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Was sich mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz ändert

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7 Minuten Lesezeit
Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Für deutsche Unternehmen wird es immer schwieriger, geeignete Fachkräfte zu finden. Diese sind jedoch notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu erhalten. Um dieser Problematik des Fachkräftemangels entgegenzuwirken, wurde am 1. März 2020 das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FachKrEG) eingeführt. Angesichts der anhaltenden Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften aus Drittstaaten trat am 18. November 2023 das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung in Kraft, um die Zuwanderung von Fachkräften und den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. 

Im Folgenden erläutern wir Ihnen die wichtigsten Aspekte des Gesetzes. Außerdem geben wir konkrete Tipps, was Arbeitgeber tun müssen, um ausländische Fachkräfte einzustellen.

Key Facts

  1. Das Bundesgesetz zur Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte aus Drittstaaten soll dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenwirken.
  2. Für Fachkräfte mit Hochschulabschluss gibt es erleichterte Einreisebedingungen und auch Fachkräfte mit Berufsausbildung haben einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind.
  3. Unternehmen müssen eine Willkommenskultur fördern. Studien zeigen, dass sich ausländische Fachkräfte in Deutschland nicht wohlfühlen.

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Definition: Was ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz?

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FachKrEG) ist ein Bundesgesetz, das die Regelungen zur Einwanderung qualifizierter Fachkräfte aus Drittstaaten regelt. Das Gesetz ist am 1. März 2020 in Kraft getreten und wurde am 18. November 2023 durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung ergänzt und reformiert.

Ziel des FachKrEG – Potenziale heben

Das Ziel des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes ist es, die Einwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten zu erleichtern und zu fördern, um den Fachkräftebedarf in Deutschland zu decken. Das Gesetz schafft dazu neue Wege wie die Chancenkarten bspw. und erleichtert die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse.

Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2023 Inkrafttreten – Wann tritt das neue Einwanderungsgesetz in Deutschland in Kraft?

Fachkräfteeinwanderungsgesetz Bundestag

Das neue Einwanderungsgesetz tritt schrittweise in Kraft. Die Reform wurde vom Bundestag im Juni 2023 beschlossen. Der erste Teil des Gesetzes, der für Akademiker*innen und Personen mit Berufsausbildungen niedrigere Einreiseschwellen einführt, ist am 18. November 2023 in Kraft getreten. Der zweite Teil des Gesetzes, der die Regelungen zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse und zum Familiennachzug betrifft, tritt 2024 in Kraft.

Zeitplan Fachkräfteeinwanderungsgesetz – Wann kommt das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz?

Im Einzelnen sieht der Zeitplan für die Einführung des neuen Einwanderungsgesetzes wie folgt aus:

  • Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2023 – 18. November 2023: Inkrafttreten des ersten Teils des Gesetzes, der die neuen Wege der Fachkräfteeinwanderung regelt.
  • 1. März 2024: Inkrafttreten des zweiten Teils des Gesetzes, der die Regelungen zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse und zum Familiennachzug betrifft.

Inkrafttreten der Regelungen zur Anpassungsqualifizierung und zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse im Rahmen des Aufenthalts zur beruflichen Anerkennung.

  • Ab Juni 2024 Fachkräfteeinwanderungsgesetz mit Punktesystem: Einführung der Chancenkarte zur Jobsuche, die auf einem Punktesystem für Qualifikationen, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung und mehr basiert.

Was ändert sich mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz ab 18. November?

Fachkräfteeinwanderungsgesetz Neuerungen

Mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz ab 18. November 2023 ändern sich unter anderem folgende Regelungen:

Neugestaltung der Blauen Karte EU für Akademiker*innen (ab November 2023):

Absenkung der Gehaltsschwellen

Die Gehaltsschwellen für die Blaue Karte EU werden deutlich abgesenkt.

Ein Mindestgehalt von 45,3 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (im Jahr 2023: 39.682,80 Euro) gilt für Engpassberufe und Berufsanfänger*innen.

Für alle anderen Berufe beträgt das Mindestgehalt 50 % (im Jahr 2023: rund 43.800 Euro).

Erweiterung des Personenkreises

Der Personenkreis, der eine Blaue Karte EU erhalten kann, wird erweitert, einschließlich Berufseinsteiger*innen, IT-Spezialist*innen ohne Hochschulabschluss, und es gibt eine Erweiterung der Liste der Engpassberufe.

Zusätzlich zu den bisherigen Engpassberufen (Humanmedizin, Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Ingenieurswesen) zählen jetzt auch viele weitere Berufe wie bspw. solche in der Kinderbetreuung oder auch Apotheker*innen dazu.

Eine vollständige Liste der Engpassberufe finden Sie bspw. auf der Seite der Agentur für Arbeit.

Kurz- und langfristige Mobilität für Inhaber*innen einer Blauen Karte EU:

Inhaber*innen einer Blauen Karte EU aus einem anderen EU-Mitgliedstaat können kurzfristig für bis zu 90 Tage nach Deutschland reisen, ohne Visum oder Arbeitserlaubnis.

