Die Auftragslage in Ihrem Unternehmen schwankt? Mitarbeiter machen in Produktionsphasen mit hohem Arbeitsvolumen Überstunden, haben in anderen Perioden aber nur wenig zu tun und sitzen ihre Zeit ab?
Dann kann ein Arbeitszeitkonto (bspw. auch mit einer Arbeitszeiterfassung-App) helfen, Mehrarbeit im Blick zu behalten und Arbeitszeit auszubalancieren. Mit solchen Zeitkonten können Arbeitgeber flexibel auf schwankende Auftragslagen reagieren, ohne Mitarbeiter zu verlieren – auch während der Corona-Krise.
In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie ein Arbeitszeitkonto richtig nutzen, welche verschiedenen Arten von Arbeitskonten es gibt und was Sie rechtlich beachten müssen.
- Was ist ein Arbeitszeitkonto?
- Müssen Arbeitgeber ein Arbeitszeitkonto führen?
- Arbeitszeitkonto Höchstgrenze
- Die 4 Arten von Arbeitszeitkonten
- Was passiert mit Minusstunden?
- Arbeitszeitkonto: Gesetzliche Regelung zur Auszahlung
- Die Vor- und Nachteile eines Arbeitszeitkontos
- Arbeitszeitkonto Muster
Was ist ein Arbeitszeitkonto?
Der Begriff Arbeitszeitkonto beschreibt eine Art Sparkonto, bei dem kein Geld, sondern ein Zeitguthaben erfasst wird. Dabei wird die Arbeitszeit, die ein Arbeitnehmer leistet, in der Regel elektronisch – also mit einer HR Software zum Beispiel – festgehalten.
Die tatsächliche Arbeitszeit, also auch Plus- und Minusstunden werden dann mit der vertraglich geregelten Arbeitszeit abgeglichen und es entsteht ein Zeitguthaben. Bei angesammelten Plusstunden hat der Arbeitnehmer mehr Stunden gearbeitet als vertraglich geregelt. Wenn Minusstunden angesammelt werden, hat der Arbeitnehmer die vereinbarte Arbeitszeit unterschritten.
Das bedeutet, dass ein Arbeitnehmer je nach Auftragslage zeitweise mal mehr und mal weniger als die vertraglich vereinbarten Stunden arbeitet. Die zusätzlich geleisteten Arbeitsstunden sammelt er auf seinem Arbeitszeitkonto an. Er kann sie zu einem späteren Zeitpunkt abbauen oder sich die Überstunden voll bezahlen lassen.
Selbiges gilt für das „Arbeitszeitkonto Minusstunden”. Wenn Minusstunden angerechnet wurden, müssen diese gegebenenfalls ausgeglichen werden. Das Gehalt ändert sich dabei nicht.
Übrigens: Ggf. macht es für Sie auch Sinn ein Zeiterfassungssystem einzuführen. Diese spart Zeit und ist sehr übersichtlich.
Müssen Arbeitgeber ein Arbeitszeitkonto führen?
Nein. Das Führen eines Arbeitszeitkontos ist nicht verpflichtend. Beim Modell der Vertrauensarbeitszeit beispielsweise werden Arbeitszeiten nicht elektronisch festgehalten. Halten Sie darüber hinaus immer vertraglich fest, ob ein Arbeitszeitkonto verwendet wird oder nicht.
Für wen sind Arbeitszeitkonten sinnvoll?
In den letzten Jahren sind die Modelle für Arbeitszeitkonten immer beliebter geworden. Besonders sinnvoll sind diese für Unternehmen mit außergewöhnlichen Arbeitszeitmodellen, wie etwa:
- Home-Office bzw. Remote Work
- Gleitzeit mit Kernarbeitszeiten
- Mitarbeiter auf Abrufbereitschaft
- Teilzeitmodelle mit flexiblen Arbeitszeiten
- Schichtarbeit
- Jahresarbeitszeit
- Saisonal schwankende Auftragslage
Arbeitszeitkonto Höchstgrenze
Können Arbeitgeber Überstunden verlangen? Es ist ratsam, eine Höchstgrenze für Plusstunden schriftlich in einer entsprechenden Vereinbarung festzuhalten und einen angemessenen Ausgleichszeitraum zu bestimmen.
