Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung beschäftigt Deutschlands Politik und damit zugleich auch Unternehmen schon seit einiger Zeit: Kaum verwunderlich, denn das dafür wegweisende und viel beachtete „Stechuhr-Urteil“ fiel schon im Jahr 2019. Nun drehen sich die Mühlen in der Bundesrepublik bekanntlich aber oftmals eher langsam. Im Jahr 2025 soll es unter der neuen Koalition von CDU/CSU und SPD Klarheit geben. Eines steht jetzt schon fest: Die elektronische Zeiterfassung wird Pflicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Ist die Zeiterfassung ab 2025 Pflicht? Ja, eine fortlaufende Arbeitszeiterfassung ist, abseits einiger weniger Ausnahmen, heute schon verpflichtend.
- War die elektronische Zeiterfassung Pflicht in 2024? Nein, eine digitale Erfassung war noch nicht Pflicht. Es gibt aber bereits seit 2023 einen Referentenentwurf, der eine verpflichtende Einführung vorsieht. Das ist aber keine Gesetzesänderung, sondern nur ein Referentenentwurf.
- Expert*innen gehen davon aus, dass der entsprechende Gesetzesentwurf für eine verpflichtende digitale Zeiterfassung noch in diesem Jahr verabschiedet wird – ab dann ist die elektronische Zeiterfassung tatsächlich gesetzlich bindend.
- Der bisherige Werdegang der Arbeitszeiterfassung
- Elektronische Zeiterfassung Gesetz & Referentenentwurf
- Ausnahmen: Welche Betriebe müssen Zeiten tracken?
- Ist eine minutengenaue Zeiterfassung Pflicht?
- Wer kontrolliert die elektronische Zeiterfassung?
- Der Status Quo – und wann mit Veränderungen zu rechnen ist
Der bisherige Werdegang der Arbeitszeiterfassung
Die Saga der Zeiterfassung und des Stechuhr-Urteils spannt mittlerweile immerhin sechs Jahre. Um etwas Übersicht in den verworrenen Verlauf zu bringen, haben wir einen kompakten Zeitstrahl mit den wichtigsten Ereignissen für Sie vorbereitet:
- 2019: Der Europäische Gerichtshof (kurz: EuGH) fällt am 14.05.2019 das „Stechuhr-Urteil“. Europäische Unternehmen sind verpflichtet, die Arbeitszeiten zu erfassen – über eine Arbeitszeiterfassung, die objektiv, verlässlich und zugänglich ist.
- 2022: Deutschlands Bundesarbeitsgericht bestätigt am 13.09.2022 das Urteil. Es verpflichtet Unternehmen zur Erfassung von Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit – gibt aber keine Vorgabe zur Art und Weise.
- 2023: Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales erstellt einen Referentenentwurf zur späteren Änderung des Arbeitszeitgesetzes. Der Referentenentwurf, der als Blaupause für das Gesetz dienen soll, sieht eine digitale Zeiterfassung als verpflichtend vor.
Wann ist also die digitale Zeiterfassung Pflicht? Sobald der Referentenentwurf tatsächlich zu einer Änderung des Arbeitszeitgesetzes führt. Das ist ein wichtiges Detail: Ein Referentenentwurf ist gewissermaßen die erste Vorlage, ein detailliert ausgearbeiteter Vorschlag. Ein Referentenentwurf ist aber noch keine gültige Gesetzgebung. Deshalb lässt sich die eingangs gestellte Frage, ab wann die elektronische Zeiterfassung Pflicht ist, kurzum wie folgt beantworten: Noch nicht, aber sie wird höchstwahrscheinlich irgendwann in diesem Jahr zur Pflicht.
Elektronische Zeiterfassung Gesetz & Referentenentwurf
Nun haben wir schon mehrfach auf den Referentenentwurf des BAMS verwiesen. Es lohnt sich an dieser Stelle folglich einmal genauer hinzuschauen, welche wichtigen Punkte und Änderungen hier enthalten sind:
- elektronische Zeiterfassung wird Pflicht
- es gibt Ausnahmen, zum Beispiel für kleine Betriebe mit weniger als 10 Mitarbeitenden
- die Aufzeichnung der Zeiterfassung soll noch am selben Tag erfolgen
- die Daten sind mindestens zwei volle Jahre aufzubewahren
Da der Referentenentwurf als Blaupause für das elektronische Zeiterfassung-Gesetz beziehungsweise die notwendigen Änderungen im Arbeitszeitgesetz dienen soll, ist auch wichtig, was eben jener Entwurf unter einer elektronischen Zeiterfassung versteht. Das haben wir für Sie zusammengefasst:
Eine Zeiterfassung ist in folgender Form erlaubt:
- Apps und spezialisierte Tools mit digitaler Zeiterfassung, wie beispielsweise Factorial
- über digitale Terminals mit angeschlossener digitaler Zeiterfassung
Nach Verabschiedung des Gesetzes werden hingegen nicht mehr erlaubt sein:
- analoge und papierbasierte Aufzeichnungen
- analoge Aufzeichnungen, die erst nachträglich digitalisiert werden
Ist die Arbeitszeiterfassung mit Excel erlaubt? Zum aktuellen Zeitpunkt ist sie das noch. Künftig wird der Fokus hingegen auf speziell dafür konzipierten Zeiterfassungs-Tools wie Factorial liegen.
