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Geteilte Führung: Modell, Vorteile, Herausforderungen und Umsetzung

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7 Minuten Lesezeit
Geteilte Führung

Die Arbeitswelt befindet sich seit einigen Jahren verstärkt im Wandel. Neue Konzepte wie New Work, neue Arbeitszeitmodelle, Remote Work und Home Office haben die Arbeitswelt nachhaltig verändert. Auch die Führungsebene und das Führungsverständnis bleiben von diesem Wandel nicht unberührt. Der Trend in der Arbeitswelt geht hin zu Shared Leadership, einem Führungsmodell, bei dem sich mehrere Mitarbeitende die Verantwortung und Führungsaufgaben teilen. Wie die geteilte Führung genau funktioniert und welche Chancen und Herausforderungen sie mit sich bringt, erläutern wir im folgenden Artikel.

Key Facts 

  1. Bei dem Führungsmodell der Shared Leadership werden Verantwortlichkeiten von Führungsaufgaben auf mehrere Mitarbeitende aufgeteilt.
  2. Das Konzept passt ideal in Zeiten von neuen Arbeitsmodellen wie Homeoffice oder vermehrte Teilzeitarbeit.
  3. Bei der Implementierung sollte allerdings auf klare Grenzen, Aufgabenverteilung und eine transparente Kommunikation geachtet werden.

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Geteilte Führung – Was ist das?

Geteilte Führung Definition

Bei der Shared Leadership oder eben zu Deutsch „Geteilten Führung“ wird die Führung nicht mehr länger von nur einer Person übernommen, sondern die Verantwortlichkeiten bei der Mitarbeiterführung werden auf mehrere Personen aufgeteilt. Bei diesem Konzept geht es darum, dass die Verantwortlichkeiten auf mehrere Schultern verteilt werden.

Geteilte Führung ist nicht nur auf das Top Management beschränkt

Dabei kann Shared Leadership nicht nur auf hierarchisch höher angesiedelte Führungskräfte angewendet werden. Das Konzept der Shared Leadership kann genauso gut in einem Team auf mittlerer Unternehmensebene oder spezifische Projektgruppen umgesetzt werden. Hier geht es darum, dass alle Teammitglieder oder auch alle Führungskräfte, kurz alle an der Shared Leadership beteiligten Akteure, auf Augenhöhe entscheiden und sich die Last der Verantwortung teilen und die Entscheidungsfindung gemeinsam stattfindet.

Shared Leadership Lufthansa

Das Unternehmen Lufthansa wendet Shared Leadership an. Es soll hier für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sorgen. Führungs- und Fachkräfte können sich so bspw. eine Stelle jeweils in Teilzeit teilen.

Shared Leadership ist unabhängig vom Führungsstil

Geteilte Führung ist unabhängig vom Führungsstil in Ihrem Unternehmen. Auch wenn sie in ihrem Unternehmen einen autoritären Führungsstil anwenden, kann trotzdem Shared Leadership umgesetzt werden. Wichtig ist, dass dann nur alle an der Shared Leadership beteiligten Personen diesen Führungsstil anwenden. Es ist dann natürlich nicht möglich bzw. eher kontraproduktiv, wenn eine Führungskraft den kooperativen Führungsstil lebt und eine andere den autoritären. Einen Überblick über die wichtigsten Führungsstile haben wir in unserem Blog in einem Artikel zusammengefasst.

Warum verändert sich Führung?

Der Führungsansatz der Shared Leadership passt in eine Zeit, in der sich die Arbeitswelt stark verändert. Mit den Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt verändert sich auch die Führung. Unternehmen, die erfolgreich und wettbewerbsfähig bleiben wollen, sollten sich daher verstärkt mit der Ausgestaltung von Führungspositionen und dem in ihrem Unternehmen vorherrschenden Führungsverständnis kritisch auseinandersetzen.

Ein verändertes Führungsverständnis ist vor allem Ergebnis folgender gesellschaftlicher Veränderungen:

  • Die Rahmenbedingungen haben sich stark verändert: z. B. Digitalisierung, Globalisierung
  • Anforderungen an Führung hat sich geändert: verstärkte Mitarbeiterorientierung, Komplexität, Betonung von Soft Skills, Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt haben sich gewandelt: weniger Arbeitssuchende auf mehr Stellen
  • Entwicklung neuer Arbeitsmodelle: z. B. New Work, Agile Führung, Remote Work

Geteilte Führung und Job Sharing

Beide Konzepte – Shared Leadership und Jobsharing – ähneln sich, unterscheiden sich aber im Wesentlichen dadurch, dass Jobsharing der Oberbegriff ist und Shared Leadership als Beispiel für Jobsharing gesehen werden kann.

