Was treibt Ihre Mitarbeiter*innen überhaupt zur Arbeit an? Was ist ihre Motivation? Diese Frage stellte sich bereits der Psychologe Abraham Maslow in den 1940er Jahren. Er entwickelte die Bedürfnispyramide, ein Modell zur Erklärung menschlicher Motivation. Obwohl das Modell schon so lange existiert, ist es immer noch aktuell. Gerade für ein HR-Team kann es wertvolle Erkenntnisse darüber liefern, wie Mitarbeiter*innen am Arbeitsplatz motiviert werden können bzw. was sie motiviert, engagiert zu arbeiten.
Key Facts
- Die Maslowsche Bedürfnispyramide ist ein nach wie vor relevantes Modell zur Erklärung menschlicher Motivation und Bedürfnisse.
- Das Modell gliedert sich in fünf hierarchische Ebenen, beginnend mit den physischen Grundbedürfnissen bis hin zur Selbstverwirklichung.
- Arbeitgeber und HR-Mitarbeiter*innen können aus der Pyramide Maßnahmen zur Mitarbeitermotivation ableiten.
- Maslowsche Bedürfnispyramide: Definition, Aufbau, Beispiele
- Kritik an der Bedürfnispyramide
- Bedürfnispyramide nach Maslow: ihre Bedeutung für die Arbeitswelt
- Mitarbeitende mithilfe von Maslows Bedürfnispyramide motivieren – Tipps
Maslowsche Bedürfnispyramide: Definition, Aufbau, Beispiele
Bedürfnispyramide Maslow: Definition
Die Maslowsche Bedürfnispyramide, oft auch als Maslowsche Bedürfnishierarchie bezeichnet, ist ein theoretisches Modell zur Erklärung menschlicher Bedürfnisse und Motivationen. Das Bedürfnismodell wurde von dem amerikanischen Psychologen Abraham Maslow entwickelt.
Mit der Bedürfnispyramide wollte Maslow erklären, welche Bedürfnisse Menschen zu welchem Zeitpunkt motivieren. Die Pyramide ist hierarchisch in Stufen aufgebaut. Maslow geht davon aus, dass zunächst die Befriedigung eines Bedürfnisses erfolgen muss, bevor die nächsthöhere Stufe für den Menschen interessant bzw. erreichbar wird.
Aufbau der Maslowschen Bedürfnispyramide
Die Pyramide ist in fünf Bedürfnisstufen hierarchisch eingeteilt. Die fünf Bedürfnisstufen wiederum werden in zwei Gruppen eingeteilt.
Bedürfnisstufen;
Grund- oder Existenzbedürfnisse
Ganz unten auf der Bedürfnispyramide sind nach Maslow die physiologischen Bedürfnisse, also die menschlichen Grundbedürfnisse, angeordnet. Es handelt sich um diejenigen Bedürfnisse, die für den Erhalt des menschlichen Lebens notwendig sind.
Hierzu zählen bspw. Nahrung, Schlaf, Fortpflanzung, Atmung.
Sicherheitsbedürfnisse
Als nächste Stufe folgen die Sicherheitsbedürfnisse. Hierbei geht es um Bedürfnisse der körperlichen und seelischen Unversehrtheit und um ein Gefühl der Ordnung und Geborgenheit. Typische Beispiele dieser Bedürfnisstufe sind Wohnung, Arbeit, Familie, materielle Grundsicherheit und Gesundheit.
Soziale Bedürfnisse
Das nächste Bedürfnis ist das Bedürfnis nach sozialem Anschluss, nach sozialer Zugehörigkeit, also nach Einbindung in einen sozialen Kontext. Dazu gehört also, Aufbau von Freundschaften, Kommunikation, sozialer Austausch, Gruppenzugehörigkeit oder auch Gemeinschaft.
Diese ersten drei Bedürfnisse werden von Maslow auch als Mangelbedürfnisse oder Defizitbedürfnisse bezeichnet. Es sind die Grundbedürfnisse des Menschen. Werden diese Bedürfnisse nicht befriedigt, kann dies psychische oder physische Folgen für den Menschen haben. Die Befriedigung dieser Bedürfnisse ist daher von grundlegender Bedeutung. Nur durch ihre Befriedigung kann ein Mensch laut Maslow überhäuft ein Gefühl der Zufriedenheit entwickeln.