Dabei sollten die Zeiträume zum Ausgleich von positiven und negativen Zeitkontoständen gleichermaßen bemessen sein. Achten Sie hier auf die gesetzlichen Bestimmungen.
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Arbeitszeitkonten und das Arbeitszeitgesetz
Die gesetzlich zulässige Arbeitszeit beträgt nach § 3 Satz 1 ArbZG 8 Stunden pro Werktag. Bei 6 Werktagen in der Woche (Montag-Samstag) sind das maximal 48 Arbeitsstunden pro Woche.
Durch den gesetzlichen Ausgleichszeitraum der Höchstarbeitszeit ist es möglich, die Arbeitszeit auf maximal 10 Stunden am Tag zu erhöhen. Dies gilt jedoch nur, solange die durchschnittliche Arbeitszeit von 8 Stunden pro Tag in einem Zeitraum von 24 Wochen nicht überschritten wird (4 Wochen für Nachtarbeitnehmer).
Daraus ergibt sich bei einer 40-Stunden-Woche ein Saldenaufbau von 8 Stunden pro Woche, der gesetzlich unbedenklich ist. Die insgesamt geleistete Arbeitszeit liegt dann nämlich innerhalb der zulässigen Obergrenze von 8 Stunden pro Werktag beziehungsweise 48 Stunden pro Woche.
Innerhalb eines halben Jahres/ 24 Wochen kann ein Arbeitnehmer so bis zu 192 Überstunden aufbauen. Die gesetzlichen Feiertage sind bei diesem Beispiel nicht mit einbezogen.
Die 4 Arten von Arbeitszeitkonten
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein Arbeitszeitkonto zu nutzen.
Jahresarbeitszeitkonto
Das Jahresarbeitszeit- oder Kurzzeitkonto ist eines der am häufigsten genutzten Modelle von Arbeitszeitkonten. Dabei kann entweder ein Überstundenkonto angelegt werden, auf dem die tatsächlichen Arbeitsstunden erfasst werden. Gesammelte Überstunden kann der Mitarbeiter dann abbauen, indem er sich diese auszahlen lässt oder sie in freie Zeit umwandelt.
Eine andere Möglichkeit bietet das Gleitzeitkonto. Der Arbeitgeber gibt eine Kernarbeitszeit vor, in der der Mitarbeiter anwesend sein muss. Jedoch kann der Mitarbeiter um diese Kernarbeitszeit herum selbst bestimmen, wann er anfängt und aufhört zu arbeiten.
Alternativ wird die Höhe der Arbeitsstunden pro Woche oder pro Monat vom Arbeitgeber festgelegt. Wie der Arbeitnehmer sich diese Stunden einteilt, liegt in seiner Verantwortung. Hier spielt die Eigenverantwortung der Mitarbeiter und das Vertrauensverhältnis eine große Rolle.
Die wöchentlichen Arbeitszeiten lassen sich durch das Jahresarbeitszeitkonto flexibler gestalten. Sie kommen häufig zum Einsatz, wenn es schwankende Produktionsphasen und Auftragslagen gibt. Es sollte zu Beginn ein Zeitraum vereinbart werden, in dem der Arbeitnehmer die tatsächlich geleisteten mit den vertraglich festgelegten Stunden ausgleichen muss.
Langzeitkonto
Bei Langzeitkonten, auch Lebensarbeitskonto genannt, sammelt der Arbeitnehmer zusätzliche Stunden an, wobei ein bestimmtes Ziel verfolgt wird. Ein solches Ziel kann zum Beispiel ein Sabbatical sein, also eine längere Auszeit vom Job.
Auch ein verfrühter Ausstieg aus der Festanstellung oder Elternzeit können Gründe für Langzeitkonten sein. Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbaren hierfür feste Regelungen und sollten diese auch vertraglich festhalten.
