Zum Inhalt gehen

Außerordentliche Kündigung – Definition und Praxistipps

·
7 Minuten Lesezeit
Außerordentliche Kündigung

Es ist unangenehm, kommt aber leider vor: Ein Mitarbeiter Ihres Unternehmens hat sich etwas Unverzeihliches zuschulden kommen lassen. Das Fehlverhalten ist so schwerwiegend, dass Sie als Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung aussprechen müssen.

Dies ist nicht selten eine heikle Angelegenheit. Damit auch hier alles mit rechten Dingen zugeht, erklären wir im folgenden Artikel, wann genau eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden darf, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und welche Kündigungsgründe zulässig sind.

Key Facts

  1. Eine außerordentliche Kündigung kann nur aus wichtigem Grund ausgesprochen werden (z.B. sexuelle Belästigung).
  2. Die Kündigungsfrist beträgt zwei Wochen nach Kenntnis des Vorfalls/Grundes.
  3. Häufig ist eine vorherige Abmahnung erforderlich.

DE MKT FREEBIE Zielvereinbarung

Definition: Außerordentliche Kündigung

Was ist eine außerordentliche Kündigung?

Eine außerordentliche Kündigung, auch fristlose Kündigung genannt, ist die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist.

Laut § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) liegt ein solcher Fall dann vor, wenn

„Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.“

Rechte bei außerordentlichen Kündigungen: Gilt für kündigende Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen

Wichtig: Eine außerordentliche Kündigung kann von beiden Seiten ausgesprochen werden. D.h., sowohl der Arbeitgeber als auch die Beschäftigten haben das Recht, ein Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfristen aufzulösen.

Was genau bei einer ordentlichen Kündigung zu beachten ist, lesen Sie in unserem Blogartikel zum Thema.

Wichtig!

Im Zusammenhang mit einer außerordentlichen Kündigung kommt es nicht selten zu sogenannten Verdachtskündigungen. Insbesondere dann, wenn der Grund für die außerordentliche Kündigung im Zusammenhang mit einem Diebstahl von Firmeneigentum steht. Hier sollten Arbeitgeber jedoch besonders vorsichtig sein, da sie sich gegenüber ihren Mitarbeitern für den Verdacht rechtfertigen müssen. In unserem Artikel zur Verdachtskündigung finden Sie alle wichtigen Informationen, die Arbeitgeber wissen müssen.

Sonderfall: Außerordentliche Kündigung im Arbeitsrecht

Geregelt ist die außerordentliche Kündigung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Damit eine außerordentliche Kündigung rechtsgültig ist, müssen jedoch einige Voraussetzungen erfüllt sein.

Voraussetzungen:

  • Wichtiger Kündigungsgrund: Es muss eine schwerwiegende Vertragspflichtverletzung vorliegen, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht.
  • Frist von 2 Wochen: Die Kündigung muss laut innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis dieses Grundes/des Vorfalls erfolgen. Im Unterschied zu einer ordentlichen Kündigung gilt für die außerordentliche Kündigung also eine andere Kündigungsfrist.
  • Kündigungsschreiben/Schriftform: Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. Darüber hinaus muss das Schreiben den Grund für die außerordentliche Kündigung sowie die Kündigungsfrist enthalten.

Studie zu Kündigungen

Im Jahr 2018 wurden laut einer Kündigungsstudie etwa 14 Prozent der Arbeitnehmer*innen durch eine fristlose Kündigung gekündigt. Neuere Zahlen zum Thema fehlen noch.

Was ist eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist?

Neben dieser „klassischen“ außerordentlichen Kündigung gibt es noch eine „mildere“ Variante: die außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist. Bei dieser Form der Kündigung wird dem*der gekündigten Mitarbeiter*in eine andere Frist eingeräumt als die übliche Frist mit sofortiger Wirkung der außerordentlichen (fristlosen) Kündigung.

Die Beschäftigten werden bei dieser Form der außerordentlichen Kündigung also noch weiterbeschäftigt, wissen aber, dass das Arbeitsverhältnis nur noch für einen bestimmten Zeitraum gilt.

Wann wird eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist ausgesprochen?

Eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist wird in der Regel nicht wegen eines Fehlverhaltens der Arbeitnehmenden und schon gar nicht wegen eines Fehlverhaltens des Arbeitgebers ausgesprochen. Meist wird die außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist dann ausgesprochen, wenn eine ordentliche Kündigung nicht möglich ist. Dies ist z. B. bei einer betriebsbedingten Kündigung wegen Betriebsschließung der Fall.