Individualbedürfnisse
Dabei handelt es sich nicht mehr um universelle Bedürfnisse, die für alle Menschen gleich sind. Die konkreten individuellen Bedürfnisse unterscheiden sich von Mensch zu Mensch. Maslow zählt zu dieser Kategorie unter anderem Anerkennung, Respekt, Erfolg, Freiheit oder auch Wertschätzung. Wie die einzelnen Aspekte erreicht werden, ist jedoch individuell. Für den einen ist das Lob des Arbeitgebers die notwendige Anerkennung. Für den anderen sind es die Kochkünste, die bei den Gästen ankommen.
Selbstverwirklichung
Hier geht es darum, das eigene Potenzial auszuschöpfen und die eigenen Talente und Träume zu fördern und zu verwirklichen. Auf dieser Stufe entwickelt man sich weiter und gibt seinem Leben einen Sinn. Es geht also um die eigenen Fähigkeiten, Talente, Kreativität und die Entwicklung der Persönlichkeit.
Die letzten beiden Bedürfnisse werden von Maslow als Wachstumsbedürfnisse bezeichnet. An sie kann der Mensch erst denken, wenn die Defizitbedürfnisse befriedigt sind. Die Befriedigung dieser beiden Stufen macht den Menschen glücklich. Da diese Bedürfnisse jedoch nie vollständig befriedigt werden können, sondern in diesem Sinne unendlich sind, werden sie häufig auch als unstillbare Bedürfnisse bezeichnet.
Kritik an der Bedürfnispyramide
1. Westlicher Fokus
Die Pyramide wurde im westlichen Kontext entwickelt. Hier ist der Individualismus besonders ausgeprägt, sodass das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung als wichtig erachtet wird. In anderen Kulturen ist dies nicht unbedingt der Fall.
2. Mangelnde wissenschaftliche Fundierung
Maslows Theorie basiert auf Beobachtungen. Es gibt keine empirischen Beweise für seine Ausführungen, da menschliche Bedürfnisse sich schwer messen lassen.
3. Starre Hierarchie
Die strikte Abfolge der Bedürfnisebenen gilt nicht notwendigerweise für alle Menschen. So können Menschen die Vernachlässigung eines Defizitbedürfnisses in Kauf nehmen, um ein Wachstumsbedürfnis zu befriedigen.
Bedürfnispyramide nach Maslow: ihre Bedeutung für die Arbeitswelt
Trotz der Kritikpunkte bleibt die Bedürfnispyramide ein nützliches Modell, um menschliche Motivation zu verstehen – insbesondere im Arbeitskontext.
Welche Rolle spielt die Bedürfnispyramide nun in Bezug auf die Arbeitswelt? Was können HR-Manager*innen, Vorgesetzte oder Arbeitgeber von ihr lernen?
Grundsätzlich lassen sich all diese Bedürfnisse auch auf den Arbeitskontext übertragen. Auf diese Weise können Sie verstehen, wie Sie Ihre Mitarbeiter*innen motivieren können. Es nützt Ihren Mitarbeiter*innen wenig, wenn sie eine Arbeit haben, die ihnen Selbstverwirklichung ermöglicht, sie aber nicht genug verdienen, um Miete und Essen zu bezahlen.
Beispiele der Maslowschen Bedürfnispyramide in der Arbeitswelt
Lassen Sie uns beispielhaft die Stufen der Bedürfnispyramide mit konkreten Beispielen aus der Arbeitswelt durchgehen.
Grundbedürfnisse
Wie bereits oben erwähnt, muss Arbeit das erste Grundbedürfnis zur Erhaltung des menschlichen Lebens befriedigen. Man muss also von seiner Arbeit leben können. Eine existenzsichernde Entlohnung ist daher ein wesentliches Element eines Arbeitsplatzes.
Sicherheitsbedürfnisse
Für Arbeitnehmer*innen ist es wichtig, dass ihr Arbeitsplatz sicher ist. Sie müssen wissen, dass sie auch übermorgen noch im Unternehmen arbeiten, um ihr Sicherheitsbedürfnis zu befriedigen. Darüber hinaus gehört auf dieser Ebene auch die Sicherheit am Arbeitsplatz zur Bedürfnisbefriedigung. Dazu gehören die Sicherheitsvorkehrungen und die Risiken, die mit dem Arbeitsplatz verbunden sind.