Ampelkonto
Wie der Name bereits vermuten lässt, wird hier mit Farben gearbeitet. Damit der Arbeitgeber den Überblick über die Arbeitszeiten des Mitarbeiters behält, wird das Arbeitssaldo mit den Farben rot, gelb oder grün versehen.
Rot zeigt eine Überschreitung der Höchstgrenze für Überstunden an, gelb zeigt ein kritisches Saldo an und bei grün ist das Arbeitszeitsaldo relativ ausgeglichen.
- In der grünen Ampelphase verwaltet der Arbeitnehmer sein Arbeitszeitkonto selbst und kann eigenständig Mehrarbeit abbauen (bzw. Minusstunden aufbauen).
- In der gelben Ampelphase wird in der Gruppe überlegt, wie er die geleisteten Stunden abbauen kann und das Arbeitszeitkonto dauerhaft im grünen Bereich bleibt. Auch kann ein Vorgesetzter oder eine Führungskraft hinzugezogen werden.
- In der roten Ampelphase haben sich schon so viele zusätzliche Stunden angesammelt, dass der Mitarbeiter gemeinsam mit seinem Vorgesetzten über Maßnahmen spricht, die die hohe Zahl an Überstunden ausgleichen.
Zeitwertkonto
Beim Zeitwertkonto oder Wertguthabenkonto wird dem Plussaldo Geld gutgeschrieben, das für bestimmte Leistungen genutzt werden kann (z.B. Renteneintritt).
Was passiert mit Minusstunden?
Generell sind Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto nichts anderes als ein Gehaltsvorschuss durch den Arbeitgeber.
Arbeitszeitkonto bei Kündigung
Stehen bei einer Kündigung durch den Arbeitnehmer Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto, kommen zwei Szenarien in Betracht:
- Der Beschäftigte kann frei über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit entscheiden (z.B. beim Gleitzeitmodell) und trägt demnach selbst die Verantwortung für die angesammelten Minusstunden. Dann kann der Arbeitgeber die Minusstunden mit dem noch ausstehenden Gehalt verrechnen.
- Der Arbeitgeber hat nicht genug Beschäftigung für die vertraglich festgelegte Arbeitszeit des Arbeitnehmers. In diesem Fall kann der Arbeitgeber den Minussaldo nicht mit dem Gehalt oder Urlaubstagen verrechnen, da die Minusstunden durch den Arbeitgeber verursacht wurden.
Arbeitszeitkonto: Gesetzliche Regelung zur Auszahlung
Wie Überstunden entlohnt werden, steht im Arbeitsvertrag. Auch wenn dazu nichts im Arbeitsvertrag festgehalten wurde, müssen Sie als Arbeitgeber laut § 612 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dafür sorgen, dass Sie den Angestellten für die Überstunden kompensieren.
Häufig steht in Verträgen so etwas wie „Überstunden werden nicht gesondert vergütet, sondern sind mit dem Gehalt abgegolten”. Diese Formulierung ist so jedoch nicht rechtens. Es ist nicht ersichtlich, wann Mehrarbeit erforderlich sind und wie viele Überstunden der Mitarbeiter zusätzlich leisten soll.
Besser: „Bis zu vier Überstunden pro Woche werden nicht gesondert vergütet, sondern sind mit dem Gehalt abgegolten”. Hier ist deutlich, dass bis zu vier Überstunden im Gehalt enthalten sind. Jede weitere Stunde, die der Mitarbeiter leistet, muss der Arbeitgeber vergüten.
Die Vor- und Nachteile eines Arbeitszeitkontos
Vorteile
- Besserer Umgang mit saisonalen Schwankungen und wechselndem Auftragsvolumen: Durch flexible Arbeitszeitgestaltung bei gleichbleibendem Gehalt können Mitarbeiter und Arbeitgeber besser planen. Außerdem müssen Unternehmen weder Mitarbeiter entlassen noch neue Mitarbeiter einstellen und sparen sich somit einen hohen Kosten- und Zeitaufwand.
