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Whistleblowerkanal: So funktioniert die Einführung

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8 Minuten Lesezeit
Zwei Mitarbeiter wenden sich an einen Whistleblower Kanal.

Ab 02. Juli 2023 ist es in Deutschland so weit: das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) tritt in Kraft. In diesem Zusammenhang müssen Unternehmen ab einer bestimmten Größe einiges beachten. Dazu zählt unter anderem die Einrichtung von einem Whistleblowerkanal.

Ein Whistleblowerkanal ist eine wichtige Kommunikationsplattform, die Arbeitnehmer*innen und Unternehmen eine geschützte Möglichkeit bietet, Verstöße oder Fehlverhalten zu melden, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen.

Was Unternehmen bei der Umsetzung beachten müssen, erklären wir im folgenden Blogeintrag.

Key Facts

  1. Die EU-Whistleblower-Richtlinie dient dem Schutz von Whistleblower*innen in der Europäischen Union und soll den Schutz von Whistleblowing vereinheitlichen.
  2. Unternehmen in Deutschland müssen laut nationaler gesetzlicher Umsetzung dieser Richtlinie verschiedene Maßnahmen ergreifen. Dazu gehört die Einrichtung einer internen Meldestelle (Whistleblowerkanal) und die Bestimmung einer zuständigen Person.
  3. Die Einrichtung von internen Meldestellen gilt in Deutschland in der Regel erst bei Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten.

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Was ist ein Whistleblowerkanal?

Ein Whistleblowerkanal ist eine spezifische Kommunikationsplattform, die gemäß den Vorgaben des der EU-Whistleblower-Richtlinie als interne Meldestellen in Unternehmen und in externen Stellen eines jeden EU-Landes eingerichtet wird.

Diese Kanäle dienen dazu, Whistleblower*innen eine sichere und geschützte Möglichkeit zu bieten, Verstöße oder Fehlverhalten in Organisationen und Unternehmen zu melden, ohne Repressalien befürchten zu müssen.

Worum geht es bei Hinweisgeberschutzgesetz bzw. EU-Whistleblower-Richtlinie?

Whistleblowing-Richtlinie Deutschland

Das Hinweisgeberschutzgesetz in Deutschland ist eine Umsetzung der seit 2021 geltenden EU-Whistleblowing-Richtlinie.

Das Hinweisgeberschutzgesetz ist ein rechtlicher Rahmen, der darauf abzielt, Personen zu schützen, die in gutem Glauben Informationen über illegale Aktivitäten oder Missstände in Unternehmen oder Organisationen offenlegen.

Dieses Gesetz soll hinweisgebende Personen einen Mechanismus bieten, um potenzielle Verstöße oder illegale Handlungen zu melden, ohne dabei negative Konsequenzen befürchten zu müssen.

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Welchem Interesse dient die EU Richtlinie zum Whistleblowing?

Die Whistleblower-Richtlinie ist eine EU-Richtlinie, die den Schutz von Whistleblowern in der Europäischen Union vereinheitlichen soll. Sie wurde am 07. Oktober 2019 verabschiedet und sollte von den Mitgliedstaaten bis zum 17. Dezember 2021 in nationales Recht umgewandelt werden.

Für wen gilt die Whistleblower Richtlinie?

Die EU-Whistleblower-Richtlinie und konkret in Deutschland das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) bzw. in Österreich das HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) gelten grundsätzlich für alle Unternehmen.

Die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle, also eines Whistleblowerkanals gilt in Deutschland erst ab mindestens 50 Beschäftigten.

Darüber hinaus müssen die Länder selbst auch externe Meldestellen einrichten. Das Gesetz schreibt allerdings vor, dass interne Meldestellen so eingerichtet werden, dass sich hinweisgebende Personen vorzugsweise an diese wenden.

Wichtig!

In Deutschland gilt die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle unabhängig von der Beschäftigtenzahl für Unternehmen, die im Finanzwesen oder im Datenbereich angesiedelt. Eine genaue Auflistung ist § 12 Abs. 3 HinSchG zu entnehmen.

Whistleblowing Konzern: Auch bei Konzernen reicht eine zentrale Meldestelle nicht. Hier muss jedes Unternehmen des Konzerns eine eigene Meldestelle einrichten.

Was ist eine hinweisgebende Person?

