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Employer Branding für die Gen Y & Z: Interview mit Philipp Klein

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9 Minuten Lesezeit
Employer Branding für die Gen Y & Z, Interview mit Philipp Klein

Wer heutzutage die besten Talente für sein Unternehmen gewinnen möchte, muss einige Herausforderungen bewältigen. Neben dem Fachkräftemangel und der zunehmenden Digitalisierung gibt es auf dem Arbeitsmarkt zwei neue Generationen, die es zu begeistern gilt: Generation Y und Z.

Welche Anforderungen haben diese Zielgruppen an ihren Arbeitgeber und wie könne Unternehmen ihr Employer Branding optimieren, um Gen Y und Z für sich zu gewinnen und ihre Arbeitgeberattraktivität zu steigern?

Wir sprechen heute mit Philipp Klein, Co-Founder von StudyAds und Experte im Employer Branding für die Generation Z, über genau diese Fragen.

Hallo Philipp, bitte stelle dich kurz einmal den Lesern vor. Welche Lösungen bietet ihr euren Kunden mit StudyAds?

Hallo und vorweg schon mal vielen Dank für die Einladung zum Interview. Ich bin Philipp Klein, HR-Blogger auf HRtalk.de und Co-Founder der Agentur StudyAds. Mit unserer Agentur haben wir uns auf die junge Zielgruppe spezialisiert und beraten Organisationen, um genau diese zu erreichen.

Meine große Leidenschaft ist die Ideenschmiede neuer Produkte oder Optimierung bestehender Produkte bzw. Prozesse. Aus diesem Grund habe ich auch angefangen meinen Blog zu schreiben, auf dem ich meine “verrückten” Ideen veröffentliche und mit der Welt teilen möchte. Getreu dem Motto “sharing is caring”.

Employer Branding

Der Begriff „War for Talent“ wird immer wieder verwendet. Welches sind die Herausforderungen, denen Arbeitgeber heutzutage gegenüberstehen?

Mich wundert es viel mehr, dass der Begriff noch keinen Eintrag im Duden hat, so häufig wie er mittlerweile benutzt wird. Ich persönlich bin kein großer Fan davon, aber im Grunde bringt er genau das on Point, wo wir uns derzeit befinden. Der Krieg um die besten Talente.

Die größte Herausforderung der Arbeitgeber ist wohl die, dass sie nach einem Unterschied zwischen den Generationen suchen. Sich darauf versteifen und sich im schlimmsten Falle im Kreise drehen. Es gibt mehr Ähnlichkeiten als man denkt, lediglich das Ausspielmedium hat sich geändert. Was damals der Fernseher war, ist heute das Smartphone. Zeitschriften, die gerne gelesen wurden sind heute das Internet bzw. Influencer. Alles im Ganzen fand lediglich eine Verschiebung der Kanäle statt, auf denen die Unternehmen werben sollten.

„Die Schwierigkeit liegt darin, die passenden Kanäle für die jeweilige Azubikampagne auszusuchen.“

Eine weitere wichtige Eigenschaft der Gen Z ist der Sinn der auszuübenden Tätigkeit bzw. Berufs. Diese Eigenschaft führt dazu, dass die Gen Z nicht einfach nur “Dienst nach Vorschrift” macht, sondern oft nach dem „Warum“ fragt. Das Hinterfragen von Arbeitsaufgaben ist für viele Führungskräfte teils ein absolutes No-Go und erst einmal eine ungewohnte Situation im Büro mit der heutigen Jugend.

Wer es ganz gut auf den Punkt gebracht hat, Prof. Dr. Antje-Britta Mörstedt, in ihrer Vorlesung und Youtube-Video erklärt sie, dass wir, die vorigen Generationen, die Eltern, dazu beitragen, dass die Gen Z alles hinterfragt und sich auch traut diese Fragen gegenüber seinen Vorgesetzten zu stellen. Spoileralarm: Binden wir unsere Kinder nicht in fast alle Entscheidungen mit ein? Genau dieses Einbinden macht unsere Kinder selbstbewusst und gibt ihnen den Mut, seine Aufgaben beim Arbeitgeber zu hinterfragen.

Eine weitere Herausforderung liegt in der Karriereseite von Unternehmen.

„Eine simple Auflistung der offenen Jobpositionen ist altbacken und sorgt dafür, dass der Kandidat die Karriereseite schnell wieder verlässt. Ziel ist es, dem Kandidaten auf der Karriereseite das Unternehmen schmackhaft zu machen.“

Schlagen wir mal eine Brücke zum Produktmarketing und nehmen uns als Beispiel den Platzhirsch Apple zu Herzen. Apple ist eine Lebenseinstellung, ein Trendsetter, ein Lifestyle, der für Design und Qualität steht! All das wird auch auf der Produktseite von Apple kommuniziert. Es ist ein Erlebnis ja schon fast hollywoodreif, die Produktseite von Apple zu besuchen.

