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Schwerstarbeit: Wer bekommt die Erschwerniszulage?

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6 Minuten Lesezeit
Erschwerniszulage

Was genau ist eigentlich eine Erschwerniszulage? In unserem Blogartikel erklären wir Ihnen, was als außergewöhnliche Erschwernis zählt und was nicht. Außerdem werden wir die Frage beantworten: Wann gibt es ein Recht auf diese Zulage und wer entscheidet das?

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Erschwerniszulage Beispiel

Die Corona-Pandemie hat das Arbeiten an sich in vielerlei Hinsicht verändert. War das Tragen von medizinischen Masken bisher hauptsächlich etwas, was man aus dem Gesundheitswesen kennt, so war und ist dieses Stück Stoff auf einmal allgegenwärtig. Auch in anderen Berufen ist das Tragen einer OP-Maske bis heute vorgeschrieben. Jüngst klagte eine als hauswirtschaftliche Helferin in einer Klinik Angestellte auf Erschwerniszulage wegen Tragen der FFP2-Maske. Sie berief sich dabei auf § 19 des TVöD. Das Gericht lehnte die Klage ab.

Die Begründung: Das Tragen einer medizinischen Maske im Rahmen der Corona-Maßnahmen sei zwar eine Erschwernis, aber in dem Sinne keine außergewöhnliche Erschwernis, wie es der Paragraf im TVöD vorsieht.

An diesem Beispiel wird deutlich, dass die Definition dessen, was als außergewöhnliche Erschwernis zählt und was nicht, gar nicht so einfach ist. 

Erschwerniszulage Definition

Eine Erschwerniszulage ist ein zusätzlicher Lohn für berufliche Tätigkeiten, die außergewöhnliche Erschwernisse beinhalten.

Wann bekommt man eine Erschwerniszulage?

Auch wenn viele Berufe mit Stress und Belastungen verbunden sind, geht es in diesen Fällen um Arbeit unter besonderen oder auch riskanten sowie gesundheitsgefährdenden Bedingungen, bei denen schlimme Arbeitsunfälle passieren können.

Der Zuschlag wird vor allem aus zwei Gründen für Arbeiten gezahlt, die außergewöhnliche Erschwernisse beinhalten:

  • Zum einen, um die den Erschwernissen zugrundeliegenden Tätigkeits- und Berufsbilder attraktiver zu machen.

Beispiel: Aufgrund fehlender Arbeitskräfte im Bereich der Betreuung von Menschen mit Behinderung entschied sich das Land Österreich, ab 2023 in dieser Branche auch einen Erschwerniszuschlag zu zahlen. Bisher galt dieser nur für bestimmte Mitarbeitende in Krankenhäusern. Durch diese Maßnahme erhofft man sich unter anderem, die freien Stellen besetzen zu können.

  • Zum anderen, um die beruflichen Belastungen in materieller Hinsicht auszugleichen und mit der Zahlung Wertschätzung und Anerkennung auszudrücken.

Beispiel: Die Regierung im Land Nordrhein-Westfalen entschied sich kürzlich mit den Worten „Wer Leben rettet, verdient Wertschätzung“, Notfallsanitäter*innen eine Erschwerniszulage von 2,50 € pro Einsatzstunde zu zahlen. Das gelte allerdings bisher nur für verbeamtete Beschäftigte.

Was ist mit der Fürsorgepflicht? 

Arbeitgeber haben eine Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeitenden. Sie sind verpflichtet, insbesondere zum Arbeitsschutz ausreichend beitragende Maßnahmen zu treffen. Es ist sinnvoll, zur Vermeidung von Unfällen oder Störfällen beim Verhalten der Mitarbeiter*innen anzusetzen. 

Dieser Erkenntnis hat der Gesetzgeber mit Einführung des § 12 im Arbeitsschutz ausreichend Rechnung getragen. Die Erschwerniszulage greift genau für solche Tätigkeiten, in denen dies nicht oder nur eingeschränkt möglich ist. Es ist im Rahmen Ihrer Fürsorgepflicht trotzdem Ihre Aufgabe, eine außergewöhnliche Erschwernis durch geeignete Schutzvorkehrungen zum Schutz Ihrer Mitarbeitenden zu minimieren. Dazu gehören geeignete Vorkehrungen, insbesondere geeignete Arbeitsbedingungen. 

Ist die Erschwerniszulage steuerfrei?

Deutschland: Nein! Die Erschwerniszulage gehört direkt zum Arbeitsentgelt und muss demnach auch mit diesem versteuert werden.

Österreich: Hier gelten andere Regelungen. Der Erschwerniszuschlag unterliegt in der Regel Steuerbegünstigungen. Es gibt so je nach Branche unterschiedliche Freibeträge.

Schweiz: Auch hier gilt die volle Besteuerung des Erschwerniszuschlags.

