In einer sich stetig wandelnden Arbeitswelt, geprägt von Digitalisierung und einem Mangel an Fachkräften, verändern sich auch die Regeln für Bewerbungen. Die Zeiten, in denen ein klassisches Anschreiben unausweichlich war, sind vorbei: Eine Bewerbung ohne Anschreiben ist oftmals die Antwort.
Heute haben Bewerbende die Freiheit, aus einer Vielzahl von Bewerbungsarten zu wählen, von Kurzprofilen bis hin zu kreativen Video-Bewerbungen.
Diese Entwicklung wirft für Arbeitgebende immer häufiger die Frage auf: Ist eine Bewerbung ohne Anschreiben eigentlich in Ordnung? Um diese Frage zu beantworten, werfen wir einen Blick auf die Vor- und Nachteile dieser modernen Bewerbungsmethode und betrachten Beispiele von Unternehmen, die bereits neue Wege in der Personalauswahl gehen. Außerdem erörtern wir, wie sich ein Verzicht auf Anschreiben auf Recruiting-Prozesse auswirkt.
Key Facts
- Bewerbungen ohne Anschreiben werden vielfältiger, da Unternehmen verschiedene Ansätze akzeptieren, wie das Hochladen von Lebensläufen, Kurzprofilen oder Video-Bewerbungen.
- Pro Bewerbung ohne Anschreiben: Effizienz im Bewerbungsprozess, Fokussierung auf Qualifikationen, Förderung der Barrierefreiheit.
- Contra Bewerbung ohne Anschreiben: Mangel an Kontext, fehlende Personalisierung, schwierigere Unterscheidung zwischen Bewerbenden, möglicher Verlust von Informationen.
- Was bedeutet Bewerbung ohne Anschreiben?
- Für Arbeitgebende: Anschreiben ja oder nein?
- Konkrete Beispiele – Bewerbungen ohne Anschreiben
- Beispiele Unternehmen mit unkonventionellen Bewerbungsprozessen
- Fazit: Ist eine Bewerbung ohne Anschreiben okay?
Was bedeutet Bewerbung ohne Anschreiben?
Eine „Bewerbung ohne Anschreiben“ bezieht sich auf den Prozess des Bewerbens für eine Stelle, bei dem Bewerbende kein traditionelles Anschreiben einreichen. In herkömmlichen Bewerbungen sind Anschreiben ein wesentlicher Bestandteil. Darin stellen Kandidat*innen sich und ihre Qualifikationen vor, legen ihr Interesse an der Position dar und erklären, warum sie die richtige Person für die Stelle sind.
Bewerbungsvielfalt
Doch in Zeiten von Social Media, Digitalisierung und Fachkräftemangel verändert sich auch die Art der Bewerbung. Sie wird vor allem vielfältiger. Es gibt nicht mehr nur einen Weg, sich zu bewerben, sondern viele. Arbeitgebende müssen mehr und mehr selbst entscheiden, welche Art sie bevorzugen und was sie von ihren Bewerbenden verlangen.
Ist ein Anschreiben notwendig?
Viele Arbeitgebende fragen sich in diesem Zusammenhang, ob ein Anschreiben zwingend notwendig ist und was überhaupt heutzutage in einer Bewerbung verlangt werden kann oder sollte.
Bevor wir uns das Für und Wider einer Bewerbung ohne Anschreiben ansehen, klären wir zunächst einmal die Frage: Was bedeutet Bewerbung ohne Anschreiben überhaupt?
Bewerbungen ohne Anschreiben: Wie kann das aussehen?
Eine „Bewerbung ohne Anschreiben“ kann sich auf folgende Arten der Bewerbung beziehen:
- Verzicht auf ein formelles Anschreiben: Dies kann schlicht bedeuten, dass Arbeitgebende für eine Bewerbung keine Anschreiben mehr verlangen. Stattdessen fordern sie möglicherweise nur einen Lebenslauf und andere relevante Dokumente wie Zeugnisse und Zertifikate.
- Ersetzen des Anschreibens durch ein Kurzprofil: Anstelle eines ausführlichen Anschreibens erstellen Bewerbende ein Kurzprofil, in dem sie ihre wichtigsten Qualifikationen und Fähigkeiten zusammenfassen.
