Wer kennt sie nicht, die rhetorische Frage? Sie ist ein beliebtes Stilmittel und eine häufig verwendete Fragetechnik, die nicht nur in Literatur, Medien oder der Politik zum Einsatz kommt, um Aussagen zu verstärken, indirekte Kritik anzubringen oder die Gegenüber zu beeinflussen.
Auch im Berufsalltag nutzen wir die rhetorische Frage häufig in der Kommunikation. Welche Wirkung Sie mit rhetorischen Fragen erzielen können und wo Sie im Berufsalltag besser auf ihre Verwendung verzichten sollten, erfahren Sie im folgenden Beitrag.
Key Facts
- Eine rhetorische Frage ist eine Scheinfrage, auf die keine Antwort erwartet wird.
- Sie wird vor allem als Stilmittel eingesetzt, um eine Aussage zu unterstreichen, Aufmerksamkeit zu erregen oder die eigene Meinung auszudrücken.
- Rhetorische Fragen können jedoch gerade im Berufsleben in bestimmten Situationen, insbesondere bei Kritik, unprofessionell wirken.
- Was ist eine rhetorische Frage?
- Wirkung und Beispiel: Rhetorische Frage
- Rhetorische Fragen in Literatur, Medien, Politik
- Problematik und Vorteile rhetorischer Fragen
Was ist eine rhetorische Frage?
Eine rhetorische Frage ist eine Frage, die eigentlich keine Frage ist und daher auch keine Antwort erwartet. Sie ist vor allem ein Stilmittel, das von Menschen häufig eingesetzt wird, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen, beispielsweise:
- um eine Aussage zu unterstreichen
- um Aufmerksamkeit zu erregen
- um die eigene Meinung auszudrücken (z. B. Kritik zu üben)
- um die Gesprächspartner*innen zu beeinflussen und/oder sie zum Nachdenken anzuregen.
Es geht bei der rhetorischen Frage also nicht primär darum, mit einer Frage Informationen und Antworten zu finden.
Im Gegensatz zur Suggestivfrage erwartet die rhetorische Frage keine Antwort. Mit Suggestivfragen wie „Finden Sie nicht auch, dass dieses Projekt für alle Seiten eine Win-Win-Situation ist?“ möchten die Fragesteller*innen die Befragten gezielt in eine bestimmte Richtung lenken oder eine gewünschte Antwort von ihnen erhalten.
Was bedeutet der Begriff „rhetorisch“ genau?
Der Begriff „rhetorisch“ stammt aus dem Griechischen. Er leitet sich vom Wort „rhetorike“ ab. Das bedeutet so viel wie die „Die Kunst der Rede“ bzw. Redekunst. Die Rhetorik war im alten Griechenland eine Disziplin, die sich mit der Kunst des Überzeugens beschäftigte. Es ging dabei darum, Reden so zu gestalten, dass sie andere überzeugen können.
Dieser Ursprung verweist also bereits auf den engen Zusammenhang zwischen der rhetorischen Frage und der gezielten Anwendung sprachlicher Mittel, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Die rhetorische Frage ist ein Beispiel dafür, wie Sprache nicht nur zur Informationsvermittlung in der Kommunikation, sondern auch als Werkzeug zur Beeinflussung von Emotionen, Gedanken und Meinungen genutzt wird. Die rhetorische Frage ist also eine Scheinfrage.
Wirkung und Beispiel: Rhetorische Frage
Im Folgenden wollen wir einige Beispiele für rhetorische Fragen aus dem Berufsalltag betrachten, um ihre Einsatzmöglichkeiten, ihre Bedeutung sowie ihre Wirkung besser zu verstehen.
1. zum Nachdenken anregen
Die rhetorische Frage wird häufig verwendet, um die Gegenüber zum Nachdenken anzuregen. Dies kann auf unterschiedlichen Ebenen geschehen. Im Berufsalltag wird die rhetorische Frage vor allem zur Motivation und zur Reflexion eingesetzt.
Beispiel: Die Grafik-Abteilung eines Unternehmens soll in wenigen Tagen ein großes Projekt finalisieren. Der Druck ist hoch und die Zeit knapp. Zur Motivation ruft der Abteilungsleiter am Morgen den Mitarbeitenden zu: „Wenn nicht wir das schaffen, wer dann?“
(Statt: Wir schaffen das.)
Er erwartet in diesem Moment keine Antwort auf seine Frage. Hier ist die Frage eine rhetorische Technik, mit der er seine Beschäftigten anspornen möchte. Sie dient der Mitarbeitermotivation. Durch diese Frage stärkt er das Vertrauen ins Team und appelliert an die Eigenverantwortung und den Teamgeist, um das Projekt erfolgreich abzuschließen.
