Die wertorientierte Unternehmensführung ist ein Managementansatz, bei dem nicht kurzfristige Gewinne, sondern vor allem der Aktienwert des Unternehmens im Vordergrund steht. Seine Steigerung bildet die Basis aller Unternehmensentscheidungen. Woher der Ansatz kommt, was seine Merkmale sind, sowie welche Vor- und Kritikpunkte es gibt, erfahren Sie im folgenden Artikel.
Key Facts
- Das Unternehmensziel bei dieser Form des Managements ist eine langfristige Erhöhung des Unternehmenswertes.
- Betriebliche Entscheidungen werden daran gemessen, inwiefern sie diesen Wert erhöhen.
- Für einen erfolgreichen Ansatz ist es mittlerweile gängiger, nicht nur Shareholder-, sondern auch Stakeholder-Interessen mit einzubeziehen, wie beispielsweise Kunden- oder Mitarbeiterzufriedenheit sowie immaterielle Werte wie Nachhaltigkeit oder Diversität.
- Was ist werteorientierte Unternehmensführung?
- Was bedeutet wertorientiert in diesem Zusammenhang?
- Vorteile von und Kritik an wertorientierte Unternehmensführung
- Wertorientierte Unternehmensführung in der Praxis
- Fazit: Was sind Erfolgsfaktoren für wertorientierte Unternehmensführung?
Was ist werteorientierte Unternehmensführung?
Wertorientierte Unternehmensführung – Definition
Bei der werteorientierten Unternehmensführung handelt es sich um einen unternehmerischen Ansatz, bei dem es nicht primär um Wert-, Umsatz- oder Gewinnsteigerung geht. Stattdessen geht es darum, langfristig einen nachhaltigen Wert zu schaffen. Dabei geht es nicht unbedingt um Werte im klassischen Sinne, wie zum Beispiel ethische Grundsätze oder Unternehmensleitbilder, sondern um den wirtschaftlichen Wert des Unternehmens an sich.
Die meisten DAX-Unternehmen verfolgen einen solchen Managementansatz.
Ursprung dieses Ansatzes
Dieser Managementansatz geht zurück auf den Wirtschaftswissenschaftler Alfred Rappaport. Bis in die 1970er Jahre wurde der Gewinn eines Unternehmens mit Kennzahlen wie der Nettogewinnmarge oder dem Gewinn pro Aktie (Earnings per Share) gemessen. Da jedoch die Steigerung der Gewinne nicht unbedingt mit einer höheren Gesamtrendite für die Aktionäre verbunden war – Gewinne könnten kurzfristig erzielt werden, ohne langfristig eine ausreichende Kapitalrendite zu gewährleisten – wurde ein anderer Ansatz in der Unternehmensführung gewählt: die Steigerung des Unternehmenswerts an sich.
Bei diesem Ansatz wurde somit der Shareholder Value, also die Rendite für die Aktionär*innen, in den Fokus gerückt und als zentrale Kennzahl für die Unternehmensführung etabliert, um langfristig den Wert des Unternehmens zu steigern.
Was bedeutet wertorientiert in diesem Zusammenhang?
Merkmale der werteorientierten Unternehmensführung
Der Begriff wertorientiert kann in diesem Zusammenhang leicht missverstanden werden. Es könnte der Eindruck entstehen, dass es um immaterielle Werte geht, obwohl der Fokus auf finanziellen Aspekten liegt. Deshalb soll im Folgenden genauer erklärt werden, was wertorientiert in diesem Kontext bedeutet.
- Betriebliche Entscheidungen werden danach ausgerichtet, ob und inwieweit sie den Unternehmenswert steigern. Das erfolgt in der Regel über Kennzahlen. Dazu gehören u.a.: Free Cashflow, EBIT oder Economic Value Added (EVA), Discounted Cash Flow, Return on Equity (ROE), Return on Capital Employed (ROCE) oder Cashflow Return on Investment.
- Ein weiterer Fokus dieses Ansatzes liegt auf dem Shareholder Value. Die Wertsteigerung für die Anteilseigner:innen (Shareholder) steht im Vordergrund unternehmerischer Entscheidungen und bildet das zentrale Ziel.
- Langfristig müssen die Kapitalkosten niedriger sein als die Kapitalrendite – nur dann entsteht ein echter Wertzuwachs.
- Es geht nicht um kurzfristige Gewinnmaximierung, sondern um eine nachhaltige und langfristige Wertsteigerung des Unternehmens.
- Ein umfassend verstandener, wertorientierter Ansatz berücksichtigt jedoch nicht nur den Shareholder Value, sondern auch den Stakeholder Value. Das sind die Interessen aller Anspruchsgruppen wie Mitarbeitende, Kund*innen oder die Gesellschaft insgesamt.
Was ist der Unterschied zwischen Stakeholder und Shareholder?
Bei Shareholdern handelt es sich um Personen oder Institutionen, die Anteile an einem Unternehmen besitzen, in der Regel in Form von Aktien. Sie werden auch Anteilseigner*innen genannt. Ihre Investition in Aktien ermöglicht es ihnen, von der Wertsteigerung des Unternehmens sowie von möglichen Dividendenzahlungen zu profitieren, die mit dem finanziellen Erfolg und Wachstum des Unternehmens zusammenhängen.
Im Gegensatz dazu meint Stakeholder alle Personen oder Institutionen, die irgendwie mit dem Unternehmen zu tun haben oder von ihm betroffen sind, ohne dass sie Aktienanteile besitzen müssen. Dazu gehören also Mitarbeitende, Lieferant*innen, Kund*innen und auch die Shareholder.