Beim Jobsharing liegt der Fokus eher darauf, dass eine Stelle geteilt wird. D. h. eine 100%-Stelle wird z. B. auf zwei Personen mit zwei 50%-Stellen aufgeteilt.

Shared Leadership ist also ein Jobsharing, bei der Führungsverantwortung auf mehrere Ebenen verteilt ist, z. B. in der Geschäftsleitung, in der Teamleitung oder in Projektgruppen. Der Fokus liegt hier nicht zwangsweise auf der zeitlichen Aufteilung.

Was ist Topsharing?

Topsharing ist ebenso wie Shared Leadership eine Form ist des Jobsharings. Diese Form des Jobsharings bezieht sich nur auf Führungspositionen, also konkret auf das Topmanagement, daher auch der Name. Dabei teilen sich zwei oder mehrere Führungskräfte die Verantwortung und die Aufgaben einer Führungsposition.

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Wie funktioniert eine Doppelspitze? So können Sie die geteilte Führung bei sich im Betrieb umsetzen

Voraussetzungen für die Shared Leadership

Damit das Ganze jedoch funktionieren kann, müssen einige Grundbedingungen erfüllt sein.

Dazu gehören unter anderem:

  • Bereitschaft der Beteiligten: Hier geht es darum, dass Führungskräfte, die bisher die alleinige Führung innehatten, bereit sind, Verantwortung zu teilen und auch Kontrolle und Aufgaben abzugeben. Gerade vielen Führungskräften, die noch den Stil der alten Schule pflegen, fällt es schwer, Kontrolle abzugeben. Die Tatsache, dass bestimmte Aufgaben nun geteilt werden, sollten sie daher nicht als Degradierung empfinden, sondern als Chance begreifen. Andernfalls wird sich das Konzept kaum durchsetzen. Gleichzeitig müssen natürlich auch Beschäftigte, die bisher weniger Führungsverantwortung innehatten, bereit sein, mehr Verantwortung übernehmen zu wollen.
  • Klare Aufteilung und Grenzen: Darüber hinaus ist es auch bei Shared Leadership wichtig, dass die Aufgabenbereiche klar abgegrenzt sind und genau definiert ist, wer was übernimmt. Je klarer die Rollen definiert sind, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit von Konflikten.
  • Strukturen im Unternehmen: Obwohl die geteilte Führung grundsätzlich auch in Unternehmen mit einem autoritären Führungsstil angewendet werden kann, funktioniert die Umsetzung natürlich in Unternehmen mit weniger starren Strukturen leichter und besser.
  • Kommunikation: Transparenz und Kommunikation über Prozesse, Entscheidungen und Ziele sind umso wichtiger, je mehr Positionen geteilt werden. Ein regelmäßiger und guter Austausch zwischen allen Beteiligten ist daher für eine geteilte Führung unerlässlich.

Eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter diskutieren ihre neue Rolle in der geteilten Führung.

Vorteile und Nachteile – Warum Shared Leadership?

Vorteile – Was bringt die geteilte Führung?

Kompatibel mit New Work Konzepten:

Die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren erfreulicherweise stark verändert. Unterschiedliche und neue Arbeitszeitmodelle sowie ein verstärkter Fokus auf eine gute Work-Life-Balance und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf führen dazu, dass die alten Modelle mit einer einzigen Führungskraft weniger in die heutige Zeit passen. Die neuen Modelle von New Work sind viel besser mit einer geteilten Führung vereinbar.

Shared Leadership Beispiel

Nehmen wir zum Beispiel an, dass die Führung auf zwei Personen aufgeteilt wird. Auf diese Weise können die Stunden für diese Position pro Person auf 20 Stunden pro Woche reduziert werden. So bleibt mehr Zeit für die Familie und trotzdem sind die Aufgaben und Verantwortlichkeiten für diese Position erfüllt.Aktuelle Studien zeigen immer wieder, dass die deutschen Arbeitnehmer*innen tendenziell weniger Stunden pro Woche arbeiten möchten. Die 40-Stunden-Woche ist ein Auslaufmodell und wird nicht mehr lange Bestand haben. Die meisten Befragten einer Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin gaben an, durchschnittlich 34,4 Stunden pro Woche arbeiten zu wollen.

Komplexität wird aufgeteilt/ bessere, innovativere Entscheidungen:

Es ist immer besser, wenn schwierige Aufgaben und viel Verantwortung nicht nur von einer Person getragen werden. Oft werden so bessere, nicht selten sogar innovativere und ausgewogenere Entscheidungen getroffen. Die Angst, am Ende allein für Entscheidungen verantwortlich zu sein und die Angst, falsche Entscheidungen zu treffen, wird durch die Aufteilung verringert. Gerade die Bewältigung von Führungsaufgaben profitiert von diesem Führungsmodell.