Ein weiteres Beispiel in diesem Zusammenhang ist die folgende Situation: Die Projektleiterin der Marketing-Abteilung entwickelt gemeinsam mit einigen Mitarbeitenden eine neue Marketingstrategie, um eine neue Zielgruppe zu erreichen. Im Brainstorming über die Strategie fragt sie in die Runde: „Haben wir die Bedürfnisse unserer Zielgruppe wirklich vollständig berücksichtigt?“
Mit dieser Frage erwartet sie nicht unbedingt ein Ja oder Nein als Antwort. Stattdessen zielt die Frage eher darauf ab, dass alle noch einmal in sich gehen und überlegen, ob die Bedürfnisse tatsächlich berücksichtigt wurden. Es ist also eher eine Aufforderung. Sie könnte stattdessen auch sagen: „Lasst uns noch einmal überprüfen, ob wir die Bedürfnisse unserer Zielgruppe vollständig verstanden haben.“
2. Kritik äußern
Außerdem kann die rhetorische Frage auch ein Ausdruck indirekter Kritik oder Unzufriedenheit sein.
Ein typisches Beispiel ist die Nichteinhaltung von Deadlines. Kurz vor der Abgabe eines wichtigen Projekts wird klar, dass ein Team den Abgabetermin nicht einhalten kann. Dies ist jedoch nicht das erste Mal, dass dies geschieht. Die Abteilungsleiterin ist verärgert, als sie über den Umstand informiert wird, und hält den Mitarbeitenden vor: „Muss ich wirklich jedes Mal an die Einhaltung der Deadlines erinnern?“
(Statt: „Ich erwarte, dass die Deadlines in Zukunft eingehalten werden. Es ist nicht akzeptabel, dass ich immer wieder daran erinnern muss.“)
In diesem Fall dient die rhetorische Frage dazu, ihren Unmut über die Nichteinhaltung der Frist auszudrücken. Sie erwartet keine Antwort auf ihre Frage, sondern möchte vielmehr die Mitarbeitenden auf das wiederholte Versäumnis aufmerksam machen und indirekt zur Verbesserung ihres Verhaltens anregen.
3. Gegenüber beeinflussen
In dieser Wirkung kann die rhetorische Frage tatsächlich Ähnlichkeit zur Suggestivfrage aufweisen. Gleichwohl bleibt der Unterschied, dass die rhetorische Frage von den Zuhörer*innen keine Antwort erwartet.
So könnte beispielsweise der Vorgesetzte in einer Vorstandssitzung mit den Führungskräften appellieren, den Umsatz im nächsten Jahr weiter zu steigern. In diesem Zusammenhang stellt er die Frage: „Möchten wir wirklich, dass der Umsatz im nächsten Jahr stagniert?“
Auch diese Frage ist eine Scheinfrage, denn natürlich möchte niemand, dass der Umsatz zurückbleibt. Die Frage wurde nur gestellt, um die Führungskräfte zum Nachdenken zu bringen und sie zu einer Entscheidung zu motivieren, die auf eine Umsatzsteigerung ausgerichtet ist.
4. Aussagen verstärken
Eine der häufigsten Wirkungen, die mit dieser Fragetechnik erreicht werden sollen, ist es, eine Aussage zu kräftigen.
Schauen wir uns dafür ein Beispiel aus dem Change Management an:
Der Vorgesetzte fragt seine Führungskräfte: „Können wir es uns wirklich leisten, den Trend hin zu Elektroautos zu verpassen?“
(Statt: „Wir können es uns nicht leisten, den Trend hin zu Elektroautos zu verpassen.“)
Auch hier erwartet er keine Antwort im Gespräch. Mit der Frage will er den Führungskräften stattdessen seine Meinung übermitteln und deutlich machen, wie wichtig es ihm ist, dass das Unternehmen bei diesen Trend mitgeht, um weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben.
Tipp: HR-Software im Change Management
Das Change Management ist gerade in unserer schnelllebigen Zeit ein essenzieller Teil eines zukunftsfähigen Unternehmens. Change Management richtet sich dabei nicht nur auf die Produkte oder den Umsatz eines Unternehmens, sondern hat auch vor allem die Mitarbeiterzufriedenheit im Fokus. Sinkt diese, sollte ein Betrieb alarmiert sein, da dies zu Mitarbeiterabwanderung und hohen Fluktuationsraten führen kann, was schlecht für das Unternehmen ist.
Sorgen Sie also vor und behalten Sie den Grad der Zufriedenheit Ihrer Mitarbeitenden im Blick. Mit Mitarbeiterbefragungen und der Messung des Employee Net Promoter Scores (ENPS) können Sie die Zufriedenheit und Loyalität der Beschäftigten ermitteln. Ein hoher ENPS deutet auf eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit hin, was positive Auswirkungen auf Motivation und das Betriebsklima hat. Factorial bietet eine einfache Möglichkeit, den ENPS zu berechnen und Mitarbeitende in drei Gruppen zu unterteilen (Promoter*innen, Neutrale, Kritiker*innen), um so die Mitarbeiterzufriedenheit gezielt zu verbessern.
