber den Beschäftigten durchzusetzen. Dies kann die Akzeptanz der Mitarbeitenden gegenüber ihrer*m Vorgesetzten beeinträchtigen.
Konflikte bei mehreren Führungskräften
Es kommt vor, dass in einem Team mehrere fachliche Führungskräfte arbeiten. Dies kann unter Umständen zu Spannungen und Konflikten führen, wenn sich diese nicht einig sind.
Fachliche und disziplinarische Führung trennen?
Ist es sinnvoll, diese beiden Rollen zu trennen, oder kann eine Führungskraft sowohl die fachliche als auch die disziplinarische Führung übernehmen?
Für viele Unternehmen ist es möglicherweise sinnvoller, diese Verantwortungspositionen tatsächlich zu trennen. Eine Führungskraft, die sowohl disziplinarisch als auch fachlich führen soll, kann schnell überfordert sein, weil die damit verbundene Aufgabenbelastung zu groß ist. Vorteilhaft an der Trennung ist das bewusste Nutzen der Spezialisierung beider Profile. Verantwortlichkeiten sind klar voneinander getrennt.
Andererseits kann es in bestimmten Bereichen auch hilfreich sein, wenn disziplinarische Führungskräfte gleichzeitig über mehr Fachwissen verfügen. So können sie die Belange ihrer Mitarbeitenden besser nachvollziehen. Dies fördert vor allem das Einfühlungsvermögen der Vorgesetzten.
Außerdem führt die Trennung der beiden Rollen manchmal zu mehr Bürokratie, da im Konfliktfall Entscheidungen über mehrere Kanäle getroffen werden müssen.