Zum Inhalt gehen

Schwerbehindertengesetz: Das gilt 2022

·
5 Minuten Lesezeit
Schwerbehindertengesetz

Arbeitgeber müssen ab einer bestimmten Anzahl von Mitarbeiter*innen Schwerbehinderte beschäftigen. Alleine im Jahr 2020 sind 128.533 Arbeitgeber*innen dieser Pflicht nachgekommen. Unternehmen müssen sich allerdings bei der Einstellung der Arbeitnehmer*innen mit dem Schwerbehindertengesetz vertraut machen. Grund genug, sich die rechtlichen Rahmenbedingungen einmal näher anzusehen.

In diesem Artikel erfahren Sie, welche Pflichten Unternehmen haben, welche Bezuschussungen Sie beantragen können und welche Regelungen es für die erfolgreiche Integration gibt.

New call-to-action

Schwerbehindertengesetz – Rechtliche Grundlage in 2022

Die rechtliche Grundlage des Schwerbehindertengesetzes ergibt sich seit dem Jahr 2001 aus dem SGB IXDieses ist in drei Teile untergliedert, die ersten beiden Teile beziehen sich auf die Rechte von Personen mit Behinderungen, der dritte Teil bezieht sich spezifisch auf schwerbehinderte Personen.

  • 1. Teil: Regelungen für Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohte Menschen werden aufgelistet. Hier werden z.B. die Rehabilitationsträger aufgeführt und Regelungen für die Sicherung der Erwerbstätigkeit festgelegt.
  • 2. Teil: Im zweiten Teil werden besondere Leistungen zur selbstbestimmten Lebensführung für Menschen mit Behinderung aufgelistet (Eingliederungshilferecht). Hier ist u.a. festgelegt, dass es Schwerbehinderten ermöglicht werden soll eine volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu haben.
  • 3. Teil: Im letzten Teil werden besondere Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen aufgelistet (Schwerbehindertenrecht). In diesem Teil wird es für Unternehmen spannend. Die Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber*innen wird näher erläutert und inwiefern diese mit der Bundesagentur für Arbeit und Integrationsämtern zusammenarbeiten sollen.

Reformen seit 1953

Das Schwerbehindertengesetz wurde seit 1953 mehrfach reformiert:

  • Im Jahr 1953 trat das Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter „Schwerbeschädigtengesetz“ in Kraft.
  • 1974 wurde das neue Schwerbeschädigtengesetz zum Schwerbehindertengesetz (Gesetz zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft – SchwbG) umbenannt.
  • 1986 wurde das Gesetz zum „Schwerbehindertengesetz (SchwbG)“ und die Beurteilung der Behinderung wird seitdem durch den Grad der Behinderung vorgenommen.
  • Das Behindertenrecht wurde 2001 reformiert und fußt seitdem auf dem Sozialgesetzbuch IX (SGB IX).

Schwerbehinderung – Was muss der Arbeitgeber wissen?

Wenn Unternehmen wachsen, sind Sie ab einer bestimmten Anzahl von Beschäftigten dazu verpflichtet, Schwerbehinderte einzustellen. Dabei gelten verschiedene Regeln je nach Größe des Unternehmens:

  • 20 Beschäftigte: In § 154 SGB IX ist festgelegt, dass Unternehmen, die im Jahresdurchschnitt monatlich mindestens 20 Arbeitnehmer*innen haben, wenigstens 5 Prozent Schwerbehinderte einstellen müssen.
  • 20 bis 40 Beschäftigte: Unternehmen mit monatlich weniger als 40 Arbeitnehmer*innen müssen je Monat einen Schwerbehinderten einstellen.
  • 40 bis 60 Beschäftigte: Unternehmen mit monatlich weniger als 60 Arbeitnehmer*innen müssen je Monat zwei Schwerbehinderte beschäftigen.

Aber: Ausbildungsplätze zählen nicht in die Arbeitsplätze hinein.

Übrigens: Diese Regelungen gelten sowohl für private, als auch für öffentliche Unternehmen.

Wie hoch ist die Ausgleichsabgabe?

Wenn es Unternehmen nicht möglich ist Schwerbehinderte einzustellen, müssen Sie eine Ausgleichsabgabe zahlen. Dies ist in § 160 SGB IX festgelegt.

  • Wenn Sie im Jahresdurchschnitt weniger als 2 Prozent Schwerbehinderte beschäftigen = 320 Euro.
  • Sie beschäftigen im Jahresdurchschnitt zwischen 2 bis unter 3 Prozent Schwerbehinderte = 220 Euro.
  • Es sind im Jahresdurchschnitt zwischen 3 bis unter 5 Prozent Schwerbehinderte bei Ihnen angestellt = 125 Euro.

Achtung: Diese Ausgleichsabgabe fällt pro unbesetztem Platz an und ist monatlich zu bezahlen.

Wenn Sie weniger als 40 Mitarbeiter*innen im Unternehmen haben und der Pflicht nicht nachkommen, einen Schwerbehinderten zu beschäftigen, zahlen Sie monatlich 125 Euro. Wenn Sie weniger als 60 Mitarbeiter*innen haben, zahlen Sie 125 Euro, wenn Sie weniger als zwei Schwerbehinderte beschäftigen und 220 Euro, wenn Sie weniger als einen Schwerbehinderten beschäftigen.