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Rhetorische Fragen in Literatur, Medien, Politik
Doch nicht nur im Berufsalltag kommen rhetorische Fragen als Stilmittel vor. Sie finden in vielen Bereichen Anwendung, in denen sie die oben genannten Wirkungen erzielen sollen.
Insbesondere auch in den Medien, hier vor allem in der Werbung, aber auch in der Literatur und Politik, wird die rhetorische Frage häufig verwendet. Hiermit sollen Botschaften verstärkt oder Kritik auf originelle Art angebracht werden.
Beispiele aus Literatur, Medien und Politik
Wer kennt sie nicht? (Das ist übrigens auch eine rhetorische Frage.) Auf belebten Fußgängerzonen stehen häufig Mitarbeitende von verschiedenen NGOs wie Amnesty International. Sie wollen Passant*innen überzeugen, Mitglied zu werden oder zu spenden. Um jedoch die Aufmerksamkeit der Passant*innen zu erregen, haben sie nur wenige Sekunden Zeit. Die erste Ansprache muss also so kurz und fesselnd wie möglich gestaltet werden. So sprechen diese Mitarbeitenden die Passant*innen häufig mit der rhetorischen Frage an: „Interessieren Sie sich nicht für Menschenrechte?“
Wer würde hier schon nein sagen? Die Frage dient nur dazu, dass die Passant*innen stehen bleiben. Schließlich will niemand den Eindruck erwecken, er*sie würde sich nicht für Menschenrechte interessieren. Die rhetorische Frage hat hier also die Wirkung, Aufmerksamkeit zu erregen.
Auch Politiker*innen nutzen die Fragetechnik der rhetorischen Frage häufig, um Aussagen zuzuspitzen, ihre Meinung zu verstärken oder auch als Provokation.
Typische Beispiele in diesem Zusammenhang:
- „Können wir es uns wirklich leisten, noch mehr Geld für Bildungsausgaben zu kürzen? Die Kinder sind schließlich unsere Zukunft.“
- „Wollen wir unseren Kindern wirklich so eine Welt hinterlassen?“ (Beispielsweise in Bezug auf Armut, Klimawandel etc.)
Die Literatur bedient sich gerne der rhetorischen Frage als Stilmittel. Insbesondere bei Selbstgesprächen kommt diese Fragetechnik häufig vor.
„Sollte ich nicht älter sein, wenn ich das tat? Sollte ich nicht desto klüger sein, wenn ich älter bin?“ (Jane Austen)
Die Protagonistin verwendet eine rhetorische Frage, um ihre inneren Zweifel und die gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen ihrer Zeit zu reflektieren. Durch diese Frage zeigt sie ihre Komplexität als Charakter und hinterfragt gleichzeitig die gängigen Vorstellungen von Liebe und Ehe.
Die Autorin Jane Austen nutzt diese Frage, um Ironie zu erzeugen und den Lesenden zum Nachdenken über die Absurdität mancher gesellschaftlicher Normen anzuregen.
Problematik und Vorteile rhetorischer Fragen
Mit Sicherheit ist die rhetorische Frage nicht bloß ein Stilmittel, das Vorteile mit sich bringt. Natürlich: Es ist ideal, um Reden und Verhandlungen kreativer und ansprechender zu gestalten. Die Fragetechnik kann die Aufmerksamkeit der Zuhörer*innen auf sich lenken und hilft, monotone Reden und zähe Verhandlungen aufzulockern.
Auch in Sachen positiver Mitarbeitermotivation kann sie tatsächlich eine aufmunternde Wirkung erzielen, wie in dem Beispiel: „Wer, wenn nicht wir, wird das schaffen?“
Doch Vorsicht: Rhetorische Fragen können gerade bei Kritik unprofessionell wirken. Vor allem gegenüber Ihren Führungskräften und Mitarbeitenden sollte Kritik zwar freundlich, aber direkt angebracht werden. Es ist besser, Ihren Mitarbeitenden zu sagen, dass Sie verärgert sind über die nicht eingehaltene Frist, als die rhetorische Frage zu stellen: „Muss ich euch wirklich jedes Mal an die Einhaltung der Frist erinnern?“ Diese Art der Fragetechnik könnte als passiv-aggressiv wahrgenommen werden und das Vertrauen in die Kommunikation gefährden. Stattdessen sollten klare, lösungsorientierte Gespräche geführt werden, um Missverständnisse zu vermeiden und konstruktive Ergebnisse zu erzielen.
Tipp: Bei Kommunikationsschwierigkeiten in der Führung können spezielle Schulungen oder Workshops zu Mitarbeitergesprächen helfen, ihre Rhetorikkompetenzen zu verbessern.