Beispiel betriebsbedingte Auslauffrist:

Ein Maschinenbauunternehmen muss aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten den Betrieb einzustellen. Die Geschäftsleitung teilt der Belegschaft mit, dass aufgrund dieser betrieblichen Umstände eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ausgesprochen wird. Den Beschäftigten wird eine Kündigung mit einer Auslauffrist von drei Monaten ausgesprochen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu suchen und sich darauf vorzubereiten. Während dieser Zeit werden sie weiterbeschäftigt und erhalten ihre üblichen Bezüge.

Mehr zum Thema „Betriebsbedingte Kündigung“ haben wir auf unserem Blog für Sie zusammengestellt.

Darüber hinaus gibt es auch Auslauffristen aufgrund von sozialen oder personenbedingten Umständen.

Kann bei einer außerordentlichen Kündigung eine Kündigungsschutzklage eingereicht werden?

Ja, bei einer außerordentlichen Kündigung kann Kündigungsschutzklage bei einem Arbeitsgericht erhoben werden.

Die Klage muss wie bei einer ordentlichen Kündigung auch innerhalb von drei Wochen eingereicht werden. Sie beginnt mit Zugang der Kündigung. In der Klage muss der Gekündigte darlegen, dass er die Kündigung für unwirksam hält und die Gründe dafür darlegen. Das Gericht prüft dann, ob die Kündigung tatsächlich unwirksam ist. Insbesondere bei außerordentlichen Kündigungen sind Entscheidungen der Arbeitsgerichte immer an den jeweiligen Einzelfall gebunden. Es gibt keine pauschale Antwort, wann eine Klage bei einer außerordentlichen Kündigung erfolgreich sein kann.

Allerdings gilt auch hier, dass gekündigte Arbeitnehmer*innen bei einer außerordentlichen Kündigung, die vom Arbeitgeber nicht in schriftlicher Form oder auch ohne triftigen Grund ausgesprochen wurde, bessere Erfolgschancen bei einer Klage haben.

Ist bei einer außerordentlichen Kündigung eine vorherige Abmahnung Pflicht?

Eine gesetzliche Pflicht zur Abmahnung vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung besteht nicht. Es gilt jedoch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das bedeutet, dass sie in der Regel erforderlich ist. Spricht ein Arbeitgeber eine fristlose Kündigung aus, weil eine Arbeitnehmerin ständig zu spät kommt, ist eine vorherige Abmahnung erforderlich. Bei schweren Verstößen wie Straftaten, z.B. Diebstahl, kann in der Regel auf eine Abmahnung verzichtet werden.

Betriebsrat

Nach § 102 BetrVG ist, wenn im Betrieb ein Betriebsrat besteht, dieser vor jeder Kündigung anzuhören.

Gründe für eine außerordentliche Kündigung – was ist erlaubt?

Eine außerordentliche Kündigung ist, wie bereits erwähnt, nur aus wichtigem Grund möglich. Was aber kann ein wichtiger Grund sein?

Aus welchen Gründen darf außerordentlich gekündigt werden?

Nachfolgend sind einige gängige Gründe aufgeführt, die häufig zu einer außerordentlichen Kündigung führen.

Fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber:

Typische Gründe, weshalb Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung aussprechen, sind u.a.

  • wiederholtes unentschuldigtes Fehlen der Mitarbeitenden
  • Arbeitsverweigerung
  • Diebstahl
  • diskriminierendes Verhaltens gegenüber Kollegium
  • Beleidigung des Arbeitgebers
  • Wettbewerbsverstoß
  • Verstoß gegen Geheimhaltungsklausel im Arbeitsvertrag
  • Mobbing
  • sexuelle Belästigung
  • Arbeitszeitbetrug

Fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer

Gängige Gründe, weshalb Arbeitnehmer*innen ein Arbeitsverhältnis außerordentlich kündigen, sind bspw.:

  • Gesundheitsgefährdung am Arbeitsplatz
  • unzumutbare Arbeitszeiten
  • Zahlungsverzug des Arbeitgebers
  • Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers
  • Beleidigungen seitens des Arbeitgebers
  • sexuelle Belästigung
  • diskriminierendes Verhalten

Das Kündigungsschreiben – was gehört rein? +Tipps

Ein Kündigungsschreiben für außerordentliche Kündigungen kann eine heikle Angelegenheit sein, wir empfehlen daher sich vorher rechtlichen Beistand zu holen. Im Folgenden zeigen wir Ihnen jedoch, was unbedingt in ein solches Schreiben gehört.