So werden Unternehmen unterstützt

Sie möchten einen Schwerbehinderten einstellen und fragen sich, inwiefern Sie dabei Unterstützung beantragen können? Unternehmen können laut der Bundesagentur für Arbeit die folgenden Unterstützungen beantragen:

Ausbildungszuschüsse zur betrieblichen Ausführung von Bildungsleistungen:

  • Wenn eine Aus- oder Weiterbildung der Arbeitnehmer*in ohne eine Förderung nicht möglich ist, kann ein Zuschuss beantragt werden.
  • Der Antrag muss bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt werden.
  • Ausbildungszuschüsse werden für die gesamte Dauer der Ausbildung bezahlt.

Eingliederungszuschüsse:

  • Diese können beantragt werden, wenn eine Person eingestellt werden soll, die noch nicht über die benötigten Kenntnisse verfügt und deren Einarbeitung über den üblichen Rahmen hinauslaufen wird.
  • Die Förderungshöhe kann bis zu 70 Prozent des Arbeitsentgelts betragen, verringert sich allerdings nach 12 Monaten um 10 Prozentpunkte.
  • Die Förderdauer beträgt maximal zwei Jahre.

Zuschüsse für Arbeitshilfen im Betrieb:

  • Der Technische Beratungsdienst der Bundesagentur für Arbeit unterstützt beispielsweise bei der Anpassung des Arbeitsplatzes in Hinsicht auf die Barrierefreiheit und Themen bzgl. des Arbeitsschutzes.

Teilweise oder volle Kostenerstattung für eine befristete Probebeschäftigung:

  • Die Bundesagentur für Arbeit übernimmt die Kosten für eine Probebeschäftigung von 3 Monaten.
  • Dies beinhaltet neben den Lohn- und Gehaltskosten auch Arbeitgeberanteile für die Sozialversicherung.

Welche Rechte haben Schwerbehinderte?

Schwerbehinderten haben im Arbeitsrecht einen besondere Stellung, sie unterliegen bei einer Behinderung von über 50 Prozent daher dem Schwerbehindertenschutz. Das Schwerbehindertenschutzgesetz beruht auf den Bestimmungen des SGB IX. Schwerbehinderten werden die folgenden Rechte zugesprochen: 

  • Sie erhalten einen bezahlten Zusatzurlaub von 5 Tagen.
  • Sie erhalten den gleichen Lohn wie die gesunden Mitarbeiter*innen.
  • Ihnen muss die Möglichkeit zugesprochen werden in Teilzeit zu arbeiten.
  • Wenn Schwerbehinderte länger als 6 Monate in einem Betrieb arbeiten, muss das Integrationsamt einer Kündigung zustimmen, der Arbeitgeber kann diese nicht ohne Zustimmung des Integrationsamtes alleine aussprechen.

Schwerbehinderte werden von verschiedenen Personen im Unternehmen vertreten: 

  • Schwerbehindertenvertretung: Wenn 5 oder mehr Angestellte im Unternehmen eine Schwerbehinderung haben, muss eine Schwerbehindertenvertretung gegründet werden.
  • Betriebsrat: Wenn weniger als 5 Angestellte im Unternehmen eine Schwerbehinderung haben, werden diese Angestellten durch den Betriebsrat vertreten.

Schwerbehindertengesetz – Integration und Gleichstellung

Für die Integration von Schwerbehinderten ist eine Inklusionsvereinbarung und der Austausch mit einem Inklusionsbeauftragten wichtig und verpflichtend. § 166 SGB IX legt fest, dass Arbeitgeber*innen mit der Schwerbehindertenvertretung in Zusammenarbeit mit dem Inklusionsbeauftragten des Arbeitgebers eine verbindliche Inklusionsvereinbarung treffen müssen.

In der Inklusionsvereinbarung wird folgendes vereinbart:

  • Personalplanung
  • Arbeitsplatzgestaltung
  • Gestaltung des Arbeitsumfeldes
  • Arbeitsorganisation
  • Arbeitszeit sowie Regelungen über die Durchführung in den Betrieben und Dienststellen

Die Gleichstellung von Schwerbehinderten ergibt sich aus dem Grad der Behinderung. Ab einem Grad von 20 handelt es sich um eine Behinderung, ab einem Grad von 50 um eine Schwerbehinderung.

Behinderte mit einem Grad von 30 oder 40 können sich gleichstellen lassen. Dies bedeutet, dass sie dann auch vor der Kündigung durch den Arbeitgeber insofern geschützt sind, dass das Integrationsamt der Kündigung zustimmen muss.

Sprachgewandt, neugierig und kreativ verfolgt unsere Autorin Marie-Louise Messerschmidt als SEO Content Writer die neuesten HR Trends. Als Teil des Content Marketing Teams arbeitet sie seit Mitte 2022 für Factorial HR. Nach ihrem Abschluss in Betriebswirtschaftslehre an der Georg-August-Universität Göttingen und Sprachwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München befasst sie sich bereits seit 2017 mit Themen im Personalbereich. Ihr Fokus liegt dabei besonders auf rechtlichen und strategischen Themen. Zuletzt hat sie einen Gastbeitrag zum Thema Personalverwaltung im OMT Magazin veröffentlicht.

Ähnliche Beiträge