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Arbeitszeitbetrug: Das ist Ihr Recht als Arbeitgebender

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7 Minuten Lesezeit
Arbeitszeitbetrug: Das ist Ihr Recht als Arbeitgebender

Der Arbeitszeitbetrug ist im Gegensatz zum Arbeitszeitverstoß eine vorsätzliche Pflichtverletzung des Arbeitsverhältnisses seitens der Arbeitnehmenden und stellt für Arbeitgebende regelmäßig ein großes Problem dar. Bei diesem Betrug machen Beschäftigte falsche Angaben zu ihrer Arbeitszeit, geben beispielsweise an, mehr gearbeitet zu haben, obwohl dies nicht der Fall ist. Der Nachweis für Arbeitgebende kann schwierig sein.

Im folgenden Artikel erläutern wir alle wichtigen Informationen zu diesem Thema, zeigen Ihnen Beispiele und welche Möglichkeiten Sie als Arbeitgebende haben.

Key Facts

  1. Arbeitszeitbetrug bedeutet, dass Beschäftigte bewusst falsche Angaben zu ihrer Arbeitszeit machen, was ein schwerwiegendes Fehlverhalten darstellt und sowohl arbeitsrechtliche als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
  2. Bei nachgewiesenem Arbeitszeitbetrug kann eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden. Alternativ kann eine Abmahnung oder eine ordentliche Kündigung ausgesprochen werden.
  3. Typische Beispiele für Arbeitszeitbetrug sind unter anderem regelmäßiges Zuspätkommen, nicht berechtigte, zu lange oder zu viele Pausen oder regelmäßige private Telefonate oder Internetnutzung.

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Was ist Arbeitszeitbetrug?

Unter Arbeitszeitbetrug versteht man die bewusste Falschangabe der geleisteten Arbeitszeit. Es handelt sich um ein schwerwiegendes Fehlverhalten, das zur Kündigung oder Abmahnung führen kann.

Arbeitnehmende sind arbeitsvertraglich verpflichtet, während der Arbeitszeit ihre im Arbeitsvertrag festgehaltene Arbeitsleistung zu erbringen, d. h. ihre Tätigkeit zu verrichten. Arbeitgebende sind ihrerseits verpflichtet, diese Arbeitsleistung monatlich zu vergüten. Das ist im § 611a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) festgelegt.

Erbringen Beschäftigte während ihrer Arbeitszeit nicht die vertraglich vereinbarte Tätigkeit, kann unter Umständen schnell der Tatbestand des Arbeitszeitbetrugs erfüllt sein. Das heißt: Arbeitnehmende sind zwar anwesend, verrichten aber nicht ihre Arbeit oder in geringerem Umfang als sie es angeben.

Bei einem solchen Betrug handelt es sich jedoch nicht nur um eine Verletzung der arbeitsrechtlichen Pflichten, sondern es kann auch ein strafrechtlicher Tatbestand erfüllt sein. Dazu weiter unten im Text mehr. Im Folgenden wollen wir uns zunächst anschauen, was alles unter Arbeitszeitbetrug fallen kann.

Arbeitszeitbetrug: Beispiele

Es gibt unzählige Beispiele, wie Arbeitnehmende ihre Arbeitszeiten manipulieren können. Die gängigsten und häufigsten sind folgende:

Regelmäßiges Zuspätkommen oder zu früh gehen

Beschäftigte kommen regelmäßig später als der im Arbeitsvertrag festgelegte Arbeitsbeginn oder verlassen ihren Arbeitsplatz wiederholt vorzeitig.

Unberechtigte Pausen

Mitarbeitende nehmen wiederkehrend längere Pausen als erlaubt oder sehr viele Pausen. Hierzu zählen übrigens auch nicht vereinbarte Raucherpausen.

Falsche Angaben bei der Zeiterfassung

Beschäftigte machen falsche Angaben über die tatsächlich vollbrachten Arbeitsstunden, d. h. sie geben z. B. mehr Arbeitsstunden an, als sie tatsächlich geleistet haben. Oder sie geben an, gearbeitet zu haben, obwohl sie überhaupt nicht tätig waren.

Kolleg*innen bitten, die eigene Arbeitszeiterfassung zu manipulieren

Es kommt auch immer wieder vor, dass Mitarbeitende ihre Kolleg*innen bitten, für sie auszustempeln, weil sie beispielsweise schon früher den Arbeitsplatz verlassen haben. Dieses Verhalten wird auch „Buddy Punching“ genannt.

Private Telefon- und Internetnutzung

Wenn Beschäftigte regelmäßig und häufig während der Arbeitszeit private Telefongespräche führen oder zu privaten Zwecken im Internet surfen, kann dies ebenfalls Arbeitszeitbetrug und einen Kündigungsgrund darstellen. Das gilt auch für Mitarbeitende im Home Office.

