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Karenzentschädigung: Tipps zur Berechnung und alles rund um das nachvertragliche Wettbewerbsverbot

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8 Minuten Lesezeit

Den Job kündigen, um bei der Konkurrenz Karriere zu machen? Das wäre der Alptraum eines jeden Arbeitgebenden. Aus diesem Grund gibt es die sogenannte Karenzentschädigung. Was genau das ist, wie sie mit dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zusammenhängt und welche rechtlichen Grundlagen dabei zu beachten sind, erfahren Sie in diesem Blogartikel!

Key Facts

  1. Die Gesetzgebung in Deutschland sieht vor, dass der Arbeitnehmende seinem Arbeitgebenden keine Konkurrenz machen darf. Dieses Wettbewerbsverbot hat seine gesetzliche Grundlage in den §§ 60, 61 HGB.
  2. Die Karenzentschädigung ist eine finanzielle Ausgleichszahlung, die der Arbeitnehmende nach dem Ende seines aktiven Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgebenden erhält. Diese soll die Nachteile ausgleichen, die der Arbeitnehmende durch das nachträgliche Wettbewerbsverbot erfährt.
  3. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot darf nur maximal für zwei Jahre nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses gelten. Gem. § 74 Abs. 2 HGB hat die gesetzlich festgelegte Mindesthöhe der Karenzentschädigung 50 Prozent von den zuletzt gezahlten Leistungen zu betragen.

Word-Vorlage: Ordentliche Kündigung

Was ist eine Karenzentschädigung?

Eine Karenzentschädigung ist die finanzielle Ausgleichszahlung, die ein Unternehmen seinen (ehemaligen) Mitarbeitenden bezahlt, wenn deren Arbeitsverhältnis beendet wird. Voraussetzung dafür ist eine zuvor schriftlich fixierte Vereinbarung, die regelt, dass der Mitarbeitende bei einem potentiellen neuen Arbeitgebenden nicht mit seinem vorherigen Unternehmen in Konkurrenz treten darf.

In Zeiten eines umkämpften Arbeitsmarktes, in dem um die besten Fachkräfte geworben wird, ist das keine Seltenheit mehr. Firmen setzen zunehmend entsprechende Klauseln in ihre Arbeitsverträge, um durch dieses Wettbewerbsverbot zu verhindern, dass bei einem Wechsel der Arbeitskraft zur Konkurrenz z. B. das Fachwissen der eigenen Firma direkt mit abwandert.

Ein Unternehmen kann sich und sein Know-How so besser schützen. Dem Arbeitnehmenden wird für diese „Sperrfrist“ nach dem Ausscheiden aus der Firma im Ausgleich eine Entschädigungszahlung gewährt, um ihn finanziell abzusichern. Die Entschädigung ist an die zuvor getroffene Vereinbarung geknüpft und soll das damit einhergehende Wettbewerbsverbot ausgleichen.

Das Wort „Karenz“ leitet sich vom lateinischen Wort „carere“ ab und bedeutet so viel wie „verzichten“. Dieser Verzicht des Arbeitnehmenden direkt in Konkurrenztätigkeit zu seinem ehemaligen Arbeitgebenden zu treten, wird in der Regel mit einer Karenzentschädigung abgegolten.

Was ist eine Wettbewerbsverbotsklausel?

Die Wartezeit bzw. Sperrfrist, die zu einer Karenzentschädigung führen kann, wird auch als nachvertragliches Wettbewerbsverbot bezeichnet. Im rechtlichen Kontext betrifft ein Ausübungsverbot laut den Paragrafen 60 sowie 61 des Deutschen Handelsgesetzbuchs (HGB) das Ausüben wie auch das Gründen einer eigenen Firma, die in Konkurrenz zum aktuellen Arbeitgebenden steht.

Demjenigen, der momentan also für ein Unternehmen arbeitet und dort unter Vertrag steht, ist es grundsätzlich nicht gestattet, ein ähnliches Handelsgewerbe zu gründen oder mit seiner aktuellen Firma anderweitig zu konkurrieren.

Die Einwilligung zum Betrieb eines Handelsgewerbes gilt dann als erteilt, wenn dem Arbeitgebenden bereits bei der Anstellung des Mitarbeitenden bekannt ist, dass ein derartiges Gewerbe betrieben wird. Im Idealfall hat man derartige Vereinbarungen schriftlich geregelt.

