Zum Inhalt gehen

Arbeitsverweigerung: Beispiele für Kündigung und Abmahnung

·
7 Minuten Lesezeit

In einem geregelten Arbeitsverhältnis besteht ein Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgebendem und Arbeitnehmendem. Dieser Arbeitsvertrag wird in Deutschland nach Paragraf 611 a des BGB festgelegt. Aus ihm ergeben sich Rechte und Pflichten. Der Arbeitgebende ist verpflichtet, dem Arbeitnehmenden monatlich den vereinbarten Lohn zu zahlen. Im Gegenzug ist der Arbeitnehmende verpflichtet, seine Arbeit im vertraglich geschuldeten Maß zu erbringen.

Wird diese Arbeit nicht erbracht, spricht man von Arbeitsverweigerung, die eine Abmahnung oder Kündigung des Arbeitnehmenden zur Folge haben kann. Was aber ist ein „vertraglich geschuldetes Maß“ an Arbeit?

Eine Arbeitsverweigerung muss nicht immer vertragswidrig sein. Wann genau eine solche vorliegt und wie der Umgang damit gehandhabt wird, klärt der folgende Artikel.

Word-Vorlage: Ordentliche Kündigung

Was ist eigentlich Arbeitsverweigerung?

Wie erwähnt, regelt § 611 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) den Arbeitsvertrag und damit auch den Umgang mit einer Arbeitsverweigerung. Die Weigerung eines Arbeitnehmers, die von ihm vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, wird als Arbeitsverweigerung bezeichnet. Werden die einer Person vertraglich zugewiesenen Aufgaben nicht ausgeführt, kann das Konsequenzen haben: Es kann zur Abmahnung wegen Arbeitsverweigerung seitens des Arbeitgebenden kommen, im Wiederholungsfall gar zur Kündigung. Im schlimmsten Fall droht die fristlose Kündigung.

Die Primärpflicht des Arbeitnehmenden besteht darin, seine Arbeitspflicht zu erfüllen. Diese Arbeitspflicht wird im Arbeitsvertrag geregelt. In vielen Fällen ist die zu vollbringende Tätigkeit des Arbeitnehmenden dort exakt formuliert.

Oft ist der Arbeitsvertrag aber relativ offen gehalten, damit das Hinzukommen neuer Tätigkeitsbeschreibungen nicht direkt das Ausarbeiten eines neuen Vertrags bedeutet. Hierbei beruft sich der Arbeitgebende auf sein Weisungsrecht, das Teil des Arbeitsrechts ist. Ein weiterer Begriff für Wei­sungs­recht ist Di­rek­ti­ons­recht.

Das Wei­sungs­recht bezweckt, dass der Ar­beit­ge­bende den Ar­beit­neh­menden ent­spre­chend wech­seln­der Tätigkeiten und Er­for­der­nis­se im Betrieb ein­­set­zen darf. Oh­ne dieses Recht könnte der Ar­beit­ge­bende einen effizienten Be­triebs­ab­lauf nicht gewährleisten. Die Ausübung des Wei­sungs­rechts gilt als recht­lich ver­bind­li­che Möglichkeit, die Ar­beits­pflicht des Beschäftigten durchzusetzen, solange sie innerhalb der vereinbarten Arbeitszeiten liegt. Der Arbeitnehmende hat die Wei­sung zu be­fol­gen.

Der Ar­beit­ge­bende ist bei sei­nen Wei­sun­gen also nicht auf das Ein­verständ­nis des Angestellten an­ge­wie­sen. Seitens des Arbeitgebenden ist diese Vereinbarung von großer Bedeutung. Er kann die Vorgaben einseitig bestimmen und durchsetzen. Kommt der Arbeitnehmende den Weisungen nicht nach und begeht trotzdem eine Arbeitsniederlegung oder eine eigenmächtige Verkürzung der Arbeitszeit, kann das Folgen haben, die im Zweifelsfall Rechtsanwälte bzw. das Arbeitsgericht klären müssen.

Tipp: Falls Sie sich nicht sicher sind, wie die Grenzen zwischen Abmahnung und Kündigung verlaufen, können Sie sich kostenlos unser aktuelles Webinar zum Thema mit Fachanwalt Prof. Dr. Michael Fuhlrott anschauen!

Was zählt als Arbeitsverweigerung?

Die Hauptpflicht des Arbeitnehmenden ist die Arbeitsleistung. Bei Zuwiderhandlungen liegt eine Art von Arbeitsverweigerung vor, die Konsequenzen nach sich ziehen kann. Dabei muss es nicht zwangsläufig zu einer Verweigerung der kompletten Arbeitsleistung kommen. Auch das teilweise Ablehnen von zugewiesenen Arbeiten und das Weglassen wichtiger Aufgaben kann ausreichen. Verlässt ein Arbeitnehmender seinen Arbeitsplatz regelmäßig zu früh und leistet seine vereinbarten Wochenstunden nicht ab, ist dies ein Arbeitszeitbetrug und stellt ebenfalls eine Form der Arbeitsverweigerung dar.