- Nutzung von Bewerbungsportalen oder Online-Formularen: In einigen Fällen verwenden Unternehmen Bewerbungsportale oder Online-Formulare, um Informationen von Bewerbenden zu sammeln. Diese Formulare können spezifische Fragen zur Qualifikation und Erfahrung der Kandidat*innen enthalten, was ein separates Anschreiben überflüssig macht.
- Video-Bewerbungen: Statt eines schriftlichen Anschreibens kann es sein, dass Unternehmen auf kurze, von den Bewerbenden erstellte Videos setzen. In diesen stellen sich die Kandidat*innen persönlich vor.
Laut einer aktuellen Bitkom-Umfrage setzen mittlerweile 40 Prozent aller Unternehmen ausschließlich auf digitale Bewerbungsunterlagen. Viele lassen sogar Arbeitsverträge nur noch digital unterschreiben. Und mehr noch: Jedes sechste Unternehmen führt Bewerbungsgespräche nur noch online durch.
Die Befragten sind sich einig: Digitale Bewerbungsprozesse sind effizienter und kostengünstiger.
Für Arbeitgebende: Anschreiben ja oder nein?
Eine Bewerbung ohne Anschreiben, auch Slim-Recruiting genannt, kann nicht nur für Jobsuchende, sondern auch für Arbeitgebende Vor- und Nachteile haben. Hier sind einige der Pro- und Contra-Aspekte aus Arbeitgebersicht:
Pro Bewerbung ohne Anschreiben:
- Effizienz: Der Bewerbungsprozess kann schneller und effizienter ablaufen, da Arbeitgebende keine Zeit für das Lesen und Auswerten von Anschreiben aufwenden müssen.
- Fokussierung auf Fähigkeiten: Ohne ein Anschreiben können Arbeitgebende sich direkt auf die Qualifikationen, Fähigkeiten und Erfahrungen der Bewerbenden konzentrieren. Das kann dazu beitragen, die besten Kandidat*innen schneller zu finden.
- Barrierefreiheit: Eine bewerbungsfreundliche Politik, die keine Anschreiben erfordert, kann Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Hintergründen ermutigen, sich zu bewerben.
- Anschreiben ist nicht mehr zeitgemäß: Traditionelle Anschreiben werden durch knackige Motivationsfragen am Anfang der Bewerbung ersetzt, um effizienter auf die Bewerbenden einzugehen. Diese Veränderung spart Zeit und ermutigt insbesondere junge Talente zur Bewerbung.
Beispiel: Deutsche Bahn
Die Deutsche Bahn verzichtet bereits seit 2019 auf ein Anschreiben bei Bewerbungen. Die Bewerbungszahl ist seitdem gestiegen.
Contra Bewerben ohne Anschreiben:
- Mangel an Kontext: Ohne Anschreiben kann es für Arbeitgebende schwierig sein, den Kontext der Bewerbenden und ihre Motivation für die Position zu verstehen.
- Fehlende Personalisierung: Anschreiben bieten Bewerbenden die Möglichkeit, ihre Bewerbung auf die spezifischen Anforderungen des Unternehmens zuzuschneiden. Ohne Anschreiben kann die Bewerbung weniger individuell wirken.
- Schwierigere Unterscheidung: Bei Bewerbungen ohne Anschreiben kann es schwieriger sein, zwischen Kandidat*innen zu unterscheiden, da weniger persönliche Informationen zur Verfügung stehen. Die individuelle Qualität nur mit einem Lebenslauf zu ermitteln, kann eine Herausforderung für Recruiter*innen darstellen.
- Möglicher Verlust von Informationen: Einige Bewerbende könnten relevante Informationen oder Qualifikationen auslassen, wenn sie kein Anschreiben einreichen, was potenziell qualifizierte Kandidat*innen ausschließen könnte.
- Fehlende Kreativität: In Anschreiben haben Bewerbende die Möglichkeit, ihre Kreativität und ihre Kommunikationsfähigkeiten zu zeigen. Ohne diese Möglichkeit könnten einige potenziell talentierte Kandidat*innen übersehen werden.
Die Entscheidung, ob man eine Bewerbung ohne Anschreiben akzeptiert oder nicht, hängt von den spezifischen Anforderungen und Zielen des Unternehmens ab.
Einige Unternehmen bevorzugen es möglicherweise, Anschreiben zu erhalten, um mehr Kontext und Einblick in die Bewerbenden zu erhalten, während andere die Effizienz und die Vielfalt der Bewerbungen, die ohne Anschreiben eingereicht werden können, bevorzugen.
