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Freizeitausgleich einfach erklärt

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5 Minuten Lesezeit

Im Arbeitsalltag ist es nicht ungewöhnlich, dass Beschäftigte Überstunden leisten müssen. Im Jahr 2023 haben sogar 46 Millionen Arbeitnehmende in Deutschland Überstunden geleistet. Überstunden müssen unter bestimmten Voraussetzungen abgegolten werden. Dies kann entweder monetär oder durch einen Freizeitausgleich erfolgen.

In diesem Beitrag wollen wir uns näher mit dem Freizeitausgleich befassen und erläutern, welche Rahmenbedingungen und Voraussetzungen dafür gelten.

Key Facts

  1. Überstunden können entweder durch eine finanzielle Vergütung oder durch einen Freizeitausgleich abgegolten werden.
  2. Freizeitausgleich ist kein Urlaub und hat keinen Einfluss auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch.
  3. Freizeitausgleich bietet Flexibilität für beide Seiten und den Arbeitnehmenden eine verbesserte Work-Life-Balance.

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Was bedeutet Freizeitausgleich?

Leisten Arbeitnehmende Überstunden, d. h. Arbeitsstunden, die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehen, so können diese entweder finanziell oder durch einen sogenannten Freizeitausgleich ausgeglichen werden.

Statt also am Monatsende mehr Geld für geleistete Überstunden zu bekommen, können Beschäftigte diese durch freie Tage ausgleichen. Umgangssprachlich hat sich hierfür auch der Begriff „Überstunden abfeiern“ eingebürgert.

Mit diesem Freizeitausgleich sind allerdings einige Vorgaben zu beachten. Die einzelnen Regelungen werden wir im Folgenden erläutern.

Freizeitausgleich ist kein Urlaub

Wichtig: Freizeitausgleich darf nicht mit Urlaub verwechselt werden. Das bedeutet, der gewährte Freizeitausgleich zum Abbau von Überstunden ändert nichts am Anspruch der Urlaubstage.

Studie zu Überstunden

Nach den aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes haben im Jahr 2023 46 Millionen Beschäftigte in Deutschland Überstunden geleistet. Am weitesten verbreitet sind Überstunden in der Finanz- und Versicherungsbranche sowie im Energiesektor (17 Prozent der Beschäftigten haben hier Überstunden geleistet).

Dabei gaben 40 Prozent an, im Durchschnitt weniger als 5 Überstunden pro Woche geleistet zu haben. 1/5 arbeitete jedoch mindestens 15 Stunden die Woche mehr.

Was sind Überstunden?

Definition – Überstunden

Die gesetzlichen Regelungen rund um die Arbeitszeiten von Arbeitnehmenden in Deutschland sind im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) festgehalten.

Grundsätzlich gilt eine tägliche Höchstarbeitszeit von 8 Stunden. Diese Arbeitszeit darf auf 10 Stunden täglich überschritten werden, wenn innerhalb von 6 Wochen bzw. 24 Monaten der Durchschnitt von 8 Stunden eingehalten werden kann. Das bedeutet also, dass die Überschreitung innerhalb dieses Zeitraums wieder ausgeglichen werden muss.

Wichtig: In diesem Zusammenhang ist die arbeitsrechtliche Unterscheidung zwischen Mehrarbeit und Überstunden relevant.

Von Mehrarbeit spricht man, wenn die werktäglichen, im Arbeitszeitgesetz festgehaltenen Maximalstunden von acht Stunden überschritten werden. Als Überstunden bezeichnet man die Zeit, die Arbeitnehmende über ihre im individuellen Arbeitsvertrag festgelegte Arbeitszeit hinausgehen.

Beispiel: Mehrarbeit und Überstunden

Arbeitgeber X ordnet aufgrund von Auftragsspitzen für 2 Wochen Mehrarbeit an. Alle Beschäftigten in diesem Betrieb haben regulär eine 5-Tage-Woche mit einer 8-Stunden-Schicht. Für 2 Wochen werden täglich 2 Stunden Mehrarbeit angeordnet. In diesem Fall leisten die Beschäftigten sowohl Überstunden als auch Mehrarbeit.

