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Rückwirkend krankschreiben: Diese Möglichkeiten gibt es

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5 Minuten Lesezeit
Rückwirkend krankschreiben: Diese Möglichkeiten gibt es

Es kommt vor, dass Arbeitnehmende krank sind, aber nicht zum Arzt gehen können. Viele Arbeitgebende verlangen jedoch manchmal eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem ersten Tag der Erkrankung.
Was müssen Beschäftigte beachten, wenn sie sich rückwirkend krankschreiben lassen? Als Arbeitgebender sollten Sie alle Regeln kennen. Im folgenden Artikel klären wir alle Details rund um die rückwirkende Krankschreibung.

Key Facts

  1. Eine rückwirkende Krankschreibung ist maximal für drei Tage möglich und setzt voraus, dass Ärzte die Krankheit auch rückwirkend eindeutig diagnostizieren können.
  2. Beschäftigte sind auch ohne Krankschreibung verpflichtet, dem Arbeitgebenden ihr Fernbleiben von der Arbeit zu melden.
  3. Ärzt*innen dürfen eine rückwirkende Krankschreibung verweigern.

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Rückwirkende Krankschreibung: Was ist das?

Eine rückwirkende Krankschreibung ist ein ärztliches Attest, das nachträglich ausgestellt wird und bescheinigt, dass Patient*innen bereits in der Vergangenheit arbeitsunfähig waren. Die Ausstellung einer rückwirkenden Krankschreibung ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich und setzt in der Regel voraus, dass der Arzt bzw. die Ärztin die Krankheit rückwirkend eindeutig diagnostizieren kann.

Die Option der rückwirkenden Krankschreibung soll es Arbeitnehmern ermöglichen, sich im Krankheitsfall auszukurieren und erst dann zum Arzt bzw. zur Ärztin zu gehen, wenn es der Zustand der Erkrankung tatsächlich zulässt.

Krankschreibung vs. Krankmeldung

Eine Krankmeldung ist nicht dasselbe wie eine Krankschreibung. Aber was genau ist der Unterschied?

Krankmeldung

Eine Krankmeldung ist die Mitteilung des Mitarbeitenden an den Arbeitgebenden, dass er krank ist. Die Krankmeldung ist also lediglich die Übermittlung der Information. Dies geschieht für gewöhnlich telefonisch, mittlerweile aber auch häufig direkt online über ein HR-System oder per E-Mail. Die Krankmeldung erfolgt also in der Regel zum Zeitpunkt der Krankheit – meistens am ersten Krankheitstag vor Arbeitsbeginn. Sie erfolgt ebenfalls, wenn man zu geschwächt ist, um zum Arzt oder zur Ärztin zu gehen.

Laut Statistischem Bundesamt waren im Jahr 2022 Arbeitnehmende durchschnittlich 15 Tage im Jahr krankgemeldet.

Krankschreibung

Eine Krankschreibung hingegen wird durch die behandelnden Ärzt*innen ausgestellt. Die Krankschreibung wird offiziell Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder AU (auch Attest) genannt. Es handelt sich dabei um ein Dokument, auf dem die behandelnden Ärzt*innen die Krankheit der Arbeitnehmenden bestätigen.

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird anschließend dem Arbeitgebenden vorgelegt. Seit Januar 2023 ist die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) Pflicht.

Alle Infos rund um die eAU finden Sie auf unserem Factorial-Blog.

Krankschreibung: Diese Regeln gelten

Grundsätzlich gilt für Angestellte im Falle einer Krankheit folgendes:

Eine Krankschreibung muss dem Arbeitgebenden spätestens ab dem vierten Kalendertag der Krankheit vorliegen. Das ist gesetzlich im Entgeltfortzahlungsgesetz geregelt.

Unternehmen können jedoch vertraglich oder in einer Zusatzvereinbarung festlegen, dass die Beschäftigten schon früher eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit vorlegen müssen, sogar schon ab dem ersten Krankheitstag.

Viele Arbeitgebende verzichten jedoch darauf, um ihren Mitarbeitenden im Krankheitsfall den Gang zur Ärzt*in zu ersparen und auch um mögliche längere Fehlzeiten auf der Arbeit zu vermeiden.

Wichtig: Sind Beschäftigte nach Ablauf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung weiterhin erkrankt, müssen sie sich erneut ärztlich untersuchen lassen, um eine Folgebescheinigung zu erhalten. Auch in diesem Fall ist der Arbeitgebende über die weitere Abwesenheit von der Arbeit zu informieren.

