Rund 16 Prozent – so hoch war der Gender-Pay-GAP laut Statistischem Bundesamt 2024 in Deutschland. Dennoch liegt Deutschland deutlich über dem EU-Durchschnitt von 13 Prozent und gehört damit zu den Ländern mit der größten Lohnlücke zwischen Männern und Frauen. Das Entgelttransparenzgesetz bezweckt die Herstellung von Entgeltgleichheit für Frauen und Männer und die Förderung der Transparenz bzgl. des Gehaltes.
Was müssen Unternehmen beachten? Unter welchen Umständen können Mitarbeitende ihren Auskunftsanspruch durchsetzen? In diesem Blogartikel klären wir all diese Fragen.
- Definition: Was ist das Entgelttransparenzgesetz?
- Entgelttransparenzrichtlinie 2023: Das ist neu
- Vorbereitung auf die Lohntransparenz: Schritt-für-Schritt Anleitung
- Häufige Fragen zum Entgelttransparenzgesetz?
Definition: Was ist das Entgelttransparenzgesetz?
Das Entgelttransparenzgesetz (EntTranspG) ist am 6. Juli 2017 in Kraft getreten. Dabei handelt es sich um ein Gesetz zur Förderung der Entgeltgleichheit, indem die Transparenz von Entgeltstrukturen offengelegt wird. Das Ziel des Gesetzes ist es, die unmittelbare und mittelbare Entgeltdiskriminierung aufgrund des Geschlechts zu beseitigen.
Warum ist dies in Deutschland überhaupt notwendig? Laut Bundeszentrale für politische Bildung werden die Segregation des Arbeitsmarktes, die Berufswahl, das Karriereverhalten und Erwerbsunterbrechungen als häufige Ursachen für den sogenannten Gender Pay Gap genannt.
Was ist das Entgeltdiskriminierungsgesetz?
Hier kommt das Entgeltdiskriminierungsgesetz ins Spiel. Das Ziel des Gesetzes ist es, die unmittelbare und mittelbare Entgeltdiskriminierung aufgrund des Geschlechts zu beseitigen. Was ist mit damit gemeint?
- Unmittelbare Diskriminierung: Damit wird der Zustand beschrieben, dass Frauen ein geringeres Entgelt erhalten als Männer, obwohl sie einer gleichwertigen oder gleichen Tätigkeit nachgehen.
- Mittelbare Diskriminierung: Mit der mittelbaren Entgeltdiskriminierung ist gemeint, dass ein Entgelt nach scheinbar neutralen Gesichtspunkten bestimmt wird, aber dieses trotzdem ein Geschlecht benachteiligt.
Für wen gilt das Entgelttransparenzgesetz?
Das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) gilt grundsätzlich für alle Arbeitgebende in Deutschland – bestimmte Regelungen greifen jedoch erst ab einer bestimmten Unternehmensgröße:
- Individueller Auskunftsanspruch:
Gilt für Beschäftigte in Betrieben mit 200+ Beschäftigten. Arbeitnehmer:innen haben das Recht, Informationen über das durchschnittliche Bruttoentgelt von Kolleg:innen des anderen Geschlechts in vergleichbarer Tätigkeit zu erhalten. - Betriebliches Prüfverfahren zur Entgeltgleichheit: Wird freiwillig empfohlen für Unternehmen mit 500+ Beschäftigten. Arbeitgebende können damit die Einhaltung der Entgeltgleichheit intern prüfen und dokumentieren.
- Berichtspflicht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit: Kapitalgesellschaften mit 500+ Beschäftigten, die zur Erstellung eines Lageberichts verpflichtet sind, müssen alle fünf Jahre zusätzlich über Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern sowie zur Herstellung von Entgeltgleichheit berichten (§ 289f HGB).
Entgelttransparenzrichtlinie 2023: Das ist neu
Im Juni 2023 wurde die neue Entgelttransparenzrichtlinie der EU vom EU-Rat verabschiedet und soll in allen Mitgliedsstaaten bis zum 7. Juni 2026 in Kraft treten. Durch die Richtlinie sollen Lohndiskriminierung und geschlechtsspezifische Lohngefälle abgeschafft werden, indem sie „gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit“ sicherstellt. Mit anderen Worten: Jeder, der die gleiche Arbeit verrichtet, soll auch den gleichen Lohn erhalten.
Die wichtigsten Anforderungen der Entgelttransparenzrichtlinie
Die EU-Entgelttransparenzvorschriften gelten für Unternehmen in der EU mit mehr als 150 Beschäftigten. Zu den wichtigsten Anforderungen, die diese Unternehmen erfüllen müssen, gehören:
- Offenlegung des Gehalts bei Stellenausschreibungen: Um von Beginn des Einstellungsverfahrens an Transparenz zu gewährleisten, müssen Unternehmen in Stellenanzeigen eine Gehaltsspanne angeben.
