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Worauf Arbeitgeber bei einer Abmahnung achten müssen 

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7 Minuten Lesezeit
Mitarbeiter riskieren durch private Internetnutzung eine Abmahnung.

Jeder Arbeitgeber hat sicherlich schon einmal in irgendeiner Form mit einer Abmahnung am Arbeitsplatz zu tun gehabt. Nicht selten stellt sich für Arbeitgeber die Frage, was gegenüber Arbeitnehmer*innen überhaupt zulässig ist. Hier herrscht große Unsicherheit. Und diese ist nicht unbegründet! 

Abmahnungen können schnell rechtsunwirksam werden. Deshalb ist es wichtig, sich genau mit den Regeln und Formalien zu beschäftigen.

Im folgenden Artikel erläutern wir die rechtlichen Grundlagen, welche Abmahnungsgründe zulässig sind und welche Formalien beachtet werden müssen.

Key Facts

  1. Eine Abmahnung ist eine Erklärung des Arbeitgebers, in der Arbeitnehmer*innen auf ein konkretes, arbeitsrechtliches Fehlverhalten hingewiesen werden.
  2. Sie soll den Betroffenen Möglichkeit geben, ihr Verhalten zu korrigieren. Dabei können Abmahnungen eine Vorstufe zu einer Kündigung sein.
  3. Damit sie gültig ist, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein: Dokumentationsfunktion, Hinweisfunktion und Warnfunktion.

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Was ist eine Abmahnung?

Abmahnungen werden in verschiedenen Zusammenhängen verwendet. Generell bezeichnet der Begriff eine schriftliche oder mündliche Aufforderung an eine Person, ein bestimmtes Verhalten zu ändern oder zu unterlassen, da es gegen Regeln, Gesetze oder Vereinbarungen verstößt.

Abmahnungen kommen bspw. in folgenden Bereichen vor:

  • Mietrecht
  • Urheberrecht
  • Vertragsrecht
  • Strafrecht
  • oder eben auch im Arbeitsrecht

In allen Fällen sind Abmahnungen in der Regel eine Vorstufe zu weiteren rechtlichen Schritten, wenn das unangemessene Verhalten nicht geändert wird. 

Was sind Abmahnungen im Arbeitsrecht?

Eine Abmahnung im Arbeitsrecht ist eine schriftliche Erklärung des Arbeitgebers, in der ein*e Arbeitnehmer*in auf ein konkretes Fehlverhalten hingewiesen wird. Das Fehlverhalten kann in einem Verstoß gegen den Arbeitsvertrag, betriebliche Regelungen oder gesetzliche Vorschriften bestehen.

In erster Linie dient sie dazu, Arbeitnehmer*innen auf ein Fehlverhalten aufmerksam zu machen und ihnen die Chance zu geben, ihr Verhalten zu ändern und in Zukunft korrekt zu arbeiten.

Sie sollte konkret sein, d. h. sie sollte das Fehlverhalten genau beschreiben und den*die Arbeitnehmer*in genau darüber informieren, welche Konsequenzen bei einem weiteren Fehlverhalten drohen.

Ein Abmahnschreiben kann also eine Vorstufe zu einer Kündigung sein, wenn die Mitarbeiter*innen ihr Verhalten nicht korrigieren.

Abmahnung verhaltensbedingt: Abmahnungen sind also, anders als bspw. Kündigungen, die auch betriebsbedingt erfolgen können, immer verhaltensbedingt.

Abmahnung vs. Ermahnung

Abmahnungen sind im Gegensatz zu Ermahnungen ein arbeitsrechtlich festgelegtes Instrument, um auf ein Fehlverhalten hinzuweisen. Eine Ermahnung hat dagegen keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Sie ist lediglich eine Rüge des Arbeitgebers.

Rechtsgrundlage:

Die rechtliche Grundlage für arbeitsrechtliche Abmahnungen, die einer fristlosen oder auch fristgerechten Kündigung vorausgehen, ist im § 314 BGB geregelt. Darüber hinaus findet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Anwendung.

Verhältnismäßigkeitsgrundsatz:

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besagt, dass eine Maßnahme des Arbeitgebers geeignet, erforderlich und angemessen sein muss, um wirksam zu sein.

Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber bei der Wahl einer Maßnahme zur Sanktionierung eines Fehlverhaltens des*der Arbeitnehmer*in das mildeste Mittel wählen muss, das geeignet ist, um das Ziel zu erreichen. Abmahnungen sind in der Regel ein milderes Mittel, während eine Kündigung eine härtere Sanktion darstellt.

Abgeleitet wird dieser aus dem Rechtsstaatsprinzip Art. 20 Abs. 3 GG und aus den Grundrechten Art. 1–17 GG.

Beispiel:

Besonderes Aufsehen erregte in den 2000er Jahren der Fall „Emmely”. Einer langjährigen Kassiererin des Supermarktes Kaiser Tengelmann wurde fristlos gekündigt, weil sie zwei ihr nicht gehörende Pfandbons eingelöst hatte. Das Arbeitsgericht (2 AZR 541/09) erklärte die Kündigung in einem Urteil für unverhältnismäßig und damit für unwirksam.

Wie schlimm ist eine Abmahnung?

Abmahnung vermeiden: Abmahnungen sind keine Lappalie. Es handelt sich um eine schriftliche Mahnung, die eine Kündigung zur Folge haben kann. Ebenso landet sie in der Personalakte. 

Bevor Arbeitgeber also eine solche aussprechen, sollte zunächst das Gespräch mit den Mitarbeitenden gesucht werden. 

Ein Mitarbeiter packt nach einer Kuendigung seine Sachen.

Fristlose Kündigung ohne Abmahnung – Wann darf ohne Abmahnung gekündigt werden?

Grundsätzlich muss vor einer (fristlosen) Kündigung eine Abmahnung ausgesprochen werden, es sei denn, es handelt sich um einen besonders schweren Fall. 

Ein solcher Fall liegt z. B. bei Diebstahl, Beleidigung, Sachbeschädigung oder Gewalttätigkeiten gegenüber Kolleg*innen oder Vorgesetzten vor.

Die Tat muss so schwerwiegend sein, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar ist.

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Formalien – Was habe ich bei einer Abmahnung zu beachten

Abmahnungen haben arbeitsrechtlich eine bestimmte Funktion inne. Damit sie gültig sind, müssen diese Funktionen als Voraussetzungen enthalten sein: 

  1. Hinweisfunktion und Verhaltensbezug: Die Abmahnung muss sich auf ein bestimmtes Verhalten des Arbeitnehmers beziehen, das gegen vertragliche Vereinbarungen oder arbeitsrechtliche Pflichten verstößt. Das Fehlverhalten muss konkret und detailliert beschrieben werden.
    Eine pauschale Beschreibung wie „schlechte Arbeitsleistung” bezogen auf eine Schlechtleistung ist nicht zulässig.
  2. Warnfunktion: Sie muss eine Warnfunktion haben und den*die Arbeitnehmer*in darauf hinweisen, dass sein*ihr Verhalten unzulässig ist und sich das Verhalten in Zukunft verbessern muss. Ebenso muss sie darauf hinweisen, dass Konsequenzen drohen, wenn sich das Verhalten nicht ändert. Der Arbeitgeber muss dem*der betroffenen Arbeitnehmer*in eine angemessene Frist zur Abhilfe setzen.
  3. Dokumentationsfunktion: Abmahnungen sind nicht formgebunden. Sie halten einen Pflichtverstoß fest und müssen nicht zwangsläufig schriftlich erfolgen. Um Unklarheiten zu vermeiden, erfolgen sie in der Regel jedoch schriftlich und werden in der Personalakte des Arbeitnehmers dokumentiert.

Übermittlung – Muss die Abmahnung schriftlich ausgesprochen werden?

Abmahnungen können auch mündlich erfolgen. Es gibt kein Gesetz, das eine schriftliche Abmahnung vorschreibt. Allerdings müssen Arbeitgeber sie in späteren Rechtsstreitigkeiten auch nachweisen können. Damit Sie als Arbeitgeber also auf der sicheren Seite sind, empfiehlt sich die schriftliche Form.

Wann ist eine Abmahnung ungültig?

