Das Kündigungsschutzgesetz schützt Arbeitnehmer vor willkürlichen und vorschnellen Kündigungen. Wussten Sie, dass Klagen von Mitarbeiter*innen bzgl. des Kündigungsschutzes zu den häufigsten Verfahren an deutschen Arbeitsgerichten gehören?
Für Arbeitgeber ist es deshalb ratsam, sich mit den Voraussetzungen für wirksame Kündigungen zu befassen. So vermeiden Sie im schlimmsten Fall etwaige Gerichtsverfahren und hohe Folgekosten.
In diesem Blogartikel erfahren Sie, was das Kündigungsschutzgesetz besagt und was Sie bei Kündigungen noch beachten müssen.
Key Facts
- Das Kündigungsschutzgesetz greift für Arbeitnehmer ab einem Beschäftigungsverhältnis von sechs Monaten.
- Seitens des Arbeitgebers muss die Kündigung sozial gerechtfertigt sein.
- Gegen eine Kündigung kann Klage erhoben werden. Die meisten Klagen zum Kündigungsschutz enden mit einem gerichtlichen Vergleich.
- Kündigungsschutzgesetz: Definition
- Diese Kündigungsschutzgesetz-Fristen gelten
- Kündigungsschutzgesetz: Kündigungsgründe
- Personengruppe: Wer fällt unter das Kündigungsschutzgesetz?
- Kündigungsschutzklage
Kündigungsschutzgesetz: Definition
Das Kündigungsschutzgesetz (kurz: KSchG) schränkt die Kündigungsfreiheit ein, die normalerweise im Zivilrecht für bestimmte Verträge gelten.
Die Kündigungsfreiheit wird im Arbeitsrecht zugunsten des Arbeitnehmers auf sozial gerechtfertigte Kündigungen eingeschränkt. Das Gesetz definiert dabei ganz genau, was im arbeitsrechtlichen Sinne unter einer ordentlichen Kündigung zu verstehen ist.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit das Kündigungsschutzgesetz gilt?
Um die Willkürlichkeit von Kündigungen zu vermeiden, ist im Gesetz zum Kündigungsschutz genau geregelt, unter welchen Bedingungen ein Unternehmen Arbeitnehmern kündigen darf.
Die meisten Gerichtsurteile bzgl. Kündigungsschutzklagen enden laut Statistischem Bundesamt übrigens mit einem gerichtlichen Vergleich. Das bedeutet, dass Arbeitnehmer in der Regel mit einer Klage nicht abgewiesen werden. Oftmals bedeutet ein Vergleich beispielsweise eine Abfindung.
Um solche Situationen zu vermeiden, lohnt es sich also für Arbeitgeber ein Blick auf die Bedingungen für eine ordentliche Kündigung zu werfen.
Voraussetzungen: Wann und für wen gilt das Kündigungsschutzgesetz?
Unter den folgenden Bedingungen findet der Kündigungsschutz Anwendung:
- Bei einem nahtlosen Beschäftigungsverhältnis von länger als sechs Monaten bei einem Arbeitgeber.
- Die Kündigung des Mitarbeitenden muss schriftlich erfolgen.
- Wenn es einen Betriebsrat im Unternehmen gibt: Der Betriebsrat muss vor der Kündigung angehört werden.
- Sozialgerechtfertigte Kündigung: Die Kündigung des Angestellten darf nur aus bestimmten Gründen erfolgen.
- Keine Diskriminierung: Arbeitgeber dürfen ihren Mitarbeiter*innen nicht aufgrund von Ethnie, Geschlecht oder Religion kündigen.
- Bei Betrieben von mindestens 10 Beschäftigten (ohne Auszubildende).
Dabei ist zu beachten, dass Teilzeitbeschäftigte nur entsprechend ihrer Stunden gezählt werden.
→ Kündigungsschutz Mitarbeiterzahl:
Beschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit:
- bis zu 20 Stunden werden als 0,5 Personen gezählt.
- von 20 bis maximal 40 zählen als 0,75.
- ab 40 Stunden erhalten eine 1.
- Auszubildende, Volontär*innen o.ä. werden bei der Berechnung der Mindestanzahl nicht berücksichtigt.
Diese Kündigungsschutzgesetz-Fristen gelten
Je nach Dauer des bestehenden Arbeitsverhältnisses gibt es unterschiedliche Fristen, die der Arbeitgeber für eine ordentliche Kündigung einhalten muss. Diese sind nicht im KSchG, sondern in § 22 BGB festgehalten.