Nach einem Mindestaufenthalt von zwölf Monaten in einem anderen EU-Staat können sie langfristig nach Deutschland umziehen.

Fachkräfteeinwanderungsgesetz Familiennachzug – Erleichterter Familiennachzug:

Inhaber*innen einer Blauen Karte EU, die bereits in einem anderen EU-Mitgliedsstaat mit ihrer Familie gelebt haben, erhalten privilegierte Regelungen für den Familiennachzug.

Änderungen bei Aufenthaltserlaubnissen für Fachkräfte:

Fachkräfte mit Berufsausbildung oder berufspraktischen Kenntnissen haben Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis, unabhängig von der Verbindung zwischen Qualifikation und Beschäftigung.

Das ändert sich ab März 2024

Aufenthalt zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen:

Die Aufenthaltsmöglichkeiten für die Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen werden ausgebaut.

Die Nebenbeschäftigung während der Qualifizierungsmaßnahme wird von 10 auf 20 Stunden pro Woche erhöht.

Niederlassungserlaubnis für Fachkräfte aus dem Ausland:

Ausländische Fachkräfte erhalten schneller die Niederlassungserlaubnis, insbesondere Inhaber einer Blauen Karte EU.

Absolvent*innen eines Studiums oder einer Berufsausbildung in Deutschland erhalten bereits nach zwei Jahren die Niederlassungserlaubnis.

Erleichterungen beim Familiennachzug zu Fachkräften:

Der Nachweis ausreichenden Wohnraums entfällt beim Familiennachzug zu bestimmten Fachkräften.

Fachkräfte können auch ihre Eltern und Schwiegereltern nach Deutschland holen.

Aufenthaltserlaubnis für Inhaber*innen von Gründerstipendien:

Fachkräfte mit einem Gründerstipendium können eine Aufenthaltserlaubnis für bis zu 18 Monate erhalten.

Erweiterte Beschäftigungsmöglichkeiten für ausländische Studierende und Auszubildende:

Studierende dürfen künftig bis zu 20 Stunden pro Woche arbeiten. Die Altersgrenze für Auszubildende wird von 25 auf 35 Jahre angehoben.

Kurzzeitige kontingentierte Beschäftigung:

Eine neue Möglichkeit für die kurzzeitige Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen in Deutschland wird geschaffen.

Weitere Änderungen ab Juni 2024

Weitere Änderungen wie die Einführung der Chancenkarte oder ein erhöhtes Kontingent für Person aus dem Westbalkan (Entfristung der Westbalkanregelung) treten dann im Juni 2024 in Kraft.

Definition: Wer gilt als Fachkraft in Deutschland?

Personen mit einem anerkannten Hochschulabschluss in Deutschland sowie Arbeitskräfte mit einer anerkannten qualifizierten Berufsausbildung in Deutschland.

Ausnahmen: Welche Drittstaaten sind vom Fachkräfteeinwanderungsgesetz ausgenommen?

Ausgenommen von dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz sind Personen aus folgenden Ländern:

  • Fachkräfte aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (Island, Liechtenstein, Norwegen) haben die gleichen Rechte wie EU-Bürger*innen und benötigen kein Visum.
  • Schweizer Staatsangehörige genießen Freizügigkeit, benötigen jedoch eine Aufenthaltserlaubnis nach drei Monaten.
  • Staatsangehörige von Australien, Israel, Japan, Kanada, Republik Korea, Neuseeland oder den USA können ohne Visum einreisen und vor Ort eine Aufenthaltserlaubnis beantragen.

Zwei Fachkräfte arbeiten an einer Mauer.

Unternehmen und das neue Gesetz: Darauf müssen Sie achten

Was müssen Sie als Arbeitgeber nun ganz konkret beachten mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz?

Hierauf müssen Unternehmen achten:

  • Vorliegen eines Arbeitsvertrags: Die Einwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten ist an das Vorliegen eines Arbeitsvertrags mit einem deutschen Unternehmen geknüpft. Der Arbeitsvertrag muss bestimmte Mindestanforderungen erfüllen, wie zum Beispiel eine bestimmte Mindestgehaltsgrenze.
  • Ausreichende Deutschkenntnisse: Fachkräfte aus Drittstaaten müssen ausreichende Deutschkenntnisse nachweisen, um eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Die Anforderungen an die Deutschkenntnisse sind je nach Qualifikationsniveau und Beruf unterschiedlich.
  • Akkreditierung einer ausländischen Berufsqualifikation: Fachkräfte aus Drittstaaten, die eine Berufsqualifikation erworben haben, die in Deutschland nicht anerkannt ist, müssen diese gegebenenfalls durch ein Akkreditierungsverfahren anerkennen lassen.

Die Bundesregierung hat dazu eine eigene Informationsseite eingerichtet. Dort erfahren Sie auch, welche Berufe zu den reglementierten und welche zu den nicht reglementierten Berufen gehören. Außerdem erfahren Sie hier, welche konkreten Schritte zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse notwendig sind.

