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Präsentismus: Schädlich für Beschäftigte und Unternehmen

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8 Minuten Lesezeit
Präsentismus

Laut einer aktuellen Studie der Krankenkasse Pronova BKK  gehen ¾ der Beschäftigten in Deutschland krank zur Arbeit. Doch dieses Phänomen der modernen Arbeitswelt, der sogenannte Präsentismus, hat keine positiven Folgen für Unternehmen. Im Gegenteil: Es verursacht wirtschaftlichen Schaden.

In diesem Blogartikel betrachten wir die Gründe und Folgen von Präsentismus und stellen Ihnen geeignete Abhilfen vor, um dieses Phänomen in Ihrem Unternehmen zu vermeiden.

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Präsentismus: Definition

Präsentismus ist ein Lehnwort aus dem Englischen. Das englische „presenteeism“ meint etwa so viel wie „Anwesenheitszwang“. Präsentismus beschreibt also das Phänomen, dass Angestellte trotz einer Krankheit weiterhin zur Arbeit kommen bzw. weiter von zu Hause arbeiten. 

Drei Arten des Präsentismus sind in diesem Fall möglich:

  1. Beschäftigte sind krank und erscheinen dennoch zur Arbeit.
  2. Mitarbeiter*innen im Homeoffice sind krank und arbeiten von dort trotzdem weiter (auch bekannt als Workaholismus).
  3. Arbeitnehmer erscheinen gegen ärztlichen Rat auf der Arbeit (z. B. trotz Krankschreibung).

Abgrenzung: Absentismus/Präsentismus

Wird mit Präsentismus das Arbeiten trotz Krankheit beschrieben, geht es beim Absentismus genau ums Gegenteil. D. h. Beschäftigte kommen nicht zur Arbeit, obwohl sie überhaupt nicht erkrankt sind. 

Der Begriff geht auf das lateinische Wort „absentia“ für „Abwesenheit“ zurück. Bei Absentismus melden sich die Beschäftigten auf der Arbeit krank, obwohl sie gesund sind. Die 3-tägige Karenzzeit, bis eine Krankschreibung beim Arbeitgeber eingereicht werden muss, wird in diesem Fall oft ausgereizt. 

Achtung: Darunter fällt nicht die Abwesenheit im Rahmen von geschäftlichen Terminen außerhalb des Unternehmens. 

Gründe für den Absentismus gibt es viele: 

  • Mangelnde Motivation,
  • fehlende Bindung zum Unternehmen, 
  • Angst vorm Arbeitsplatz, 
  • unerträgliches Arbeitsklima, 
  • hohe Arbeitsbelastung oder auch private Probleme.

Merke: Präsentismus Absentismus (Englisch: presenteeism and absenteeism).

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Präsentismus: Gründe

Laut einer Studie der Pronova BKK erscheinen selbst mit einer Corona Infizierung  10 Prozent der Befragten krank zur Arbeit. Auch Studien aus früheren Jahren, wie beispielsweise die Fehlzeiten-Reports der AOK kommen zu ähnlichen Ergebnissen. 

Was sind also die Ursachen für Präsentismus? Diese lassen sich in drei übergeordnete Bereiche einteilen:

Arbeitsbezogene Gründe 

  • Rücksichtnahme auf Kolleg*innen bzw. Vermeidung zusätzlicher Belastung: Gerade in bestimmten Branchen wie beispielsweise der Gastronomie kann Arbeit nicht einfach liegen bleiben. Ein Krankheitsfall bedeutet in bestimmten Branchen oft eine Doppelbelastung für die Kolleg*innen. 
  • Führungskraft/hohe Verantwortlichkeiten: Gerade in KMUs kommt es oft auf jeden Mitarbeitenden an.  Selbstständige müssen im Krankheitsfall den Betrieb vorübergehend schließen. Jede fünfte Führungskräft geht laut einer aktuellen Studie der Techniker Krankenkasse (TK) trotz Krankheit zur Arbeit.
  • Hohe Arbeitsbelastung und/oder Zeitdruck.
  • Personalmangel und/oder fehlende Vertretung.

