Lange war die betriebliche Altersvorsorge eine freiwillige Leistung des Arbeitgebenden. Das hat sich Anfang 2022 geändert. Alle Beschäftigten, die in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind, können einen Anspruch auf die betriebliche Altersvorsorge geltend machen.
Was die betriebliche Altersvorsorge ist, wie diese finanziert wird und welche Vor– und Nachteile sie für Arbeitgebende und Beschäftigte hat, erklären wir Ihnen im folgenden Blogartikel.
- Was ist die betriebliche Altersvorsorge?
- Finanzierung der betrieblichen Altersvorsorge ab 2025
- Betriebliche Altersvorsorge: Berechnung
- Betriebliche Altersvorsorge: Steuern und Sozialabgaben (Stand: 2025)
- Formen der betrieblichen Altersvorsorge
- Betriebliche Altersvorsorge: Nachteile und Vorteile
- Betriebliche Altersvorsorge kündigen
- Häufige Fragen und Antworten
Aktuelle Studie: Betriebliche Altersvorsorge gewinnt an Bedeutung
Eine aktuelle Studie von Deloitte aus dem Jahr 2024 zeigt, dass das Interesse an betrieblicher Altersvorsorge (bAV) trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten weiterhin hoch ist. Nach einer Phase der Zurückhaltung aufgrund der Inflation steigt die Teilnahmequote wieder leicht an. Besonders Sicherheit, Rendite und Flexibilität stehen bei Beschäftigten hoch im Kurs.
Doch nicht alle Arbeitnehmenden profitieren gleichermaßen. Besonders Geringverdienende nutzen die bAV deutlich seltener, obwohl sie langfristig am meisten von der zusätzlichen Vorsorge profitieren würden. Ein weiteres Problem: Viele Beschäftigte kennen die bestehenden Angebote nicht oder empfinden finanzielle Hürden als zu hoch.
Doch nicht nur das kann ein guter Grund für HR-Manager*innen sein, sich verstärkt mit dem Thema auseinanderzusetzen. Über die Hälfte der Befragten gibt an, dass eine attraktive Altersvorsorge ein entscheidender Faktor bei der Wahl des Arbeitgebenden ist. Eine klare Kommunikation und gezielte Arbeitgeberzuschüsse könnten daher die Verbreitung der bAV weiter stärken.
Anspruch der Betriebsrente in Deutschland
2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | |
Personen in Millionen | 17,8 | 18,36 | 18,47 | 18,91 | 19,43 | 19,51 |
In Deutschland steigen die Ansprüche auf eine betriebliche Altersvorsorge (bAV) kontinuierlich. Während 2019 noch 17,8 Millionen Personen entweder selbst einen Anspruch auf eine Betriebsrente hatten oder in einem Haushalt lebten, in dem jemand anderes anspruchsberechtigt war, ist diese Zahl bis 2024 auf 19,51 Millionen gestiegen. Weitere Informationen dazu finden Sie in der Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach.
Was ist die betriebliche Altersvorsorge?
Bei der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) handelt es sich um Leistungen, die der Arbeitgebende seinen Beschäftigten zur Altersvorsorge zahlt. Diese wird auch häufig als Betriebsrente bezeichnet. Diese Form der Vorsorge kann bis zu drei biometrische Risiken abdecken (Alter, Tod, Erwerbsminderung). Die Ansprüche auf diese Leistungen werden erst mit dem Eintritt des jeweiligen Ereignisses fällig.
Die betriebliche Altersvorsorge ist also eine Zusatzrente zur gesetzlichen Rentenversicherung. Ihre rechtlichen Bedingungen sind im Betriebsrentengesetz (BetrAVG) festgelegt. Sie ist neben solchen wie die Rürup-Rente oder Riester-Rente eine Form der privaten Altersvorsorge. Die betriebliche Altersvorsorge und die gesetzliche Rente bilden neben der privaten Vorsorge die drei Säulen der Altersvorsorge.
Wichtig für die HRler! Seit 2002 hat jede*r Beschäftigte*r Anspruch auf eine betriebliche Altersvorsorge durch Entgeltumwandlung. Der Arbeitgebende muss dieser Pflicht nachkommen. Er hat allerdings das Recht, selbst zu entscheiden, welche Form im Unternehmen gewählt wird.