Genau dieses Beispiel müssen wir uns für unsere Karriereseite vornehmen – machen Sie Ihr Unternehmen schmackhaft für die Kandidaten! Es muss einen umhauen, sodass man in keinem anderen Unternehmen arbeiten möchte, als in ihrem. Sobald sich der Bewerber für ihr Unternehmen entschieden hat, muss er mit mindestens 3-Klicks auf den „Jetzt Bewerben”-Button gelangen, egal wo er sich gerade auf der Karriereseite befindet. Denn das ist das Ziel einer Karriereseite, dass der Kandidat auf „jetzt bewerben“ klickt.
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Was macht die Generationen Z & Y aus? Welche Erwartungshaltung haben sie an ihren Arbeitgeber?

Sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede lassen sich herausstellen. So sind beide Generationen mit digitalen Medien vertraut. Sie sind es gewohnt, das Wissen der gesamten Menschheit bei sich zu tragen und empfinden die Digitalisierung als durchweg positiv. Auch in Puncto Work-Life-Balance ist ihnen Life wichtiger als Work. Ein Selbstverwirklichungs-Effekt ist wichtiger als Gehalt. Das ist unter anderem ein Grund, weshalb Stellenanzeigen mit Sinnhaftigkeit erfolgreicher sind als die, die keine Angaben dazu machen.

Die Unterschiede wiederum ergeben sich aus den Gemeinsamkeiten. Während die Gen Y noch die alten Tastenhandys oder VHS-Kassetten kennen, ist die Gen Z komplett mit Smartphones, Tablets und Netflix groß geworden. Das zeichnet sich im Umgang mit den Medien aus. Die Gen Y agiert eher passiv in sozialen Medien und nimmt die Position als Zuschauer ein. Die Gen Z allerdings sind Content-Creator, aktive Teilnehmer am Geschehen, sie möchte mitmischen, etwas bewegen! Jüngstes Beispiel die TikTok-Kampagne gegen Trump, bei denen die Sitzplätze der Wahlkampf-Hallen von Trump nahezu leer waren.

„Dieses Vorgehen ist auch gleichzeitig die Erwartungshaltung an ihren Arbeitgeber. Sie möchten mitwirken, etwas bewegen, dem ganzen einen Sinn geben und vielleicht ein wenig rebellieren.“

Hat nicht jeder von uns einen kleinen Rebellen in sich sitzen und würde diesen mal gerne ausleben? ;)

Was bedeutet das für das Employer Branding von Unternehmen? Wie schaffen es Unternehmen Mitarbeiter dieser Generation erfolgreich zu binden?

Zwei Fragen, die ich unterschiedlich beantworten muss.

Ich führe schon seit einiger Zeit Interviews mit Gen Z-Vertretern (Schülern und Studenten) zu ihrem perfekten Arbeitgeber durch, um genau auf diese Fragen eine Antwort zu finden.

Was bedeutet das für das Employer Branding einer Organisation? Die passende Antwort auf diese Frage könnte man auch als den heiligen Gral, bezeichnen. Eine einheitliche Employer-Branding-Maßnahme, die auf alle Unternehmen gleich eingesetzt werden kann, ist schlichtweg unmöglich.

„So wie sich die Generationen entwickeln, so entwickelt sich auch die Employer Brand – quasi ein lebender Organismus, der sich ständig seinem Umfeld anpassen muss.“

Die heutige Jugend zu binden, ist ebenfalls eine komplexe Aufgabe. Übrigens: Kaum zu glauben, dass in einigen Organisationen sämtliche Aufgaben von der Personalabteilung umgesetzt werden sollen.

„Zu binden heißt die richtigen Aufstiegsmöglichkeiten und Benefits zu bieten.“

In den Interviews konnte ich feststellen, dass auch Home-Office immer wichtiger wird für Gen Z. Warum kostbare Lebenszeit mit dem Arbeitsweg verschwenden, wenn die wichtigsten Aufgaben auch in den eigenen vier Wänden erledigt werden kann. Natürlich ist es Typ-abhängig, aber die Möglichkeit sollte vorhanden sein. Kleines Rechenbeispiel bei einer 5 Tage-Arbeitswoche, eine Stunde Arbeitsweg am Tag, sind 5 Stunden die Woche, 20 Stunden den Monat, 240 Stunden im Jahr, was wiederum 10 Tage sind, die wir im Jahr mit dem Arbeitsweg verschwenden. Da frage ich mal genauso wie die Gen Z: Warum?

