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Weihnachtsgeld bei Kündigung: Anspruch und Beispiele

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7 Minuten Lesezeit
Weihnachtsgeld bei Kündigung: Anspruch und Beispiele

Etwas mehr als die Hälfte der deutschen Arbeitnehmenden erhält zum Jahresende Weihnachtsgeld. Häufig besteht jedoch sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Arbeitnehmerseite Unsicherheit darüber, ob im Falle einer Kündigung ein Anspruch auf Weihnachtsgeld besteht. Darüber hinaus ist oft unklar, ob und wann bereits ausgezahltes Weihnachtsgeld von den Arbeitnehmenden zurückgezahlt werden muss.

Im folgenden Artikel erläutern wir Ihnen die wichtigsten Regelungen im Zusammenhang mit Kündigung und Weihnachtsgeld.

Key Facts

  1. Ein gesetzlicher Anspruch auf die Auszahlung des Weihnachtsgeldes besteht nicht, kann sich aber aus betrieblicher Übung, Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen ergeben.
  2. Der Anspruch auf Weihnachtsgeld bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie die Regelungen zur Rückzahlungsverpflichtung hängen vom Charakter des Weihnachtsgeldes ab, d.h. ob es als Gratifikation, als Entgelt oder in einer Mischform gezahlt wird, sowie von einer ggf. im Arbeitsvertrag vereinbarten Stichtagsregelung.
  3. Etwas mehr als die Hälfte der deutschen Beschäftigten erhält Weihnachtsgeld.

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Definition: Was ist Weihnachtsgeld

Das Weihnachtsgeld ist eine zusätzliche Zahlung, die Arbeitnehmende einmal im Jahr von ihren Arbeitgebenden erhalten können. Der Betrag wird in der Regel am Ende des Jahres zur Weihnachtszeit ausgezahlt; daher auch der Name.

Das Weihnachtsgeld ist eine Sonderzahlung, mit der die Arbeitgebenden traditionell ihre Wertschätzung gegenüber den Arbeitnehmenden zum Ausdruck bringen und sich für die geleistete Arbeit bedanken.

Weihnachtsgeld Anspruch

Im Jahr 2023 erhielten laut Online-Umfrage des WSI 53 Prozent der Beschäftigten in Deutschland zum Jahresende eine Sonderzahlung von ihren Arbeitgebenden. Hinsichtlich der Höhe gibt es jedoch große Unterschiede. Zudem erhalten Beschäftigte mit Tarifvertrag häufiger Weihnachtsgeld als Beschäftigte ohne Tarifvertrag.

Abweichungen gibt es auch zwischen Ost- und Westdeutschland. So erhielten im Jahr 2023 in Ostdeutschland 43 Prozent der Arbeitnehmenden eine Sonderzahlung zum Jahresende, in Westdeutschland waren es 55 Prozent.

Darüber hinaus unterscheidet sich die Höhe des Weihnachtsgeldes auch nach dem Arbeitsverhältnis. So erhielten Vollzeitbeschäftigte häufiger Weihnachtsgeld als Angestellte mit einem Arbeitsvertrag auf Teilzeitbasis.

Bevor wir uns aber genauer dem Anspruch auf Weihnachtsgeld bei Kündigung widmen, schauen wir uns zunächst die allgemeinen Regelungen rund um das Weihnachtsgeld an.

Gibt es einen Anspruch auf Weihnachtsgeld?

Beim Weihnachtsgeld handelt es sich um eine freiwillige Sonderzahlung seitens der arbeitgebenden Personen. Ein gesetzlicher Anspruch auf Weihnachtsgeld besteht nicht.

Aber:

Ein Anspruch auf Weihnachtsgeld kann sich dennoch ergeben. Möglich sind in der Regel zwei Formen:

1. Anspruch auf Weihnachtsgeld wegen betrieblicher Übung

Ein Anspruch auf Weihnachtsgeld kann durch betriebliche Übung entstehen. Was bedeutet das? Wenn ein Unternehmen seinen Arbeitnehmenden über einen längeren Zeitraum regelmäßig eine bestimmte Leistung gewährt, kann ein Anspruch auf die Sonderzahlung zur Weihnachtszeit entstehen. Ein Anspruch auf Weihnachtsgeld aus betrieblicher Übung kann jedoch frühestens nach drei Jahren entstehen.

