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Arbeitszeiterfassung

Arbeitszeiterfassung für Lehrer in NRW: Aktuelle Regeln & Pflichten

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Rechtskonform und zeitsparend: Das ist die Arbeitszeiterfassung mit Factorial. Alles zum Factorial Zeitmanagement
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Die durch das EuGH-Urteil im Jahr 2019 geforderte Einführung eines flächendeckenden, EU-weiten Zeiterfassungssystems für Beschäftigte verläuft in Deutschland nur schleppend. Insbesondere im Bereich der Lehrkräfte herrscht Uneinigkeit – bis hin zu Forderungen, Lehrkräfte aufgrund der Besonderheiten ihres Berufs von der Zeiterfassung auszunehmen.

Was die aktuellen Entwicklungen und der rechtliche Hintergrund in dieser Debatte sind, erfahren Sie im folgenden Artikel.

Key Facts

  1. Ein EuGH-Urteil aus dem Jahr 2019 forderte, dass die EU-Staaten ein Zeiterfassungssystem für Arbeitnehmende einführen, das objektiv, zuverlässig und transparent ist, um Höchstarbeitszeiten zu kontrollieren und Arbeitszeiten besser zu überwachen.
  2. Durch die besondere Beschaffenheit der Arbeit von Lehrkräften, die neben den regulären Pflichtstunden viele nicht messbare Aufgaben erbringen, gibt es unterschiedliche Positionen zur Arbeitszeiterfassung bei diesen. Einige fordern, Lehrkräfte von einem kommenden Gesetz auszunehmen, während Lehrkräfte selbst mehrheitlich eine Erfassung wünschen.
  3. Aktuell ist das Urteil noch nicht im Arbeitszeiterfassungsgesetz umgesetzt.

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Disclaimer: Aus SEO-Gründen wird auf das Gendern des Begriffs Lehrer verzichtet. Es sind alle Geschlechter mitgemeint.

Arbeitszeiterfassung für Lehrer in NRW: aktuelle Entwicklungen

Rechtlicher Hintergrund

Im Jahr 2019 fällte der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein wegweisendes Urteil. Demnach müssen die europäischen Staaten dafür sorgen, dass Unternehmen die Arbeitszeit der Beschäftigten mit einem verlässlichen, objektiven und zugänglichen Zeiterfassungssystem erfassen.

Das Ziel dieses Urteils ist deutlich: Die Einhaltung von Höchstarbeitszeiten, Pausen und Ruhezeiten soll transparenter gemacht und besser kontrolliert werden können – um Verstöße und Ausbeutung zu vermeiden.

In Deutschland folgte im Jahr 2022 ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts, das die Vorgaben des EuGH bestätigte.

Die Umsetzung in Deutschland erfolgt allerdings schleppend. Ein Referentenentwurf liegt zwar vor, doch die Ergebnisse der Urteile sind bislang noch nicht im Arbeitszeitgesetz umgesetzt worden, da sich die Regierung über die konkreten Details bisher nicht einigen konnte.

Mehr zu der aktuellen Entwicklung in Bezug auf die Arbeitszeiterfassung in Deutschland lesen Sie in unserem Artikel zum Thema.

Einführung einer Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte in NRW

Aktuell wird die Arbeitszeit der Lehrkräfte noch nicht erfasst. In Bremen ist allerdings eine erste Pilot- bzw. Konzeptionsphase für das Schuljahr 2026/2027 geplant.
Das Bundesland Hessen hingegen entschied, dass ein Alleingang einzelner Länder keine sinnvolle Lösung sei – stattdessen soll die Frage gemeinsam in der Kultusministerkonferenz mit allen Bundesländern geklärt werden.

Arbeitszeiterfassung Lehrer NRW: Wie hoch ist die regelmäßige Arbeitszeit für Lehrer in NRW?

Und wie sieht es in Nordrhein-Westfalen aus? Hier gibt es unterschiedliche Positionen.

Die Lehrkräfte selbst sprechen sich mehrheitlich klar für die Einführung einer Arbeitszeiterfassung aus, wie eine Umfrage des nordrhein-westfälischen Philologenverbands kürzlich ergab.
Ganze 64 Prozent wünschen sich die Einführung einer verbindlichen Zeiterfassung – und das ist kaum überraschend: Viele Lehrer arbeiten deutlich mehr, als tariflich oder vertraglich vorgesehen ist.

So gaben 41 Prozent der Befragten an, zwischen 41 und 50 Stunden pro Woche zu arbeiten. 37 Prozent arbeiten sogar mehr als 50 Stunden. Bei 12 Prozent liegt die wöchentliche Arbeitszeit bei über 60 Stunden – eine klare Überschreitung der gesetzlich vorgesehenen Höchstarbeitszeit. Besonders Korrekturaufgaben und Prüfungsvorbereitungen nähmen dabei sehr viel zusätzliche Zeit in Anspruch.

Positionen von Lehrkräften, Verbänden und der Kultusministerkonferenz (KMK) in Sachen Arbeitszeiterfassung für Lehrer in NRW

Jüngst klagten zwei Lehrkräfte vor dem Verwaltungsgericht in Stuttgart. Sie hatten ihre Arbeitszeit eigenständig dokumentiert – mit dem Ergebnis: mehr als 200 Überstunden pro Jahr.