In einem anderen Betrieb arbeitet Arbeitnehmerin Y 30 Stunden pro Woche. Da in der laufenden Woche ein besonderer Auftrag ansteht, bleibt sie an einigen Tagen länger im Büro, um das Projekt rechtzeitig fertigzustellen. Insgesamt arbeitet sie in dieser Woche 35 Stunden. Das bedeutet, dass sie in dieser Woche 5 Überstunden angesammelt hat. Sie hat jedoch arbeitsrechtlich keine Mehrarbeit geleistet.

Voraussetzungen bei Freizeitausgleich

Gewährung von Freizeitausgleich

Grundsätzlich müssen für den Abbau von Überstunden – ob dieser nun durch Geld oder Freizeit auszugleichen ist – bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Diese sind u. a.:

  • Nur angeordnete oder zumindest vom Vorgesetzten gebilligte Überstunden können auch durch Freizeit oder mehr Geld ausgeglichen werden. Das absichtliche Ansammeln von Überstunden kann nicht nur dazu führen, dass kein Anspruch auf Abgeltung entsteht, sondern ist darüber hinaus unzulässig und verstößt sogar gegen die gesetzlich definierten Höchstarbeits- und Ruhezeiten.
  • Es kann sein, dass Tarifverträge oder individuelle Arbeitsverträge eine Abgeltung von Überstunden in einem bestimmten Rahmen ausschließen. Das ist zum Beispiel oft bei Ärzt*innen oder anderen Angestellten in Führungspositionen der Fall.

Wer bestimmt, ob Überstunden monetär oder durch Freizeit ausgeglichen werden?

Ob angesammelte Überstunden und Mehrarbeit durch Geld bzw. sogar einen Überstundenzuschlag oder Freizeit abgegolten werden, hängt von den Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen oder individuellen Verträgen ab.

Wenn also in diesen ein Freizeitausgleich vorgesehen ist, können Arbeitnehmende dies auch einfordern.

Sehen die Verträge bzw. die Vereinbarung jedoch einen finanziellen Ausgleich vor, können Beschäftigte unter Umständen keinen Freizeitausgleich einfordern. Arbeitgebende können einen Freizeitausgleich anordnen, um Angestellten den Abbau der Überstunden zu ermöglichen.

Zeitliche Regelungen

Wichtig: Der Anspruch auf Freizeitausgleich verjährt gesetzlich nach drei Jahren. Vertraglich können kürzere Fristen gelten.

Grundsätzlich sollte der Freizeitausgleich bis zum Ende des nächsten Kalendermonats, spätestens jedoch bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Aufkommen der Überstunden erfolgen.

Freizeitausgleich bei Überstunden

Wie der Abbau von Überstunden erfolgt, ist genau geregelt. Wir erklären die wichtigsten Rahmenbedingungen.

Grundsätzliches

Der Freizeitausgleich entspricht exakt den geleisteten Überstunden. Das bedeutet, betragen die auf dem Arbeitszeitkonto angesammelten Überstunden beispielsweise 16 Stunden, so wird auch der Freizeitausgleich 16 Stunden ausmachen. In diesem Fall könnten Beschäftigte sogar zwei ganze Tage freinehmen.

Es ist aber auch möglich, dass Arbeitnehmende statt 8 Stunden einen Tag nur 6 Stunden arbeiten, und so 2 Überstunden abgelten.

Freizeitausgleich und Sonntags- sowie Feiertagsarbeit

Für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen sieht das Arbeitszeitgesetz (§ 11 ArbZG) besondere Regelungen vor. Die Höchstarbeitszeiten gelten auch hier. Außerdem ist zu beachten, dass mindestens 15 Sonntage im Jahr beschäftigungsfrei bleiben müssen.

Bei Sonntagsarbeit müssen Arbeitgebende Ihren Mitarbeitenden innerhalb von zwei Wochen einen Ersatzruhetag gewähren. Bei Feiertagen muss der Freizeitausgleich innerhalb von acht Wochen erfolgen.