Rechtlich gesehen, gibt es verschiedene Arten der Arbeitsverweigerung. Hier die Defintionen für drei verschiedene Arten und ihre Folgen.

Rechtmäßige Arbeitsverweigerung

Es ist legal möglich, die vom Vorgesetzten vorgesehene Arbeit abzulehnen. Und zwar dann, wenn der Arbeitnehmende dazu arbeitsvertraglich nicht verpflichtet ist. Laut Arbeitsgericht nennt man diesen Fall Leistungsverweigerungsrecht. Seine Leistung darf ein Angestellter dann verweigern, wenn im Unternehmen z. B. Arbeitssicherheitsauflagen nicht durchgeführt werden oder Mitarbeitende nicht vor Mobbing geschützt werden. Auch bei der Versetzung an einen weit entfernten Arbeitsort kann man die Arbeit verweigern.

Rechtswidrige Arbeitsverweigerung

Bestandteil der rechtswidrigen Arbeitsverweigerung ist die Nichterfüllung der Hauptpflicht des Arbeitnehmenden; nämlich das Ablehnen der eigenen Arbeitsleistung. Zur Arbeitsverweigerung zählen aber auch der Tatbestand der Arbeitsbummelei, die nicht abgesprochene Urlaubsnahme sowie das vorzeitige und eingenmächtige Beenden der Arbeit.

Diese Fälle gelten als rechtswidrig sowie schuldhaft gegen die Arbeitspflicht und können mit einer Abmahnung bis hin zur Kündigung sanktioniert werden. Dazu muss die Pflichtverletzung wiederholt begangen werden und ein nachhaltiger Wille vorliegen. Bei beharrlicher Arbeitsverweigerung kann eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung erfolgen.

Berufung auf Gewissens- oder Glaubenskonflikt

Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. So steht es im Grundgesetz (Art. 4 Abs. 1 GG). Das betrifft auch das Arbeitsverhältnis. Beruft sich ein Arbeitnehmender darauf, eine ihm übertragene Arbeitsleistung aus religiösen Gründen nicht ausüben zu können, bedarf es trifftiger Gründe. Eine nicht ernst gemeinte, eventuell nur vorgeschobene Berufung auf bestimmte Glaubensinhalte und -gebote kann eine Kündigung wegen Arbeitsverweigerung zur Folge haben.

Mitarbeitende dürfen die Arbeit aus medizinischen, rechtlichen oder moralischen Gründen grundsätzlich verweigern. Dazu zählen verlangte Tätigkeiten, die lebensbedrohlich sind oder die Gesundheit erheblich gefährden. Auch eine Aufforderung zu Gesetzesverstößen kann ein Arbeitnehmender ablehnen.

Sollte der Arbeitgebende gegen seine Pflichten verstoßen, in dem er etwa über einen längeren Zeitraum kein Gehalt gezahlt hat, darf ein Angestellter seine Arbeit verweigern. Das stellt kein Fehlverhalten dar.

Im Einzelfall zu prüfen ist die vorübergehende Verweigerung der Arbeitsleistung. Dies kann bei dringenden Arztbesuchen, bei akuter Pflegebedürftigkeit naher Angehöriger oder deren Tod der Fall sein.

Was passiert bei Arbeitsverweigerung?

Wenn Mitarbeitende beharrlich die Leistung verweigern, brauchen sie dafür gute Gründe. Liegen keine trifftigen Gründe für eine Arbeitsverweigerung vor, gilt das als Fehlverhalten. Der Arbeitgebende hat verschiedene Handlungsmöglichkeiten. Ermahnung, Abmahnung und sogar die Kündigung können daraus folgen. Die Ermahnung ist die Vorstufe zur Abmahnung, hat aber keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Daher sprechen Arbeitgebende meist direkt die Abmahnung aus.

Will ein Unternehmen Mitarbeitende leistungs- oder verhaltensbedingt kündigen, müssen zuvor Abmahnungen erfolgen. Ohne Abmahnungen sind Kündigungen in der Regel nicht rechtmäßig.

Lehnt ein Mitarbeitender seine Arbeit beharrlich, bewusst und längerfristig ab, kann der Arbeitgebende das Gehalt einbehalten und in besonders schweren Fällen eine fristlose Kündigung aussprechen. Dafür reicht es nicht aus, wenn jemand Anweisungen seines Arbeitgebenden ignoriert. Dazu müssen schwerwiegende Fälle vorliegen wie das Androhen einer Krankheit, um nicht zur Arbeit gehen zu müssen.