Wie finden Arbeitgeber überhaupt Fachkräfte aus Drittstaaten?

Unternehmen können ausländische Fachkräfte auf verschiedene Weise finden. Hier sind einige konkrete Tipps für die Rekrutierung:

  • Stellenanzeigen in ausländischen Medien: Sie können Stellenanzeigen in ausländischen Medien schalten.
  • Beteiligung an Jobmessen im Ausland: Sie können an Jobmessen im Ausland teilnehmen, um Fachkräfte aus dem Ausland persönlich kennenzulernen.
  • Nutzen von Fachvermittlungen: Hier hilft bspw. das Portal der Arbeitsagentur.

Weitere Tipps:

Unternehmen sollten sich bei der Fachkräftegewinnung auch auf die Bedürfnisse der Fachkräfte aus dem Ausland einstellen. Dazu gehört beispielsweise die Bereitschaft, die Kosten für die Einreise und den Umzug der Fachkräfte zu übernehmen. Zudem sollten sich Unternehmen darauf einstellen, dass ausländische Fachkräfte oft andere kulturelle Werte und Normen haben als deutsche Fachkräfte.

Die aktuelle Studie Expat Insider 2023 zeigt, dass es ausländische Fachkräfte in Deutschland im Vergleich besonders schwer haben. So gaben 30 Prozent der Befragten an (weltweit liegt dieser bei gerade einmal 18 Prozent), dass die Deutschen nicht besonders freundlich zu Ausländern seien. Was fehlt, so die Studie, ist eine Willkommenskultur.

Als Unternehmen können Sie dazu beitragen, eine Willkommenskultur zu entwickeln, damit sich Fachkräfte bei Ihnen wohlfühlen.

Die IHK hat zu diesem Zweck hilfreiche Tipps für positive Arbeitsmigration zusammengestellt. Folgende Schritte können hierbei laut IHK hilfreich sein:

Weltoffenheit zeigen:

Die Führungsebene sollte offene Kommunikation und Unternehmenskultur vorleben.

Projektteam:

Die Einrichtung eines Projektteams für den Aufbau einer Willkommenskultur kann helfen, das eigene Unternehmen unter interkulturellen Gesichtspunkten zu analysieren und Maßnahmen zu entwickeln.

Belegschaft sensibilisieren:

Arbeitgeber können interkulturelle Kompetenzen wie das Erlernen einer neuen Sprache oder die Teilnahme an Diversity Workshops fördern.

Mentor*innen einsetzen:

Setzen Sie bestimmte Mitarbeitende ein, die als Mentor*innen und erste Anlaufstelle für die neuen Fachkräfte fungieren. 

Internationale Mitarbeiter*innen einbinden:

Beziehen Sie bereits vorhandene internationale Beschäftigte ein. Diese haben vermutlich ähnliche Erfahrungen gemacht und können wertvolle Hilfestellung leisten. 

Webseite aktualisieren:

Gestalten Sie Ihre Webseite als Aushängeschild in mehreren Sprachen.

Willkommen heißen im Betrieb:

Senden Sie den neuen Fachkräften Vorab-Infos und bieten Sie ein kleines Willkommenspaket als Orientierungshilfe an.

Einführung am Arbeitsplatz:

In diesem Fall ist die Einführung am Arbeitsplatz besonders wichtig. Nehmen Sie sich Zeit und geben Sie den Neuankömmlingen Zeit, sich einzuleben. Wichtig in diesem Zusammenhang sind vor allem:
-Vorbereitungen für den Arbeitsplatz treffen
-Einarbeitungsplan erstellen
-praktische Informationen bereitstellen
-Integration ins Team sicherstellen.

Unterstützung im Alltag:

Unterstützen Sie die Fachkräfte bei den ersten Formalitäten wie Wohnungssuche oder Anträge für den Familiennachzug.

Checkliste

Factorial hat für Sie eine Checkliste zusammengestellt, mit der Sie sich einen Überblick darüber verschaffen können, was Sie alles tun müssen, um ausländische Fachkräfte einzustellen.

DE MKT FREEBIE Zielvereinbarung

Wie kann man als Fachkraft nach Deutschland kommen?

Ob eine Fachkraft nach Deutschland kommen kann, hängt von den oben genannten Voraussetzungen ab.

Fachkräfte können sich ganz konkret auf der Seite make-it-Germany informieren. Diese ist speziell für Fachkräfte eingerichtet und auch nach Branchen und Bundesländern unterteilt. Zudem finden interessierte Fachkräfte hier eine Jobbörse sowie Beratungsstellen.

Maria Macher ist Content Managerin bei Factorial und lebt hier ihre Liebe für die deutsche Sprache und HR-Themen aus. Bereits während ihrer Studienzeit in Wien und Barcelona sammelte sie unterschiedlichste Arbeitserfahrungen: beim Early-Stage-Startup bis hin zum multinationalen Konzern. Dabei lernte sie insbesondere, was verschiedene Unternehmenskulturen ausmacht und welche Rolle die wichtigste Ressource in Unternehmen spielt: die Menschen.

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