Alle Erwerbstätigen, die regelmäßig viele Stunden am Schreibtisch sitzen oder mehrere Stunden am Tag schwere Lasten heben, werden es wohl früher oder später mit Rücken- oder Schulterschmerzen zu tun haben. Eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung ist daher für sicheres und gesundes Arbeiten unerlässlich. Doch das Einrichten des Arbeitsplatzes geht über den ergonomischen Aspekt hinaus.
Im folgenden Blogbeitrag erklären wir Arbeitgebenden, worauf sie bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen achten sollten.
Key Facts
- Eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung ist unerlässlich, um das Wohlbefinden der Arbeitnehmenden zu fördern und körperliche Beschwerden wie Erkrankungen am Arbeitsplatz vorzubeugen.
- Die Arbeitsplatzgestaltung umfasst ergonomische, organisatorische und technische Aspekte, die für Gesundheit und Sicherheit entscheidend sind.
- Unternehmen sind durch gesetzliche Rahmenbedingungen verpflichtet, sichere und gesunde Arbeitsbedingungen zu schaffen.
- Was bedeutet Arbeitsplatzgestaltung?
- Arbeitsplatzgestaltung vs. Arbeitsgestaltung
- Rechtliche Rahmenbedingungen
- Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung – Arbeitsplatzgestaltung Beispiele
- Warum ist Arbeitsplatzgestaltung so wichtig?
Was bedeutet Arbeitsplatzgestaltung?
Arbeitsplatzgestaltung: Definition
Der Begriff Arbeitsplatzgestaltung erklärt sich eigentlich schon von selbst: Natürlich geht es hier um die Gestaltung des Arbeitsplatzes. Doch was beinhaltet das genau?
Ein Arbeitsplatz ist nicht einfach nur ein Arbeitsplatz. Sein Design ist enorm wichtig für das Wohlbefinden der Mitarbeitenden und hat gleichzeitig auch große Auswirkungen auf deren Produktivität.
Durch Arbeitsplatzgestaltung soll der Arbeitsplatz der Beschäftigten sowohl in technischer, als auch in gesundheitlicher (hier vor allem ergonomischer und organisatorischer) Hinsicht für Sicherheit, Effizienz und Wohlbefinden während der Arbeit sorgen.
Insgesamt geht es bei der Arbeitsplatzgestaltung um die Anpassung der Arbeitsbedingungen an den Menschen, also an seine körperlichen und psychischen Bedürfnisse, und nicht umgekehrt. Der Arbeitsplatz soll also menschengerecht sein.
Wann ist ein Arbeitsplatz menschengerecht?
Wie eine menschengerechte Gestaltung des Arbeitsplatzes aussehen kann, ist auch Gegenstand der Wissenschaft. Diese hat mittlerweile verschiedene Kriterien entwickelt, an denen sich Unternehmen bei der Gestaltung orientieren können.
Ein Beispiel hierfür sind die vom Autorenteam Luczak/Volpert entwickelten Kriterien. Diese sind:
- Ausführbarkeit der Arbeit
Die Arbeit muss so gestaltet sein, dass sie für die Beschäftigten auch ausführbar ist. Das heißt, sie muss sowohl physisch als auch psychisch machbar sein.
- Erträglichkeit
Die Frage, die bei diesem Punkt im Vordergrund steht: Kann die Arbeit ohne Schädigungen ein Leben lang und regelmäßig von einer Arbeitskraft ausgeführt werden?
- Zumutbarkeit
In diesen Bereich fällt Folgendes: Werden gesetzliche Vorgaben sowie gesellschaftliche Mindestanforderungen in Bezug auf Arbeiten und das Arbeitsumfeld eingehalten?
- Zufriedenheit
Die Arbeit sollte so gestaltet sein, dass sie die individuellen Bedürfnisse der Menschen berücksichtigt und ihnen Raum zum Wachsen und zur Persönlichkeitsentwicklung gibt.
Arbeitsplatzgestaltung vs. Arbeitsgestaltung
Beide Begriffe beschäftigen sich mit einer menschengerechten Ausgestaltung des Arbeitsplatzes. Bei der Arbeitsgestaltung geht es jedoch in der Regel um eine umfassendere Gestaltung, die vielmehr noch die Arbeitsinhalte berücksichtigt.
Grundsätzlich geht es bei der Arbeitsplatzgestaltung bzw. Arbeitsgestaltung um drei Kernaspekte, die berücksichtigt werden sollten:
- Ergonomisch
- Organisatorisch
- Technisch
1. Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung
Hier geht es um die optimale Anpassung der Arbeitsumgebung, der Arbeitsmittel und -einrichtungen sowie im Allgemeinen der Arbeitssysteme an die Nutzenden, also die Erwerbstätigen. Ergonomie reicht in diesem Zusammenhang von der Verstellbarkeit eines Stuhles oder überhaupt eines ergonomischen Stuhles, der eine optimale Sitzhaltung ermöglicht und Rücken- und Schulterbeschwerden reduziert, bis hin zu Vorgaben für das maximale Heben von Lasten.