Finanzierung der betrieblichen Altersvorsorge ab 2025
Die Finanzierung der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) kann auf verschiedene Weise erfolgen:
- durch die Arbeitnehmenden selbst über die sogenannte Entgeltumwandlung,
- als rein arbeitgeberfinanzierte Leistung oder
- als Mischform aus beiden.
Ein Anspruch des Arbeitnehmenden auf eine bestimmte Form der Finanzierung besteht zwar nicht. Ein bestehender Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung können diese unter Umständen aber festlegen.
Achtung! Seit 2019 sind Arbeitgebende verpflichtet, einen Zuschuss von mindestens 15 Prozent zur Entgeltumwandlung zu leisten, sofern sie dadurch Sozialversicherungsbeiträge einsparen. Diese Regelung gilt seit Januar 2022 sowohl für neue als auch für bestehende bAV-Verträge und bleibt auch 2025 unverändert bestehen.
Tipp! Auch Geringverdienende (Minijobber*innen beispielsweise) haben ein Recht auf die betriebliche Altersvorsorge. Seit 2018 bezuschusst der Bund Arbeitgebende bis zu 30 Prozent, wenn sie die bAV von Geringverdienenden fördern.
Betriebliche Altersvorsorge: Berechnung
Die Berechnung der betrieblichen Altersvorsorge hängt von vielen Faktoren wie Einkommen, Alter, Kinderfreibeträge oder auch der Krankenversicherung ab.
Für die Berechnung lohnt sich daher ein Rechner, den mittlerweile viele Versicherungen und Online-Portale kostenlos anbieten. Mit diesen können Beschäftigte nach Eingabe der relevanten Daten schnell Beiträge und die voraussichtliche Höhe der Rente errechnen.
Übrigens: Einheitliche Systeme für alle Mitarbeitenden erleichtern eine Berechnung und die Verwaltung für Ihre HR.
Betriebliche Altersvorsorge: Steuern und Sozialabgaben (Stand 2025)
Generell können sowohl Arbeitgeber*in als auch Arbeitnehmer*in Steuern und Sozialabgaben bei der Einzahlung in die betriebliche Altersvorsorge sparen.
Für Arbeitnehmende gilt: Steuern werden erst bei der Auszahlung fällig (sogenannte nachgelagerte Besteuerung). Auf die Auszahlung wird außerdem der volle Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag fällig.
Tipp: Schauen Sie sich doch einmal die Anlage Vorsorgeaufwand an. Dort können Sie beispielsweise Beiträge zur Krankenversicherung als Sonderausgaben geltend machen.
Betriebliche Altersvorsorge 2025: Steuer- und Sozialabgabenfreiheit
Der Steuerfreibetrag der betrieblichen Altersvorsorge wird oft angepasst. Folgende Angaben gelten seit dem 01. Januar 2025:
- Beiträge sind bis zu 8 Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in der gesetzlichen Rentenversicherung steuerfrei.
- Bei Sozialabgaben sind zudem bis zu 4 Prozent steuerfrei.
- Das gilt für die Durchführungswege Pensionskasse, Pensionsfonds oder Direktversicherung.
- Beiträge zu einer Direktzusage oder Unterstützungskasse sind weiterhin unbegrenzt steuerfrei.
- Bei einer Entgeltumwandlung profitieren Arbeitgebende von geringeren Lohnnebenkosten, da das Bruttogehalt der Beschäftigten sinkt.
Neu ab 2025! Aufgrund der steigenden Beitragsbemessungsgrenze (BBG) können Arbeitnehmende bis zu 3.864 Euro jährlich steuer- und sozialversicherungsfrei in die bAV einzahlen. Weitere 3.864 Euro jährlich können steuerfrei, jedoch nicht sozialversicherungsfrei, angespart werden. Diese Anpassung soll die betriebliche Altersvorsorge weiter stärken.
Betriebliche Altersvorsorge: Steuererklärung
Ihre Beschäftigten müssen die Ausgaben für die bAV zunächst nicht in der Steuererklärung angeben. Das ist erst in der Auszahlungsphase Pflicht. Sie wird dann als Einkommen in der Steuererklärung angegeben.
Die bAV muss nicht in der Anlage AV angegeben werden. Diese ist ausschließlich für die Riester-Rente gedacht.
Arbeitgebende können die gezahlten Beiträge in der Steuererklärung bei fast allen Durchführungswegen als Betriebsausgaben steuerlich geltend machen. Gleiches gilt für Rückstellungen, die bei der Direktzusage vom Unternehmen gebildet werden. Diese mindern die Steuerlast.