Normalerweise erlischt dieses Ausübungsverbot unmittelbar nach dem Ausscheiden aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis. Haben Arbeitnehmende und Arbeitgebende aber eine nachvertragliche Wettbewerbsverbotsklausel vereinbart, tritt diese nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Kraft und wird über eine Karenzentschädigung geregelt.

Wann ist die nachvertragliche Wettbewerbsverbotsklausel gültig?

Liegt im Arbeitsvertrag keine Zusatzvereinbarung wie die einer Karenzentschädigung bzw. eines Wettbewerbsverbots vor, kann auch juristisch nicht im Sinne des Arbeitsrechts dagegen vorgegangen werden.

Mit einem Urteil aus dem Jahr 2006 hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) ent­schie­den, die in Wett­be­werbs­ver­bo­ten oft an­zu­tref­fen­den pau­scha­len Ver­wei­se auf den Paragrafen 74 (und folgende) im Handelsgesetzbuch als aus­rei­chend definierte Ver­ein­ba­rung ei­ner Ka­ren­zentschädi­gung zu akzeptieren.

Allgemein muss ein Arbeitgebender aber bestimmte Voraussetzungen erfüllen, damit eine derartige Wettbewerbsverbotsklausel im Arbeitsvertrag wirksam wird.

Dazu zählen:

  • Das berechtigte Interesse: Ein ehemaliger Arbeitgebender muss ein berechtigtes Interesse nachweisen, das es dem früheren Mitarbeitenden verbietet, während eines Wettbewerbsverbots bestimmten Beschäftigungen nachzugehen. Dazu kann z. B. eine spezielle Software oder Fachwissen zählen, das der abwerbenden Konkurrenz einen direkten Vorteil verschaffen würde. Temporären Schutz davor bietet das Wettbewerbsverbot.
  • Die temporäre Begrenzung: Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot darf nur maximal für zwei Jahre nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses gelten.
  • Die Beschränkungen der Arbeitsplatzwahl: In der Klausel muss klar definiert sein, welche Arten von Arbeitsplätzen der Arbeitnehmende während des Wettbewerbsverbots annehmen darf und welche nicht.
  • Die Klausel für eine Karenzentschädigung: Wenn der Arbeitnehmende warten muss, bevor er eine neue Stelle annimmt, sollte er während dieses Zeitraums eine Entschädigung erhalten. Diese Entschädigung muss ein bestimmtes Mindestniveau erreichen.

Erfüllt ein Vertrag die oben genannten Voraussetzungen nicht, ist er nicht rechtsverbindlich.

Wie sehen vertragliche Regelungen und Anforderungen für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot und eine Karenzentschädigung aus?

Damit eine Karenzentschädigung für Arbeitnehmende gültig ist, muss sie bestimmten vertraglichen Rahmenbedingungen entsprechen. Dazu gehört auch die schriftliche Form einer Karenzentschädigung. Gemäß Arbeitsrecht muss die Vereinbarung zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden in Schriftform erfolgen und von beiden Seiten eigenhändig unterschrieben werden.

Die Höhe der Karenzentschädigung ist gesetzlich geregelt und beträgt nach § 74 Abs. 2 HGB mindestens 50 % der zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen. Es ist natürlich möglich, vertraglich eine höhere Entschädigung zu vereinbaren, die gesetzliche Mindesthöhe beträgt allerdings die Hälfte des gewährten Gehalts des Arbeitsverhältnisses.

Laut Arbeitsrecht muss auch der exakte Zeitraum des Wettbewerbsverbots im Arbeitsvertrag enthalten sein, genau wie die Begründung des Arbeitgebenden, aus welchen Gründen er die Vereinbarung wünscht.

Das geografische Gebiet, für welches das Wettbewerbsverbot ausgesprochen wird, muss ebenso schriftlich fixiert sein, wie die exakte Bezeichnung der einzuschränkenden Tätigkeiten und die Höhe der Vergütung.

Kurz gesagt: Im Vertrag muss erklärt werden, was eingeschränkt wird, wie lange die Vereinbarung gilt, wo und warum sie ausgesprochen wird und wie hoch die Entschädigung ausfällt.