Personenbezogene Gründe

  • Falsches Verantwortungs- und Pflichtgefühl: Laut TK-Studie sind besonders jüngere Mitarbeitende und Frauen häufiger von Präsentismus betroffen. So gehen fast doppelt so viele unter 30-Jährige (30 Prozent) wie über 60-Jährige trotz Krankheit zur Arbeit.
  • Hohe Arbeitszufriedenheit und dementsprechend hohe Leistungsbereitschaft.
  • Emotionale Bindung an den Betrieb.
  • Falsche Motivation: Beschäftigte, die neu im Job und voller Tatendrang sind, sind häufig von Präsentismus betroffen. 
  • Geldsorgen: Nicht überall können Angestellte mit einer Lohnentgeltzahlung im Krankheitsfall rechnen. Um Lohn zu bekommen, muss also gearbeitet werden.

Organisationsbezogene Gründe:

  • Ängste: Unter anderem Angst vor Arbeitsplatzverlust oder Angst, Wichtiges auf der Arbeit zu versäumen.
  • Erfahrung mit Diskriminierung auf der Arbeit.
  • Hohe Performance-Kultur: Besonders in Führungsetagen gehört es oft zum guten Ton, immer da zu sein. Gute Arbeit wird automatisch mit “immer anwesend” verknüpft. Die Arbeit wird als Schauplatz angesehen, an dem es sich zu beweisen gilt.  In Unternehmen, in denen eine hohe Performance-Kultur herrscht, gibt es auch oft einen hohen Konkurrenzdruck. Nicht selten geht diese Kultur auf eine internalisierte toxische Männlichkeit zurück.

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Präsentismus Definition

Besonderer Fall: Homeoffice

Das vermehrte Arbeiten im Homeoffice verstärkt den Präsentismus. Die TK-Studie fand heraus, dass fast 50 Prozent der befragten Beschäftigten im Homeoffice trotz Krankheit häufiger arbeiten.

Beschäftigte arbeiten im Homeoffice sogar häufig oder sehr häufig trotz Krankschreibung und greifen vermehrt auf Medikamente zurück, um arbeiten zu können. Gründe hierfür können Schuldgefühle und ein falsch verstandenes Pflichtgefühl sein. 

Präsentismus: Folgen

Die Gründe, aus denen sich Mitarbeitende trotz Krankheit zur Arbeit quälen, sind zunächst verständlich. Das heißt aber nicht, dass sie richtig oder gut sind. Präsentismus kann sowohl für die Beschäftigten selbst als auch für das Unternehmen negative Folgen haben.

Mitarbeitende, die krank zur Arbeit gehen oder sich noch im Genesungsprozess befinden, schaden sich selbst enorm. Doch die negativen Folgen von Präsentismus sind auch für das Unternehmen nicht zu unterschätzen. Als Arbeitgeber sollten Sie so ein Verhalten deshalb als nicht wünschenswert betrachten. 

 Einige Folgen für Mitarbeitende und Unternehmen, die sich aus Präsentismus ergeben können, sind: 

Folgen für Mitarbeitende

  • Durch die Anstrengung auf der Arbeit und der fehlenden Ruhe wird der Genesungsprozess ggf. verlängert oder kann sich im schlimmsten Fall sogar verschlechtern. In diesem Fall muss der Mitarbeitende schließlich doch zu Hause bleiben, bis er wieder voll leistungsfähig ist.
  • Gesundheitliche Folgen: Langzeitfolgen wie eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit können die Folge sein. Es kommt zu einer Förderung von psychischen Erkrankungen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
  • Bei wiederkehrendem Präsentismus kann sich eine Chronifizierung der Erkrankung einstellen.

Folgen für Arbeitgeber

  • Produktivitätsverlust: Mitarbeitende, die häufig krank zur Arbeit kommen, sind weniger produktiv. Für Ihr Unternehmen bedeutet ein krank arbeitender Arbeitnehmer also einen Produktionsverlust und keinen Gewinn!
  • Laut der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sind die wirtschaftlichen Kosten von Präsentismus für Unternehmen weit höher als die durch krankheitsbedingten Fehlzeiten oder Absentismus verursachten Kosten. Dies ergaben auch verschiedene Studien und Berechnungen aus den USA, die die wirtschaftlichen Folgen durch Präsentismus untersuchen.

Höhere Fehlerquote und Sicherheitsrisiko

Angestellte, die krank auf der Arbeit erscheinen, sind nicht hundertprozentig einsatzfähig. Das bedeutet auch, dass Fehler wahrscheinlicher sind (bspw. durch höhere Unkonzentriertheit). Projekte können also fehlerhaft ausgeführt werden. Dies erfordert wiederum eine Korrektur und damit letztlich einen erhöhten Arbeitsaufwand. 