Auch sehr beliebt sind Weiterbildungsmöglichkeiten, eine Win-Win-Situation für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Je qualifizierter der Arbeitnehmer, umso wertvoller wird er für das Unternehmen und der Arbeitnehmer steigert seine Aufstiegschancen im Unternehmen und natürlich auf dem Arbeitsmarkt. Ihr habt richtig gehört, es hört sich im ersten Moment abstrakt an, aber ihr bindet die Gen Z, indem ihr sie nicht bindet.

Welche Personalmarketing-Maßnahmen können Unternehmen ergreifen, um diese Zielgruppe am besten anzusprechen?

Ich mixe mal Personalmarketing und Recruiting, der ein oder andere wird mir vielleicht an den Hals springen wollen, wenn ich das sage 😄 Aktuell ist Social-Recruiting ein großer Hype, in Verbindung mit Active-Sourcing. An sich sinnvoll, wenn es richtig angewendet wird. Überlegt immer mal, wie würdet ihr euch fühlen? Würdet ihr darauf anspringen? Bestes Beispiel: Viele werben aktiv mit ihren offenen Stellen auf Instagram bei der Gen Z. Unter der Anzeige ist natürlich der Link zur Landingpage. Jetzt gibt es zwei Varianten:

Variante 1: Sie kommen auf die Karriereseite und können sich alles durchlesen und direkt bewerben. Der Ansatz ist zuerst nicht verkehrt, aber die Gen Z ist mit dem Smartphone auf Instagram unterwegs. Sie kommen auf die Karriereseite und ach ja, ich habe meinen Lebenslauf und Anschreiben auch auf meinem Handy, also bewerbe ich mich doch direkt. Ihr merkt schon, da läuft was schief. Der Kandidat befindet sich gerade in der Schule, im Bus oder Schwimmbad. Er ist nur kurz angebunden und müsste die Karriereseite nochmal auf seinem Laptop öffnen, um sich bewerben zu können. Ihr hattet den Schüler doch schon auf eurer Seite und verliert ihn mit einer Wahrscheinlichkeit von 70%, weil er sein Endgerät wechseln muss oder er im schlimmsten Falle die (Stellen-)Anzeige vergisst.

Variante 2: Er kommt mit seinem Smartphone auf eine Extra-Landingpage, bei der sich der Schüler oder Student mit dem Beantworten von wenigen Fragen, im besten Falle 3, bewerben kann. Seine Zeugnisse oder seinen Lebenslauf kann er immer noch nachreichen, aber erst wenn er schon im Bewerberfunnel ist und seine Kontaktdaten hinterlassen hat. Mit dem richtigen Einsatz von Active-Sourcing, können hier potentielle Kandidaten generiert werden.

Ich glaube welche Variante mehr Erfolg hat, ist selbsterklärend. Aber gehen wir noch einen Schritt weiter!

 „Mit dem Einsatz der richtigen Tracking-Tools können die Kandidaten, die auf ihrer Karriereseite waren, erfasst werden und die Anzeigen können immer wieder gezielt genau diesen Personen ausgespielt werden.“

Schließlich war das Interesse ja da, dass sie auf die Karriereseite geklickt haben. Dieser Funnel kann auch so gezielt eingesetzt werden, dass Kandidaten angesprochen werden, die die Bewerbung zwischendurch abgebrochen haben und einfach nochmal daran erinnert werden müssen. #Retargeting

Welche Kanäle eignen sich am besten, um die Generationen Z und Y zu erreichen?

Täglich kommen Kanäle hinzu, um die Jugend zu erreichen. Wenn wir Social Media Plattformen betrachten, dann ist definitiv Instagram immer noch die führende Plattform. TikTok ist auf einem aufstrebenden Ast, aber auch hier hat Facebook die Funktion von Kurzvideos mit Musik in Instagram integriert. Ob sich die Funktion auf Instagram „Reels” durchsetzen wird und TikTok unbrauchbar macht, wird die Zeit zeigen. Ebenfalls Snapchat ist ein beliebtes Tool der Gen Z. Was vielleicht noch niemand auf dem Schirm hat, ist „Tellonym”. Auf der jungen Plattform wird ein Profil aus Fragen und Antworten aufgebaut. Aber hier ist es noch zu früh, um sagen zu können, dass das nächste Jodel bzw. Snapchat auf dem Vormarsch ist.