2. Organisatorische Gestaltung des Arbeitsplatzes
In diesem Bereich fällt alles, was über die konkrete Produktion hinausgeht. Dazu gehören beispielsweise Pausen- und Arbeitszeiten.
Wenn Sie sich keine Sorgen mehr um die korrekte Arbeitszeiterfassung Ihrer Mitarbeitenden machen wollen, können Sie HR-Software einsetzen. Moderne Zeiterfassungssysteme berücksichtigen die aktuellen gesetzlichen Regelungen, gewähren einen Überblick und sparen Ihnen eine Menge Zeit.
Sie wollen mehr darüber erfahren? Starten Sie kostenlos mit Factorial HR.
3. Technische Gestaltung des Arbeitsplatzes
Dieser Aspekt fokussiert sich darauf, dass die Mitarbeitenden auch über die geeigneten und aktuellen Arbeitsmittel verfügen, um ihre Arbeit erledigen zu können. Es nützt nichts, wenn die Arbeitnehmenden zwar ein Faxgerät haben, diese aber niemand mehr benutzt.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Neben diesen grundsätzlichen theoretischen Kriterien vom menschengerechten Arbeitsplatz gibt es auch ganz konkrete rechtliche Rahmenbedingungen. Diese befassen sich mit der Gestaltung des Arbeitsplatzes und Arbeitsumgebung. Die Umsetzung ist für Unternehmen Pflicht.
Dazu gehören:
DIN EN ISO 26800:2011 – Ergonomie-Grundnorm
Diese weltweit verbindliche Norm sorgt für einheitliche Standards, die Arbeitsplatzgestaltung berücksichtigt werden sollten. Ergonomie bedeutet in diesem Zusammenhang also Produkte, Systeme und Arbeitsumgebungen zu schaffen, die optimal an die menschlichen Bedürfnisse angepasst sind.
Ziele der Norm sind:
- Erhöhung der Effizienz
- Verbesserte Sicherheit
- Reduktion der körperlichen und psychischen Belastung
- Verbesserter Komfort
Arbeitsschutzgesetz
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist in Deutschland das zentrale Gesetz, das Maßnahmen zur Gewährleistung von Gesundheit und Sicherheit von Erwerbstätigen am Arbeitsplatz definiert.
Das Arbeitsschutzgesetz regelt unter anderem:
- die Arbeitsplatzgestaltung
- den sicheren Einsatz von Arbeitsmitteln
- Lärmschutz
- Handhabung von Lasten
- Umgang mit Gefahrstoffen
- medizinische Vorsorge der Beschäftigten
Zentrales Element dieses Gesetzes ist die Gefährdungsbeurteilung, zu der Arbeitgebende verpflichtet sind. Mit ihr soll anhand verschiedener Kriterien die durch die Arbeit entstehenden Gefährdungen für Beschäftigte ermittelt werden.
Arbeitssicherheitsgesetz
Bei diesem Gesetz geht es vor allem um das Hinzuziehen von Fachpersonal für die Einhaltung und Gewährleistung bestimmter Sicherheitsstandards am Arbeitsplatz. Ziel ist es, die Sicherheit der Arbeitnehmenden durch den Einsatz von Sicherheitsfachkräften und Betriebsärzt*innen zu gewährleisten.
Arbeitsstättenverordnung
In der Arbeitsstättenverordnung ist festgehalten, wie ein gesunder und sicherer Arbeitsplatz auszusehen hat. Die Verordnung ist sehr konkret und praxisnah ausgelegt und dient den Arbeitgebenden als direkte Orientierungshilfe.
Es handelt sich hierbei um einen Leitfaden mit konkreten Hinweisen zur Belüftung, Beleuchtung, Raumgestaltung, Ausstattung oder zur Hygiene.
Es handelt sich um eine Umsetzung der EU-Arbeitsstätten-Richtlinie 89/654/EWG.
Unfallverhütungsvorschriften – DGUV
Diese Vorschriften werden direkt von den Berufsgenossenschaften und den Unfallversicherungsträger*innen erstellt. Auch hierbei handelt es sich um Vorgaben bezüglich Sicherheit und Unfallschutz.
Dachverband ist hier die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV). Die Vorschriften, die sie erlässt, werden vom Aufsichtspersonal der Unfallversicherungsträger*innen direkt vor Ort am Arbeitsplatz überprüft.
Arbeitsunfälle passieren häufiger, als man denkt. Laut Statistischem Bundesamt hatten im Jahr 2022 rund 1,5 Prozent der Erwerbstätigen einen Arbeitsunfall. Am höchsten ist die Quote im Baugewerbe. Hier ist sie mehr als doppelt so hoch wie im Gesamtdurchschnitt. Auch in der Wasser- und Abfallwirtschaft ist die Quote hoch.
Insgesamt sind die Zahlen jedoch – dank des guten Arbeitsschutzes – seit den 90er Jahren rückläufig.
Betriebssicherheitsverordnung
Diese Verordnung befasst sich konkret mit der Sicherheit und dem Umgang mit technischen Anlagen und Arbeitsmitteln.
