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Zwangsurlaub anordnen: Ist das erlaubt?

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4 Minuten Lesezeit

Urlaub will rechtzeitig geplant werden. Badeurlaub im Sommer oder doch ein paar Tage im Skigebiet? Doch was tun, wenn der Arbeitgebende Zwangsurlaub oder Betriebsferien anordnet? Wann ist das erlaubt, wird das Gehalt weitergezahlt und mit welchem Vorlauf muss der Zwangsurlaub angekündigt werden?

Diese und weitere Fragen erläutern wir in diesem Beitrag.

Key Facts

  1. Zwangsurlaub kann unter bestimmten Umständen ohne Zustimmung der Beschäftigten vom Arbeitgebenden angeordnet werden.
  2. Nur bei dringenden betrieblichen Belangen ist die Anordnung rechtmäßig, beispielsweise wenn der Arbeitgebende nicht betriebsfähig ist, ein Umbau oder eine Renovierung ansteht oder eine nicht vorhersehbare betriebliche Krise eintritt.
  3. Der Arbeitgebende muss seine Angestellten beim Zwangsurlaub genauso weiter bezahlen wie beim Erholungsurlaub.

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Was ist Zwangsurlaub?

Zwangsurlaub ist eine Möglichkeit des Arbeitgebenden und kann aufgrund des sog. Direktionsrechts ohne Zustimmung der Arbeitnehmenden angeordnet werden.

Die Beurlaubung kann beispielsweise während der Betriebsferien oder während einer Schließung durch die Behörden fällig werden. Davon kann das gesamte Unternehmen oder aber auch nur einzelne Abteilungen oder Bereiche betroffen sein.

Hierfür müssen allerdings dringende betriebliche Gründe vorliegen. Das regelt § 7 Abs. 1 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG). Arbeitgebende dürfen Zwangsurlaub also nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen anordnen.

Welche Gründe für einen Zwangsurlaub gibt es?

Wenn es um betriebliche Urlaube geht, muss der Arbeitgebende die Urlaubswünsche der Arbeitnehmenden normalerweise berücksichtigen. Die Planung von Urlaub soll auf eigene Initiative der Angestellten geschehen, natürlich in Rücksprache mit der eigenen Abteilung.

Nur bei dringenden betrieblichen Belangen ist die Anordnung von Zwangsurlaub rechtmäßig. Und dafür reicht nicht einfach eine kleine Krise, denn der Arbeitgebende trägt das Risiko, seine Angestellten auch im Falle einer wirtschaftlich schwierigen Lage zu entlohnen. Wenn Beschäftigte gezwungen werden sollen, in den Urlaub zu gehen, hat der Betriebsrat das Recht, darüber mitzubestimmen.

Die Voraussetzungen für Zwangsurlaub sind im Arbeitsrecht streng geregelt. Ist der Arbeitgebende beispielsweise nicht betriebsfähig, ist ein Umbau oder eine Renovierung geplant oder auch besteht eine nicht vorhersehbare betriebliche Krise, ist die Anordnung rechtmäßig. Auch Saisonbetriebe dürfen von dieser Maßnahme Gebrauch machen.

Eine Arztpraxis kann beispielsweise Zwangsurlaub anordnen, wenn der Arzt krank oder im Urlaub und dadurch nicht in der Lage ist, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Die gilt auch für Gastronomien, die wegen regionaler Gegebenheiten Mitarbeitende nur in einigen Sommer- oder Wintermonaten beschäftigen.

Welche Alternativen zum Zwangsurlaub gibt es?

Bevor ein Arbeitgebender seine Mitarbeitenden in den Zwangsurlaub schickt, sollte er prüfen, ob es alternative Maßnahmen gibt, zum Beispiel Kurzarbeit, Arbeitszeitverkürzung oder Fortbildungen und Schulungen, um die Kompetenzen der Beschäftigten zu verbessern. Auch der Abbau von Überstunden ist eine Möglichkeit.

Teilzeitarbeit ist eine weitere Alternative zum Zwangsurlaub. Im Falle einer Renovierung oder von Umbaumaßnahmen kann der Arbeitgebende außerdem überlegen, ob sich Teile der Belegschaft ins Homeoffice ausgliedern lassen. Das würde auch wirtschaftlich Sinn ergeben.

Man sollte beachten, dass die Möglichkeiten zur Umsetzung dieser Alternativen von zahlreichen Faktoren abhängen, wie beispielsweise der Art der Arbeit, dem Arbeitsrecht und dem Budget des Unternehmens.

Wird Zwangsurlaub auf den Jahresurlaub angerechnet?

Zwangsurlaub wird wie normaler Urlaub behandelt und vom Urlaubskonto abgezogen. Arbeitgebende dürfen jedoch bereits genehmigten Urlaub nicht streichen oder Urlaub aus dem kommenden Jahr abziehen, sollte der Zwangsurlaub die verbleibenden Urlaubstage des Arbeitnehmenden übersteigen.

Es spielt nämlich keine Rolle, ob Zwangsurlaub in den bereits genehmigten Urlaub eines Beschäftigten fällt. Der Urlaub wird, wie gehabt, vom Jahresurlaub abgezogen.