Außerdem müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein:

  1. Regelmäßigkeit: Die Leistungen bzw. Sonderzahlungen müssen regelmäßig erbracht worden sein, damit ein Anspruch im Folgejahr entsteht. Der Anspruch entsteht frühestens im vierten Jahr der regelmäßigen Zahlung.
  2. Gleichförmigkeit: Entscheidend für den Anspruch ist, dass es sich bei der Sonderzahlung bzw. Leistung um immer dieselbe Leistung handelt. Arbeitgebende müssen also drei Jahre hintereinander Weihnachtgeld an die Angestellten ausgezahlt haben, damit sich im Folgejahr ein Anspruch auf genau diese Leistung ergibt.
  3. Keine individuelle Leistung: Eine betriebliche Übung entsteht nicht, wenn nur ein Arbeitnehmer X z. B. Weihnachtsgeld oder eine Sonderzahlung zu Weihnachten erhält, alle anderen Arbeitnehmenden aber nicht. Die Leistung muss also einer Vielzahl an Arbeitnehmenden gewährt werden.

Wichtig: Die Höhe der Leistung ist jedoch keine Voraussetzung für das Entstehen einer betrieblichen Übung. Die Höhe kann also von Jahr zu Jahr unterschiedlich sein und dennoch entsteht regelmäßig ein Anspruch aus betrieblicher Übung.

Des Weiteren darf im Arbeitsvertrag auch kein Freiwilligkeitsvorbehalt vermerkt sein, der die Zahlung von Weihnachtsgeld auf Grundlage einer betrieblichen Übung widerrufen würde. Arbeitgebende haben nämlich die Möglichkeit, im Arbeitsvertrag einen solchen Vorbehalt einzufügen. Mit dieser Klausel behält sich die arbeitgebende Person vor, die freiwillige Zahlungen wie eine Weihnachtsgratifikation jederzeit einstellen zu können.

2. Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung

Ein Anspruch auf Weihnachtsgeld besteht auch, wenn eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung enthalten ist.

Anspruch auf Weihnachtsgeld bei Kündigung

Jetzt wissen wir, wann allgemein ein Anspruch auf Weihnachtsgeld besteht. Doch wie sieht es bei einer Kündigung aus? Welche Regelungen gelten hier? Das schauen wir uns im folgenden Abschnitt genauer an.

Was passiert mit Weihnachtsgeld bei Kündigung?

Das ist eine Frage, die sich sowohl Arbeitnehmende als auch Arbeitgebende immer wieder stellen. Wir haben die Antworten:

Generell gilt, dass der Anspruch auf Weihnachtsgeld im Falle einer Kündigung vom Zweck des Weihnachtsgeldes abhängt.

Der Zweck des Weihnachtsgeldes wird vom Arbeitgebenden bestimmt. Es gibt drei verschiedene Funktionen in diesem Zusammenhang.

1. Weihnachtsgeld als Belohnung und Bonus

Hier wird das Weihnachtsgeld eher als Belohnung für die Betriebstreue am Jahresende im Rahmen des bevorstehenden Weihnachtsfestes an die Beschäftigten gezahlt.

In dieser Situation kann es sein, dass Arbeitnehmende keinen Anspruch mehr auf das Weihnachtsgeld haben. Ob sie im Falle einer Kündigung noch Anspruch auf Weihnachtsgeld haben, hängt von der sogenannten Stichtagsklausel bzw. Stichtagsregelung ab, die wir weiter unten näher erläutern.

Beispiel:

Arbeitgeber X hat im Arbeitsvertrag eine Stichtagsregelung festgelegt. Der Stichtag ist der 01.11. eines Jahres. Arbeitnehmerin X kündigt jedoch bereits am 30.06. des Jahres. Sie hat keinen Anspruch auf Weihnachtsgeld, da sie vor dem Stichtag gekündigt hat.

2. Weihnachtsgeld als Entgelt

Das Weihnachtsgeld hat Entgeltcharakter, wenn es als fester Bestandteil im Arbeitsvertrag vereinbart ist und wie ein 13. Gehalt am Ende des Jahres oder anteilig im Monat an die Mitarbeitenden ausbezahlt wird. In diesem Sinne ist das Weihnachtsgeld ein zusätzlicher Bestandteil des regulären Lohns oder Gehalts, unabhängig von der Arbeitsleistung oder der Dauer der Betriebszugehörigkeit.

In diesem Fall besteht ein genereller (anteiliger) Anspruch am Weihnachtsgeld.

Beispiel:

Scheidet Arbeitnehmer X beispielsweise vor dem 30.06 eines Jahres aus dem Betrieb aus, erhält er trotzdem anteilig für diesen Zeitraum des Jahres sein 13. Monatsgehalt bzw. das Weihnachtsgeld.

3. Mischform

In vielen Fällen hat das Weihnachtsgeld aber auch einen Mischcharakter, hat sowohl Entgelt- als auch Belohnungscharakter.

Hier haben Beschäftigte laut Urteil des Bundesarbeitsgerichts Anspruch auf anteilige Zahlung des Weihnachtsgeldes (10 AZR 848/12).