Als Hinweisgeber werden laut Richtlinie mindestens folgende Personen im privaten oder öffentlichen Sektor verstanden

  • Arbeitnehmer im Sinne von Artikel 45 Absatz 1 AEUV, einschließlich Beamte;
  • Selbstständige im Sinne von Artikel 49 AEUV;
  • Anteilseigner und Personen, die dem Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan eines Unternehmens angehören
  • Personen, die unter der Aufsicht und Leitung von Auftragnehmern, Unterauftragnehmern und Lieferanten arbeiten.

Darüber hinaus gilt die EU-Whistleblower-Richtlinie auch für

  • Personen, die Verstöße aus einem bereits beendeten Arbeitsverhältnis melden wollen
  • Mittler oder andere Dritte, die mit dem Whistleblower in Verbindung stehen und Repressalien erleiden könnten. Das können bspw. Verwandte oder Kolleg*innen sein.
  • Juristische Personen

Welche Gesetze verbieten Vergeltungsmaßnahmen gegen Whistleblower*innen?

Das Hinweisgeberschutzgesetz in Deutschland verbietet verschiedene Formen von Vergeltungsmaßnahmen gegen Whistleblower*innen. Dazu gehören:

  • Whistleblowing Kündigungsverbot/Verbot von Repressalien: Es ist verboten, eine*n Whistleblower*in allein aufgrund der Meldung eines Hinweises zu kündigen. Auch anderweitige berufliche Nachteile und Konsequenzen dürfen nicht im Zusammenhang mit der Meldung erfolgen (§ 36 HinSchG).
  • Beweislastumkehr: Im Falle einer Kündigung oder Diskriminierung aufgrund der Whistleblowing-Aktivitäten liegt die Beweislast beim Arbeitgeber, der nachweisen muss, dass die Maßnahmen nicht auf dem Hinweis basierten.
  • Ausschluss von Verantwortlichkeiten: Hinweisgebende Personen können nicht für die Beschaffung von oder Zugriff auf Informationen im Zusammenhang der Meldung verantwortlich gemacht werden (§ 35 HinSchG). Voraussetzung ist, dass die Beschaffung an sich keine Straftat darstellt.
  • Schadensersatz: Unternehmen, die gegen diese Gesetze verstoßen, haben den Whistleblower*innen Schadensersatz zu zahlen (§ 37 HinSchG)

Ein Mitarbeiter beobachtet ein Büro durch Jalousien.

Was ist Whistleblowing?

Whistleblowing bezieht sich auf den Akt, internes Wissen oder Informationen über illegales, unethisches oder schädliches Verhalten in einer Organisation oder Unternehmen an die Öffentlichkeit zu bringen, um Missstände aufzudecken und Verantwortlichkeit zu fördern. Das passiert mittels eines Whistleblowerkanal.

Ein bekanntes Beispiel für Whistleblowing ist der Fall von Edward Snowden. Dieser hatte im Jahr 2013 als ehemaliger Mitarbeiter des US-Geheimdienstes NSA geheime Informationen über das umfangreiche Überwachungsprogramm der Regierung enthüllt.

Ist Whistleblowing strafbar?

Die Strafbarkeit von Whistleblowing variiert je nach den rechtlichen Bestimmungen einzelner Länder.

In Deutschland sind Whistleblower*innen durch das Hinweisgeberschutzgesetz geschützt, das Repressalien gegen Whistleblower*innen verbietet und ihnen bestimmte Rechte und Schutzmechanismen gewährt.

Was bedeutet Whistleblowing bzw. Hinweisgebersystem?

Ein Whistleblower-System ist eine spezielle Struktur oder Plattform, die es Personen ermöglicht, Verstöße, Fehlverhalten oder Missstände in einer Organisation oder Institution sicher und vertraulich zu melden.

Whistleblowing-System deutsch: Auf Deutsch wird Whistleblowing-System auch Hinweisgebersystem genannt.

Wie funktioniert ein Whistleblower-System?

Für Unternehmen gibt es unterschiedliche Whistleblowing-Systeme, um die EU-Richtlinie entsprechend den Vorgaben konkret im Unternehmen umzusetzen.

Einrichtung eines Whistleblowerkanals für Unternehmen

Mit diesen wenigen Schritten können Unternehmen ganz einfach ein internes Meldesystem in ihrem Unternehmen integrieren:

1 – Unternehmensgröße und Zeitplan

Die EU-Richtlinie schreibt die Einrichtung von internen und externen Meldestellen zur Meldung von Verstößen vor. Um zu erfahren, ob Sie für Ihr Unternehmen eine interne Meldestelle einrichten müssen, gilt es die Unternehmensgröße zu ermitteln.

