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Betriebsvereinbarung: Definition, Inhalte und Checkliste

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5 Minuten Lesezeit
Betriebsvereinbarung

Betriebsvereinbarungen geben Mitarbeiter*innen Sicherheit und sollten Änderungen der Arbeitsumwelt mit einbeziehen. Was ist in Betriebsvereinbarungen geregelt und wie können Unternehmen neue Trends mit aufnehmen? Und was ist eigentlich wichtiger: die Betriebsvereinbarung, der Tarif- oder der Arbeitsvertrag?

In diesem Artikel fassen wir die wichtigsten Fakten für Sie zusammen und zeigen Ihnen, was Sie bei der Erstellung einer Betriebsvereinbarung beachten müssen.

Checkliste Betriebsvereinbarung

Was ist eine Betriebsvereinbarung?

Eine Betriebsvereinbarung wird zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat des Unternehmens geschlossen,  dabei handelt es sich um einem schriftlichen Vertrag, der von beiden Parteien unterzeichnet werden muss. Das Unternehmen selbst und die Arbeitnehmer des Betriebs müssen sich daran halten. Der Betriebsrat tritt für die Rechte der Mitarbeiter*innen ein und wird durch den Betriebsratsvorsitzenden dabei vertreten.

Betriebsvereinbarungen haben eine normative Wirkung, Mitarbeiter*innen können sich also auf die Regelungen innerhalb der Vereinbarung berufen.

Was kann aber nun in einer Betriebsvereinbarung überhaupt geregelt werden? Der Betriebsrat hat nach § 87 BetrVG Mitbestimmungsrechte betreffend verschiedener Themen. Der Arbeitgeber benötigt bei diesen Themen also zwingend die Zustimmung des Betriebsrates.

Die sogenannte erzwingbare Betriebsvereinbarung gilt für die folgenden Aspekte:

  • Soziale Angelegenheiten wie das Verhalten der Arbeitnehmer*innen im Betrieb
  • Arbeitszeit und Pausen
  • Arbeitsentgelt
  • Aufstellung des Urlaubsplans
  • Arbeitsschutz
  • Betriebliches Eingliederungsmanagement

Zudem gibt es noch die freiwillige Betriebsvereinbarung, die Regelungen sind in § 88 BetrVG aufgelistet.

Manche Aspekte, die nicht der Mitbestimmung des Betriebsrates unterliegen, können trotzdem im Rahmen einer Betriebsvereinbarung aufgenommen werden. Diese kommt zustande, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat einigen oder sich dem Spruch einer Einigungsstelle freiwillig unterwerfen.

Arbeitgeber und Betriebsrat können sich beispielsweise auf die folgenden Themen einigen:

  • Zusätzliche Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsschädigungen
  • Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes
  • Maßnahmen zur Integration ausländischer Arbeitnehmer

Was ist der Unterschied zwischen Personalrat und Betriebsrat?

Wissen Sie, was der Unterschied zwischen Personal- und Betriebsrat ist? Es gibt einige wichtige Unterschiede:

  • Unternehmensart: Während sich der Betriebsrat in Privatunternehmen für die Arbeitnehmer*innen einsetzt, ist der Personalrat im öffentlichen Dienst und Verwaltungen tätig.
  • Zeitraum: Sowohl Betriebsrat- als auch Personalrat sind vier Jahre lang tätig.
  • Rechtsgrundlage: Der rechtliche Rahmen des Betriebsrates ist das Betriebsverfassungsgesetz, der Personalrat beruft sich auf das Bundespersonalvertretungsgesetz.

Wussten Sie schon: Betriebsräte bzw. Personalräte werden für Ihre Tätigkeit nicht entlohnt, da es sich um ein freiwilliges Amt handelt. Sie stehen zudem unter einem besonderen Kündigungsschutz für die Zeit, in der Sie im Betriebs- bzw. Personalrat tätig sind.

Und: Der Personalrat verfasst übrigens Dienstvereinbarungen und keine Betriebsvereinbarungen.

Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag – Was ist wichtiger?

Generell hat die Betriebsvereinbarung gegenüber dem Arbeitsvertrag Vorrang. Dies ist in § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG festgelegt. Generell kann auch gesagt werden, dass hierarchisch genau festgelegt ist, welche arbeitsrechtliche Quelle Vorrang hat. 

Was passiert nun aber, wenn der Arbeitsvertrag eine für den Angestellten günstigere Regelung hat? Konkret kommt dies vor, wenn Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträge gleiche Themen widersprüchlich abdecken. In diesem Fall gilt das Günstigkeitsprinzip, d.h. die Regelungen, die für den Arbeitnehmer günstiger sind, finden Anwendung. 

Der Tarifvertrag hat immer Vorrang vor der Betriebsvereinbarung, da er eine höherrangige Rechtsnorm ist. Dies ergibt sich aus den  § 77 Abs. 3 BetrVG. Betriebsvereinbarung dürfen inhaltlich nicht vom Tarifvertrag abweichen. Dies geht sogar so weit, dass eine Betriebsvereinbarung, die gegen den Tarifvertrag verstößt unwirksam ist.  Wenn beispielsweise Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen durch den Tarifvertrag geregelt sind, können sie nicht Bestandteil der Betriebsvereinbarung sein. 

Unternehmen sollten sich die folgenden Fragen hinsichtlich Tarifverträge stellen: 

  • Existiert bereits ein Tarifvertrag? 
  • Geht es um ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates?
  • Handelt es sich um ein Thema, das normalerweise durch den Tarifvertrag abgedeckt ist?
  • Gibt es eine Öffnungsklausel im Tarifvertrag?