Formen der betriebliche Altersvorsorge
Die Durchführung der betrieblichen Altersvorsorge kann auf unterschiedlichem Wege erfolgen. Insgesamt lassen sich aktuell 5 solcher sogenannter Durchführungswege nennen. Alle unterscheiden sich in ihrer steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung.
Welche Form in einem Unternehmen angeboten wird, entscheiden Sie als Arbeitgebende selbst.
Direktzusage
In diesem Fall verpflichtet sich der Arbeitgebende, die Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge selbst , d. h. aus dem Betriebsvermögen, aufzubringen. Hierfür werden Pensionsrückstellungen gebildet.
Folgendes gilt:
- Verlässt ein*e Beschäftigte*r das Unternehmen, hat die jeweilige Person keinen Anspruch auf Weiterzahlung bzw. Mitnahme.
- Die Direktzusage (auch Pensionszusage genannt) ist in der Regel eine reine Arbeitgeberleistung.
- Es sind aber auch alle anderen Finanzierungsformen möglich. Zahlen beispielsweise Arbeitnehmende Beiträge über Entgeltumwandlung ein, sind diese zu 100 Prozent steuerfrei. Ein bedeutender Vorteil gegenüber den anderen Durchführungsvarianten, v.a. geeignet für Führungskräfte, Beschäftigte mit einem hohen Einkommen.
- Das Risiko bei dieser Form liegt beim Unternehmen ganz allein.
- Noch vor 2002 war dies eine der häufigsten Durchführungswege.
Unterstützungskasse
Ein oder mehrere Unternehmen bilden eigenständige und überbetriebliche Vorsorgeeinrichtungen. Risiken werden so aus dem Unternehmen ausgelagert. Die Unterstützungskasse ist über eine Rückdeckungsversicherung abgesichert.
Dies muss beachtet werden:
- Die Unterstützungskasse hilft Arbeitgebenden, die Vorsorgeleistungen gegenüber den Beschäftigten zu verwalten und zu sichern.
- Mitarbeiter*innen können ihren Anspruch stets nur über den Arbeitgebenden geltend machen, nie direkt über die Unterstützungskasse.
- Die Unterstützungskasse ist das älteste Modell der 5 Durchführungswege im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge. Das Risiko für Arbeitgebende ist bei der rückgedeckten Unterstützungskasse praktisch nicht vorhanden.
Direktversicherung
- In diesem Fall schließt der Arbeitgebende spezielle Lebens- oder Rentenversicherungen für seine Beschäftigten ab.
- Direktversicherungen stellen den am häufigsten gewählten Durchführungsweg dar.
- Der Verwaltungsaufwand ist sehr niedrig, weshalb sich diese Form vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen anbietet.
- Alle Finanzierungsoptionen sind hier möglich.
Pensionskasse
- Sie werden wie ein Versicherungsunternehmen geführt, wodurch die Rendite für Beschäftigte gleichzeitig sicher und hoch ist.
- Ein oder mehrere Unternehmen gründen eine Pensionskasse, meist als Versicherungsverein, in den Arbeitgebende die Beiträge zahlen.
- Beschäftigte können sich in Form von Entgeltumwandlung beteiligen.
- Im Falle einer Insolvenz ist die Vorsorgeleistung sichergestellt.
Pensionsfonds
Hierbei handelt es sich um den jüngsten der 5 Wege. In diesem Fall werden die Beiträge in einen Pensionsfonds eingezahlt. Höhere Renditen sind hier für die versicherten Beschäftigten möglich. Gleichzeitig ist das Risiko durch Schwankungen auf dem Kapitalmarkt natürlich höher.
Auch in diesem Fall sind alle möglichen Finanzierungswege denkbar.
Wichtig!
Bieten Arbeitgebende Ihren Beschäftigten keine betriebliche Altersvorsorge an, können Mitarbeiter*innen eine Entgeltumwandlung verlangen. Dies kann über eine Direktversicherung oder einen Pensionsfonds durchgeführt werden.
Andere Durchführungswege wie die Direktzusage oder Unterstützungskassen können hingegen immer nur im beiderseitigen Einvernehmen abgeschlossen werden.
