Im internationalen Raum sind die Deutschen für ihre Effizienz, Pünktlichkeit und Präzision berüchtigt. Ebenso ist Deutschland bekanntlich das Land der Dichter und Denker. Eine Schattenseite, oder besser ein sich ständig vergrößernder Schatten, wird dabei aber ignoriert: Die Bundesrepublik ist nämlich leider auch das Land einer sich ständig vergrößernden Skills Gap. Das stellt Unternehmen zusehends vor Probleme.
Das Wichtigste in Kürze
- Wenn zwischen den Fähigkeiten (Skills) und den eigentlichen Anforderungen des Unternehmens eine Lücke (Gap) klafft, ist das im Fachjargon eine Skills Gap – und ein ernsthaftes Problem.
- Deutsche Arbeitnehmende sind zwar fleißig, aber noch zu oft blind auf ihrem „digitalen Auge“: Es fehlt allen voran an Kompetenzen für Zukunftstechnologien.
- Die Verantwortung dafür trifft nicht nur Arbeitnehmende: Unternehmen sollten Strategien entwickeln, um die Skills Gap zu schließen – nicht nur durch neu gewonnene Fachkräfte.
- Skills Gap: Was ist das eigentlich?
- Gap Skills in Deutschland
- Skill Gap Analyse und weiteres strategisches Vorgehen
Skills Gap: Was ist das eigentlich?
Aus Unternehmenssicht könnten wir sagen: Wunsch und Realität klaffen auseinander. Oder vielleicht: Die Nachfrage ist da, es fehlt aber am Angebot. Unabhängig davon, wie wir es ausdrücken, verringert sich die Skills Gap dadurch aber nicht. Diese liegt dann vor, wenn das Unternehmen eigentlich spezialisiertes Know-how benötigt, selbiges aber nicht vorzufinden ist. So existiert eine Qualifikationslücke, wenn bereits angestellte Mitarbeitende Aufgaben übernehmen sollen, es da aber an den Fähigkeiten scheitert.
Beispiele dafür könnten sein:
- Mitarbeitende sind in einem internationalen Konzern tätig, aber einige sprechen kein akzeptables Englisch.
- Marketing Fachleute sollen eine digitale Kampagne starten, aber es fehlt sowohl an Tool- als auch Datenschutzkenntnissen.
- Angestellte haben mehrere elektronische, miteinander vernetzte Geräte, sind aber nicht in der Lage, eine Phishing-Mail zu erkennen oder auf die Cloud zuzugreifen.
Gap Skills in Deutschland
Sie können sich das ein bisschen wie einen Eisberg vorstellen. Die im vorherigen Abschnitt genannten Beispiele würden den unteren Teil des Eisbergs ausmachen, denn oft genug fehlt es in deutschen Unternehmen schon am grundlegenden IT-, Cybersecurity- und Zukunftstechnologien-Know-how.
In der Spitze sieht die Situation aber nicht viel besser aus. Das Kienbaum Institut berichtet von einer großen Lücke, die zwischen Theorie und Praxis klafft. Zwar erachten 90 % der Beschäftigten und Leader*innen Zukunftstechnologien als wegweisend für den Unternehmenserfolg, auf der Gegenseite bringt ein beachtlicher Teil der Arbeitnehmenden dahingehend weder Erfahrung noch Know-how mit. Als Beispiele dafür nennt das Kienbaum Institut vor allem fehlendes Wissen in der „digitalen Kommunikation, dem Umgang mit digitalen Tools und […] virtuellen Arbeiten“.
McKinsey liefert einige weitere Zahlen, in einer 2019 publizierten Analyse: Schon damals fehlte es in Deutschland an 700.000 Tech-Spezialist*innen, zugleich zeigt die Skill Gap Analyse signifikante Schwächen bei digitalen Schlüsselqualifikationen. Genauso übrigens bei nicht-digitalen Schlüsselqualifikationen, wie beispielsweise der Adaptionsfähigkeit – die wiederum in einem kontinuierlichen Nachholbedarf resultiert.
Die Gründe dafür sind vielfältig:
- Deutschland hat weitgehend die Digitalisierung verschlafen
- die Bundesrepublik hat kaum nennenswerte Tech-Vorreiter-Unternehmen
- der demografische Wandel sorgt für weniger nachkommende technikaffine Mitarbeitende, dafür für mehr ältere, nicht-technikaffine Angestellte
- Weiterbildungsstrategien und -investitionen deutscher Unternehmen, um die Qualifikationslücke zu schließen, sind offenkundig noch nicht ausreichend
Skill Gap Analyse und weiteres strategisches Vorgehen
Wer auf Instagram Katzen-Reels anschaut, benutzt zwar technologische und digitale Instrumente, signifikante digitale Schlüsselqualifikationen oder digitales Know-how entstehen dadurch aber nicht. Gleichermaßen wäre es aus Unternehmenssicht fatal anzunehmen, Mitarbeitende könnten sich nach ihrer Arbeitszeit ständig selbst weiterbilden. Gepaart mit dem omnipräsenten Fachkräftemangel, muss also eine fundierte Analyse der Ist-Situation her.
Wir haben für Sie einen kleinen Leitfaden ausgearbeitet, wie Sie dabei vorgehen könnten.
- Zunächst findet eine Kompetenzinventur statt
Um eine Skill Gap zu identifizieren, müssen Sie wissen, welche Soft– und vor allem Hard Skills Ihre Mitarbeitenden haben. Hierfür können Sie zum Beispiel die HR-Software Factorial einsetzen, auch um über das Performance Management-Tool gezielt Schwachstellen zu identifizieren. Auch eine Qualifikationsmatrix kann helfen, sich einen Überblick über die Ressourcen im Unternehmen zu verschaffen. Eine kostenlose Vorlage dafür können Sie hier herunterladen. 📥
- Bedarfsanalyse: Was wird benötigt?
Anschließend beschäftigen Sie sich mit dem, was Sie brauchen. Definieren Sie gezielt Kompetenzen, priorisieren Sie diese und berücksichtigen Sie die aktuelle ebenso wie die künftige Unternehmenssituation.
- Wo ist die Gap?
Sie haben nun zwei Spalten: Eine davon enthält die vorhandenen, die andere Spalte die benötigten Kompetenzen. Die Differenz ist die Gap. Es ist empfehlenswert, hier noch weiter zu definieren – beispielsweise auf Abteilungs-, Kompetenz- oder Teamebene.
- Wie lässt sich das Problem lösen?
Mit Neueinstellungen und gezielten Weiterbildungen. Sie müssen also eine Strategie entwickeln, wie Sie die zuvor identifizierte Gap schließen. Da das Weiterbildungsbudget nicht unbegrenzt ist, ebenso wie sich Ihre Mitarbeitenden nicht zerteilen können, muss bei größeren Gaps noch eine Priorisierung stattfinden.
Tipp: Mit unserem Performance-, Bewerber– und Weiterbildungsmanagement können Sie auch individuelle Karrierewege für Mitarbeitende entwickeln, um gezielt wichtige Kompetenzlücken zu schließen und gleichzeitig die Fluktuation in Ihrem Betrieb niedrig zu halten.