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Autokratischer Führungsstil: Definition und Beispiele

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5 Minuten Lesezeit

Autokratischer Führungsstil: Ist er noch zeitgemäß?

Es gibt nicht nur den einen, sondern ganz viele und vor allem unterschiedliche Führungsstile, die in Unternehmen und von Führungskräften zum Einsatz kommen. Der autokratische Führungsstil ist einer davon. Obwohl er mittlerweile durch viele modernere und partizipativere Führungsstile abgelöst wurde, kann er manchmal doch ziemlich vorteilhaft in Unternehmen sein – insbesondere dort, wo es auf schnelle Entscheidungen ankommt.

Im Folgenden erklären wir Ihnen die Merkmale dieses Führungsstils und zeigen Ihnen auf, wann diese Form der Führung sich eignet und wann nicht.

Key Facts

  1. Die Führungskraft hat die volle Kontrolle über alle Entscheidungen, Mitarbeitende werden kaum einbezogen.
  2. Der autokratische Führungsstil ermöglicht schnelle Entscheidungsfindungen und effiziente Arbeitsstrukturen, was besonders in Krisensituationen vorteilhaft ist.
  3. Unter Umständen – speziell aber bei jüngeren Generationen – kann dieser Stil allerdings zu geringer Innovationskraft und Demotivation der Beschäftigten führen, was die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen kann.

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Autokratischer Führungsstil: Was bedeutet das?

Ursprung des autokratischen Führungsstils

Der autokratische Führungsstil hat eine lange Tradition und geht auf Strukturen, Gesellschaften und Organisationen zurück, die in der Geschichte traditionell hierarchisch und zentralistisch aufgebaut waren. Dieser Stil hat seinen Ursprung in Gesellschaften wie Monarchien oder auch Militärgesellschaften. Zu Beginn der industriellen Revolution wurde die autokratische Führung auch in Unternehmen übernommen.

Theorie: Führungsstile und Herrschaft

Der deutsche Philosoph Max Weber hat sich die Frage gestellt, warum Menschen sich überhaupt beherrschen bzw. führen lassen und dabei drei Grundformen des Herrschens identifiziert.

  • Traditionelle oder patrimoniale Herrschaft: Sie beruht auf dem Glauben an die Gültigkeit von Traditionen und an die Legitimität derer, die durch diese Traditionen zur Herrschaft berufen sind.
  • Charismatische Herrschaft: Sie fußt auf dem Glauben an die außergewöhnlichen Eigenschaften einer Person, deren Charisma eine besondere Ordnung schafft.
  • Bürokratische oder rationale Herrschaft: Diese Form beruht auf der Anerkennung festgelegter Ordnungen und Regeln (Gesetze, Vorschriften, Zuständigkeiten).

Ausgehend von diesen Grundformen der Führung hat die Führungstheorie verschiedene Führungsstile identifiziert. Je nach Ansatz werden diese verschieden benannt und in unterschiedlicher Anzahl definiert. Eine typische Unterscheidung, die auf Max Weber zurückgeht, ist die zwischen autokratischem, charismatischem und bürokratischem Führungsstil.

Darüber hinaus gibt es weitere bekannte Unterteilungen wie die von Kurt Lewin, der Führungsstile wie den Laissez-faire-Führungsstil, den kooperativen Führungsstil und den autoritären Führungsstil unterschieden hat.

Tiefer gehende Informationen zu den einzelnen Formen finden Sie auf unserem Blogartikel zum Thema Führungsstil.

Autokratischer Führungsstil – Definition

Grundsätzlich ist der autokratische Führungsstil dadurch gekennzeichnet, dass jegliche Kontrolle und die letztendliche Entscheidungsmacht in den Händen einer Führungspersönlichkeit liegt. Die Mitarbeitenden werden kaum in Entscheidungen einbezogen. Die Führungsmacht ist somit zentralisiert und exklusiv. Das Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden ist durch eine klare Hierarchie gekennzeichnet. Die Führungsperson gibt Anweisungen, die Mitarbeitenden fügen sich und führen die Anweisungen gehorsam aus.

Abgrenzung – Autokratischer & autoritärer Führungsstil

Der autoritäre Führungsstil wurde von Kurt Lewin beschrieben. Wie unterscheidet dieser sich vom autokratischen?

Obwohl beide Stile durch eine starke Machtkonzentration in den Händen einer Führungsperson gekennzeichnet sind, unterscheiden sie sich in ihrer Begründung und Ausrichtung. Der autoritäre Führungsstil betont Regeln und Ordnung, während der autokratische Führungsstil mehr auf die persönliche Macht der Führungsperson und seine Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, ausgerichtet ist.

Der autoritäre Führungsstil kann mitunter mit Strafen arbeiten, allerdings teilweise den Mitarbeitenden im Rahmen der Ordnung auch Entscheidungsbefugnisse zugestehen, was beim autokratischen Stil nie der Fall ist.

Beide Führungsstile können sich jedoch natürlich überschneiden. So kann eine autokratische Führungspersönlichkeit natürlich auch autoritäre Züge annehmen.

Abgrenzung – Autokratischer & patriarchalischer Führungsstil

Der autokratische und der patriarchalische Führungsstil werden nicht selten synonym verwendet und verwechselt. Obwohl beide Stile starke Ähnlichkeiten aufweisen, gibt es Unterschiede, die nicht vernachlässigt werden dürfen.