Achtung: Nicht alle Zuschläge unterliegen der vollkommenen Steuerpflicht. Bei Zuschlägen für Arbeiten sonntags, feiertags oder Nachtarbeit gilt in der Regel ein Freibetrag. Das ist beim Erschwerniszuschlag nicht der Fall. Dieser ist vollkommen steuerpflichtig.

Beschäftigte erhalten so durch die volle Steuerpflicht des Erschwerniszuschlags am Ende oft leider nur einen unwesentlich höheren Lohn.

Wer hat Anspruch auf eine Erschwerniszulage?

Einen Anspruch auf eine Erschwerniszulage gibt es nur, wenn dieser verbindlich geregelt ist, beispielsweise: 

  • in Tarifverträgen,

Erschwerniszulage Öffentlicher Dienst: Für den Öffentlichen Dienst ist diese im Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes festgehalten. Aktuelle Regelungen zur „Erschwerniszulagen TVöD“ finden Sie unter § 19 des TVöD.

Für Beamte sind Bedingungen und Regelungen zur Erschwerniszulage in der Erschwerniszulagenverordnung festgehalten.

  • in Betriebsvereinbarungen,

In diesem Fall setzen sich Mitglieder des Betriebsrates angesichts außergewöhnlicher Arbeit häufig dafür ein, dass eine Erschwerniszulage gezahlt wird. Da Inhalte einer Betriebsvereinbarung rechtsbindend sind, muss der Arbeitgeber hier die Zulage zahlen.

  • in individuellen Arbeitsverträgen oder
  • indem er sich aus betrieblicher Übung ergibt.

Wichtig: Grundsätzlich besteht für Arbeitgeber keine gesetzliche Pflicht, eine Erschwerniszulage zu zahlen. Alternativ kann ein Arbeitgeber die Erschwernis auch über ein allgemein höheres Grundgehalt ausgleichen oder Arbeitsbedingungen und -schutzmaßnahmen so verbessern und einrichten, dass die Erschwernis deutlich minimiert wird. 

Das bedeutet, er kann die Erschwernis durch geeignete Vorkehrungen minimieren. Alternativ werden oftmals Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gezahlt. Diese Zuschläge fallen auch abweichend aus, da sie individuell geregelt werden. Die Entscheidung, in welcher Form man den Mitarbeiter*innen entgegenkommt, ist die Aufgabe der Personalbetreuung

Erschwerniszulage Anspruch

Tätigkeiten mit Erschwerniszulage

Häufig ist die Erschwerniszulage auch unter Namen wie Gefahren- oder Schmutzzulage, manchmal auch als Infektionszulage bekannt. Dabei ist die Erschwerniszulage eine Oberkategorie für diese drei. Gefahren- und Schmutzzulage sowie die Infektionszulage sind jeweils unterschiedliche Formen von Erschwerniszulagen bzw. beziehen sich auf eine andere Form der Erschwernis.

Für einen besseren Überblick hier einige Bereiche, in denen üblicherweise eine Erschwerniszulage gezahlt wird. Die Einteilung ist beispielhaft dem TVöD entnommen:

  • Tätigkeiten mit besonderer Gefährdung

Das Arbeiten mit Reinigungsmitteln bei Reinigungskräften zählt nicht als außergewöhnliche Gefährdung.

  • Tätigkeiten mit extremer nicht klimabedingter Hitzeeinwirkung

Hiermit sollen Tätigkeiten ausgeschlossen werden wie das Arbeiten eines Maurers an einem besonders heißen Sommertag.

Tätigkeiten…

  • mit besonders starker Schmutz- oder Strahlenbelästigung (auch als Schmutzzulage bekannt)
  • mit besonders starker Strahlenexposition
  • unter sonstigen vergleichbar erschwerten Umständen

Diesen Kategorien sind mit bestimmten, konkreten Berufs- oder Tätigkeitsbildern verbunden. 

Beispiele:

  • Arbeiten in Abwasser- oder Klärwerken
  •  Arbeiten mit Metall
  •  Montagearbeiten bei unter minus 10°
  •  Bergung und Transport von Leichen
  • Arbeiten mit schwerer Schutzkleidung oder -vorrichtung
  • Schwere Transportarbeiten ohne maschinelle Hilfen
  • Bohren und Schweißen für lange Zeit über Kopf
  • Arbeiten in Wasser, Schlamm oder gestampfter Betonmasse
  • Reparatur- und/oder Reinigungsarbeiten per Hand von stark verschmutzten Objekten wie Rohre, Kräne oder Motoren

Bei all diesen Tätigkeiten gilt: Der im TVöD geregelte Zuschlag entfällt, wenn die Erschwernis mit dem der Eingruppierung zugrunde liegenden Berufs- und Tätigkeitsbild verbunden ist, zum normalen Berufsbild gehört.