In diesen Fällen ist der Freizeitausgleich nicht fakultativ, sondern obligatorisch und kann nicht etwa in monetärer Form ausgeglichen werden.

Freizeitausgleich und Kündigung

Hier gilt Folgendes: Ist vertraglich ein Freizeitausgleich vorgesehen, sollten Arbeitgebende dafür sorgen, dass die entsprechenden Beschäftigten diesen noch vor Auslaufen des Arbeitsverhältnisses wahrnehmen können. Überstunden, die bis zum Ende eines Arbeitsverhältnisses nicht abgefeiert werden konnten, müssen ausgezahlt werden.

Krank im Freizeitausgleich

Nach aktueller Rechtsprechung gelten im Falle einer Erkrankung während des Überstundenabbaus die Überstunden trotzdem als abgegolten. Anders verhält es sich beim Urlaub. Wenn Beschäftigte während ihres Urlaubs krank werden und sich ordnungsgemäß krankmelden, gilt dieser Tag nicht als Urlaubstag, sondern als Krankheitstag. Es geht also kein Urlaubstag verloren.

Beschäftigte, die Freizeitausgleich in Anspruch nehmen, sind nicht verpflichtet, für ihre Vorgesetzten erreichbar zu sein.

Freizeitausgleich TVöD

Für den öffentlichen Dienst (TVöD – BT- V) gelten besondere Regelungen. Der Freizeitausgleich ist dem finanziellen Ausgleich von Überstunden hier grundsätzlich vorzuziehen.

Vorteile des Freizeitausgleichs

Bessere Work-Life-Balance bzw. mehr Geld

Die Arbeitgebenden können selbst entscheiden, ob sie die Überstunden in Form von Freizeitausgleich oder in Geld abbauen wollen. Hier lohnt es sich für Arbeitnehmende, mit den Mitarbeitenden bzw. bereits mit den Bewerbenden vor der Einstellung ins Gespräch zu kommen und zu fragen, welche Variante für sie die bessere ist. Für manche Arbeitnehmende kann das Geld attraktiver sein, für andere die Freizeit. Auf diese Weise machen Sie den Freizeitausgleich bzw. den bezahlten Überstundenabbau zu einem Anreiz und damit zu einem Benefit für Ihre Beschäftigten.

Kostensparend und flexibel

Für Arbeitgebende und Arbeitnehmende ist der Freizeitausgleich auch finanziell attraktiver als eine Gehaltserhöhung, da natürlich keine zusätzlichen Sozialabgaben und Lohnsteuern anfallen.

Zudem bietet er Flexibilität im Personalmanagement, da Überstunden in ruhigeren Phasen abgebaut werden bzw. überhaupt erst bei Auftragsspitzen angeordnet werden können.

Nachteile des Ausgleichs von Freizeit

Weniger Mitspracherecht

Für die Arbeitnehmenden kann es problematisch sein, wenn Überstunden oder Urlaubstage angeordnet werden, wenn ihnen insgesamt Regelmäßigkeit im Arbeitsalltag wichtig ist. So kann es für Angestellte mit Kindern problematisch sein, kurzfristig mehr zu arbeiten und dann plötzlich sehr viele freie Tage zu haben. Da Vorgesetzte den Freizeitausgleich anordnen können, haben Beschäftigte wenig Mitspracherecht bei der Gestaltung.

Planungs- bzw. Organisationsaufwand

Es erfordert von Seiten der Personalabteilung einen hohen Organisationsaufwand, die verschiedenen Überstunden und Freizeitausgleiche im Blick zu behalten. Eine korrekte Arbeitszeiterfassung ist daher unerlässlich. HR-Software wie die von Factorial kann hier helfen, die Arbeitszeiterfassung immer im Blick zu haben.

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Julia Lehmann ist Schriftstellerin, Philosophin, Künstlerin und Übersetzerin und schreibt seit 3 Jahren über HR- und arbeitsbezogene Themen und Nachrichten.

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