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Benjamin Franklin-Effekt: Definition und Beispiele

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4 Minuten Lesezeit

Kennen Sie das? Wir tun jemandem einen Gefallen und plötzlich ist uns diese Person irgendwie sympathischer, obwohl wir sie vorher gar nicht so sehr mochten? Dieses Phänomen bezeichnet man als den Benjamin-Franklin-Effekt. Was genau dahintersteckt und wie sich dieser Effekt im Berufsalltag nutzen lässt, erklären wir im folgenden Artikel.

Key Facts

  1. Der Benjamin Franklin-Effekt besagt, dass wir die Menschen, denen wir einen Gefallen tun, sympathischer finden.
  2. Der Gründervater der Vereinigten Staaten, Benjamin Franklin, soll diesen psychologischen Trick angewendet haben.
  3. Der Effekt kann zu positiver Zusammenarbeit am Arbeitsplatz führen, was entscheidend für die Mitarbeiterzufriedenheit ist; 68 Prozent geben an, dass enge soziale Beziehungen und Freundschaften am Arbeitsplatz für sie wichtig sind.

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Was ist der Benjamin Franklin-Effekt?

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie und Ihr Kollege haben kein besonders gutes Verhältnis zueinander. Der Kollege bittet Sie nun aber, ihn bei einem Projekt zu unterstützen, da Sie viel Expertise in diesem Bereich haben. Sie sind nicht sonderlich motiviert, willigen aber ein. Die Projektarbeit verläuft gut und Sie fühlen sich geschmeichelt, weil der Kollege sich mehrfach bedankt und Ihre Erfahrung wirklich zu schätzen scheint. Sie selbst sind innerlich verwirrt, weil der Kollege Ihnen schmeichelt, obwohl er sie doch gar nicht mag? Letzten Endes kommen Sie zu dem Entschluss, dass der Kollege gar nicht so unsympathisch ist, wie Sie dachten, und beginnen, ein positiveres Bild von ihm zu entwickeln und ihn vielleicht sogar zu mögen.

Das Benjamin Franklin-Phänomen: Definition und Ursprung

Dieses oben beschriebene Beispiel nennt man den Benjamin-Franklin-Effekt. Dabei handelt es sich um ein psychologisches Phänomen, das besagt, dass wir Menschen sympathischer finden, denen wir einen Gefallen getan haben.

Der Effekt geht zurück auf den Gründervater der Vereinigten Staaten, Benjamin Franklin. Franklin soll diese Form der kognitiven Dissonanz in der menschlichen Psychologie genutzt haben, um seine Beziehungen zu bestimmten Menschen, insbesondere politischen Gegnern, zu verbessern. So bat er angeblich seine politischen Gegner um einen Gefallen, mit dem Ziel, ihre Meinung über ihn zum Positiven zu ändern.

In diesem Zusammenhang soll er gesagt haben:

„Derjenige, welcher dir einmal eine Freundlichkeit erwiesen hat, wird eher bereit sein, dir eine Weitere zu erweisen als der, dem du selbst einmal gefällig warst.“

Erklärung: Warum sind uns Menschen sympathischer, denen wir einen Gefallen tun?

Die kognitive Dissonanz des menschlichen Gehirns

Doch was steckt hinter diesem Phänomen? Der Benjamin Franklin-Effekt basiert auf dem Prinzip der kognitiven Dissonanz. Kognitive Dissonanz beschreibt einen Zustand, in dem zwei miteinander unvereinbare oder entgegengesetzte Gefühle, Gedanken oder Überzeugungen – beispielsweise gegenüber einer Person – nicht im Einklang stehen. Da dieser innere Konflikt für Menschen schwer auszuhalten ist, versuchen sie, ihn aufzulösen.

Im Fall des Benjamin-Franklin-Effekts bedeutet das, dass wir unsere Meinung über eine Person ins Positive verändern, wenn wir ihr geholfen haben. Auf diese Weise rechtfertigen wir unbewusst unsere Handlung und verringern die Dissonanz zwischen unserem Verhalten (Hilfe leisten) und unserer anfänglichen Einstellung (neutral oder negativ).

Kognitive Dissonanz im Job und im Alltag

Der Benjamin Franklin-Effekt ist dabei nur ein Phänomen, das ein Resultat kognitiver Dissonanz ist. Es gibt viele weitere Phänomene, die uns im Alltag begegnen, die auf diesem Prinzip basieren.