Wie viel Zwangsurlaub ist erlaubt?

Jeder Arbeitnehmende hat per Arbeitsrecht einen Mindestanspruch auf Urlaub. Laut Bundesurlaubsgesetz sind das für alle Beschäftigten mit einer Fünftagewoche in Deutschland 20 Tage pro Jahr. Bei der Anordnung von Zwangsurlaub muss berücksichtigt werden, dass nur ein Teil dieses gesetzlichen Anspruchs verplant werden darf. Ein anderer Teil muss den Arbeitnehmenden zur freien Planung bleiben.

Wie viele Urlaubstage der Arbeitgebende für Zwangsurlaub nutzen darf, ist nicht ganz präzise geregelt. Laut einem Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind es 60 Prozent. In seinem Urteil bei der Klage eines Flugzeugbauers hatte das BAG die Entscheidung einer vorgeschalteten Einigungsstelle für angemessen gehalten.

Das Gericht räumte aber ein, dass auch andere Regelungen möglich seien, beispielsweise eine Dauer von maximal zwei Wochen. Klar ist aber, der Zwangsurlaub darf immer nur einen Teil des Gesamtjahresurlaubs der Mitarbeitenden betragen.

Wann kann der Arbeitgebende Zwangsurlaub anordnen?

Außerhalb gewisser innerbetrieblicher Vereinbarungen oder dringender Belange dürfen Arbeitgebende keinen Zwangsurlaub anordnen. Auch bei Kündigungen ist er grundsätzlich nicht erlaubt. EDV-Ausfall oder geringe Auftragslage sind ebenfalls keine Gründe für diese Zwangsmaßnahme, da die betrieblichen Umstände damit auf die Arbeitnehmenden abgewälzt würden. An Brückentagen ist er ebenso unzulässig.

Bei gesonderten Regelungen muss der Arbeitgebende die Zustimmung des Betriebsrates einholen. Dies gilt beispielsweise, wenn spezielle Regelungen in der Betriebsvereinbarung oder dem Tarifvertrag festgelegt werden. Das betrifft Zwangsurlaub an Brückentagen ebenso wie bei Abwesenheit des Geschäftsführenden zu den betreffenden Zeiten.

Im Einzelfall bewilligt werden muss Zwangsurlaub zwischen Weihnachten und Neujahr. Geschieht dies nicht, kann eine Annahmeverweigerung von Zwangsurlaub die Folge sein.

Erhalten Arbeitnehmende während des Zwangsurlaubs Gehalt?

Bei der Bezahlung wird ein Zwangsurlaub genauso behandelt wie der normale Erholungsurlaub. Der Arbeitgebende ist also verpflichtet, seinen Angestellten auch bei dieser Zwangsmaßnahme das vollständige Gehalt zu bezahlen.

Vorlauf: Muss Zwangsurlaub vorzeitig angekündigt werden?

Will der Arbeitgebende Zwangsurlaub anordnen, muss er diesen rechtzeitig ankündigen. Gleiches gilt für Betriebsferien. Bei Betriebsurlaub sind das in der Regel mindestens sechs Monate im Voraus, so die rechtlichen Vorgaben. Damit geben Arbeitgebende ihren Beschäftigten genug Zeit, um ihre private Planung entsprechend anzupassen. Bei Zwangsurlaub kann unter Umständen eine kürzere Frist zulässig sein, schließlich wird dieser Schritt ja oft bei kurzfristigen Schieflagen notwendig.

Das Arbeitsgericht hat entschieden, dass Arbeitgebende Betriebsferien zusammenhängend planen sollten. Im optimalen Fall mindestens zehn Arbeitstage am Stück.

Zudem müssen alle Mitarbeitenden über den geplanten Zwangsurlaub informiert werden, beispielsweise per E-Mail, mit einer Mitteilung am schwarzen Brett oder im Rahmen einer Betriebsversammlung.

Mitteilungen sollten auf jeden Fall dokumentiert werden. Denn im Falle einer Klage von Mitarbeitenden kann der Arbeitgebende dann nachweisen, dass er den Zwangsurlaub rechtzeitig angekündigt hat.

Welche Rolle spielt der Betriebsrat?

Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 5 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht über die Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans. Allerdings nur, soweit keine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht. Auch bei der Festsetzung des Zeitpunkts des Urlaubs für die Belegschaft darf der Betriebsrat mitreden.

Fazit

Zwangsurlaub kann vom Arbeitgebenden nur unter bestimmten Bedingungen, wie dringenden betrieblichen Erfordernissen, angeordnet werden. Dieser darf jedoch nur einen Teil des Jahresurlaubs ausmachen, und die Beschäftigten müssen weiterhin ihr volles Gehalt erhalten.

Eine rechtzeitige Ankündigung ist Pflicht, wobei bei Betriebsferien eine Frist von mindestens sechs Monaten gilt. Zwangsurlaub darf nicht willkürlich oder ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats verhängt werden. Arbeitgebende sollten zudem alternative Maßnahmen wie Kurzarbeit oder Arbeitszeitverkürzung prüfen, bevor sie diese Maßnahme ergreifen.

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