Beispiel: Dauer des Beschäftigungsverhältnisses:
- Unter 2 Jahre: 4 Wochen Kündigungsfrist zum 15. des jeweiligen Monats oder zum Ende des jeweiligen Kalendermonats.
- Nach 2 Jahren: 1 Monat Kündigungsfrist bis zum Ende des Kalendermonats.
- Ab 5 Jahren: 2 Monate Frist.
- Nach 8 Jahren: Es gilt eine 3-Monats-Frist.
- Ab 15 Jahren: 6 Monate Kündigungsfrist.
Diese Fristen können in Tarifverträgen abweichen. In der Probezeit darf ein Arbeitsverhältnis bereits mit einer Frist von 2 Wochen gekündigt werden.
Kündigungsschutzgesetz: Kündigungsgründe
Wann kann ein Arbeitgeber trotz Kündigungsschutz kündigen?
Das Gesetz zum Kündigungsschutz kennt nur drei zulässige Gründe für eine ordentliche Kündigung seitens des Arbeitgebers.
1. Personenbedingte Kündigung
Der Grund bei einer personenbedingten Kündigung liegt beim Arbeitnehmer selbst. Sie ist dann möglich, wenn eine beschäftigte Person ihre vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung für einen längeren Zeitraum nicht erfüllen kann.
Grundlage für diese Kündigung ist das Abhandenkommen bestimmter Fähigkeiten und Eignungen, die zur Erfüllung der Arbeit notwendig sind.
Beispielsweise sind in diesem Fall objektive Leistungsmängel:
- Entzug der Fahrerlaubnis,
- Krankheit,
- Strafhaft,
- fehlende Arbeitserlaubnis.
Subjektive Leistungsmängel sind hier u.a.:
- Glaubenshindernisse,
- Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit mit Kolleg*innen,
- mangelnde Kompetenzen.
Die folgenden Bedingungen für eine ordentliche Kündigung müssen gegeben sein:
- Negativprognose: Es muss absehbar sein, dass die Arbeitsleistung nicht nur vorübergehend nicht mehr erbracht werden kann.
- Erhebliche Beeinträchtigung der Betriebsinteressen.
- Möglichkeiten der Weiterbeschäftigung: Beispielsweise durch eine andere Stelle im Betrieb oder Stundenreduktion.
- Interessenabwägung: Es sollte abgewogen werden, ob dem Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis weiter zugemutet werden kann.
Beispiel Kündigungsschutz Krankheit:
Eine Arbeitnehmerin darf erst aufgrund einer Krankheit gekündigt werden, wenn die genannten Bedingungen erfüllt sind. Dies ist bspw. häufig bei Personen mit Bandscheibenvorfall in einem Job mit körperlich schwerer Arbeit gegeben. Es liegt eindeutig eine Negativprognose vor. Die Interessen des Betriebs können somit nicht mehr vertreten werden.
2. Verhaltensbedingte Kündigung
Diese liegt vor, wenn ein Arbeitgeber einem Mitarbeitenden wegen Verstoßes gegen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis kündigt. Dabei muss es sich um einen steuerbaren und direkt auf das Verhalten des Beschäftigten zurückführbaren Verstoß handeln.
Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Kündigung sind:
- Vorliegen einer Arbeitsrechtspflichtverletzung: Arbeitsverweigerung (Nichtleistung oder Minderleistung), Diebstahl, Störung des Betriebsfriedens,
- Vorwerfbarkeit der Arbeitsrechts-Pflichtverletzung: Das pflichtverletztende Verhalten muss den Beschäftigten vorgeworfen werden können. Eine Arbeitsabwesenheit, die bspw. durch ein ärztliches Attest gerechtfertigt wird, kann Beschäftigten nicht vorgeworfen werden.
- Abmahnung: Eine ordentliche, verhaltensbedingte Kündigung erfordert in der Regel zunächst eine Abmahnung seitens des Arbeitgebers. Nur bei schweren Rechtsverletzungen kann ohne Abmahnung und unter Umständen sogar fristlos gekündigt werden.
- Auch in diesem Fall muss eine Interessenabwägung vorgenommen werden.
3. Betriebsbedingte Kündigung
Hierbei handelt es sich um den häufigsten Kündigungsgrund. Es müssen auch in diesem Fall bestimmte Voraussetzungen gegeben sein, damit eine Kündigung rechtens ist.