Bis wann muss die interne Meldestelle in Deutschland von Unternehmen eingerichtet werden?

Abhängig von der Unternehmensgröße gelten in Deutschland folgende Regelungen:

  • Unternehmen mit 250 und mehr Mitarbeitenden müssen laut Hinweisgebergesetz die Vorgaben zum 2. Juli 2023 umsetzen. Die Bußgeldvorschriften greifen allerdings erst ab. 01. Dezember.
  • Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitenden haben bis Ende 2023 Zeit, eine interne Meldestelle einzurichten. Diesen Unternehmen ist es auch erlaubt, sich mit anderen Unternehmen bei der Einrichtung zusammenzutun.

2 – Welcher Whistleblowingkanal wird eingerichtet?

Als Nächstes müssen Unternehmen sich überlegen, welche Kanäle sie für die interne Meldestelle einrichten wollen. Sie können laut § 16 HinSchG dabei sowohl in mündlicher als auch in schriftlicher Form eingerichtet werden.

Whistleblowing Konzept für große Unternehmen:

Hier eignen sich vor allem digitale Lösungen und Konzepte wie beispielsweise Compliance Management Systems. Zudem kann eine Unterteilungen nach verschiedenen Abteilungen oder sogar Standorten vorgenommen werden.

Für kleine und mittelständische Unternehmen:

Auch für kleine und mittelständische können sich digitale Optionen eignen, vor allem, wenn eine eigene IT-Abteilung existiert.

Es gibt darüber hinaus auch einige analoge Optionen. Dazu gehören bspw.:

  • Briefkasten
  • Telefon-Hotline
  • Compliance-Beauftrage/Ombudsperson

Die Vertraulichkeit sollte bei all diesen Meldeformen stets gewährleistet sein. Sie ist zentrales Element des Gesetz und in § 8 HinSchG verankert. Gleichzeitig bedeutet vertraulich nicht zwangsweise anonym. Unternehmen sind nicht verpflichtet, anonyme Meldekanäle einzurichten.

Interne Meldestelle, extern, oder hybrid

Darüber hinaus können sich Unternehmen entscheiden, ob die Meldestelle intern oder extern bearbeitet werden soll. Online finden sich bereits viele Firmen, die die komplette Einrichtung und externe Verwaltung für Unternehmen übernehmen. Der Whistleblowerkanal wird dabei also outgesourct.

Auch eine hybride Lösung ist möglich.

Whistleblowing KPMG: Das Unternehmen KPMG ist ein führendes Wirtschaftsprüfungsunternehmen, das Unternehmen in Sachen Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie und der Einrichtung von Compliance-Systemen berät.

Whistleblowing Tool: Gerade bei größeren Unternehmen eignen sich spezielle Tools. Auch hier stehen verschiedene Firmen beratend zur Seite.

4 – Zuständigkeiten

Innerhalb des Unternehmens müssen zuständige Personen für die Betreuung der Meldestelle bestimmt werden.

Whistleblowing Verfahren: Diese sind verantwortlich für

  • die Entgegennahme der Meldung
  • Bestätigung über den Meldeeingang (dies muss innerhalb von 7 Tagen nach Eingang geschehen)
  • Bearbeitung und Prüfung der Meldung
  • Einleitung von entsprechenden Folgemaßnahmen (spätestens nach 3 Monaten müssen die Whistleblower*innen über entsprechende Folgemaßnahme informiert werden)
  • Dokumentation aller eingehenden Meldungen

Beispiel Whistleblowing Krankenhaus: Wie funktioniert die Whistleblowing-Hotline als Whistleblowingkanal?

Eine Mitarbeiterin bemerkt, dass das Krankenhaus, in dem sie arbeitet, Operationen falsch abgerechnet werden.

Das Krankenhaus hat im Sinne des HinSchG eine Telefon-Hotline als internen Whistleblowerkanal eingerichtet. Sie ruft dort an und spricht mit der für die Hotline zuständige Rechtsanwältin des Krankenhauses. Im Einklang mit den geltenden Vorschriften bearbeitet diese den Fall und leitet entsprechende Maßnahmen ein. Das heißt in diesem Fall eine entsprechende Untersuchung der Operationen und Abrechnungen.

Was sind Vorteile eines Hinweisgebersystems bzw. eines Whistleblowerkanal?