Falsche Angaben im Außendienst

Auch kommt es immer wieder vor, dass Arbeitnehmende, die im Außendienst beschäftigt oder auf einer Dienstreise sind, falsche Angaben zu Arbeitszeiten machen. Sie geben z. B. längere Fahrtzeiten oder längere Arbeitszeiten an.

Welche Beispiele fallen dagegen nicht unter Arbeitszeitbetrug?

Bestimmte Tätigkeiten, die nicht direkt, aber indirekt mit der Arbeitstätigkeit in Verbindung stehen, gelten im Gegensatz zu den obigen Beispielen nicht als Arbeitszeitbetrug, sondern als Teil der Tätigkeit. Beispiele hierfür sind:

  • Einrichten des Arbeitsplatzes
  • Anziehen der Arbeitskleidung/der Dienstkleidung
  • Kurze Unterbrechung für den Toilettengang oder Trinkpause
  • Während Rufbereitschaft: Freizeitaktivitäten
  • Dienstfahrten

Auch Gespräche mit Kolleg*innen auf dem Gang oder in der Teeküche – wenn sie sich im Rahmen halten – werden von Arbeitgebenden in der Regel nicht als Arbeitszeitbetrug gewertet. Diese informellen Gespräche haben einen hohen teambildenden Effekt und fördern eine positivere Atmosphäre. Beschäftigte, die sich gut mit ihren Mitarbeitenden verstehen, arbeiten laut Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in der Regel besser und produktiver.

Unterschied: Arbeitszeitverstoß und Arbeitszeitbetrug

Im Gegensatz zum Arbeitszeitbetrug handelt es sich beim Arbeitszeitverstoß um keine bewusste und vorsätzliche Manipulierung der Zeiterfassung. Eine zuverlässige Arbeitnehmerin beispielsweise, welche einmal verschläft und zu spät kommt, begeht keinen Arbeitszeitbetrug. Es handelt sich vielmehr um einen Arbeitszeitverstoß.

Ein Mitarbeiter, der regelmäßig zu spät kommt, handelt dagegen in gewisser Weise vorsätzlich. Er muss geeignete Maßnahmen ergreifen, um dieses Verhalten zu korrigieren. Das wiederholte Zuspätkommen, dem also eine gewisse Absicht unterstellt werden kann, würde bereits als Arbeitszeitbetrug gewertet werden.

Folgen: Was passiert bei Arbeitszeitbetrug?

Wer als Arbeitnehmender Arbeitszeitbetrug begeht, muss nicht nur mit arbeitsrechtlichen, sondern auch mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Schauen wir uns die einzelnen Folgen genauer an.

Arbeitsrechtliche Konsequenzen

Arbeitszeitbetrug: Fristlose Kündigung

Arbeitszeitbetrug ist auch im Arbeitsrecht kein Kavaliersdelikt. Wenn Sie als arbeitgebende Person ein solches Fehlverhalten bei Ihren Beschäftigten feststellen, können diesen schwerwiegende, arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen. So kann dies sogar ein Grund für eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses sein – also eine Kündigung, die ohne Abmahnung auskommt.

Diese ist jedoch nur in besonders schwerwiegenden Fällen gerechtfertigt, dann beispielsweise, wenn das Vertrauens- und Arbeitsverhältnis durch den Arbeitszeitbetrug maßgeblich gestört und zerstört ist (beispielsweise durch bewusste Manipulation der Zeiterfassung).

Wichtig: Bevor Sie als arbeitgebende Person eine fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs aussprechen, sollten Sie sich jedoch rechtlich absichern, damit diese Kündigung auch einer eventuellen Kündigungsschutzklage der Betroffenen standhält.

Sie sollten den Betrug nachweisen können, er muss großen wirtschaftlichen Schaden für ihr Unternehmen bedeuten und ein erhebliches Ausmaß annehmen (das einmalige Verschlafen zählt also nicht dazu).

Abmahnung und Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs – ordentliche Kündigung

Als arbeitgebende Person haben Sie auch die Möglichkeit, Ihren Beschäftigten zunächst eine Abmahnung auszusprechen. Diese muss schriftlich erfolgen und hat zum Ziel, die betroffenen Arbeitnehmenden auf ihr Fehlverhalten hinzuweisen und ihnen die Möglichkeit und Zeit zu geben, dieses zu korrigieren.

Diese Vorgehensweise wird in der Praxis oft bei Mitarbeitenden angewandt, die durch regelmäßiges Zuspätkommen negativ aufgefallen sind.

Ändert sich das Fehlverhalten auch nach wiederholter Abmahnung nicht, haben Sie die Möglichkeit, den oder die Beschäftigte*n zu kündigen. Man spricht dann von einer ordentlichen Kündigung. Das Arbeitsverhältnis endet dann mit Ablauf der Kündigungsfrist. Diese Form der Kündigung fällt unter die verhaltensbedingten Kündigungen.