Generell sollten Arbeitnehmende auf eine lückenlose Dokumentation der ärztlichen Bescheinigungen achten, um negative Folgen in Bezug auf Entgeltfortzahlung und Sozialversicherungsleistungen zu vermeiden. Auch Unternehmen sollten stets transparente und klare Regelungen zur Arbeitsunfähigkeit treffen und diese entsprechend an ihre Mitarbeitenden kommunizieren.

Kann man sich rückwirkend krankschreiben lassen?

Wie sieht es nun im Arbeitsrecht mit Fällen aus, in denen Arbeitnehmende sich rückwirkend krankschreiben lassen müssen? Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn man seit Tagen so krank ist, dass ein Gang in die Praxis nicht möglich war. Welche Regelungen gelten bei rückwirkenden Krankschreibungen?

Rückwirkende Krankschreibung bei Arbeitsunfähigkeit

Die Regeln, die Ärzt*innen für eine Krankschreibung beachten müssen, sind in den von den Krankenkassen erstellten Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien (AU-RL) festgelegt.

Laut § 5 Abs. 3 der AU-RL gilt:

In der Regel dürfen Ärzte Patient*innen bei einer Erkrankung nicht für einen Zeitraum krankschreiben, der vor dem ersten Arztbesuch liegt. Eine rückwirkende Krankschreibung ist hiernach nicht möglich.

Aber: In Ausnahmen darf eine rückwirkende Krankschreibung erfolgen.

Wie lange kann ein Arzt bzw. eine Ärztin rückwirkend krankschreiben?

Der Zeitpunkt der rückwirkenden Krankschreibung darf nicht länger als drei Tage zurückliegen. Das Wochenende zählt in diesem Fall mit.

Ärzt*innen dürfen die Ausstellung dieses Dokuments allerdings auch verweigern, wenn sie feststellen, dass ein Gang in die Praxis tatsächlich früher hätte erfolgen können.

Eine rückwirkende Krankschreibung ist für maximal drei Tage möglich. Alles darüber hinaus ist nicht zulässig.

Wann dürfen Ärzt*innen eine rückwirkende Krankschreibung vornehmen?

Ärzt*innen sind angehalten, genau zu überprüfen, wann eine rückwirkende Krankschreibung wirklich angebracht ist. Sie müssen also untersuchen, ob ein Gang zum Arzt bzw. zur Ärztin vorher tatsächlich nicht möglich war. Erst dann dürfen sie die Krankschreibung rückwirkend ausstellen.

Ärzte, die zu großzügig rückwirkende Krankschreibungen ausstellen, müssen mit rechtlichen Konsequenzen rechnen.

Wer kann Patient*innen rückwirkend krankschreiben?

Es ist ausschließlich Ärzt*innen vorbehalten, eine rückwirkende Krankschreibung auszustellen.

Was passiert, wenn Ärzt*innen eine rückwirkende Krankschreibung ablehnen?

Wenn Beschäftigte krankheitsbedingt der Arbeit fernbleiben und erst spät einen Arzt bzw. eine Ärztin aufsuchen, welche*r ihnen die rückwirkende Krankschreibung verweigert, kann dies für die Mitarbeitenden Konsequenzen haben:

Sie gelten für die versäumten Tage offiziell als unentschuldigt. Das bedeutet, dass Arbeitnehmende für diese Zeit kein Arbeitsentgelt erhalten können.

Bei häufigen unentschuldigten Fehlzeiten kann der Arbeitgebende die Beschäftigten abmahnen oder im schlimmsten Fall sogar kündigen.

Rückwirkend krankschreiben: Wochenende

Viele Arztpraxen haben am Wochenende geschlossen – viele Arbeitnehmende müssen jedoch auch am Wochenende arbeiten. In diesem Fall können Beschäftigte ihren Arbeitgebenden zunächst über ihre Krankheit informieren. Sie sollten anschließend am darauffolgenden Montag eine Arztpraxis aufsuchen. In der Regel stellen Ärzte dann eine rückwirkende Krankschreibung aus, wenn sie dies aus medizinischer Sicht für gerechtfertigt halten. Aber auch hier gilt: Patient*innen können nicht länger als drei Tage rückwirkend krankgeschrieben werden.

Folgebescheinigungen und rückwirkende Krankschreibung

Wenn Beschäftigte bereits krankgeschrieben sind und es versäumen oder nicht in der Lage sind, innerhalb der ausgestellten AU-Frist eine Arztpraxis aufzusuchen, können Ärzt*innen unter bestimmten Umständen auch eine Folgebescheinigung rückwirkend ausstellen. Hier gelten die gleichen Regelungen wie bei einer Erstausstellung.

Julia Lehmann ist Schriftstellerin, Philosophin, Künstlerin und Übersetzerin und schreibt seit 3 Jahren über HR- und arbeitsbezogene Themen und Nachrichten.

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