Vorteile von und Kritik an wertorientierter Unternehmensführung
Wertorientierte Unternehmensführung: Stärken
Die Stärke dieser Unternehmensstrategie liegt in ihrer Langfristigkeit. Es geht hier nicht darum, kurzfristige Gewinne zu erzielen, sondern um nachhaltige, langfristige Ertragskraft – was wiederum Stabilität schafft.
Wird dieser Ansatz konsequent zu Ende gedacht, bedeutet das auch, dass Kundenzufriedenheit, Mitarbeiterzufriedenheit sowie Investitionen in Forschung und Entwicklung eine zentrale Rolle spielen. Denn nur wer Kund*innen und Mitarbeitende langfristig bindet, wird dauerhaft erfolgreich sein und ein echtes Interesse daran haben, qualitativ hochwertige Produkte zu schaffen.
Investitionen werden dabei effizient und gewinnbringend eingesetzt. Zudem liefern Kennzahlen eine transparente Grundlage zur Messung des Erfolgs und zur Bewertung, ob die angestrebten Ziele erreicht wurden.
👉 Tipp: Um diese langfristige Bindung und Entwicklung der Mitarbeitenden strategisch zu unterstützen, braucht es jedoch mehr als gute Absichten. Es braucht fundierte Entscheidungsgrundlagen. HR-Tools wie das Talent Management von Factorial helfen Unternehmen dabei, die Zufriedenheit und Leistung ihrer Mitarbeitenden messbar zu machen, Entwicklungspotenziale zu erkennen und gezielt zu fördern. Das Tool bietet Ihnen Echtzeitanalysen, übersichtliche Dashboards und maßgeschneiderte Berichte. Die Analysen und Berichte können Sie zudem direkt mit Ihrem Team oder relevanten Stakeholdern teilen.
Kritik am Konzept der Wertorientierung
Gerät der Fokus auf die Stakeholder aus dem Blick und richtet sich allein auf die Shareholder, kann dies problematisch sein. Denn wichtige nicht-finanzielle Werte wie eine positive Unternehmenskultur, Diversity und Inklusion, Umweltbewusstsein, soziale Verantwortung (Corporate Social Responsibility) und Gerechtigkeit können so in den Hintergrund geraten. Außerdem sollten Unternehmen, die diesen Ansatz wählen, darauf achten, dass durch die Konzentration auf den Shareholder Value langfristige Ziele nicht aus dem Blick geraten.
Wertorientierte Unternehmensführung in der Praxis
Der erste Schritt in der Umsetzung ist die Festlegung von Unternehmenszielen und Kennzahlen, mit denen deren Erreichung gemessen werden kann. Zudem werden Werttreiber identifiziert, die zur Steigerung des Unternehmensumsatzes beitragen und diese Ziele unterstützen.
Beispiel: Ein Unternehmen könnte als Ziel die Erhöhung des Umsatzes um 10 % im nächsten Jahr setzen. Zudem könnten als Werttreiber die Verbesserung der Kundenbindung sowie Nachhaltigkeit und die Umstellung auf eine nachhaltige Produktion identifiziert werden.
Als Nächstes werden Maßnahmen festgelegt und die operative Planung vorgenommen, wie diese Ziele genau erreicht werden können. Dabei werden alle Aspekte berücksichtigt. In diesem Fall zum Beispiel ein besserer Kundenservice, eine veränderte Form der Produktion, umweltfreundliche Materialien und faire Arbeitsbedingungen, aus denen die Ressourcen stammen.
Darüber hinaus ergeben sich daraus auch Ziele für die Beschäftigten, die erreicht werden sollen. Hier können Zielvereinbarungen helfen, und die bereits oben genannten Berichte können im nächsten Schritt bei der Überprüfung und Justierung der Ziele als Hilfsmittel dienen.
Insgesamt spielt das Controlling eine wichtige Rolle bei der Steuerung und Überwachung der Unternehmensaktivitäten. Das bedeutet die Überwachung des Umsatzes, die Hilfe bei der Identifizierung von Werttreibern, die Festlegung von Kennzahlen, mögliche Anpassungen, die Verteilung der Ressourcen sowie die Identifizierung und Bearbeitung von Störungen.
Fazit: Was sind Erfolgsfaktoren für wertorientierte Unternehmensführung?
Bei einer wertorientierten Unternehmensführung ist es mittlerweile mehr und mehr von zentraler Bedeutung, dass ein größeres Gesamtbild betrachtet wird. Statt also nur Shareholdern, sollten alle Stakeholder einbezogen werden. Dazu gehören eben auch nicht-finanzielle Werte. Schlussendlich bedeutet dies, dass eine erfolgreiche Unternehmensführung jene Aspekte berücksichtigt:
- Langfristiger, ganzheitlicher Ansatz, der sowohl Shareholder als auch Stakeholder einbezieht.
- Transparente Kennzahlen, die sinnvoll und aussagekräftig sind.
- Investitionen in Forschung, die Innovationen mit sich bringen.
- Wahrnehmung von sozialer Verantwortung und Nachhaltigkeit als Zielgröße.
- Eine starke Unternehmenskultur, die auf Werten wie Vertrauen, Transparenz und Mitarbeitermotivation setzt.
- Starkes Controlling und kontinuierliche Überprüfung sowie Anpassung der Strategien.
- Wertorientiertes Talentmanagement, das die Zufriedenheit und Leistung der Mitarbeitenden fördert.
Diese Faktoren zusammen tragen dazu bei, dass das Unternehmen nicht nur finanziell erfolgreich ist, sondern auch langfristig eine nachhaltige und verantwortungsvolle Position im Markt einnimmt.