Das bedeutet beispielsweise: Ein regulärer Bauarbeiter mag wohl Schwerstarbeit verrichten, aber sie gehört zu seinem Berufsbild dazu. Oder: Ein Straßenarbeiter, der Teer gießt, würde laut TVöD beispielsweise einen Erschwerniszuschlag erhalten. Ein ausgebildeter Asphaltierter hingegen nicht.

Wichtig: Die Zuschläge werden in diesem Zusammenhang jedoch nicht gezahlt, wenn der Arbeitgeber ausreichend Vorkehrungen, insbesondere zum Arbeitsschutz, bei diesen Tätigkeiten trifft. Das war beispielsweise im oben genannten Beispiel der Haushaltshilfe der Fall. Das Tragen der Maske stellt hier einen Arbeitsschutz dar, mit dem die Ansteckung an und Übertragung von der Corona-Erkrankung vermieden bzw. reduziert werden soll.

Wie hoch ist der Erschwerniszuschlag?

Die Höhe der Zuschläge ist abhängig von der Tätigkeit und der Branche und den dort geltenden Regelungen.

  • Erschwerniszuschlag Baugewerbe:

Im Baugewerbe beispielsweise ist es üblich, eine zusätzliche Zahlung von 0,40 Cent bis 1,40 € zusätzlich zum regulären Stundenlohn zu zahlen.

  • Erschwerniszuschlag Öffentlicher Dienst:

Zuschlagspflichtige Arbeiten und die Höhe der Zuschläge im Öffentlichen Dienst sind pauschal geregelt. Dafür sorgt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst TVöD. Hier gilt: Zuschläge betragen in der Regel 5 % bis 15 % des auf eine Stunde entfallenden Anteils des monatlichen Tabellenentgelts der Stufe 2 der Entgeltgruppe 2 (§ 19 Abs. 4 TVöD). Das heißt, diese Entgeltstufe fungiert als Basis für die Berechnung. Erschwerniszuschlag Tabelle: Eine Übersicht über die aktuellen Entgeltgruppen finden Sie hier.

Es gibt hier auch die Möglichkeit, Erschwerniszuschläge pauschal zum Monatsgehalt zu zahlen. Weisungsbefugt ist hier die jeweilige Personalstelle.

  • Erschwerniszuschlag Beamte

Einen weitaus höheren Zuschlag erhalten Beamte. Beim Bund beschäftigte Taucher*innen oder unter anderem auch Beschäftigte, die mit Munition oder ihrer Entschärfung arbeiten, erhalten bis zu 27,80 € Erschwerniszuschlag pro Stunde. Auch hier gibt es allerdings bestimmte Tätigkeiten mit monatlichen Pauschalbeträgen.

Erschwerniszuschlag Berechnung

Beispiel: Das Bruttogehalt einer Angestellten in einem Chemiekonzern, in dem sie mit explosiven Chemikalien arbeitet, beträgt 4.000 Euro brutto. Sie erhält von ihrem Arbeitgeber, festgelegt in ihrem individuellen Vertrag, einen Erschwerniszuschlag von 10 %.

Daraus ergibt sich folgende Rechnung:

4.000 €: 145 (4 x 38 Stunden) = 26,31 € x 10 % = 2,60 € Erschwerniszuschlag pro Stunde

Auch online finden Sie Rechner, die Ihnen den Zuschlag ganz einfach berechnen.

Servicetipp für Ihre Angestellten:

Erschwerniszuschläge unterliegen dem Pfändungsschutz. Im Falle eines etwaigen Insolvenzverfahrens darf der Erschwerniszuschlag nicht gepfändet werden. Das ist in § 850a Nr. 3 der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt.

Fazit: Obwohl für Arbeitgeber, vor allem in der freien Marktwirtschaft, keine Pflicht auf Zahlung eines Erschwerniszuschlags besteht, ist es doch empfohlen, ihn den Mitarbeitenden zuzugestehen. Mit ihm drücken Sie Wertschätzung für Ihre Angestellten aus. Und das ist etwas, was angesichts des aktuell sich immer verschlimmernden Fachkräftemangels in vielen Branchen sicherlich hilft, bestimmte Berufsbilder auch für junge Leute wieder attraktiv zu machen.

Wichtig bei sämtlichen Zuschlägen ist eine vorherige Kalkulation, damit der jeweilige Mitarbeiter nicht doch in eine höhere Steuerklasse fällt und am Ende nichts von dem Zuschlag hat.

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Interessiert verfolgt unsere Autorin Marcela Redick die neuesten Themen im HR Bereich und verpackt diese in informative Blogartikel. Marcela Redick studiert International Management im fünften Semester an der Hochschule in Karlsruhe. Aktuell verbringt sie ihr Auslandspraktikum bei Factorial HR und unterstützt das Content Marketing Team. Da sie ein Fan von konstruktiven Inhalten ist, sind ihr vor allem der aktuelle Bezug zum Thema und der Mehrwert für Sie als Leser wichtig.

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