Ein weiteres Beispiel ist die sogenannte Post-dezisionale Dissonanzreduktion. Diese besagt, dass wir, nachdem wir eine Entscheidung getroffen haben, die Vorteile dieser Entscheidung besonders hervorheben und die Nachteile minimieren. Dies geschieht, um unsere Wahl vor uns selbst zu rechtfertigen. Wir kaschieren und reduzieren so unsere Unsicherheit darüber, ob die Entscheidung die richtige war.

Auch die Sunk-Cost-Fallacy (Versunkene-Kosten-Falle) ist ein weiteres Beispiel für ein Phänomen, das unter anderem auf dem Prinzip der kognitiven Dissonanz beruht. Es begegnet uns besonders häufig in der Arbeitswelt. Das Sunk-Cost-Fallacy-Phänomen besagt, dass wir an Projekten oder Entscheidungen festhalten, in die wir bereits sehr viel Zeit, Geld oder Ressourcen investiert haben. Und das, obwohl wir wissen, dass diese Entscheidung oder dieses Projekt nicht zielführend sein könnte oder sogar zu einem negativen Ergebnis führen würde.

Der Grund ist auch hier, dass wir die bisherigen Investitionen nicht als verloren ansehen wollen und uns den Misserfolg nicht eingestehen wollen. Um dieses unangenehme Gefühl zu vermeiden, machen wir weiter, obwohl es eigentlich nicht mehr sinnvoll ist. Auch Studierende, die lange an einem Studium festhalten, obwohl sie wissen, dass es nicht das Richtige für sie ist, aber den Schritt des Abbruchs nicht wagen, handeln nach demselben Prinzip der Sunk-Cost-Fallacy.

Reziproke Zuneigung: Sympathie für die, denen wir helfen

Neben dem Ansatz der kognitiven Dissonanz gibt es auch einen anderen Erklärungsansatz für diesen Effekt, den der reziproken Zuneigung. In einer englischsprachigen Studie fand die Wissenschaftlerin Yu Niiya von der Universität Tokio diese Erklärung für den Effekt. Auch sie stellte fest, dass die Proband*innen die anderen Teilnehmenden eher mochten, wenn diese sie um einen Gefallen baten.

Ihrer Meinung nach kann dies vor allem durch die reziproke Zuneigung erklärt werden. Dieser Ansatz geht davon aus, dass die Person, die um Hilfe gebeten wird, annimmt, dass die andere Person sie um Unterstützung bittet, weil sie sie mag. Sie glaubt, dass die andere Person sich mit ihr anfreunden möchte. Diese positiven, uns entgegengebrachten Gefühle möchten wir dann erwidern. Bei der reziproken Zuneigung wird die andere Person umso sympathischer wahrgenommen, je mehr man glaubt, dass sie einen selbst schätzt.

Benjamin Franklin-Effekt: Nutzen in der Arbeitswelt

Gerade im Job kann sich dieser Effekt positiv auf die Zusammenarbeit im Team auswirken. Kooperative Arbeitsweisen und Strukturen im Unternehmen, wie beispielsweise agiles Arbeiten, fördern eine Arbeitsweise, in der sich die Mitarbeitenden untereinander unterstützen und um Gefallen bitten. Das sorgt letztendlich dafür, dass die Beschäftigten sich gegenseitig sympathischer finden und möglicherweise Freundschaften schließen.

Hinweis: Dass die Beziehungen im Team ausschlaggebend für die Arbeitszufriedenheit sind, zeigt eine Studie von Capterra. Hiernach sind positive Beziehungen zu den Kolleg*innen der drittwichtigste Faktor für die Zufriedenheit am Arbeitsplatz. 68 Prozent der Befragten gaben an, dass es ihnen wichtig ist, Freundschaften bzw. enge soziale Beziehungen am Arbeitsplatz aufzubauen. An erster Stelle steht die Bezahlung, gefolgt von der Jobsicherheit.

Tipp: Factorial unterstützt Sie dabei, die Mitarbeiterzufriedenheit im Team zu ermitteln und zu fördern. Mit unserem Feedback-Tool können Sie ganz einfach Umfragen erstellen. So können Sie sich unkompliziert und anonym ein Bild von der aktuellen Stimmung im Büro machen. Diese eNPS-Befragungen können beispielsweise Fragen nach dem Workload und der Stimmung im Team beinhalten. So erhalten Sie schnell einen Eindruck von der Atmosphäre und dem Status quo im Office. Probieren Sie es doch selbst aus!

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Julia Lehmann ist Schriftstellerin, Philosophin, Künstlerin und Übersetzerin und schreibt seit 3 Jahren über HR- und arbeitsbezogene Themen und Nachrichten.

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