Zufriedene Mitarbeiter*innen:

Wenn Sie das Shared-Leadership-Modell auf Teams außerhalb der Führungsebene anwenden, stärkt dies das Vertrauen der Mitarbeiter*innen in sich selbst und in das Unternehmen. Die ihnen übertragenen Aufgaben, Verantwortlichkeiten und das neue Modell der Zusammenarbeit geben ihnen ein Gefühl der Wertschätzung, das motiviert und führt zu besseren Arbeitsergebnissen.

Weniger Abhängigkeit:

Wird die Arbeit und Verantwortung auf nur eine Person verteilt, kann es schnell zu Abhängigkeiten und damit zu Problemen kommen, wenn diese Person z. B. verhindert ist oder ausfällt. Wird die Führungsrolle hingegen auf mehrere Personen verteilt, entsteht weniger Abhängigkeit.

Weiterentwicklung von Kompetenzen:

Zudem können Mitarbeitende, die mit neuen Verantwortlichkeiten betraut werden, neue Kompetenzen und vor allem ihre Führungskompetenzen ausbauen und weiterentwickeln.

Herausforderungen bei der geteilten Führung

Natürlich kann es auch Schwierigkeiten bei der Umsetzung der geteilten Führung geben bzw. können einzelne Aspekte die Unternehmen zunächst vor Herausforderungen stellen. Vor- und Nachteile sollten vor der Implementierung sorgfältig abgewogen werden. In bestimmten Branchen – insbesondere z.B. in der Kreativwirtschaft – kann die Umsetzung von geteilter Führung mitunter sogar vorteilhafter sein, während sie in anderen Branchen eher mehr Herausforderungen mit sich bringt.

Erschwerte Koordination:

Mehr beteiligte Akteure bedeuten auch mehr Abstimmungs- und Koordinierungsbedarf. Dies kann zu langwierigen Prozessen führen und mitunter zu verminderter Leistung und Effizienz führen.

Nicht jede Person ist geeignet:

Nicht jede*r Mitarbeiter*in bringt die notwendigen Kompetenzen für eine Führungsposition mit. Hinzu kommt, dass viele Menschen gar nicht mehr Verantwortung übernehmen wollen oder können. Diese Mitarbeiter sind dann für ein solches Modell nicht geeignet.

Unklare Verantwortlichkeiten:

Wenn die Verantwortlichkeiten der einzelnen Akteure nicht klar definiert sind, kann es zu Diffusität kommen, d.h. Aufgaben werden nicht erledigt, weil sich niemand verantwortlich fühlt.

Zum Schluss: Beispiele Shared Leadership

Wie genau Sie das Konzept von Shared Leadership in Ihrem Unternehmen umsetzen, hängt auch von den Gegebenheiten vor Ort ab, es gibt keine Patentlösung oder ein Schema-F, das hier greifen könnte. Einige Möglichkeiten, wie dies geschehen kann, seien hier beispielhaft genannt.

Co-Leitung oder Co-Leadership/Führungsduo

In diesem Modell teilen sich zwei Personen gleichberechtigt die Führungsaufgaben. Entscheidungen werden gemeinsam gefällt, Aufgaben gemeinsam delegiert und auch die Verantwortung tragen beide zu gleichen Teilen.

Beispiel: Zwei Schulleiter*innen leiten gemeinsam eine Schule. Sie haben jeweils eigene Schwerpunkte (z.B. Pädagogik und Finanzen), alle wichtigen Entscheidungen werden aber gemeinsam getroffen.

Führungstandem

In diesem Modell arbeitet eine erfahrene Führungskraft mit einem*r weniger erfahrenen Kolleg*in zusammen. Die erfahrene Führungskraft übernimmt die Rolle des Mentors und unterstützt den Kollegen bei der Entwicklung seiner Führungskompetenzen. Gleichzeitig bringt der*die junge Kolleg*in Kompetenzen mit (typischerweise im digitalen Bereich), die sie an die erfahrene Fachkraft weitergeben kann.

Agile Teams

In agilen Teams wechseln die Führungsrollen häufig. Je nach Situation und Aufgabe übernehmen bestimmte Teammitglieder die Führung.

Maria Macher ist Content Managerin bei Factorial und lebt hier ihre Liebe für die deutsche Sprache und HR-Themen aus. Bereits während ihrer Studienzeit in Wien und Barcelona sammelte sie unterschiedlichste Arbeitserfahrungen: beim Early-Stage-Startup bis hin zum multinationalen Konzern. Dabei lernte sie insbesondere, was verschiedene Unternehmenskulturen ausmacht und welche Rolle die wichtigste Ressource in Unternehmen spielt: die Menschen.

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