Vorliegen von dringenden betrieblichen Erfordernissen
Das kommt bspw. vor, wenn ein Unternehmen sich für eine Umstrukturierung entscheidet, bei der es zum Stellenabbau kommt. Eine solche Handlung fällt unter die unternehmerische Freiheit.
Dringende betriebliche Erfordernisse sind demnach u.a.:
- Rationalisierungsmaßnahmen,
- Outsourcing,
- Änderung des Unternehmens- oder eines Stellenprofils,
- fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit.
Es wird geprüft, ob tatsächlich kein freier und vergleichbarer Arbeitsplatz für die Beschäftigten zur Verfügung steht. Es wird darüber hinaus geprüft, ob mildere Mittel wie bspw. Kurzarbeit angeordnet werden können.
Fehlerfreie Sozialauswahl
Bei einer betriebsbedingten Kündigung muss das Unternehmen eine Auswahlentscheidung treffen, welche Beschäftigten von der Kündigung betroffen sein werden. Der Arbeitgeber muss hierzu soziale Gesichtspunkte berücksichtigen, wie bspw.:
- Die Dauer der Betriebszugehörigkeit,
- das Alter
- jeweilige Unterhaltspflichten,
- Schwerbehinderteneigenschaft.
Unternehmen müssen vergleichbare Gruppen bei der Auswahlentscheidung heranziehen. Die sozialstärksten Gruppen dürfen dabei eher entlassen werden. Daraus ergibt sich, dass jungen, ledigen und kinderlosen Beschäftigten oft als Erstes gekündigt wird.
Kündigungsschutzgesetz: Alter
Juristisch gibt es keine Definition, wann Arbeitnehmer als „alt“ gelten. In der Praxis sind damit in der Regel Beschäftigte ab 55 Jahren gemeint. Diese besitzen besonderen Schutz, da sie als schwerer vermittelbar auf dem Arbeitsmarkt gelten.
Ausnahme von Leistungsträgern
Leistungsträger können außer Acht gelassen werden, wenn ein erhebliches betriebliches Interesse an ihnen besteht.
Personengruppe: Wer fällt unter das Kündigungsschutzgesetz?
Das Kündigungsschutzgesetz gilt für alle Arbeitnehmer*innen, die in einem Betrieb mit mehr als zehn Beschäftigten tätig und seit 6 Monaten dort beschäftigt sind.
Für einige Personengruppen gibt es allerdings besondere Regelungen, die ihnen einen erweiterten Kündigungsschutz bieten. Hierzu zählen bspw. Schwangere, Schwerbehinderte oder Auszubildende.
Wer fällt nicht unter das Kündigungsschutzgesetz?
Kündigungsschutzgesetz: Kleinbetriebe
In Kleinbetrieben mit zehn oder weniger Beschäftigten gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht. Diese sogenannte Kleinbetriebsklausel soll kleineren Betrieben die Angst vor Einstellungen nehmen.
Sie können auch dann Kündigungen vornehmen, wenn diese nicht sozial gerechtfertigt sind. In Kleinbetrieben greifen Kündigungsfristen nach § 622 BGB.
Für Arbeitnehmer*innen in kleineren Betrieben ergibt sich ein Kündigungsschutz aus dem Arbeitsvertrag, den allgemeinen Regeln des Arbeitsrechts und des Bürgerlichen Gesetzbuches.
Kündigungsschutzgesetz: Probezeit
In der Probezeit findet das Gesetz zum Kündigungsschutz regelmäßig keine Anwendung, da das Gesetz erst ab 6 Monaten greift. In der Regel liegen Probezeiten darunter.
Welche Sonderfälle gibt es?
Änderungskündigung
Eine Änderungskündigung ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Angebot, zu geänderten Bedingungen weiterzuarbeiten.
Teilkündigung
Im Gegensatz zur Änderungskündigung bezieht sich die Teilkündigung nur auf einen Teil des Arbeitsverhältnisses, etwa auf eine bestimmte Tätigkeit oder die Stundenanzahl.
Beide Kündigungsarten müssen grundsätzlich den Anforderungen des Kündigungsschutzgesetzes entsprechen. Arbeitnehmer*innen können gegen diese Formen der Kündigung klagen. Sie müssen allerdings das Angebot des Arbeitgebers auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages oder Änderungen der Arbeitsbedingungen berücksichtigen.
Bedingung für beide Formen der Kündigung ist, dass die angebotene Tätigkeit zumutbar und die Änderung für den Arbeitgeber unabwendbar ist.
