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Urlaubsabgeltung berechnen: So machen Sie es richtig!

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7 Minuten Lesezeit
Eine Mitarbeiterin informiert sich über Möglichkeiten, die Urlaubsabgeltung zu berechnen.

Wie können Sie die Urlaubsabgeltung berechnen? Die Urlaubsabgeltung ist ein wichtiger Aspekt des Arbeitsrechts. Sie betrifft Beschäftigte, die ihren Jahresurlaub nicht vollständig in Anspruch nehmen konnten. In solchen Fällen können Arbeitgeber verpflichtet sein, den Beschäftigten einen finanziellen Ausgleich zu zahlen – die sogenannte Urlaubsabgeltung.

Doch wie genau funktioniert das? Welche Regeln gilt es zu beachten und wie wird die Urlaubsabgeltung berechnet?

In diesem Blogartikel erfahren Sie alles Wichtige zur Berechnung der Urlaubsabgeltung.

Key Facts

  1. Urlaubsabgeltung bedeutet die Auszahlung des Resturlaubs an die Arbeitnehmer bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
  2. Anspruch auf Urlaubsabgeltung besteht, wenn Arbeitnehmer den ihnen gesetzlich zustehenden Urlaub aus verschiedenen Gründen nicht vollständig nehmen können.
  3. Der den Mitarbeitenden zustehende Resturlaub richtet sich danach, ob ein Arbeitsverhältnis vor dem 30. Juni des Jahres oder danach beendet wurde.

Urlaubssperre

Was bedeutet Urlaubsabgeltung?

Unter Urlaubsabgeltung versteht man die Auszahlung des nicht genommenen Urlaubs von Arbeitnehmern bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Mitarbeitende haben Anspruch auf die Urlaubsabgeltung, wenn sie den ihnen gesetzlich zustehenden Urlaub nicht vollständig nehmen konnten.

Die Urlaubsabgeltung stellt somit sicher, dass Beschäftigte auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in den Genuss dieser Urlaubstage kommen. Der Urlaub wird also „abgegolten“. Die Urlaubsabgeltung ist in § 7 Abs. 4 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) geregelt.

Allgemein sollten Arbeitgeber also vor Beendigung eines Arbeitsverhältnisses einen Überblick über die Ulraubstage und Arbeitszeiterfassung Ihrer Mitarbeitenden haben.

Auszahlung Urlaubstage: So geht’s

Können Urlaubstage auch ausgezahlt werden?

Im Zusammenhang mit der Urlaubsabgeltung stellen sich sowohl Arbeitgeber als auch Beschäftigte oft die Frage, was mit den noch ausstehenden Urlaubstagen geschieht. Die häufigste Frage in diesem Zusammenhang ist, ob Urlaubstage auch ausbezahlt werden können. Die Antwort lautet grundsätzlich ja. Wichtig ist es jedoch, dass Sie als Arbeitgeber immer einen Überblick über die bereits beantragten und noch offenen Tage aller Ihrer Mitarbeitenden haben – zum Beispiel mit einer HR Software.

Freistellung von der Arbeit

Grundsätzlich ist die Freistellung von der Arbeit einer Auszahlung vorzuziehen. Das Bundesurlaubsgesetz geht davon aus, dass Urlaub Freizeit ist. Eine monetäre Abgeltung widerspricht diesem Grundgedanken. Dies bedeutet:

  • Urlaub wird grundsätzlich nur dann abgegolten, also ausgezahlt, wenn es nicht möglich war, den Urlaub vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu nehmen.
  • Arbeitgeber und Arbeitnehmer können sich jedoch selbstverständlich trotz einer möglichen Freistellung auf eine Urlaubsabgeltung einigen.

Gründe dafür, dass der Urlaub vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann, sind in der Regel Kündigung oder Krankheit. Aber:

  • Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung besteht jedoch unabhängig vom Grund.
  • Kann der Urlaub vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden, ist er abzugelten.
  • Eine finanzielle Abgeltung des Urlaubs während eines laufenden Arbeitsverhältnisses ist nicht zulässig.