Das Wettbewerbsverbot gilt dabei maximal zwei Jahre. Analog dazu fällt die Entschädigungszahlung aus. Sollte das Wettbewerbsverbot beispielsweise sechs Monate betragen, beträgt auch die Höhe der Karenzentschädigung sechs Monate.

Die Höhe der Karenzentschädigung muss, wie gesagt, ebenfalls vertraglicher Bestandteil sein. Ein Wettbewerbsverbot des Arbeitgebenden ohne konkretes Zahlungsversprechen ist nicht wirksam. Sollte das Wettbewerbsverbot durch den Arbeitgebenden zurückgenommen werden, entfallen auch die Ansprüche der Karenzentschädigung.

Ein Anspruch auf Karenzentschädigung entfällt auch dann, wenn der Arbeitnehmende aufgrund schwerwiegender Verletzungen seiner Vertragspflicht eine fristlose Kündigung erhalten hat.

Wie berechne ich die Karenzentschädigung?

Für die Berechnung der Höhe der Karenzentschädigung ist die Höhe des Einkommens von entscheidender Bedeutung. Außerdem müssen sämtliche Einkommensbestandteile herangezogen werden. Zu den Einkommensarten, die berücksichtigt werden, zählen neben dem reinen Lohn auch Bonuszahlungen, Provisionen, Weihnachts- und Urlaubsgeld.

Die Berechnung der Karenzentschädigung erfolgt in Deutschland anhand der Paragrafen §§ 74 HGB (ff). Diese besagen, dass ein Wettbewerbsverbot nur verbindlich ist, wenn sich der Arbeitgebende verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der vom Arbeitnehmenden zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht. Der Betrag muss also eine Mindesthöhe von 50 Prozent aufweisen, die im Arbeitsverhältnis für die Arbeit des Angestellten vereinbart ist.

Der Arbeitnehmende muss einen gültigen Rechtsanspruch auf diese Vergütung haben. Zudem müssen die Zahlungen auch tatsächlich vom Arbeitgebenden ausgezahlt worden sein. Dann hat der Arbeitgebende die vertragliche Pflicht, die Entschädigungszahlung für den gesamten vertraglichen Zeitraum an den Arbeitnehmenden zu zahlen. Die Fälligkeit dieser Zahlung ist auf das Monatsende festgelegt.

Um die Berechnung der Karenzentschädigung richtig vornehmen zu können, hat der Arbeitgebende das Recht (den sogenannten Auskunftsanspruch), über die Höhe der erzielten Einkünfte vom ehemals Arbeitnehmenden informiert zu werden.

Sollte der Arbeitnehmende dem Auskunftsanspruch des Arbeitgebenden nicht nachkommen, ist der Arbeitgebende dazu berechtigt, die Zahlungen zurückzuhalten.

Als Faustformel für die Berechnung der Karenzentschädigung gilt die Ermittlung des Anrechnungsbetrags.

Formel: Letztes Brutto-Gehalt x 110 Prozent = Anrechnungsbetrag.

Beispiel:

Ein ehemaliger Abteilungsleiter eines IT-Konzerns erhält aufgrund einer vereinbarten Karenzentschädigung für sechs Monate einen Betrag in der Höhe von 3.000 Euro. Sein letztes Brutto-Gehalt betrug 6.000 Euro. Die Karenzentschädigung ist somit entsprechend der gesetzlich festgelegten Mindesthöhe von 50 Prozent korrekt bemessen.

Der ehemalige Mitarbeitende erhält infolge eine Zusage für einen Job bei einem Konkurrenten, der nicht vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot betroffen ist. Dort verdient der ehemalige Abteilungsleiter 3.000 Euro brutto.

Nach der Rechnung zur Ermittlung des Anrechnungsbetrags ergibt sich für den ehemaligen Abteilungsleiter folgender Beitrag an Leistungen:

6.000 € * 110 % = 6.600 €

Er verdient momentan 3.000 Euro und erhält zudem eine Karenzentschädigung von 3.000 Euro. Insgesamt erzielt er damit monatlich 6.000 Euro. Der aktuelle Verdienst in Höhe von 6.000 Euro ist somit um 600 Euro niedriger als der Anrechnungsbetrag. Bis zum Ende des Wettbewerbsverbots muss der ehemalige Arbeitgebende somit weiter die volle Karenzentschädigung auszahlen.