Laut einer Studie von KPMG waren im Jahr 2020 rund 30 Prozent der Unternehmen von Wirtschaftskriminalität betroffen. Dieser Anteil steigt mit zunehmender Unternehmensgröße. Die Einrichtung von einem internen Whistleblowerkanal soll für eine Reduktion dieser Zahl sorgen.

Warum Hinweisgebersysteme nur Vorteile für Unternehmen haben:

  • Früherkennung von Verstößen: Ein Hinweisgebersystem ermöglicht es, Verstöße und Fehlverhalten frühzeitig zu identifizieren, bevor sie größeren Schaden anrichten.
  • Förderung einer ethischen Unternehmenskultur: Ein Hinweisgebersystem sendet die Botschaft aus, dass die Offenlegung von Verstößen erwünscht und geschützt ist. Dadurch wird eine Kultur der Transparenz, Integrität und Verantwortlichkeit gefördert, in der Mitarbeiter*innen Verstöße nicht tolerieren, sondern aktiv melden.
  • Reduzierung von Schäden und Risiken: Durch die schnelle und effektive Reaktion auf gemeldete Verstöße können Schäden begrenzt und Risiken minimiert werden. Die rechtzeitige Aufdeckung von Korruption, Betrug, Umweltverstößen oder anderen rechtswidrigen Handlungen kann erhebliche finanzielle und rechtliche Konsequenzen verhindern.
  • Imageschäden vermeiden: Unternehmen vermeiden Imageschäden in Medien und ihrer Branche.
  • Prozessoptimierung: Schwachstellen innerhalb des Unternehmens können über Meldestellen aufgedeckt und behoben werden.

Ist es strafbar, ein Verbrechen nicht zu melden?

Die EU-Whistleblower-Richtlinie legt keine Regelung fest für Personen, die einen Verstoß innerhalb des Unternehmens im Whistleblowerkanal nicht melden. Hier greift das jeweilige geltende Recht innerhalb der verschiedenen EU-Länder.

Welche Risiken und Missstände in Unternehmen sind typische Auslöser von Whistleblowing?

Typische Auslöser von Whistleblowing in Unternehmen können verschiedene Risiken und Missstände sein, darunter:

  • Korruption und Bestechung: Unethisches Verhalten wie Bestechung, Schmiergeldzahlungen oder andere Formen der Korruption sind häufige Auslöser für Whistleblowing.
  • Betrug und finanzielle Unregelmäßigkeiten: Manipulation von Finanzberichten, Steuerhinterziehung, Unterschlagung von Geldern oder andere Formen des Betrugs sind ebenfalls häufige Gründe für Whistleblowing.
  • Verletzungen von Compliance- und Ethikstandards: Wenn Unternehmen gegen geltende Gesetze, Vorschriften oder interne Ethikrichtlinien verstoßen, können Mitarbeiter*innen Whistleblowing nutzen, um auf diese Missstände aufmerksam zu machen. Dies kann beispielsweise in den Bereichen Datenschutz, Umweltschutz, Produktsicherheit oder Arbeitsbedingungen auftreten.
  • Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Umwelt: Wenn Unternehmen Handlungen durchführen, die die öffentliche Sicherheit gefährden oder die Umwelt schädigen, können Whistleblower*innen dies melden, um diese Risiken zu minimieren und Schaden zu verhindern.
  • Whistleblower –  Kartellrecht, Verstöße: Wenn Unternehmen gegen geltendes Kartellrecht verstoßen, können Whistleblower dies melden.

Abschließend hat hier die HR-Abteilung eine wichtige Rolle, um eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen und Mitarbeiter*innen zu bekräftigen, Missstände im Unternehmen anzusprechen. Ein HR-Tool wie Factorial hilft Ihnen dabei, einen direkten Kommunikationsweg zu Ihren Teams zu haben und einen Überblick über die Stimmung im Unternehmen zu behalten.

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Maria Macher ist Content Managerin bei Factorial und lebt hier ihre Liebe für die deutsche Sprache und HR-Themen aus. Bereits während ihrer Studienzeit in Wien und Barcelona sammelte sie unterschiedlichste Arbeitserfahrungen: beim Early-Stage-Startup bis hin zum multinationalen Konzern. Dabei lernte sie insbesondere, was verschiedene Unternehmenskulturen ausmacht und welche Rolle die wichtigste Ressource in Unternehmen spielt: die Menschen.

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