Aber: Studien wie die von Joblift zeigen, dass vor allem jüngere Menschen sich eher auf Stellenangebote bewerben, wenn kein Anschreiben gefordert ist.
Künstliche Intelligenz bei der Bewerberauswahl
Nicht nur die Bewerbungsverfahren sind im Wandel, auch die Entscheidungsfindung der geeignetsten Kandidat*innen kann mittlerweile ein Leichtes sein: Nutzen Unternehmen beispielsweise eine HR-Software mit Bewerbermanagement, profitieren diese oftmals von hilfreichen Features. Factorial verfügt beispielsweise über eine KI-Integration und sogenanntes CV-Screening.
Hierbei werden die Lebensläufe der Bewerbenden gescannt und mit den Anforderungen an die Stelle verglichen, sodass die am besten passenden Talente herausgefiltert werden. Dies spart nicht nur Zeit, sondern vereinfacht auch den Entscheidungsprozess. Außerdem wird auf diese Weise mehr Fairness gewährleistet, da die KI objektiver ist als persönliche unterbewusste Präferenzen.
Welche der Personen dann tatsächlich die beste Besetzung der Stelle ist, stellt sich natürlich erst im Jobinterview heraus.
Klingt interessant? Probieren Sie es doch mal aus!
Konkrete Beispiele – Bewerbungen ohne Anschreiben
Ohne Anschreiben bewerben, z. B. bei LinkedIn mit One-Click-Bewerbung
LinkedIn Bewerbung ohne Anschreiben
Im Gegensatz zu z. B. einer klassischen E-Mail-Bewerbung ist es auf LinkedIn üblich, von Bewerbenden keine Anschreiben zu verlangen. Die Plattform ermöglicht es Nutzer*innen, ihre Profile umfassend zu gestalten, einschließlich Angaben zu ihren beruflichen Erfahrungen, Fähigkeiten, Bildung und Empfehlungen. Oftmals gibt es auf LinkedIn eine sogenannte One-Click-Bewerbung.
Arbeitgebende können diese Informationen nutzen, um potenzielle Kandidat*innen zu bewerten und mit ihnen in Kontakt zu treten.
Online-Bewerbung – Anschreiben notwendig?
Generell gilt: Als Arbeitgebender entscheiden Sie, welche Dokumente Sie von den Bewerbenden einfordern.
Eine Online-Bewerbung ist ein Bewerbungsverfahren, das digital über das Internet abläuft. Sie kann verschiedene Formen annehmen.
In einem typischen Fall werden Bewerbende aufgefordert, ihre beruflichen Informationen, persönlichen Daten und Qualifikationen in ein Online-Formular oder ein Bewerberprofil auf einer Unternehmenswebsite oder einer Jobplattform einzugeben. Dazu kann auch das Hochladen eines Lebenslaufs und anderer relevanter Dokumente wie Zeugnisse und Zertifikate gehören.
Online-Bewerbung nur Lebenslauf gefordert – Kann man sich nur mit CV bewerben?
Bei einer Online-Bewerbung, bei der nur ein Lebenslauf erforderlich ist, werden die Bewerbenden in der Regel gebeten, ihren beruflichen Werdegang und ihre Fähigkeiten in einem Lebenslauf zu beschreiben, ohne ein separates Anschreiben zu verfassen.
Diese Vorgehensweise ermöglicht eine schnellere und einfachere Bewerbung und wird von einigen Arbeitgebenden zur Vereinfachung des Bewerbungsverfahrens genutzt.
Wenn Sie Ihren Bewerbungsprozess online abwickeln möchten, gibt es verschiedene Recruiting-Plattformen, die Arbeitgebende dabei unterstützen.
Bewerbung ohne Lebenslauf
Eine Bewerbung ohne Lebenslauf kann in seltenen Fällen vorkommen, wenn Arbeitgebende gezielt nach einem informelleren oder kreativeren Ansatz suchen, um Bewerbende zu evaluieren.
Das gilt beispielsweise für kreative Branchen wie Kunst, Design oder Musik, bei denen Portfolio-Arbeiten oder praktische Fähigkeiten wichtiger sind als formale Qualifikationen. Arbeitgebende könnten auch auf diesen Ansatz zurückgreifen, wenn sie Kandidat*innen aufgrund ihrer Persönlichkeit oder kulturellen Passung beurteilen möchten.