- Gefühl von mehr Wertschätzung und Vertrauen durch den Arbeitgeber: Dank Gleitzeitkonto können sich Mitarbeiter ihre Zeit frei einteilen oder mit einem Überstundenkonto, geleistete Überstunden durch Freizeit oder finanzielle Vergütung abbauen. Das schafft erstens Vertrauen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber und sorgt zweitens für ein gesundes Arbeitsklima und eine bessere Work-Life-Balance. Das wiederum hat zur Folge, dass Mitarbeiter motivierter an die Arbeit gehen.
Nachteile
- Psychische und körperliche Belastung durch Überstunden: Sammelt ein Mitarbeiter über einen kurzen Zeitraum viele zusätzliche Stunden an, kommt er immer mehr an seine Belastungsgrenzen. Psychische und körperliche Überlastung kann auf Dauer zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen.
- Finanzielles Risiko durch Überstunden: Leisten Beschäftigte über einen längeren Zeitraum viele Überstunden, birgt das ein finanzielles Risiko für Unternehmen. Denn auch Mehrarbeit muss vergütet werden, entweder finanziell oder in Urlaubszeit.
- Interessenkonflikte: Zwischen Angestellten und Arbeitgeber können Konflikte auftreten, die sich um den Abbau der Überstunden drehen. Das passiert besonders dann, wenn sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht einig sind, wann und wie Überstunden abgebaut werden sollen.
Arbeitszeitkonto und Minijobs – geht das?
Auch Minijobs eignen sich für Arbeitszeitkonten. Auslastungs- und Produktionsschwankungen lassen sich durch ein geeignetes Modell flexibel ausgleichen.
Es gelten jedoch andere Bestimmungen, sodass Sie als Arbeitgeber einige Regelungen kennen müssen. Eine Voraussetzung ist zum Beispiel, dass der Arbeitnehmer ein vertraglich festgelegtes monatliches Gehalt bekommt.
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Disclaimer: Trotz intensiver Recherche zu unseren Artikeln, empfehlen wir Ihnen immer zusätzlich einen rechtlichen Berater aufzusuchen.
Häufige Fragen und Antworten
Was ist ein Arbeitszeitkonto?
Ein Arbeitszeitkonto beschreibt eine Art Sparkonto, bei dem kein Geld, sondern ein Zeitguthaben erfasst wird. Dabei wird die Arbeitszeit, die ein Arbeitnehmer leistet, in der Regel elektronisch festgestellt. Die tatsächliche Arbeitszeit wird dann mit der vertraglich geregelten Arbeitszeit abgeglichen und es entsteht ein Zeitguthaben. Bei angesammelten Plusstunden, hat der Arbeitnehmer mehr Stunden tatsächlich gearbeitet, als vertraglich geregelt. Entstehen Minusstunden, hat der Arbeitnehmer die vereinbarte Arbeitszeit unterschritten.
Müssen Arbeitgeber ein Arbeitszeitkonto führen?
Nein. Das Führen eines Arbeitszeitkontos ist nicht verpflichtend. Beim Modell der Vertrauensarbeitszeit beispielsweise werden Arbeitszeiten nicht elektronisch festgehalten. Halten Sie darüber hinaus immer vertraglich fest, ob ein Arbeitszeitkonto verwendet wird oder nicht.
Wieviele Überstunden dürfen auf ein Arbeitszeitkonto?
Bei einer 40-Stunden-Woche ist ein Saldenaufbau von 8 Stunden pro Woche gesetzlich unbedenklich. Die insgesamt geleistete Arbeitszeit liegt dann nämlich innerhalb der zulässigen Obergrenze von 8 Stunden pro Werktag beziehungsweise 48 Stunden pro Woche. Innerhalb eines halben Jahres/ 24 Wochen kann ein Arbeitnehmer so bis zu 192 Überstunden aufbauen.
Für wen sind Arbeitszeitkonten sinnvoll?
Besonders sinnvoll sind sie für Unternehmen mit außergewöhnlichen Arbeitszeitmodellen, wie: Home-Office bzw. Remote Work, Gleitzeit mit Kernarbeitszeiten, Mitarbeiter auf Aufrufbereitschaft, Schichtarbeit, Jahresarbeitszeit, saisonal schwankende Auftragslage…