Beide zeichnen sich durch eine zentralisierte Macht aus, die in der Regel in den Händen einer Person liegt. Beim patriarchalischen Stil hat die Führungskraft – bei der es sich fast immer um einen Mann handelt(e) – jedoch eher die Rolle einer Vaterfigur, die sich schützend und fürsorglich, aber auch streng um die Angestellten kümmert. Die Mitarbeitenden und diese Führungspersönlichkeit sind durch eine emotionale Bindung miteinander verbunden.

Diese emotionale und väterliche Verbindung gibt es beim autokratischen Führungsstil eher nicht. Der Umgang ist hier weitaus autoritärer und vor allem nicht familiär.

Was aber nun genau die Merkmale des autokratischen Führungsstils sind, schauen wir uns im Folgenden an.

Merkmale des autokratischen Führungsstils

Charakteristisch für den autokratischen Führungsstil sind:

  • Zentralisierte Entscheidungsfindung: Die Führungskraft oder manchmal auch die Führungskräfte behalten die volle Kontrolle über alle Entscheidungen.
  • Klare Anweisungen: Beschäftigte erhalten detaillierte Arbeitsanweisungen und müssen diese befolgen.
  • Strikte Hierarchie: Es besteht eine klare Trennung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden. Die Hierarchie ist nicht flach, sondern verläuft streng von oben nach unten.
  • Geringe Mitarbeiterbeteiligung: Meinungen und Vorschläge der Angestellten finden kaum Berücksichtigung. Die Beschäftigten sind in Entscheidungsprozessen nicht mit einbezogen.
  • Leistungsorientierung: Der Fokus liegt auf der Erfüllung von Aufgaben und Zielen.

Autokratischer Führungsstil – Beispiel

Diese Form des Führens kam insbesondere in der Vergangenheit stark zum Einsatz. Vor allem zu Beginn der industriellen Revolution hatten Mitarbeitende kein Mitspracherecht und ein Unternehmen wurde in der Regel von einem Autokraten geführt.

Doch auch heute wird dieser Stil teilweise angewendet. Denn: Es heißt nicht, dass Führungskräfte einen einmal gewählten Führungsstil für immer beibehalten müssen. Es kann Situationen geben, in denen von einem partizipativen Stil für einen kurzen Zeitraum zu einem anderen Führungsstil gewechselt werden muss. Dies kann vornehmlich in Krisensituationen in Betrieben der Fall sein, wenn z. B.  Keine Zeit ist für lange Besprechungen und Abstimmungen. Diese Situationen sind eine Herausforderung und erfordern oft schnelle Entscheidungen von einer oder wenigen Personen des Unternehmens.

Schwächen und Stärken dieses Ansatzes

Vorteile

  • Ganz klar ist die schnelle Entscheidungsfindung, die für diesen Stil charakteristisch ist, auch der größte Vorteil.
  • Diese führt wiederum zu einer schnellen Handlungsfähigkeit, die in bestimmten Marktsituationen von unschätzbarem Wert für das Unternehmen sein kann.
  • Außerdem wissen Mitarbeitende und Vorgesetzte in der Regel genau, woran sie sind. Die Erwartungen beider Seiten sind klar. Alle Angestellten wissen genau, welche Anweisungen sie zu befolgen und welche Aufgaben sie zu erledigen haben.
  • Gerade, weil alle Aufgaben klar verteilt sind und die Struktur im Unternehmen eindeutig ist, sind Betriebe, die diesen Stil anwenden, in Routinesituationen enorm effizient.

Nachteile

  • Auch, wenn diese Unternehmen in Routinesituationen sehr effizient sind, kann dies in Ausnahmesituationen zu Problemen führen, da die Mitarbeitenden nicht daran gewöhnt sind, neu oder innovativ zu denken und meist nur innerhalb der vorgegebenen Strukturen arbeiten können.
  • Somit ergibt sich ein weiterer Nachteil dieses Führungsstils: Solche Unternehmen haben oft eine geringe Innovationskraft, alles wird so gemacht, wie es schon immer gehandhabt wurde. Dies kann unter anderem die Wettbewerbsfähigkeit einschränken.
  • Gerade für jüngere Generationen, die ein anderes Arbeitsverständnis und andere Erwartungen an eine Unternehmenskultur haben, nämlich eher eine Unternehmenskultur auf Augenhöhe, kann dieser Stil nicht attraktiv sein. Dies kann zu einer erhöhten Fluktuation in den Unternehmen führen. Für eine bestimmte Person, die Struktur, Stabilität und Orientierung braucht, kann dieser Führungsstil jedoch sehr gut sein. Eine Studie von Statista zeigt beispielsweise, dass für die Gen Z vor allem Wertschätzung und Lob, aber auch Offenheit für Veränderungen bei Führungskräften am wichtigsten ist.
  • Für die Mitarbeitenden gibt es bei diesem Stil wenig Spielraum, sich auszuprobieren oder weiterzuentwickeln, sie sind eher Befehlsempfänger*innen. Dies kann zu Demotivation innerhalb der Belegschaft führen, was sich wiederum negativ auf die Produktivität auswirkt.
Julia Lehmann ist Schriftstellerin, Philosophin, Künstlerin und Übersetzerin und schreibt seit 3 Jahren über HR- und arbeitsbezogene Themen und Nachrichten.

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