Ist die Karenzentschädigung sozialversicherungspflichtig?

Ob die Entschädigungszahlung des Arbeitgebenden für den Arbeitnehmenden sozialversicherungspflichtig ist oder nicht, hängt entscheidend von dem Zeitpunkt ab, an dem der Arbeitnehmende diese Zahlung erhält.

Wird dem Arbeitnehmenden die Karenzentschädigung während einer laufenden Beschäftigung gewährt, ist sie als Einmalzahlung in der Sozialversicherung beitragspflichtig. Beitragsrechtlich ist sie dem Entgeltabrechnungsmonat der Auszahlung zuzuordnen.

Wird die Zahlung der Karenzentschädigung erst nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses vergütet, besagt die Rechtsprechung, dass die Gewährung der Karenzentschädigung in diesem Fall nicht beitragspflichtig in der Sozialversicherung ist, da sie nicht als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt gewertet wird.

Bekomme ich trotz Arbeitslosengeld eine Karenzentschädigung?

Sollte der Arbeitnehmende Arbeitslosengeld oder anderweitige Leistungen erhalten, so muss er den Arbeitgebenden davon in Kenntnis setzen.

Ob Ar­beits­lo­sen­geld aber über­haupt als „Ver­dienst“ gewertet werden kann, der auf eine Ka­ren­zentschädi­gung an­zurechnen ist, stellt das Bundesarbeitsgericht (BAG) infrage. Wenn das Ar­beits­lo­sen­geld über­haupt auf die Ka­ren­zentschädi­gung an­rechenbar ist, dann nur das ef­fek­tiv aus­ge­zahl­te Ar­beits­lo­sen­geld, so das BAG in einem Urteil vom 14.09. 2011 (AZR 198/10).

Anrechenbar ist also ef­fek­tiv nur der an den Ar­beit­neh­menden aus­ge­zahl­te Be­trag, aber nicht rein theo­re­ti­sche bzw. fik­tiv er­rech­ne­te Steu­ern und So­zi­al­ab­ga­ben. Da Arbeitslosengeld nicht mehr als etwa die Hälf­te des letz­ten Net­to­ge­halts beträgt, sind so gut wie keine Szenarien denk­bar, in de­nen der Be­zug von Ar­beits­lo­sen­geld zu Kürzungen ei­ner Ka­ren­zentschädi­gung führt.

Wettbewerbsverbot für GmbH Geschäftsführende

Wettbewerbsverbote schützen Unternehmen auch vor der Abwanderung von Geschäftsführenden, die exklusive Informationen sowie Insiderwissen haben und Betriebsgeheimnisse kennen.

Daher gilt für den Geschäftsführenden (sowohl Gesellschafter- als auch Fremd-Geschäftsführung) das grundsätzliche Verbot, zu dem von ihm geführten Unternehmen in Wettbewerb zu treten. Dieses ergibt sich bereits aus der Rechtsprechung heraus und bedarf keiner gesonderten vertraglichen Vereinbarung. Er darf per Gesellschafter- bzw. Geschäftsführer-Vertrag nicht in Konkurrenztätigkeit treten.

Anders ist das beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot. Ohne die Vereinbarung einer Karenzentschädigung ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot im Arbeitsvertrag nicht wirksam.

Will sich also die GmbH über nachvertragliche Wettbewerbsverbote vor der Konkurrenz des dann ehemaligen Geschäftsführenden schützen, muss sie dies vertraglich vereinbaren. Dies kann sich bei Fremdgeschäftsführenden, die keine Anteile der GmbH halten, aus dem Anstellungsvertrag ergeben. Bei einer Geschäftsführung, die selbst an der Gesellschaft beteiligt sind, kann das nachvertragliche Wettbewerbsverbot auch im Gesellschaftsvertrag geregelt werden.

Es lohnt sich für Unternehmen bei speziellen Fachkräften sowie Geschäftsführenden unter Umständen, um mögliche Nachteile und Fallstricke zu vermeiden, Rechtsanwälte hinzuzuziehen.

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