Abmahnungen müssen formal und inhaltlich korrekt sein, um rechtswirksam zu sein. Es gibt immer wieder Fälle, in denen sie nicht rechtswirksam sind. Immer wieder stellen Gerichte Fehler in Abmahnungen fest. 

Typische Gründe und Fehler in Abmahnungen, die Arbeitgeber unbedingt vermeiden sollten, sind:

  1. Fehlender Grund:
    Nicht jedes Verhalten, das dem Arbeitgeber missfällt, stellt eine arbeitsrechtliche Pflichtverletzung dar.
    Beispiel:
    Ein Arbeitgeber mahnt eine Mitarbeiter*in ab, weil die Umsatzvorgabe nicht erreicht wurde. Dies ist kein zulässiger Grund für eine Abmahnung.
  2. Keine Beweise:
    Arbeitgeber*innen sollten das Fehlverhalten dokumentieren, um es später vor Gericht beweisen zu können.
  3. Die Abmahnung ist ungenau formuliert
    Arbeitnehmer*innen müssen genau erkennen können, was sie falsch gemacht haben, um ihr Verhalten ändern zu können. Außerdem muss sichergestellt sein, dass Arbeitgeber*innen später nicht behaupten können, die Abmahnung sei wegen etwas ganz anderem erfolgt.
  4. Pauschale Vorwürfe sind nicht ausreichend.
    Typische Beispiele für pauschale Formulierungen, die nicht zulässig sind, sind:
    -Sie haben wiederholt gegen unsere Arbeitsanweisungen verstoßen,
    -waren betrunken.
    -oder Sie waren wiederholt unpünktlich.
  5. Unvollständige Abmahnung
    Die Abmahnung enthält nicht alle 3 Voraussetzungen (Dokumentationsfunktion, Hinweisfunktion und Warnfunktion) für eine Abmahnung.
  6. Keine weisungsbefugte Person hat unterschrieben.

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Formulierung – Was gehört in eine Abmahnung? 

Abmahnungen müssen gewissen Anforderungen gerecht werden. Sie sollten grundsätzlich folgende Angaben enthalten:

  1. Datum der Verwarnung
  2. Hinweis auf das Fehlverhalten: Das Fehlverhalten sollte genau beschrieben werden. Dabei sollten konkrete Tatsachen und Beispiele genannt werden, damit der*die Arbeitnehmer*in das Fehlverhalten nachvollziehen kann.
  3. Warnung vor weiteren Folgen: Sie sollten eine Warnung vor weiteren Konsequenzen für den Fall enthalten, dass sich das Fehlverhalten wiederholt. Es kann auf eine drohende Kündigung hingewiesen werden.
  4. Abmahnungen unterschreiben: Abmahnungen sollten von einer weisungsbefugten Person unterschrieben werden.
  5. Datum des Fehlverhaltens. Das Datum des Fehlverhaltens sollte ebenfalls genannt werden.

Abmahnung Muster 

Im Internet finden sich zahlreiche Muster für Abmahnungen. 

Abmahnungen Vorlage:

Speziell für arbeitsrechtliche Verstöße während der Ausbildung bietet die IHK Bonn ein sehr gutes Muster an. Auch verschiedene Anwaltskanzleien oder Rechtsschutzversicherungen bieten sehr gute Vorlagen und Checklisten an. 

Frist einer Abmahnung

Abmahnung Frist 2 Wochen:

Es gibt keine bundeseinheitliche, gesetzlich festgelegte Frist. In der Regel gelten allerdings 2 Wochen als Richtwert, damit Abmahnungen ihre Wirksamkeit nicht verlieren. Denn die Warnfunktion wird mit der Zeit entkräftet. 

Sollte es nämlich zu einem Prozess kommen, kann das Gericht sie fragen, warum sie so lange gewartet haben – trotz eines angeblichen Fehlverhaltens der*des Beschäftigten. 

Welche Gründe gibt es für eine Abmahnung?

Welche zulässigen Gründe gibt es für Abmahnungen? Es gibt verschiedene Gründe, aus denen ein Arbeitgeber eine Abmahnung aussprechen kann.