Kündigungsschutzklage
Arbeitnehmer*innen haben das Recht, gegen eine Kündigung vorzugehen, die nicht im Sinne des Kündigungsschutzes ist.
Ziel einer Kündigungsschutzklage ist es, festzustellen, ob das Arbeitsverhältnis rechtlich weiterhin besteht und die Kündigung als nicht wirksam einzustufen ist.
Was ist bei der Kündigungsschutzklage zu beachten?
- Frist: Die Kündigungsschutzklage muss von den Beschäftigten spätestens drei Wochen nach Erhalt der Kündigung bei einem Arbeitsgericht eingereicht werden.
- Form: Die Kündigungsschutzklage muss formal korrekt erfolgen.
Ablauf der Kündigungsschutzklage
Zunächst kommt es zu einer sogenannten Güterverhandlung. Damit ist ein Verfahren gemeint, in dem sich beide Parteien gütlich einigen können. Hier wird oftmals ein Vergleich angestrebt.
Bei einem gerichtlichen Vergleich wird die Streitigkeit im gegenseitigen Einvernehmen als beendet erklärt. Ein Arbeitsverhältnis wird dann oft beendet und Beschäftigte erhalten unter Umständen eine Abfindung.
Wird beim Gütertermin keine Einigung zwischen den Parteien erzielt, kommt es zu einem Kammertermin. Auch bei diesem wird auf einen Vergleich hingewirkt. Sollte dies nicht gelingen, können unter Umständen Beweise und Zeugen hinzugeholt werden. Der Prozess wird dann mit einem Urteil beendet.
Kündigungsschutzgesetz – Abfindung
Eine Abfindung für Beschäftigte ist laut § 1 KSchG nur im Fall einer betriebsbedingten Kündigung möglich.
Es gibt allerdings keinen gesetzlichen Abfindungsanspruch. Zahlt der Arbeitgeber eine Abfindung, sieht das Gesetz 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des bestehenden Arbeitsverhältnisses vor.
Kündigungsschutzgesetz: Zusammenfassung
Das Gesetz zum Kündigungsschutz schützt Arbeitnehmer*innen vor einer ungerechtfertigten Kündigung durch den Arbeitgeber. Rechtmäßige Kündigungsgründe können personenbezogen, betriebsbedingt oder verhaltensbedingt sein. Eine Kündigung aus diesen Gründen muss sozial gerechtfertigt sein.
Im Falle einer Kündigung können Beschäftigte innerhalb von drei Wochen eine Klage zum Kündigungsschutz beim Arbeitsgericht einreichen.
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Häufige Fragen und Antworten
Wer fällt unter das Kündigungsschutzgesetz?
Das Kündigungsschutzgesetz gilt für alle Arbeitnehmer*innen, die in einem Betrieb mit mehr als zehn Beschäftigten tätig sind und seit 6 Monaten dort beschäftigt sind. Für einige Personengruppen gibt es allerdings besondere Regelungen, die ihnen einen erweiterten Kündigungsschutz bieten. Hierzu zählen bspw. Schwangere, Schwerbehinderte oder Auszubildende.“
Wann und für wen gilt das Kündigungsschutzgesetz?
Unter folgenden Bedingungen findet das Kündigungsschutz Anwendung:Bei einem nahtlosen Beschäftigungsverhältnis von länger als sechs Monate beim selben Arbeitgeber. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. Bei Betriebsräten im Unternehmen: Der Betriebsrat muss angehört werden. Keine Diskriminierung: Arbeitgeber dürfen nicht aufgrund von Ethnie, Geschlecht oder bspw. Religion kündigen. Auch schon in Kleinbetrieben: Bei Betrieben von mindestens 10 Beschäftigten (ohne Auszubildende).
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit das Kündigungsschutzgesetz gilt?
Um die Willkürlichkeit von Kündigungen zu vermeiden, ist im Gesetz zum Kündigungsschutz genau geregelt, unter welchen Bedingungen ein Unternehmen Arbeitnehmern kündigen darf. Die meisten Gerichtsurteile im Zusammenhang mit Kündigungsschutzklagen enden laut Statistischem Bundesamt mit einem gerichtlichen Vergleich. Das bedeutet, dass Arbeitnehmende in der Regel mit einer Klage bzgl. des Kündigungsschutzes nicht abgewiesen werden. Oft bedeutet ein Vergleich z. B. eine Abfindung.Um solche Situationen zu vermeiden, lohnt sich also für Arbeitgeber ein Blick auf die Bedingungen für eine ordentliche Kündigung im Sinne des Gesetzes.