Kranke Mitarbeitende können in diesem Zusammenhang zu einem echten Risiko werden. Bei Arbeiten an und mit Maschinen, gefährlichen Stoffen oder auch direkt am Menschen (z. B. im Gesundheitswesen) können selbst kleine Fehler fatale Konsequenzen haben. 

Ansteckungsgefahr

Wenn Mitarbeitende krank zur Arbeit erscheinen, stecken sie ggf. Kolleg*innen an. Angestellte, die krank auf der Arbeit erscheinen, erhöhen also zudem das Risiko eines Arbeitsausfalls andere*r Beschäftigte*r.

Präsentismus Absentismus

Prävention von Präsentismus

Präsentismus schadet Ihren Mitarbeitenden und dem Unternehmen. Zudem haben Sie als Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht für Ihre Angestellten. Wie können HR Manager*innen so ein Verhalten im Unternehmen unterbinden? Welche Präventivmittel haben sich bereits bewährt?

Betriebliches Gesundheitsmanagement

Als bewährtes Präventionsmittel erweist es sich, eine mitarbeiterfreundliche, sichere und gesundheitsfördernde Arbeitsumgebung zu schaffen. Dies wird beispielsweise über Standardverfahren wie die betrieblich verpflichtende Gefährdungsbeurteilung erreicht.

Tipp: Eine psychische Gefährdungsbeurteilung kann ein wichtiges Mittel sein, um Präsentismus vorzubeugen. 

Mitarbeiterfreundliche Unternehmenskultur

Als Arbeitgeber müssen Sie dafür sorgen, dass die Strukturen in Ihrem Betrieb so ausgelegt sind, dass Präsentismus überhaupt nicht aufkommen kann. Ist in Ihrem Betrieb ein ständiger Personalmangel bei gleichzeitiger hoher Arbeitsbelastung ein Dauerzustand? Dann ist es nicht verwunderlich, wenn trotz Erkrankungen häufiger gearbeitet wird. 

Gibt es in Ihrem Unternehmen Arbeitskräfte, die Angst vor einer Nichtverlängerung des Arbeitsvertrages haben, sollten Sie einmal länger krank sein? Dann ist es womöglich Zeit, dies zu ändern. Eine mitarbeiterfreundliche Unternehmenskultur zeichnet sich durch die folgenden Merkmale aus: 

  • flexible Arbeitszeitmodelle und Arbeitsorte,
  • Reduktion der Arbeitslast
  • Reduktion von zeitlichem Druck. 

Vorbildfunktion

Arbeitgeber, Führungskräfte und HR-Manager*innen üben eine Vorbildfunktion aus. Erscheinen Sie als Arbeitgeber selbst oft krank zur Arbeit? Wie können Sie eine mitarbeiterfreundliche Unternehmenskultur schaffen, in der Mitarbeitende nicht krank zur Arbeit erscheinen? Gehen Sie selbst als Vorbild voran. Denn Ihre Beschäftigte orientieren sich an Ihnen und Ihren Führungskräften. 

Natürlich liegen nicht alle Änderungen und Vorsichtsmaßnahmen in unternehmerischer Hand. Auch die Politik ist gefragt, die Arbeitswelt so zu gestalten, dass kranke Menschen sich ausruhen können. Dies kann durch verpflichtende Lohnentgeltzahlungen im Krankheitsfall erreicht werden. Auch der Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, kann durch ein besser ausgebautes Sicherheitsnetz entgegengewirkt werden.

👉 Erstellen Sie Abwesenheitssarten, um alle Szenarien abzudecken. Krankheit, Urlaub, Home Office…Ihre Mitarbeiter können mit Factorial die entsprechende Art beim Antrag auswählen.

Sprachgewandt, neugierig und kreativ verfolgt unsere Autorin Marie-Louise Messerschmidt als SEO Content Writer die neuesten HR Trends. Als Teil des Content Marketing Teams arbeitet sie seit Mitte 2022 für Factorial HR. Nach ihrem Abschluss in Betriebswirtschaftslehre an der Georg-August-Universität Göttingen und Sprachwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München befasst sie sich bereits seit 2017 mit Themen im Personalbereich. Ihr Fokus liegt dabei besonders auf rechtlichen und strategischen Themen. Zuletzt hat sie einen Gastbeitrag zum Thema Personalverwaltung im OMT Magazin veröffentlicht.

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