Abmahnung Gründe

Typische Gründe sind:

  1. Verstoß gegen den Arbeitsvertrag oder die Betriebsvereinbarungen: Ein Arbeitnehmer kann abgemahnt werden, wenn er gegen arbeitsvertragliche Bestimmungen oder Betriebsvereinbarungen verstößt:
    -Abmahnung wegen Missachtung von Arbeitsanweisungen
    -Unentschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit
    -Verstoß gegen Arbeitszeitregelungen
  2. Fehlverhalten gegenüber Kollegen oder Vorgesetzten:
    -Mobbing
    -Beleidigung
    -Sexuelle Belästigung
    -Diskriminierung
  3. Verstöße gegen Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften:
    -Nichttragen von Schutzkleidung
    -Ignorieren von Warnhinweisen
    -Nichtbeachtung von Gefahrenhinweisen
  4. Verstöße gegen Leistungsanforderungen
  5. Arbeitsverweigerung

Private Internetnutzung: 

Ein für Arbeitgeber brisantes Thema ist die private Internetnutzung während der Arbeitszeit im Betrieb. Die Nutzung von betrieblichen PCs oder dem eigenen Smartphone ist nur dann erlaubt, wenn Arbeitgeber dies erlauben. Gibt es in Ihrem Betrieb ein Verbot diesbezüglich, verstoßen Beschäftigte gegen betriebliche Vorgaben. In diesem Fall dürfen Sie abmahnen.

Eine Mitarbeiterin sitzt wegen einer Abmahnung frustriert vor ihrem Laptop.

Abmahnungen Arbeitsrecht – Wer darf im Arbeitsrecht abmahnen?

Arbeitgeber:

Abmahnungen können von Personen ausgesprochen werden, die zur Kündigung berechtigt sind. Darüber hinaus auch von allen Vorgesetzten mit Weisungsbefugnis – also von einem Chef.

Kündigungsberechtigt im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis sind Geschäfts- und Unternehmensinhaber*innen. Außerdem Personen mit Vertretungsmacht, z. B. ein*e Geschäftsführer*in.

Arbeitnehmer*innen:

Schon gewusst? 

Arbeitnehmer*innen dürfen ihren Arbeitgeber auch abmahnen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn dieser sich nicht an Verträge hält. Ein typisches Beispiel ist hier die unpünktliche Lohnzahlung.

Wie lange ist eine Abmahnung gültig?

Abmahnungen verjähren im Arbeitsrecht nicht. Es gibt keine gesetzliche Bestimmung über die Gültigkeitsdauer von Abmahnungen und es gibt auch keine gesetzliche Regelung, wie lange eine Abmahnung in der Personalakte verbleiben darf. Einige Urteile haben jedoch bereits die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte nach 2 oder 3 Jahren zugelassen.

Abmahnungen Widerspruch

Mitarbeiter*innen können gegen die Erteilung Widerspruch einlegen. Dies muss in Form einer schriftlichen Gegendarstellung erfolgen. Ist die schriftliche Gegendarstellung erfolglos, können Beschäftigte den Klageweg gehen. 

Der Betriebsrat kann Beschäftigte hier unterstützen. Grundsätzlich sollten Arbeitgeber den Betriebsrat im Falle einer Abmahnung hinzuziehen.

Fazit

Abmahnungen dienen als Instrument für Arbeitgeber, um Fehlverhalten auf offiziellem Wege zu kommunizieren. Auf der anderen Seite ermöglichen Sie es aber Mitarbeiter*innen auch, ihr Verhalten in Zukunft zu verbessern und die Warnung als Anlass zur Besserung zu nehmen. HR-Tools wie Factorial können Ihnen helfen, die Entwicklung Ihrer Mitarbeitenden immer im Überblick zu behalten. Außerdem dienen sie zur Dokumentenaufbewahrung und können Abmahnungen in der digitalen Personalakte speichern.

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Maria Macher ist Content Managerin bei Factorial und lebt hier ihre Liebe für die deutsche Sprache und HR-Themen aus. Bereits während ihrer Studienzeit in Wien und Barcelona sammelte sie unterschiedlichste Arbeitserfahrungen: beim Early-Stage-Startup bis hin zum multinationalen Konzern. Dabei lernte sie insbesondere, was verschiedene Unternehmenskulturen ausmacht und welche Rolle die wichtigste Ressource in Unternehmen spielt: die Menschen.

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