Stichtagsregelung

Ob ein (anteiliger) Anspruch auf Weihnachtsgeld im Falle einer Kündigung besteht, hängt davon ab, welchen Charakter die Zahlung des Weihnachtsgeldes hat.

Die Stichtagsregelung für das Weihnachtsgeld besagt, dass nur dann ein Anspruch auf Auszahlung des Weihnachtsgeldes im Falle einer Kündigung besteht, wenn an einem bestimmten Stichtag, also an einem gewissen Datum, der bzw. die Angestellte noch im Betrieb beschäftigt ist.

Arbeitgebende legen diesen Stichtag – oftmals im Arbeitsvertrag – selbst fest.

Mitarbeitende, die das Unternehmen vor dem Stichtag verlassen haben, erhalten in der Regel kein Weihnachtsgeld.

Rückzahlung: Wann muss man Weihnachtsgeld zurückzahlen bei einer Kündigung?

Wie sieht es aus, wenn Arbeitnehmende das Weihnachtsgeld schon erhalten haben? Müssen sie es im Falle einer Kündigung zurückzahlen?

Bei Arbeitsverträgen mit Stichtagsregelung müssen Arbeitnehmende ein bereits gezahltes Weihnachtsgeld zurückzahlen, wenn sie vor dem im Arbeitsvertrag festgelegten Stichtag gekündigt haben.

Wichtig: Diese Regelung ist allerdings rechtlich hinfällig, wenn das Weihnachtsgeld Entgeltcharakter hat. In diesem Fall muss der Betrag nicht zurückgezahlt werden.

Darüber hinaus müssen auch bei Sonderzahlungen mit Belohnungscharakter Beträge unter 100 Euro nicht zurückgezahlt werden.

Bis wann muss man Weihnachtsgeld zurückzahlen bei Kündigung?

Liegt das Weihnachtsgeld über 100 Euro, aber unter dem regulären Monatsgehalt, kann unter Umständen eine Rückzahlungsverpflichtung bis zum 31. März des Folgejahres bestehen.

Übersteigt die Weihnachtsgratifikation das normale Monatsgehalt, kann unter Umständen eine Rückzahlungsverpflichtung bis zum 30. Juni des Folgejahres bestehen.

Diese Regelungen stammen aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23.05.2003, 10 AZR 390/02.

Wichtig: Für eine wirksame Rückzahlungspflicht müssen Arbeitgebende allerdings eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag eingefügt haben.

Weihnachtsgeld bei Mutterschutz und Elternzeit

Information zum Mutterschutz

Ist das Weihnachtsgeld Teil des Gehalts, müssen Arbeitgebende die Sonderzahlung auch an Arbeitnehmende in Mutterschutz auszahlen. Bei freiwilligen Zahlungen seitens der arbeitgebenden Personen besteht in der Regel auch wärhend des Mutterschutzes keine Verpflichtung zur Auszahlung.

Elternzeit

Hat die Sonderzahlung Entgeltcharakter, haben Personen in Elternzeit Anspruch auf die Sonderzahlung. Solange keine anderweitige vertragliche Regelung vorliegt, erhalten Arbeitnehmende in Elternzeit auch weiterhin Weihnachtsgeld, wenn diese belohnenden Charakter hat.

Kürzungen des Weihnachtsgeldes

Generell gilt:

  • Das Weihnachtsgeld darf während des Mutterschutzes nicht gekürzt werden.
  • Besteht eine vertragliche Regelung, kann das Weihnachtsgeld während der Elternzeit unter Umständen gekürzt werden.
  • Hat die Sonderzahlung Entgeltcharakter, können Arbeitgebende diese anteilig kürzen. Das ist in der Regel aber nur möglich, wenn Beschäftigte länger als sechs Wochen ausfallen und keine Lohnfortzahlung oder Krankengeld erhalten.
  • Da die Sonderzahlung nicht an die Arbeitsleistung anknüpft, kann sie in der Regel nicht gekürzt werden, wenn sie Belohnungscharakter hat.
  • Bei einer Sonderzahlung mit Mischcharakter darf nur gekürzt werden, wenn eine entsprechende Klausel im Tarifvertrag, der Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag vorliegt.

Wichtig: Grundsätzlich gilt, dass sich Arbeitgebende vor der Aufnahme bestimmter Klauseln zum Weihnachtsgeld in einen Arbeitsvertrag juristisch beraten lassen sollten. Viele Entscheidungen in diesem Zusammenhang sind oft Einzelfallentscheidungen.

Julia Lehmann ist Schriftstellerin, Philosophin, Künstlerin und Übersetzerin und schreibt seit 3 Jahren über HR- und arbeitsbezogene Themen und Nachrichten.

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