Ausnahmen: Welche Betriebe müssen Zeiten tracken?
Zunächst einmal die bereits erwähnten kleinen Betriebe mit weniger als zehn Mitarbeitenden. Des Weiteren gelten besondere Regelungen für Tarifpartner*innen, welche gegebenenfalls individuelle Ausnahmen aushandeln können. Bei Tarifpartner*innen wäre also beispielsweise denkbar, dass (zunächst) keine Pflicht zur elektronischen Zeiterfassung besteht.
Ein omnipräsenter Streitpunkt ist zudem die Vertrauensarbeitszeit, für die das ursprüngliche Urteil vom Europäischen Gerichtshof nämlich keine Antworten lieferte. Wie genau diese künftig behandelt wird, wird sich erst bei der tatsächlichen Verabschiedung des jeweiligen Gesetzes zeigen. In einer jüngst publizierten Gesprächsrunde zwischen zwei Juristen wird davon ausgegangen, dass Vertrauensarbeitszeit weiterhin möglich sein soll – auch in Einklang mit der EU-Rechtsprechung. Trotzdem werden höchstwahrscheinlich Maßnahmen notwendig sein, um einer unkontrollierbaren „Ausbeutung“ durch zahlreiche, nicht erfasste Überstunden entgegenzuwirken.
Gut zu wissen: Im Koalitionsvertrag (Rn. 561 ff.) bekannten sich CDU, CSU und SPD zur Umsetzung der richterlichen Vorgaben und damit einer Änderung des Arbeitszeitgesetzes. Gleichermaßen soll es für kleinere und mittlere Betriebe großzügige Übergangsfristen geben. Laut dem Koalitionsvertrag soll die eben besprochene Vertrauenszeit weiterhin möglich sein – ob es qua Gesetz dann tatsächlich so kommt, lässt sich jetzt aber noch nicht hundertprozentig sagen.
Ist eine minutengenaue Zeiterfassung Pflicht?
Ja, alle Arbeitszeiten sind minutengenau zu dokumentieren. Jegliche Rundungen sind nicht zulässig, auch heute schon nicht. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Artikel: „Muss die Arbeitszeiterfassung minutengenau dokumentiert werden?“.
Wer kontrolliert die elektronische Zeiterfassung?
Mehrere Organe sind darin involviert: Hauptsächlich liegt die Aufgabe bei den Arbeitsschutzbehörden, welche bei identifizierten Verstößen auch Sanktionen verhängen dürfen. Die Datenschutzbehörde ist indes für die Kontrolle der geltenden Datenschutzgesetze mit Hinblick auf die Zeiterfassung verantwortlich. Unternehmensinterne Betriebsräte haben indes ein Mitspracherecht bei der Wahl der Zeiterfassung und sollten, allein ob ihrer Aufgabe als Betriebsrat, natürlich auch eine strikte Einhaltung der Arbeitszeitgesetze überwachen.
Der Status Quo – und wann mit Veränderungen zu rechnen ist
Aktuell befindet sich der finale Gesetzesentwurf immer noch in der Abstimmung in den jeweiligen Ressorts. Die bisher genannten Änderungen, die sich dann im Arbeitszeitgesetz befinden werden, werden aber mit größtmöglicher Sicherheit kommen. Das bedeutet für Unternehmen und Mitarbeitende in der Praxis: Aktuell sind analoge Zeiterfassungen noch erlaubt, bald werden sie es nur noch in elektronischer Form sein. Die Pflicht zur Zeiterfassung besteht aber schon jetzt, eine Ausnahme davon wäre beispielsweise nur über die Vertrauensarbeitszeit oder Tarifpartner*innen möglich.
Die Übergangsfristen stehen ebenfalls noch nicht fest. Der letzte Stand der Dinge sah wie folgt aus: Unternehmen mit mehr als 250 Arbeitnehmenden haben eine Mindestübergangszeit von einem Jahr, solche mit mehr als 50, aber weniger als 250 Angestellten haben eine Übergangsfrist von zwei Jahren. Wer weniger als 50, aber mehr als 10 Mitarbeitende beschäftigt, bekommt fünf Jahre Aufschub.
Betriebe, die weniger als zehn Angestellte haben, müssen die elektronische Zeiterfassung nicht verpflichtend einführen. Trotzdem lohnt sich eine Einführung womöglich auch für sie: Um Rechtssicherheit und effiziente Kontrollen der Arbeitszeit zu ermöglichen.
Tipp: Mit der Software für Arbeitszeiterfassung von Factorial können sich Ihre Mitarbeitenden bequem ein- und auschecken – egal, ob Sie auf Dienstreise sind, im Homeoffice oder gar standortgebunden arbeiten. Verfolgen Sie Überstunden und Abwesenheiten und verbinden Sie die Zeitinformationen direkt mit der Entgeltabrechnung! ⏱️ Erfahren Sie hier mehr.