Soziale Bedürfnisse
Hier geht es um die soziale Eingebundenheit von Mitarbeiter*innen auf der Arbeit. Jemand, der völlig isoliert ist, hat nicht das Gefühl, dass sein soziales Bedürfnis befriedigt wird. Gleichzeitig geht es hier um Aspekte wie die Möglichkeit der Mitbestimmung oder auch das Vertrauen in die Arbeit.
Individualbedürfnisse
Auf dieser Ebene geht es um Anerkennung und Selbstwirksamkeit. Erfahren Ihre Mitarbeiter*innen für Ihre Arbeit Wertschätzung? Erleben sie Selbstwirksamkeit in Bezug auf ihre beruflichen Tätigkeiten?
Selbstverwirklichung
Dies bedeutet, dass Menschen ihre Fähigkeiten und Kompetenzen voll ausschöpfen und ihre Potenziale entfalten können. Aktuelle Studien zeigen, dass das regelmäßige Ausleben von fünf oder mehr persönlichen Charakterstärken signifikant zu einem positiveren Erleben führt, das sich in höherer Zufriedenheit, Wohlbefinden, Motivation und vielem mehr ausdrückt. Also auch in höherer Mitarbeiterzufriedenheit.
In seinem Buch „Bullshit-Jobs. Vom wahren Sinn der Arbeit“ stellte der britisc
he Anthropologe David Graeber fest, dass ein Großteil der Büroangestellten ihren Job als sinnlos empfinden. Zahlreiche Studien weisen immer wieder auf den Zusammenhang zwischen Motivation und Sinnhaftigkeit der Arbeit hin. Eine aktuelle Studie des Service-Verbands KVD stellt fest, dass sich 40 Prozent der Befragten weniger sinnlose Arbeit wünschen. Problematisch ist das Gefühl der Sinnlosigkeit nicht nur für die Motivation der Beschäftigten, sondern auch für ihre Gesundheit. Menschen, die ihre Arbeit als sinnlos empfinden, sind anfälliger für berufsbedingte Erschöpfung, Burn- oder Boreout-Syndrome, was sich wiederum negativ auf ihre Arbeitsleistung auswirkt.
Mitarbeitende mithilfe von Maslows Bedürfnispyramide motivieren – Tipps
Aus der Pyramide lassen sich für jede der Bedürfnisstufen ganz konkrete Maßnahmen ableiten, die Sie in Ihrem Unternehmen umsetzen können. Hier einige Tipps für jede Stufe:
Physiologische Bedürfnisse
Sicherheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz
Bieten Sie Ihren Mitarbeiter*innen ergonomische Arbeitsplätze an? Sorgen Sie dafür, dass Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden?
Ist der Arbeitsplatz so eingerichtet, dass sich Mitarbeitende wohlfühlen? Gibt es gemütliche und ausreichend große Pausenräume?
Sind die Dienstpläne so gestaltet, dass Mitarbeitende ausreichend Erholungen zwischen den einzelnen Schichten geboten wird?
Was können Sie noch tun?
Sportangebote und kostenlose Snacks steigern die Motivation ihrer Angestellt*innen.
Sicherheitsbedürfnisse
Bieten Sie Ihren Beschäftigten Arbeitsplatzsicherheit? Befriedigt der Lohn lediglich die existenziellen Mindestbedürfnisse oder bieten Sie einen Lohn, der Ihren Mitarbeitenden ein Sicherheitsgefühl vermittelt?
Soziale Bedürfnisse
Betreiben Sie Teambuilding-Maßnahmen? Wie ist die Atmosphäre im Unternehmen?
Fördern Sie offene Kommunikation im Unternehmen zwischen den einzelnen Abteilungen?
Individualbedürfnisse
Geben Sie Ihren Mitarbeiter*innen regelmäßig positives Feedback? Fühlen sich Ihre Mitarbeiter*innen wertgeschätzt? Sie können regelmäßig anonyme Umfragen in Ihrem Unternehmen durchführen, um zu erfahren, wie wertgeschätzt sich Ihre Mitarbeitenden fühlen und was Ihnen noch fehlt.
Selbstverwirklichung
Welche Perspektiven bieten Sie Ihren Mitarbeitenden? Bieten Sie ihnen Aufstiegschancen oder die Möglichkeit, sich ausreichend einzubringen? Geben Sie ihnen Raum, ihre Talente zu entfalten? Sie können Ihren Mitarbeiter*innen beispielsweise Bildungsurlaub und Weiterbildungsmaßnahmen ermöglichen.