- Berichterstattung über das geschlechtsspezifische Lohngefälle: Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten müssen jährlich über ihr geschlechtsspezifisches Lohngefälle berichten, während Unternehmen mit 150 bis 250 Beschäftigten alle drei Jahre über ihr geschlechtsspezifisches Lohngefälle berichten müssen.
- Recht auf Entgeltinformationen: Die Beschäftigten haben das Recht, Informationen über das Arbeitsentgelt anzufordern, um etwaige Lohnunterschiede oder Diskrepanzen zu ermitteln.
- Lohnaudits und Aktionspläne: Unternehmen mit einem Lohngefälle von 5 % oder mehr müssen Lohnprüfungen durchführen und Aktionspläne aufstellen, aus denen hervorgeht, wie diese Unterschiede behoben werden sollen. Werden keine Aktionspläne erstellt, ist der nächste Schritt eine gemeinsame Lohnbeurteilung (Joint Pay Assessment, JPA), die zusammen mit Arbeitnehmervertretern durchgeführt wird.
- Verbot von Fragen zur Gehaltsgeschichte: Arbeitgebende dürfen Bewerbenden keine Fragen zu früheren Gehältern stellen. Dies soll sicherstellen, dass bestehende geschlechtsspezifische Lohnunterschiede nicht unbeabsichtigt in neue Arbeitsverhältnisse übernommen werden.
- Transparenz bei der Festlegung von Löhnen: Unternehmen müssen klar definierte und geschlechtsneutrale Kriterien für die Festlegung und Entwicklung von Gehältern sowie für Beförderungen offenlegen. Dies soll sicherstellen, dass Entgeltentscheidungen objektiv und nachvollziehbar sind.
- Beweislastumkehr im Falle von Diskriminierung: Wenn eine Person eine Diskriminierung beim Entgelt geltend macht, liegt die Beweislast künftig beim Arbeitgebenden. Dieser muss nachweisen, dass keine Diskriminierung stattgefunden hat – nicht umgekehrt.
- Sanktionen bei Verstößen: Die Richtlinie verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen für Unternehmen festzulegen, die gegen die Vorschriften verstoßen – etwa in Form von Geldbußen oder Schadenersatz.
Vorbereitung auf die Lohntransparenz: Schritt-für-Schritt Anleitung
Du bist überzeugt, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um mit den Vorbereitungen zu beginnen? Perfekt. Die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Gehaltstransparenz rückt näher – wer jetzt handelt, spart später Zeit und Stress. Diese fünf Schritte helfen dir beim Einstieg:
Schritt 1: Durchführung eines internen Gehalts-Audits
Der erste Schritt ist eine interne Analyse zur Entgeltgleichheit. Vergleiche die Gehälter innerhalb deines Unternehmens – über Abteilungen, Positionen und Geschlechter hinweg – und identifiziere etwaige Ungleichheiten.
Werden Unterschiede festgestellt, sollten diese zeitnah behoben werden. Gleichzeitig ist eine offene und transparente Kommunikation gegenüber den Mitarbeitenden wichtig. Erstelle daher frühzeitig einen Kommunikationsplan mit klaren Richtlinien, wie mit Gehaltsunterschieden umgegangen wird.
Tipp: Jetzt ist auch ein guter Zeitpunkt, um Gehaltsbänder zu definieren. Diese helfen nicht nur, künftige Gehaltslücken zu vermeiden, sondern werden bei Stellenausschreibungen künftig ohnehin verpflichtend sein.
Schritt 2: HR-Tech aufrüsten
Prüfe, ob eure bestehende HR- und Payroll-Software alle Anforderungen erfüllt. Wichtig sind Funktionen zur Erfassung, Analyse und Berichterstattung von Gehaltsdaten.
👉 Falls noch nicht vorhanden, empfiehlt sich die Investition in moderne HR-Softwarelösungen wie Factorial, die dich beim Reporting und Monitoring unterstützen.
Schritt 3: Richtlinien und Prozesse überarbeiten
Die Richtlinie wird viele bestehende Prozesse und Dokumente beeinflussen. Überarbeite unter anderem:
- Stellenbeschreibungen
- Rekrutierungsprozesse
- Arbeitsverträge
- Mitarbeiterhandbücher
So stellst du sicher, dass alle HR-Materialien den neuen Vorgaben entsprechen.