Betriebliche Altersvorsorge: Nachteile und Vorteile
Arbeitgebende
Vorteile | Nachteile |
Mitarbeiterbindung: hoher Anreiz für neue Mitarbeitende | Je nach Durchführungsweg besteht ein Eigen- und Haftungsrisiko |
Selbstbestimmung: Sie legen den Durchführungsweg passend fest | |
Günstige Konditionen bei Zusammenschlüssen | |
Aufwendungen können steuerlich geltend gemacht werden | |
Imagegewinn für das Unternehmen |
Arbeitnehmende
Vorteile | Nachteile |
Einsparung von Sozialabgaben durch Bruttogehaltumwandlung | Nachgelagerte Besteuerung: Steuern fallen erst bei Auszahlung an (Freibeträge möglich) |
Einfach & bequem: Arbeitgeber*in übernimmt Verwaltung der Zusatzrente | Eingeschränkte Auswahlmöglichkeiten: Arbeitgeber bestimmt das Modell |
Arbeitgeberzuschuss von mindestens 15 % steigert die Rendite | Eingeschränkte Flexibilität bei Jobwechsel (Übernahme möglich, aber nicht immer attraktiv) |
In der Regel eine sehr sichere Anlageform | Volle Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf die Betriebsrente |
Unternehmen erhalten bessere Versicherungsangebote → meist bessere Zinsen als bei privater Vorsorge |
Betriebliche Altersvorsorge kündigen
Eine Kündigung der betrieblichen Altersvorsorge seitens der Beschäftigten ist in der Regel nicht möglich.
Es gibt jedoch Ausnahmen. So beispielsweise, wenn das angesparte Kapital sehr gering ist. Oft geht eine vorzeitige Kündigung jedoch mit erheblichen Nachteilen für die Beschäftigten einher.
HR-Tipp! Im Allgemeinen wird davon abgeraten, dass HR-Manager*innen die vorzeitige Auszahlung der betrieblichen Altersvorsorge genehmigen. Als Alternative zur Kündigung sollten die monatlichen Beiträge des Beschäftigten stattdessen vorübergehend auf beitragsfrei gestellt werden.
Zum Schluss…
Die betriebliche Altersvorsorge ist ein sehr umfassendes und komplexes Thema. Wir raten Arbeitgebenden, sich eingehend mit den verschiedenen Modellen auseinanderzusetzen. So sind Sie in der Lage, ein für Ihren Betrieb geeignetes Modell auszuwählen.
Das Thema unterliegt zudem oft rechtlichen Veränderungen. Informieren Sie sich also vor Abschluss über etwaige Änderungen und gesetzliche Regelungen.
Häufige Fragen und Antworten
Was ist eine betriebliche Altersvorsorge?
Bei der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) handelt es sich um Leistungen, die der Arbeitgebende seinen Beschäftigten zur Altersvorsorge zahlt. Diese wird auch häufig als Betriebsrente bezeichnet. Diese Form der Vorsorge kann bis zu drei biometrische Risiken abdecken (Alter, Tod, Erwerbsminderung). Die Ansprüche auf diese Leistungen werden erst mit dem Eintritt des jeweiligen Ereignis fällig. Die betriebliche Altersvorsorge ist also eine Zusatzrente zur gesetzlichen Rentenversicherung. Ihre rechtlichen Bedingungen sind im Betriebsrentengesetz (BetrAVG) festgelegt. Sie ist eine Form der privaten Altersvorsorge neben solchen wie die Rürup-Rente oder Riester Rente. Die betriebliche Altersvorsorge und die gesetzliche Rente bilden neben der privaten Vorsorge die drei Säulen der Altersvorsorge.
Welche Nachteile hat die betriebliche Altersvorsorge?
Die Nachteile der betrieblichen Altersvorsorge sind für Arbeitgebende überschaubar. Je nach Durchführungsweg kann ein Eigen- und Haftungsrisiko bestehen. Für Arbeitnehmer hat die bAV die folgenden Nachteile: Auf die Auszahlung werden Steuern fällig. Es gibt jedoch auch Freibeträge. Eingeschränkte Auswahlmöglichkeit: Der Arbeitgeber gibt das im Betrieb angebotene Modell vor. Unflexibel bei Jobwechsel: Zwar verlieren Arbeitnehmende das Ersparte nicht. Ein Anspruch, dass der neue Arbeitgebende die vorherige betriebliche Altersvorsorge weiterführt, besteht jedoch nicht. Eine Übernahme eines bestehenden bAV-Vertrags durch einen neuen Arbeitgebenden ist aber möglich.