Übrigens: Auch beim Tod eines Arbeitnehmers besteht ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung. In diesem Fall haben die Erben Anspruch auf die Auszahlung. Das hat das Bundesarbeitsgericht 2010 in einem Urteil (9 AZR 45/16) entschieden.

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Eine Kollegin liest einen Artikel über die Urlaubsabgeltung auf ihrem Laptop.

Muss die Urlaubsabgeltung beantragt werden?

In der Regel sollten Arbeitgeber die Urlaubsabgeltung ungefragt an ihre scheidenden Arbeitnehmer auszahlen. Versäumen Sie als Arbeitgeber die Auszahlung, können Beschäftigte die Urlaubsabgeltung schriftlich einfordern.

Urlaubsabgeltung Musterschreiben

Eine schriftliche Aufforderung von Arbeitnehmern sollte folgende Punkte erhalten:

[Kontaktdaten des Absenders]

[Kontaktdaten des Empfängers]

Antrag auf Urlaubsabgeltung

Sehr geehrte Frau Mustermann,

am 01.12.2022 habe ich das Unternehmen verlassen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch vierzehn Tage Resturlaub. Aus betriebsbedingten Gründen war es mir nicht möglich, den Resturlaub noch im laufenden Arbeitsverhältnis zu nehmen. Aus diesem Grund würde ich Sie bitten, mir für die betreffenden Tage eine Urlaubsabgeltung auszuzahlen.

Mit freundlichen Grüßen

[Vorname Nachname]

Wie wird die Urlaubsabgeltung berechnet?

Die Berechnung der Urlaubsabgeltung ergibt sich aus § 11 BUrlG, also nach der allgemeinen Berechnung des Urlaubsentgeltes. Demnach richtet sich die Höhe der Urlaubsabgeltung nach dem durchschnittlichen Verdienst, den der oder die Beschäftigte innerhalb der letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs erhalten hat. Zulagen, Prämien, Sachzulagen o. ä. werden bei der Berechnung auch berücksichtigt.

Wie kann man die Urlaubsabgeltung berechnen?

Urlaubsabgeltung berechnen: Formel

Für die konkrete Berechnung der Urlaubsabgeltung gibt es eine Formel:

(Gesamtarbeitsverdienst / Arbeitstage in 13 Wochen) x ausstehende Urlaubstage = Abgeltungsanspruch

Dabei richtet sich der Gesamtverdienst nach dem Bruttoverdienst. Die Anzahl der Arbeitstage ist auf 65 Tage festgesetzt, da es sich auf die letzten 13 Wochen, d. h. ein Quartal bezieht.

Wie viele Urlaubstage haben Arbeitnehmer?

Für die Berechnung des Urlaubsentgelts ist es notwendig zu wissen, wie viele Urlaubstage den Beschäftigten insgesamt zustehen. Nur so können die verbleibenden Urlaubstage ermittelt werden.

Deutschland

In Deutschland ist in § 3 BUrlG ein gesetzlicher Mindesturlaub von 24 Tagen im Jahr festgelegt. Grundlage ist hier die 6-Tage-Woche.

Schweiz

In der Schweiz besteht ein gesetzlicher Ferienanspruch von 4 Wochen. Bis zum vollendeten 20. Lebensjahr sogar der Anspruch auf 5 Wochen.

Österreich

In Österreich haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Urlaubsanspruch von 25 Kalendertagen, bei einer 5-Tage-Woche also 5 Wochen. Bei einer 6-Tage-Woche sind es sogar 30 Tage.

Viele Mitarbeitende erhalten jedoch mehr Urlaubstage. Den Arbeitgebern steht es frei, mit den Beschäftigten vertraglich mehr Urlaub zu vereinbaren. Viele tun das auch. Je nach Branche oder Alter gibt es Unterschiede bei den durchschnittlichen Urlaubstagen.