Tipp:

Wenn möglich, sollten Sie immer das mildeste Mittel wählen. Es ist also besser, Ihre Arbeitnehmenden zunächst abzumahnen, als gleich eine fristlose Kündigung auszusprechen.

Strafrechtliche Konsequenzen

Neben diesen arbeitsrechtlichen Konsequenzen ist Arbeitszeitbetrug auch strafrechtlich relevant:

Liegt tatsächlich ein Arbeitszeitbetrug vor, können Sie als arbeitgebende Person Strafanzeige nach § 263 StGB erstatten.


Arbeitszeitbetrug nachweisen

Arbeitszeitbetrug ist in der Regel nicht leicht nachzuweisen. Wenn Sie in Ihrem Unternehmen nach dem Prinzip der Vertrauensarbeitszeit arbeiten, wenn es also überhaupt kein Zeiterfassungssystem gibt, ist es in der Regel fast unmöglich, Arbeitszeitbetrug durch Mitarbeitende nachzuweisen.

Eine Stechuhr bietet sicherlich den höchsten Schutz vor Arbeitszeitbetrug. Hier können Sie ganz genau ablesen, wann sich Ihre Beschäftigten ein- und ausgestempelt haben. Immer mehr Unternehmen schrecken mittlerweile jedoch vor solch althergebrachten „Kontrollmethoden“ zurück.

Im Grunde ist der beste Beweis für Arbeitszeitbetrug, den oder die Beschäftigten auf frischer Tat zu ertappen. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn Sie eine Mitarbeiterin bei wiederholten Raucherpausen zusätzlich zu der vertraglich vereinbarten einstündigen Mittagspause erwischen. Oder wenn Sie einen Beschäftigten mehrfach bei privaten Telefongesprächen am Arbeitsplatz ertappen.

Sie haben auch die Möglichkeit auf Zeugenaussagen zurückzugreifen. Das ist jedoch nicht immer einfach, weil Kolleg*innen sich beispielsweise untereinander nicht in den Rücken fallen oder falsche Aussagen machen wollen.

Arbeitszeitbetrug: Wie lange rückwirkend nachweisen?

Grundsätzlich können Sie Arbeitszeitbetrug verfolgen, solange das Arbeitsverhältnis besteht. Es gilt jedoch eine Verjährungsfrist von 3 Jahren (laut § 195 BGB). In schwerwiegenden Fällen kann diese Frist aber auch länger sein. Achten Sie also darauf, dass Sie alle Beweise und Unterlagen in diesem Zusammenhang aufbewahren.

Möglichkeit der Verdachtskündigung

Häufig greifen Arbeitgebende, die das Fehlverhalten Ihrer Beschäftigten nicht nachweisen können, auf eine Verdachtskündigung zurück.

Eine Verdachtskündigung ist eine Kündigung, die auf dem dringenden Verdacht beruht, dass Arbeitnehmende eine schwere Pflichtverletzung begangen haben, die das Vertrauensverhältnis nachhaltig erschüttert. Arbeitgebende können diese aussprechen, wenn ihnen konkrete Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten, aber keine eindeutigen Beweise vorliegen.

Vor Ausspruch einer Verdachtskündigung sind die jeweiligen betroffen Mitarbeitenden anzuhören, um ihnen Gelegenheit zu geben, den Verdacht zu entkräften. Diese Art der Kündigung ist nur wirksam, wenn die Verdachtsmomente so schwer wiegen, dass den Arbeitgebenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Neben Tatbeständen wie dem Arbeitszeitbetrug fallen hierunter auch Pflichtverletzungen wie das Nichteinreichen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder die Weitergabe von Betriebsgeheimnissen.

Tipp zum Schluss

Kein Zeiterfassungs- und Kontrollsystem kann hundertprozentig vor Arbeitszeitbetrug durch Mitarbeitende schützen. Was aber die Wahrscheinlichkeit des Fehleverhaltens reduziert, ist vor allem eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit. Zufriedene Mitarbeitende gehen gerne zur Arbeit, während unzufriedene Angestellte eher zu Arbeitszeitbetrug neigen.

Dennoch ist es immer sinnvoll, die Arbeitszeiten Ihrer Beschäftigten zu erfassen, um transparent alles auf einen Blick zu haben. Eine HR-Software wie die von Factorial kann Ihnen bei der Arbeitszeiterfassung helfen. Seit dem Jahr 2022 sind Unternehmen laut einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts darüber hinaus sogar verpflichtet, die Arbeitszeiten Ihrer Mitarbeitenden zu erfassen.

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Julia Lehmann ist Schriftstellerin, Philosophin, Künstlerin und Übersetzerin und schreibt seit 3 Jahren über HR- und arbeitsbezogene Themen und Nachrichten.

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