Für Offline-Varianten sind mir bei meinen Gen Z Interviews zwei Antworten im Gedächtnis geblieben. Ich zitiere diese mal:

Auf die Frage, „Welches Werbemedium ist dir am meisten in Erinnerung geblieben?” habe ich folgende coole Antwort bekommen:

„Ganz im Ernst, die Werbeplakate auf den Toiletten. Ich meine, ich bin hier und werde auch nicht so schnell von hier wegkommen, was soll ich machen, das Poster vor meiner Nase nicht lesen? Ich glaube, ich kann jedes Unternehmen aufzählen, das in den dreieinhalb Jahren meines Studiums Werbeflächen über einem Urinal an der Uni gekauft hat.” – Gerrit

Und auf die Frage, „Welches Werbemedium würdest du Unternehmen empfehlen, um Studenten zu erreichen?” habe ich folgende logische Antwort bekommen:

“...Den einzigen Fehler, den viele Unternehmen hier meiner Meinung nach machen, ist dass sie Stände im Eingangsbereich der Mensa aufbauen und dann zu Stoßzeiten versuchen mit Studenten ins Gespräch zu kommen. Aber natürlich ist das nur mäßig erfolgreich, weil jeder Student, der aus einer 600-Mann-Vorlesung kommt, weiß, dass wenn er jetzt 2 Minuten mit dem netten jungen Mann vom ADAC spricht, er dann auch 20 Minuten in der Schlange vorm Schnitzel steht.

Aber gerade im Sommer sind immer Studenten über die Grünflächen des Campus und seine Cafés verteilt, und diese Studenten sind meistens sehr entspannt und gut gelaunt. Warum man dort nicht öfter von Promotern angesprochen wird ist mir fraglich.

Schlussfolgernd sind beide Antworten total logisch, also gilt: Versetzt euch zurück in die Lage des Studenten oder Schüler, wie wärt ihr am liebsten angesprochen worden? Wo hattet ihr Zeit und in welcher Situation wolltet ihr einfach nur schnell ein Schnitzel ergattern?

Welche Trends im Employer Branding und Personalmarketing werden deiner Meinung nach in Zukunft immer wichtiger? 

Herz! Jedes Jahr bin ich als Alumni Teilnehmer der Jahresversammlung meiner alten Schule. Hier treffen Eltern, Schüler, Unternehmensvertreter und Alumnis aufeinander und besprechen zukünftige Events und Maßnahmen für Ehemalige und Schüler. Eine Diskussion zwischen Schülern und Eltern ist mir in Erinnerung geblieben, bei der es darum ging, in welcher Form die Einladung zum Sommerfest verschickt werden soll.

Die Eltern waren gegen eine Einladung in Briefform und hätten es gerne digital, die Schüler hingegen gaben ungefähr folgende Antwort: “In der heutigen Zeit werden wir von den digitalen Medien überflutet. Eine simple Einladung als Email ist bei weitem nicht so “Wertvoll”, wie ein Brief.” Etwas in der Hand zu halten gewinnt immer mehr an Bedeutung und verleiht einen zusätzlichen immateriellen und emotionalen Wert. Ich will jetzt nicht der Botschafter sein, der sagt, macht alle wieder Printwerbung, nein auf gar keinen Fall.

 „Aber wenn ein Unternehmen einem Kandidaten ansprechen möchte, sollte er den einen oder anderen emotionalen Wert hinzufügen.“

Im digitalen Bereich glaube ich, dass Active Sourcing und die Ansprache von passiven Kandidaten ein erfolgreicher Kurs sein kann, um Bewerber für seine offenen Stellen zu gewinnen. Im Zuge der wachsenden Aufgaben für Personaler muss nach alternativen und der passenden HR-Software gesucht werden, die einige Prozesse automatisieren, damit sich auf die wichtigen Dinge konzentriert werden kann: Attracting for Talents.

Gibt es sonst noch etwas, das du unseren Lesern mitteilen möchtest?

Gen Z ist ansteckend und überträgt seine Werte auch auf vorige Generationen. Mittlerweile ist der Generationsbegriff nur noch ein Ausdruck dessen, wann jemand geboren wurde. Viele Gen X oder Y’ler handeln und denken schon wie Z’ler. Sich dagegen zu wehren ist wie das Fortschreiten der Digitalisierung stoppen zu wollen. Lasst euch drauf ein und lernt voneinander, ein angenehmes miteinander in der Arbeitswelt zu schaffen.

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Schreibtalent, HR-Fan und Trend-Spürnase - das ist unsere Autorin Nicole Steffgen. Sie ist Teil des Content Marketing Teams bei Factorial. Was ihren Content so besonders macht? Ihre Leidenschaft für HR und ihr Fokus auf den Menschen einer Organisation.

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