  • Formale Anforderungen wie Absender, Adressat, Datum und Ort.
  • Im Gegensatz zu einer ordentlichen Kündigung muss die außerordentliche Kündigung zwingend den Grund enthalten.
  • Der Grund sollte so präzise wie möglich, aber so knapp wie möglich erläutert werden.
  • Sie sollten das Schreiben als Einschreiben versenden, um den fristgerechten Zugang beweisen zu können. Oder: Sie können es dem jeweiligen Beschäftigten auch persönlich überreichen.
  • Arbeitnehmer*innen können im Schreiben auch um ein Arbeitszeugnis bitten.

Fristlose Kündigung – Kündigungsschreiben Vorlage

Im Internet finden Sie zahlreiche Vorlagen, die Sie als Grundlage für ein solches Schreiben verwenden können. Wir empfehlen jedoch, gerade bei einer so heiklen Angelegenheit wie einer außerordentlichen Kündigung, einen Rechtsanwalt zurate zu ziehen.

Alternativen zu einer außerordentlichen Kündigung

Eine außerordentliche Kündigung sollte für den Arbeitgeber das letzte Mittel sein. Es empfiehlt sich zunächst zu überprüfen, ob mildere Mittel angewandt werden können. Hierzu gehören bspw.:

Abmahnung:

Arbeitgeber können (und müssen in bestimmten Fällen) ihre Arbeitnehmer abmahnen. Kommt Ihr Mitarbeiter beispielsweise häufig zu spät, sollten Sie ihn zunächst schriftlich abmahnen. Ändert er sein Verhalten nicht, können Sie ihm fristlos kündigen.

Versetzung:

Der*die Arbeitnehmer*in kann an einen anderen Arbeitsplatz versetzt werden, wenn dies zumutbar und möglich ist.

Aufhebungsvertrag:

Statt einer außerordentlichen Kündigung können Arbeitgeber sich überlegen, ob ein Aufhebungsvertrag Sinn ergibt. Das Arbeitsverhältnis kann dann im gegenseitigen Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen aufgelöst werden. Was genau hier gilt, lese Sie in unserem Blogartikel zum Thema Aufhebungsvertrag.

Weitere Möglichkeiten:

Mediation: Mediator*innen können helfen, zwischen den Parteien zu vermitteln und eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden.

Betriebsrat: Auch der Betriebsrat kann in bestimmten Fällen bei der Suche nach einer Lösung behilflich sein.

Eine Mitarbeiterin steht mit einer Box mit ihren persönlichen Gegenständen mit Kollegen am Schreibtisch.

Ausnahmen bei einer außerordentlichen Kündigung: Sonderregelungen für bestimmte Personengruppen

Schwangere Frauen:

Schwangere genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Sie dürfen nach § 9 MuSchG nicht gekündigt werden, während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung nicht gekündigt werden.

Schwerbehinderte Menschen:

Schwerbehinderte genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Ihnen kann gemäß § 85 SGB IX nur gekündigt werden, wenn das zuständige Integrationsamt zugestimmt hat.

Wann ist eine außerordentliche Kündigung also unwirksam?

Fasst man alle oben genannten Punkte zusammen, die für eine außerordentliche Kündigung relevant sind, so ergibt sich, dass diese unwirksam ist, wenn

  • Es wird kein wichtiger Grund für die Kündigung genannt oder es liegt kein wichtiger Grund vor.
  • Die Kündigung wurde nicht innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des wichtigen Grundes ausgesprochen.
  • Die Kündigung ist nicht schriftlich erfolgt.
  • Die gekündigte Person genießt besonderen Kündigungsschutz, z.B. als Schwangere oder Schwerbehinderter.
  • In bestimmten Fällen ist vor einer fristlosen Kündigung eine Abmahnung erforderlich. Ist diese nicht erfolgt, kann eine außerordentliche Kündigung unwirksam sein.
  • Der Betriebsrat wurde nicht angehört.

Für allgemeine Fragen zum Thema Kündigung können Sie auch einen Blick auf unseren Artikel über Kündigungen in unserem Blog werfen. Dort finden Sie alles, was Sie als Arbeitgeber zu diesem Thema wissen müssen.

Maria Macher ist Content Managerin bei Factorial und lebt hier ihre Liebe für die deutsche Sprache und HR-Themen aus. Bereits während ihrer Studienzeit in Wien und Barcelona sammelte sie unterschiedlichste Arbeitserfahrungen: beim Early-Stage-Startup bis hin zum multinationalen Konzern. Dabei lernte sie insbesondere, was verschiedene Unternehmenskulturen ausmacht und welche Rolle die wichtigste Ressource in Unternehmen spielt: die Menschen.

Ähnliche Beiträge