Laut einer Studie von Compensation Partner erhalten Beschäftigte:

  • In der Investitionsgüterindustrie mit 30 Tagen besonders viele Urlaubstage.
  • Die wenigsten Urlaubstage gibt es im Gastgewerbe.
  • Die Anzahl der Urlaubstage steigt mit dem Alter.
  • Im Durchschnitt erhalten ältere Beschäftigte 2 Tage mehr Urlaub.

Resturlaub berechnen

Der Anspruch auf Resturlaub hängt davon ab, ob die Kündigung vor oder nach dem 30.06 eines Jahres ausgesprochen wurde.

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Ein Mitarbeiter schaut sich auf seinem Laptop ein Video zur Urlaubsabgeltung an.

Kündigung vor dem 30.06

Wird ein Arbeitsverhältnis vor dem 30.06. gekündigt, haben Beschäftigte einen Urlaubsanspruch von 1/12 des Jahresurlaubsanspruchs für jeden vollen Monat. Grundlage hierfür ist § 5 Abs. 1c BUrlG.

Beispiel:

Mitarbeiterin X hat einen Jahresurlaubsanspruch von 29 Tagen. Sie verlässt den Betrieb zum 30.06. des Jahres. Sie hat also 6 volle Monate im laufenden Jahr gearbeitet. 

Ihr stehen für diesen Zeitraum folgende Urlaubstage zu:

6 Monate / 12 Monate x 29 = 14,5 Urlaubstage

Mitarbeiterin X hat von ihren Urlaubstagen bereits 7 Urlaubstage genutzt. Sie hat also einen Resturlaub von 7, 5 Tagen.

Kündigung nach dem 30.06

Wird das Arbeitsverhältnis nach dem 30.06 gekündigt, haben Arbeitnehmer also Anspruch auf den vollen gesetzlichen Mindesturlaub – also 20 Tage bei einer 5-Tage-Woche

Gewähren Arbeitgeber zu dem gesetzlichen Mindestanspruch zusätzliche Urlaubstage, hängt die Berechnung von einer bestimmten Klausel ab. Diese nennt sich „pro rata temporis”-Regelung. Diese regelt, dass der Urlaub im Jahr des Ausscheidens nur anteilig gewährt werden soll.

„Pro-rata-temporis“-Regelung

Pro rata temporis meint auf Deutsch etwa „zeitanteilig“ und kann sich sowohl auf den Urlaubsanspruch im Jahr des Betriebseintritts sowie des Ausscheidens beziehen. Ist diese Klausel im Arbeitsvertrag enthalten, so haben Beschäftigte auf ihren Urlaub, der über den gesetzlichen Mindestanspruch hinausgeht, nur anteilig Anspruch.

Ist die Regelung nicht enthalten, so haben Mitarbeitende auch einen vollen Anspruch auf den vom Arbeitgeber zusätzlich gewährten Urlaub.

Beispiel:

Mitarbeiterin T kündigt zum 31.07. Sie hat bei einer 5-Tage-Woche 30 Tage Urlaubsanspruch. D. h. sie hat zusätzlich zum gesetzlichen Mindestanspruch 10 Zusatzurlaubstage. In ihrem Vertrag gibt es keine „Pro-rata-temporis”-Regelung.  Sie hat also Anspruch auf die vollen 30 Tage Urlaub.

Mitarbeiterin T hat im laufenden Jahre bereits 20 Tage Urlaub genommen. Sie hat jetzt noch 10 Tage Resturlaub.

Im Internet finden sich zahlreiche Online-Rechner, mit denen Sie den Urlaubsanspruch schnell und einfach berechnen können.

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Wichtig! Urlaubsabgeltung bei ganzen und halben Tagen

Ergibt sich bei der Berechnung des Resturlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Tag beträgt, so ist der Betrag aufzurunden. 

Beispiel:

Eine Arbeitnehmerin hat noch 4,7 Tage Resturlaub. In diesem Fall wird aufgerundet. Sie hat also noch 5 Tage Resturlaub.