Anschreiben optional: Bedeutung
Die Option „Anschreiben optional“, häufig zu sehen bei Online-Bewerbungen, ermöglicht es Arbeitgebenden, flexibler auf die individuellen Präferenzen der Bewerbenden einzugehen. So können sie sowohl Bewerbungen mit Anschreiben als auch solche ohne akzeptieren und dadurch eine größere Bandbreite von Kandidat*innen ansprechen, während sie gleichzeitig diejenigen berücksichtigen, die sich auf andere Weise präsentieren möchten.
Dies fördert die Diversität im Bewerberpool und erleichtert den Bewerbungsprozess für alle Beteiligten.
Laut einer Umfrage von Taledo ist für 64 Prozent der Unternehmen das Einreichen eines Anschreibens inzwischen optional.
Anschreiben nicht erforderlich, trotzdem schicken?
Arbeitgebende sollten es als positive Bereitschaft zur Flexibilität sehen, wenn Bewerbende trotz der Option „Anschreiben nicht erforderlich“ dennoch ein Anschreiben einsenden. Dies zeigt möglicherweise, dass die Bewerbenden besonders motiviert oder engagiert sind und ihre Qualifikationen und Interessen ausführlicher darlegen möchten.
Beispiele für Unternehmen mit unkonventionellen Bewerbungsprozessen
Einige Unternehmen haben unkonventionelle Bewerbungsprozesse entwickelt, um sich von der Konkurrenz abzuheben und die besten Talente anzulocken.
- Video-Bewerbung (Adidas): Bewerbungsanschreiben sind bei Adidas passé. Stattdessen werden Bewerbende aufgefordert, sich kreativ mit einem Video zu bewerben.
- Planspiele (Daimler): Daimler entwickelte unter anderem ein Bewerbungsverfahren, das aus einem aufwändig vorbereiteten Planspiel bestand. Bewerbende mussten eine komplexe Mission lösen, um eine Einladung zum Bewerbungsgespräch zu erhalten.
- Bewerbung ohne Anschreiben Unternehmen (Aldi Süd): Aldi Süd gehört den zu den unzähligen Unternehmen, die mittlerweile sogar damit werben, dass eine Bewerbung nicht lange dauert und ohne Anschreiben möglich ist.
Diese Unternehmen haben erkannt, dass traditionelle Bewerbungsprozesse nicht immer die besten Talente identifizieren, und setzen daher auf unkonventionelle Methoden, um die Eignung der Bewerbenden auf unterschiedliche Weise zu bewerten.
Fazit: Ist eine Bewerbung ohne Anschreiben okay?
Eine Bewerbung ohne Anschreiben ist eine zeitgemäße Alternative, die sowohl Vor- als auch Nachteile für Arbeitgebende und Bewerbende bietet. Die Vielfalt der Bewerbungsmöglichkeiten, von kurzen Motivationsfragen bis hin zu Video-Bewerbungen, ermöglicht es Unternehmen, flexibler auf die individuellen Präferenzen der Kandidat*innen einzugehen, während sie gleichzeitig die Effizienz steigern und junge Talente ansprechen können.
Unternehmen wie die Deutsche Bahn und Adidas setzen bereits erfolgreich auf solche unkonventionellen Bewerbungsprozesse, um die besten Talente anzuziehen.
Am Ende muss jedoch jedes Unternehmen selbst entscheiden, welche Bewerbungsunterlagen es einfordern möchte.
Häufig gestellte Fragen zu Bewerbungen ohne Anschreiben
Ist eine Bewerbung ohne Anschreiben okay?
Ob eine Bewerbung ohne Anschreiben in Frage kommt, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Grundsätzlich können aber spezifische Motivationsfragen und Bewerbungen im Video-Format eine willkommene Alternative sein.
Kann man sich ohne Anschreiben bewerben?
In vielen Fällen bieten Arbeitgebende bereits die Möglichkeit, sich auch ohne klassisches Anschreiben auf offene Stellen zu bewerben. Die wichtigsten Eckdaten entnehmen Recruiter*innen dann dem Lebenslauf.
Ist ein Anschreiben zwingend notwendig?
Sofern es nicht explizit vom potenziellen Arbeitgebenden gefordert wird, sind Bewerbungsschreiben nicht unbedingt nötig. Die Motivation der Bewerbenden kann auch mit anderen Mitteln, wie etwa Videos, ausgedrückt werden. Allerdings helfen Anschreiben oft dabei, aus der Masse der Bewerbungen herauszustechen.