Ursachen von Arbeitsverweigerung

Arbeitsverweigerung bezeichnet die bewusste, willentliche Nichterfüllung der Haupt- und Nebenpflichten, die sich aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Es gibt verschiedene Ursachen für Arbeitsverweigerung bzw. das jeweilige Verhalten von Mitarbeitenden. Oft hat eine Person Beweggründe, warum eine derartige Entscheidung getroffen wird. Unzufriedenheit mit dem Arbeitsplatz, mangelnde Anerkennung oder unfaire Behandlung im Umfeld des Arbeitsplatzes sind häufige Auslöser für Mitarbeitende.

Auch Mobbing durch Kollegen oder Unstimmigkeiten im Team kann Mitarbeitende veranlassen, sich am Arbeitsplatz unwohl zu fühlen und nicht zu erscheinen. Statistisch gesehen werden Ausfälle aufgrund mangelnder psychischer Gesundheit häufiger. Krankheiten wie Burn-out und Depressionen können ebenfalls zur Arbeitsverweigerung führen. Wertschätzendes Verhalten untereinander kann dagegen die Mitarbeiterzufriedenheit steigern.

Beispiele von Arbeitsverweigerung

Berufung auf Glaubenskonflikt

Ein Unternehmen versetzt einen Mitarbeiter in den Getränkebereich. Dieser weigert sich, dort zu arbeiten, da sein Glaube ihm den Konsum von Alkohol verbietet und er mit den Arbeitsbedingungen nicht einverstanden ist. Dazu zählt für ihn auch der Umgang mit alkoholischen Getränken. Der Arbeitgebende kündigt aufgrund beharrlicher Arbeitsverweigerung. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) erklärt die Kündigung für unwirksam, da der Arbeitgebende zuvor nicht ausreichend geprüft habe, ob eine Versetzung in eine andere Abteilung möglich gewesen wäre. Erst wenn diese Möglichkeit nicht gegeben sei, könne der Arbeitgebende kündigen. Im Einzelhandel müsse ein Mitarbeitender damit rechnen, auch Alkohol verkaufen zu müssen.

Rechtmäßige Arbeitsverweigerung

Ein stahlverarbeitender Betrieb entlässt eine Mitarbeiterin, die sich geweigert hatte, ohne Schutzkleidung ihre Aufgaben zu bestreiten. Auch hier kassiert das BAG die Kündigung wegen unzumutbarer Weisung und Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht das Urteil ein. Fehlende Maßnahmen zum Schutz der Belegschaft sind nicht hinzunehmen.

Rechtswidrige Arbeitsverweigerung

Ein Mitarbeiter ist im Home Office tätig. Er gibt vor, sein Arbeitspensum zu erfüllen und alles wie vereinbart für seine Firma zu erledigen. Er wird aber wiederholt – trotz zwischenzeitlich erfolgter Abmahnung – bei diversen Freizeitaktivitäten während der Arbeitszeit angetroffen. Dieses Verhalten ist ein Verstoß gegen das Arbeitsrecht, der Arbeitgebende muss das nicht hinnehmen. Die Kündigung ist rechtmäßig.

Rechte und Pflichten von Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden

Beschäftigte haben Pflichten, wie die im Vertrag fixierten arbeitsvertraglichen Regelungen zu erfüllen und ihre Arbeit ordnungsgemäß auszuführen. Arbeitgebende haben die Pflicht, ihre Mitarbeitenden fair zu behandeln, ihre Rechte zu respektieren und ihnen eine sichere und gesunde Arbeitsumgebung zu bieten. Arbeitnehmende haben das Recht, ihre Arbeit zu verweigern, wenn sie unzumutbare Weisungen erhalten oder ihre Gesundheit gefährdet ist.

Maßnahmen und Strategien bei Arbeitsverweigerung

Arbeitgebende sollten zunächst ein Gespräch mit ihren Mitarbeitenden führen, um die Aspekte und Umstände zu klären, warum Anzeichen für Arbeitsverweigerungen vorliegen. Es kann hilfreich sein, eine Abmahnung auszusprechen, um Mitarbeitende auf ihre Arbeitspflichten hinzuweisen. In einem schweren Fall kann eine Kündigung wegen Arbeitsverweigerung erforderlich sein. Arbeitnehmende sollten ihre Rechte kennen und sich an einen Rechtsanwalt wenden, wenn sie denken, dass ihre Rechte verletzt wurden.

Fazit und Zusammenfassung

Arbeitsverweigerung ist ein komplexes Thema. Es ist wichtig, die Ursachen für die Arbeitsverweigerung zu klären und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Durch proaktives Handeln und eine positive Arbeitsatmosphäre kann die Motivation am Arbeitsplatz gesteigert werden.

Klare Kommunikation und Dokumentation sowie Fairness und Respekt gegenüber Mitarbeitenden können präventiv wirken. Hilfe bei Problemen sowie eine mögliche Mediation oder Konfliktlösungsverfahren können ebenfalls helfen.

Ähnliche Beiträge