Bruchteile dürfen nicht abgerundet werden. Ergibt sich bei der Berechnung des Resturlaubs ein Bruchteil, der weniger als einen halben Tag ergibt, so ist genau dieser auszuzahlen.

Beispiel:

Die Berechnung des Resturlaubs eines Arbeitnehmers ergibt 8,3 Tage. Die 0,3 darf nicht abgerundet werden. In diesem Fall sind genau 8,3 Urlaubstage auszuzahlen.

Beispiel – Wie viel Geld bekommt man für einen Urlaubstag?

Mit den Angaben des Gesamtverdienstes und den restlichen Urlaubstagen kann nun die Urlaubsabgeltung berechnet werden.

Mitarbeiterin A verlässt die Firma zum Ende des Monats. Sie verdient 3000 Euro brutto im Monat. Sie arbeitet 5 Tage die Woche. Mitarbeiterin C hat noch einen ausstehenden Urlaubsanspruch von 10 Tagen. 

Ihr Gesamtverdienst für diesen Zeitraum liegt bei 9000 Euro brutto. 

Formel:

9000 / 65 x 10 = 1.384,61

Für einen Urlaubstag erhält Mitarbeiterin A also 138,46 Euro. Insgesamt erhält sie eine Urlaubsabgeltung von 1.384,61 Euro.

Im Internet gibt es zahlreiche Online Rechner, mit denen Sie die Berechnung der Urlaubsabgeltung unkompliziert durchführen können.

Urlaubsabgeltung Steuer – Wie wird die Urlaubsabgeltung versteuert?

Auch Urlaubsabgeltungen gelten als Arbeitsentgelt. Sie sind daher ebenfalls steuerpflichtig. Sie fallen unter die Kategorie „sonstige Bezüge“. Es gilt der volle Steuersatz.

Ausnahme: Bei mehrjähriger Krankheit kann unter Umständen ein ermäßigter Steuersatz angewendet werden.

Beispiel:

Arbeitnehmer C ist vom Jahr 2020 bis zum Jahr 2023 krank. Das Arbeitsverhältnis endet zu Beginn des Jahres 2023. Mitarbeiter C konnte in den Jahren 2020, 2021, 2022 seinen Urlaubsanspruch nicht nehmen. In diesem Fall kommt ein ermäßigter Steuersatz zur Anwendung. Steuerlich wird diese Zahlung als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit angesehen.

Wie viel Abzüge bei Urlaubsabgeltung?

Die Abzüge sind von Fall zu Fall unterschiedlich. Von der Urlaubsvergütung werden die gleichen Abzüge vorgenommen wie vom normalen Arbeitsentgelt. D. h. Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträge und ggf. Kirchensteuer

Urlaubsabgeltung: Verfall

Nicht in Anspruch genommene Urlaubsansprüche können verfallen. Die Verjährungsfrist liegt bei 3 Jahren. Sie beginnt zum Ende des Jahres nach Austritt aus dem Arbeitsverhältnis.

Die korrekte Berechnung des Urlaubsentgelts ist für Arbeitgeber wichtig, um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Eine korrekte Abwicklung zeigt aber auch Wertschätzung für die geleistete Arbeit.

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Sprachgewandt, neugierig und kreativ verfolgt unsere Autorin Marie-Louise Messerschmidt als SEO Content Writer die neuesten HR Trends. Als Teil des Content Marketing Teams arbeitet sie seit Mitte 2022 für Factorial HR. Nach ihrem Abschluss in Betriebswirtschaftslehre an der Georg-August-Universität Göttingen und Sprachwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München befasst sie sich bereits seit 2017 mit Themen im Personalbereich. Ihr Fokus liegt dabei besonders auf rechtlichen und strategischen Themen. Zuletzt hat sie einen Gastbeitrag zum Thema Personalverwaltung im OMT Magazin veröffentlicht.

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