Betriebsrat
Wichtig: Gibt es im Betrieb einen Betriebsrat, hat dieser sogenannte Unterrichtungs- und Beratungsrechte in Bezug auf Planung und Einrichtung von Arbeitsabläufen, Arbeitsplätzen und der Arbeitsumgebung. Das ist in § 90 des Betriebsverfassungsgesetzes festgelegt.
Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung – Arbeitsplatzgestaltung Beispiele
Im Folgenden wollen wir uns konkrete Beispiele für eine gute und positive ergonomische Arbeitsbedingungen anschauen.
Raumgröße Büro
ASR A1.2 der Arbeitsstättenrichtlinie legt beispielsweise die genaue Raumgröße für Arbeitsbereiche fest.
Gemäß der Richtlinie dürfen nur Räume mit einer Mindestfläche von 8 m² als Arbeitsräume genutzt werden. Für jeden weiteren Arbeitsplatz sind 6 m² hinzuzurechnen. In Arbeitsräumen mit Schreibtisch- und Bildschirmarbeitsplätzen sollte die Fläche zwischen 8 und 10 m² liegen. In Großraumbüros wird eine Gesamtarbeitsfläche von 12 bis 15 m² pro Arbeitsplatz empfohlen.
Temperatur
Die Richtlinie (ASR A3.5) enthält auch Angaben über die Mindest- und Höchsttemperaturen als ideale Arbeitsbedingungen für Beschäftigte während der Arbeit.
So gelten für leichte Arbeiten im Sitzen Mindestwerte für die Lufttemperatur von 20 Grad. Für schwere Arbeiten im Stehen gelten dagegen nur Mindestwerte von 12 Grad.
An heißen Tagen, d. h. an Tagen mit Außentemperaturen von über 26 Grad, sind die Arbeitgebenden verpflichtet, geeignete Sonnenschutzmaßnahmen zu treffen. Dazu gehören Sonnenschutzmaßnahmen wie Jalousien oder Sonnenschutzverglasungen. Ab einer Raumtemperatur von 35 Grad ist ein Raum nicht mehr als Arbeitsraum geeignet.
Bildschirmarbeitsplatz
Die DGUV hat für verschiedene Branchen spezifische Anforderungen an die ergonomische Gestaltung von Arbeitsplätzen festgelegt. So gibt es z. B. für Bildschirmarbeitsplätze sehr genaue Anforderungen an die Anordnung von Tastatur, Maus und Bildschirm. So muss etwa die Tastatur vom Bildschirm trennbar sein, um eine optimale Anpassung an den Benutzenden zu gewährleisten.
Warum ist Arbeitsplatzgestaltung so wichtig?
Ohne gesunde und zufriedene Arbeitnehmende kann kein Unternehmen auf Dauer erfolgreich sein. Es sollte daher im Interesse jedes Unternehmens liegen, die Arbeitsplätze so gut wie möglich zu gestalten.
Dies ist insbesondere aus folgenden Gründen so wichtig:
Gesundheit und Wohlbefinden
Eine gute Arbeitsplatzgestaltung fördert das Wohlbefinden der Mitarbeitenden. Sie gehen dann gerne zur Arbeit (Stichwort Mitarbeiterzufriedenheit). Außerdem reduziert eine gute Arbeitsumgebung Stress, Arbeitsunfälle und Krankheiten.
Produktivität und Effizienz
Die Gesundheit der Beschäftigten wirkt sich positiv auf ihre Leistungsfähigkeit und Produktivität aus. Gesunde Beschäftigte haben weniger Fehlzeiten. Sie liefern darüber hinaus oft bessere Arbeitsergebnisse, was sich wiederum positiv auf Kundenbeziehungen auswirkt. All dies bedeutet insgesamt geringere Kosten für die Unternehmen.
Höhere Mitarbeiterbindung
Eine positive Arbeitsumgebung führt meistens dazu, dass Mitarbeitende dem Unternehmen länger erhalten bleiben und nicht so schnell den Arbeitsplatz wechseln (geringe Fluktuation).
Arbeitgebende sind daher gut beraten, auch im eigenen Interesse, den Standard für eine gute Arbeitsplatzgestaltung möglichst hochzuhalten. Auch die Beschäftigten profitieren von den Maßnahmen.
Und: Eine aktuelle Studie der Gewerkschaft Verdi kommt zu dem Ergebnis, dass die Maßnahmen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes im Dienstleistungssektor zu Wünschen übrig lassen. So erhalten nur 36 Prozent der Beschäftigten eine Gefährdungsbeurteilung von ihrem Vorgesetzten. Auch im öffentlichen Dienst wird diese nur in knapp 50 Prozent der Fälle durchgeführt.
Fast alle Befragten gaben zudem an, von Mehrfachbelastungen am Arbeitsplatz betroffen zu sein, also von Lärm, hoher Arbeitsbelastung oder starker körperlicher Beanspruchung, wobei nicht überraschend das Gesundheitswesen mit 95 Prozent den höchsten Wert aufweist.
Für die Arbeitgebenden bedeutet dies, dass sie, wenn sie ihre Mitarbeitenden halten und ihr Unternehmen weiterhin erfolgreich führen wollen, verstärkt auf die Arbeitsbedingungen und deren Verbesserung und Überwachung achten müssen.