Schritt 4: Schulungen für HR und Führungskräfte
Nicht jede Führungskraft oder HR-Mitarbeitende kennt bereits die konkreten Auswirkungen der Richtlinie. Informiere und schule diese Schlüsselpersonen rechtzeitig, damit sie wissen, was auf sie zukommt – und wie sie ihre Teams entsprechend unterstützen können.
Schritt 5: Zeitplan zur Einhaltung erstellen
Wenn alle Vorbereitungen laufen, solltest du sicherstellen, dass du auf Kurs bist. Informiere dich, wie die Richtlinie in den einzelnen Ländern umgesetzt wird, und erstelle auf dieser Basis einen Fahrplan mit allen wichtigen Meilensteinen bis zur Frist.
Tipp: Beginne jetzt mit einem Entwurf eures Gender-Pay-Gap-Reports. So weißt du genau, welche Informationen du brauchst – und bist bestens vorbereitet, wenn die Berichtspflicht startet.
Häufige Fragen zum Entgelttransparenzgesetz
Welche Vorteile hat das Gesetz eigentlich?
- Sowohl Unternehmen als auch Mitarbeitende gelangen zu einer gewissen Rechtssicherheit und Rechtsklarheit.
- Das Vertrauen der Beschäftigten in den Arbeitgebenden steigt, damit steigt im besten Fall die Mitarbeiterbindung und die Personalfluktuation sinkt.
- Eine mögliche Entgeltbenachteiligung wird aufgedeckt und bestenfalls beseitigt.
Wann haben Mitarbeitende einen individuellen Auskunftsanspruch?
Mitarbeitende in Unternehmen mit mehr als 150 Beschäftigten haben einen individuellen Auskunftsanspruch – eingeführt durch das Entgelttransparenzgesetz und gestärkt durch die EU-Gehaltstransparenzrichtlinie (ab 2026). Auch im öffentlichen Dienst gilt dieser Anspruch.
Er umfasst folgende Informationen:
- Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung
- Durchschnittliches Vergleichsentgelt für vergleichbare Tätigkeiten
- Bestandteile des Bruttogehalts (fix und variabel)
Was hat es mit dem Vergleichsentgelt auf sich?
Das Vergleichsentgelt ist der Durchschnittslohn von Beschäftigten mit gleicher oder gleichwertiger Tätigkeit – jedoch nur, wenn:
- mindestens 6 Personen in der Vergleichsgruppe arbeiten
- diese dem anderen Geschlecht angehören
Individuelle Gehälter bleiben anonym – nur Durchschnittswerte werden genannt.
Die folgenden Angestellten haben übrigens einen Anspruch auf Auskunft:
- Angestellte und Auszubildende
- Beamt*innen (Bund)
- Richter*innen
- Soldat*innen
⚠️ Ausnahme: Beamt*innen der Länder und Kommunen sind aktuell ausgenommen.
Wie können Mitarbeitende Auskunft verlangen?
Mitarbeitende können ihren Auskunftsanspruch in Textform geltend machen – z. B. per E-Mail oder Brief (siehe § 10 Abs. 2 EntgTranspG). Zudem müssen sie eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit als Vergleich benennen – z. B. eine Krankenschwester den Krankenpfleger, nicht aber den Chefarzt.
Das folgende Beispiel zeigt auf, wie Mitarbeiter*innen vorgehen können:
Marianne Mustermann arbeitet seit 2010 bei einem tarifgebundenen Unternehmen im Marketingbereich und möchte nun den Anspruch auf Auskunft nutzen.
- Sie füllt ein Formular aus und benennt die Vergleichsgruppe.
- Sie reicht das Formular beim Betriebsrat ein.
- Der Betriebsrat übermittelt es anonymisiert an die Personalabteilung.
Ist eine Gewerkschaft für die Beantwortung zuständig, wird diese vom Unternehmen informiert. In nicht tarifgebundenen Unternehmen geht der Antrag direkt an die Unternehmensführung.
Tipp: Das Bundesministerium für Familie stellt ein Formular zur Verfügung, mit welchem der Antrag auf Auskunft leicht eingereicht werden kann.
Achtung: Nicht tarifgebundene Arbeitgebende sind gesetzlich dazu verpflichtet, schriftlich oder per E-Mail innerhalb von drei Monaten auf den Auskunftsanspruch zu antworten. Arbeitgebende, die tarifgebunden sind, unterliegen keiner Frist zur Beantwortung.
Wie oft können Mitarbeitende bei ihrem Arbeitgebenden einen Anspruch auf Auskunft geltend machen?
Normalerweise kann dieser alle zwei Jahre eingereicht werden. Wenn sich die Tätigkeit des Mitarbeitenden ändert, es z.B. zu einem Stellenwechsel kam, kann der Anspruch auch schon vor Ablauf der Zweijahresfrist geltend gemacht werden.