Und genau darin liegt das Grundproblem in der aktuellen Situation der Lehrkräfte: Die frühere Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Katharina Günther-Wünsch, forderte, dass Lehrkräfte von einer Erfassung der Arbeitszeit ausgenommen werden sollen. Denn ihrer Ansicht nach sei nur der konkrete Unterricht quantifizierbar. Die vielen weiteren Aufgaben wie Korrekturen, Vor- und Nachbereitung oder Konferenzen seien dagegen nicht vorhersehbar und schwer überprüfbar.

Die Gewerkschaft GEW schließt sich klar den Forderungen der Lehrkräfte an – mit dem Ziel, den Arbeits- und Gesundheitsschutz des Lehrpersonals zu stärken.

Lehrkräfte gehören zu den Berufsgruppen mit einem besonders hohen Risiko für Burnout – so sehr, dass es spezialisierte Kliniken für das sogenannte „Lehrer-Burnout“ gibt. Auch Frühpensionierungen treten deutlich häufiger auf als in anderen Berufen.

Das liegt an zahlreichen Faktoren, die durch den Alltag an Schulen entstehen: wachsender Bürokratie, gestiegener Verantwortung, großen Klassen, fehlenden Ressourcen, ständig neuen Anforderungen – besonders durch Digitalisierung und heterogene Schülerschaften. Gleichzeitig sind Lehrkräfte häufig hohen Erwartungen von Eltern, Schüler*innen und Schulbehörden ausgesetzt, bei meist geringer Anerkennung.

Gerade engagierte Lehrkräfte mit hohem Anspruch an sich selbst geraten dabei an ihre Grenzen. Die spezifische Arbeitsbelastung ist einfach enorm.

Der Lehrerverband NRW zeigt sich hingegen skeptisch: Der Verbandspräsident, Andreas Bartsch, fordert, dass die Vertrauensarbeitszeit erhalten bleibt. Anstelle einer systematischen Zeiterfassung plädiert er für eine flexiblere Verteilung von Anrechnungsstunden – denn beispielsweise haben Deutschlehrkräfte deutlich mehr Arbeitsaufwand und Belastung, etwa durch umfangreiche Korrekturen außerhalb der regulären Unterrichtszeit, als etwa Lehrkräfte im Fach Sport.


Was gilt aktuell für Lehrkräfte?

Bis es hier also zu einer Einigung kommt, gelten weiterhin die regulären Regelungen zur Arbeitszeit. Doch wie sehen diese eigentlich aus?

Wie hoch ist die wöchentliche Arbeitszeit für Lehrkräfte in NRW?

Laut Tarifvertrag ist die regelmäßige Arbeitszeit für Beamt*innen und Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst als 41-Stunden-Woche definiert. Das gilt auch für tarifbeschäftigte Lehrkräfte.

Die verbindlichen Pflichtstunden, also die Unterrichtsstunden, die voll- oder teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte leisten müssen, werden jedes Schuljahr von der Kultusministerkonferenz für jedes Bundesland neu festgelegt.

Wie hoch ist die Pflichtstundenermäßigung für Lehrer in NRW und wie kann ich als Lehrer in NRW meine Arbeitszeit reduzieren?

Unter bestimmten Bedingungen können die Pflichtstunden für Lehrkräfte reduziert werden – in diesem Fall spricht man von einer Pflichtstundenermäßigung.

Solche Ermäßigungen können beispielsweise aufgrund des Alters, der Übernahme zusätzlicher Aufgaben (wie Klassen- oder Schulleitung) oder aus gesundheitlichen Gründen gewährt werden.

Da Faktoren wie Gesundheit oder Funktionsübernahmen nicht einfach standardisiert quantifizierbar sind, legt die Kultusministerkonferenz (KMK) nur für das Alter einer Lehrkraft eine konkrete Pflichtstundenermäßigung fest.

Für Nordrhein-Westfalen gelten aktuell folgende Regelungen:

  • Ab 55 Jahren: 1 Stunde Ermäßigung
  • Ab 60 Jahren: 3 Stunden Ermäßigung

Zusammenfassung: Arbeitszeiterfassung für Lehrer in NRW

Die Lage in Bezug auf die Zeiterfassung von Lehrkräften ist bisher noch nicht abschließend geklärt. Die unterschiedlichen Positionen zeigen, welche Herausforderungen sich aus dem besonderen Charakter des Lehrerberufs ergeben. Allerdings macht die aktuelle Diskussion auch deutlich, dass ein generelles Umdenken im Umgang mit dem Lehrerberuf notwendig sein könnte. Nicht zuletzt, um diesen angesichts des bundesweiten Lehrkräftemangels wieder attraktiver zu gestalten.

Eines steht fest: Auch wenn die genaue Umsetzung des Arbeitszeiterfassungsgesetzes noch aussteht, ist klar, dass sie kommen wird.

Für eine reibungslose Umsetzung können auch HR-Softwarelösungen wie digitale Zeiterfassungs-Tools von Factorial unterstützen. Arbeitszeiten von Beschäftigten können damit transparent und unkompliziert – per Klick, QR-Code, App oder am Desktop – erfasst und übersichtlich dokumentiert werden. Auch Hinweise auf die Überschreitung von Höchstarbeitszeiten sind mit solchen Systemen möglich.
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Julia Lehmann ist Schriftstellerin, Philosophin, Künstlerin und Übersetzerin und schreibt seit 3 Jahren über HR- und arbeitsbezogene Themen und Nachrichten.