Wenn es noch keinen Tarifvertrag gibt; es um ein Thema geht, bei dem der Betriebsrat ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht hat, das Thema nicht durch einen Tarifvertrag geregelt wird sowie keine Öffnungsklausel im Tarifvertrag vorhanden ist, kann eine Betriebsvereinbarung erstellt werden. 

Wenn der Tarifvertrag die Erstellung ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt, können auch Aspekte, die normalerweise im Tarifvertrag geregelt sind Gegenstand der Betriebsvereinbarung sein. 

Betriebsvereinbarung mobiles Arbeiten

Wenn sich Arbeitgeber*innen dafür entscheiden mobiles Arbeiten möglich zu machen, unterliegt dies dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Der Betriebsrat kann u.a. in den folgenden Aspekten mitbestimmen:

  • Personalplanung: Wie viele Mitarbeiter*innen werden von zu Hause aus arbeiten und wie lange?
  • Entgelt: Mit wie viel Entgelt können die Mitarbeiter*innen im Home Office rechnen?
  • Unfallverhütungsvorschriften: Wie können Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten vermieden werden?

Wie kann nun konkret vorgegangen werden, wenn mobiles Arbeiten im Rahmen einer Betriebsvereinbarung festgelegt werden soll und was muss in der Vereinbarung stehen? Versuchen Sie die folgenden Aspekte zu beachten:

  • Festlegung des Modells: Handelt es sich um eine bestimmte Anzahl an Tagen, die die Beschäftigten von zu Hause aus arbeiten oder arbeiten sie durchgehend von zu Hause? Im ersten Fall sollten die Tage abgesprochen werden, die die Angestellten von zu Hause aus arbeiten werden.
  • Bedingungen und Kosten: Normalerweise muss der Arbeitgeber für die Kosten der Einrichtung des Arbeitsplatzes und der technischen Geräte aufkommen. Ggfs. kann eine Aufwandspauschale vereinbart werden, wenn weitere Kosten anfallen.
  • Arbeitszeit: In der Betriebsvereinbarung sollte aufgeschrieben werden, wie Arbeitnehmer*in und Vorgesetzter sichergehen werden, dass die übliche Arbeitszeit auch im Home Office eingehalten wird.
  • Arbeitsschutz: Je nachdem, ob es sich um Telearbeit oder mobile Arbeit handelt, gelten verschiedene Regelungen. Eine Gefährdungsbeurteilung kann sinnvoll sein, die Unterweisungspflicht des Arbeitgebers über Gefahren im Home Office ist immer gegeben.
  • Datenschutz: Regelungen über den Datenschutz sollten auf jeden Fall in der Betriebsvereinbarung aufgelistet sein.

Betriebsvereinbarung 2022: Trends & Best Practices

Ein Research Report der Hans Böckler Stiftung aus dem Jahr 2021 stellt Trends wie Digitalisierung, Automatisierung, Arbeitsverdichtung sowie der hohe Wunsch von Beschäftigten nach Autonomie und Flexibilität heraus. Der Report zeigt auf, wie Unternehmen mit diesen Trends umgehen und diese in Gesamtbetriebsvereinbarungen aufgreifen können. Zwei Unternehmen haben sich bereits mit diesem Thema beschäftigt:

  • Zurich Gruppe Deutschland: Das Unternehmen führte eine Gesamtbetriebsvereinbarung ein, die sich aus der Zusammenführung zweier Standorte und den Umzug in ein gemeinsames Gebäude ergab. In dieser Vereinbarung zum Thema Gesundheit wurden nicht nur gesundheitsfördernde Maßnahmen und Schulungen bestimmt, sondern auch ein jährlicher Gesundheitsbericht vereinbart. Positive Effekte hatte diese Vereinbarung bereits hinsichtlich des Themas Recruiting.
  • Evonik Konzern: Evonik führte einen Tarifvertrag ein und handelte auf dessen Basis eine Gesamtbetriebsvereinbarung aus. Aufgrund des steigenden Wettbewerbes und des damit verbundenen höheren Arbeitsaufwandes wünschten sich die Beschäftigten einerseits mehr Erholung, andererseits eine höhere Autonomie bei der Arbeit. Evonik gestattete im Rahmen der Vereinbarung den Mitarbeiter*innen mehr freie Tage, die entweder genommen werden konnte, in ein Langzeitkonto oder die betriebliche Altersvorsorge investiert werden konnte oder auch ausgezahlt werden konnte.

Betriebsvereinbarung – Muster

Möchten Sie eine Betriebsvereinbarung erstellen, sind sich aber noch unsicher, welche Punkte Sie dabei beachten müssen? Laden Sie sich doch unsere Checkliste herunter, um eine erste Orientierung zu bekommen.

Sprachgewandt, neugierig und kreativ verfolgt unsere Autorin Marie-Louise Messerschmidt als SEO Content Writer die neuesten HR Trends. Als Teil des Content Marketing Teams arbeitet sie seit Mitte 2022 für Factorial HR. Nach ihrem Abschluss in Betriebswirtschaftslehre an der Georg-August-Universität Göttingen und Sprachwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München befasst sie sich bereits seit 2017 mit Themen im Personalbereich. Ihr Fokus liegt dabei besonders auf rechtlichen und strategischen Themen. Zuletzt hat sie einen Gastbeitrag zum Thema Personalverwaltung im OMT Magazin veröffentlicht.

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